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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.10.2005
Aktenzeichen: I-24 U 24/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 276 | |
BGB § 611 | |
BGB § 675 |
2. Der Rechtsanwalt, dem unzureichende Beratung vorgeworfen wird, darf sich nicht auf bloßes Bestreiten beschränken, sondern hat den Inhalt seiner Tätigkeit darzulegen.
3. An der Ursächlichkeit von Beratungsfehlern kann es fehlen, wenn und soweit ein Notar über die Bedeutung und Reichweite einer Scheidungsfolgenvereinbarung belehrt.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES Grund-URTEIL
Verkündet am 18.10.2005
In dem Rechtsstreit
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2005 unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und H
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. Januar 2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Im übrigen werden das Urteil und das Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages in Anspruch.
Die Klägerin war seit dem 06. September 1991 mit G. (im folgenden: Ehemann) im gesetzlichen Güterstand verheiratet, von dem sie sich im Jahr 2000 trennte. Im Dezember 2000 suchte sie die Beklagte auf, wobei streitig ist, wie viele Beratungsgespräche erfolgten. Die Klägerin wünschte eine Beratung über Unterhalt sowie Zugewinn; weiterhin sollte die Beklagte einen Scheidungsantrag beim Familiengericht anhängig machen. Der Umfang der von der Beklagten geleisteten Beratung ist streitig.
Unter dem 22. Dezember 2000 schrieb die Beklagte den Notar T. an mit der Bitte, einen Vertragsentwurf zu erstellen, wobei inhaltliche Vorgaben gemacht wurden. Der Notar fertigte auf der Grundlage dieser Vorgaben einen Entwurf vom 28. Dezember 2000 und leitete diesen der Klägerin und der Beklagten zu. Die Beklagte konnte diesen Entwurf nicht zur Kenntnis nehmen, da sie sich in Urlaub befand.
Mit notariellem Vertrag vom 03. Januar 2001 verpflichtete sich die Klägerin u.a. gegenüber ihrem Ehemann zur Zahlung von 30.000,-- DM zum Zwecke der vollständigen Abgeltung der Zugewinnausgleichsansprüche. Zum anderen verzichtete sie auf alle Ansprüche nachehelichen Unterhalts und auf Unterhaltsbeiträge im Falle der Not. In der Urkunde heißt des darüber hinaus (S. 5):
"Über die Tragweite der in dieser Urkunde getroffenen Vereinbarungen hat uns der Notar belehrt.
Wir gehen davon aus, dass jeder von uns in der Lage sein wird, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Das Risiko, dass sich diese Erwartung bei einem von uns auch ohne sein Verschulden, etwa wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit, nicht erfüllt, ist uns bewusst. Wir sind jedoch der Meinung, dass dieses Wagnis für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung unserer Ehe jeder von uns selbst tragen soll."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag verwiesen.
Nachdem die Klägerin im Mai 2001 die Rücknahme des Scheidungsantrages wegen vorübergehender Versöhnung mit ihrem Ehemann veranlasst hatte, führte ein weiteres Verfahren vor dem Familiengericht Geldern zur Scheidung der Ehe (19 F 22/03). Ein anderes Verfahren vor dem Familiengericht Geldern betreffend den Trennungsunterhalt ist rechtskräftig abgeschlossen (19 F 189/03).
Die Klägerin hat behauptet:
Es hätten Beratungen durch die Beklagte am 18., 20. und 21. Dezember 2000 stattgefunden. Sie habe bei diesen Gesprächen Unterlagen mitgebracht, auf deren Grundlage die Beklagte einen Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemannes in Höhe von 105.000,-- DM ermittelt habe. Im Hinblick auf ihr, der Klägerin, eigenes Einkommen habe die Beklagte erklärt, es stünde ihr kein nachehelicher Unterhaltsanspruch zu. Bei dem Termin am 21. Dezember 2000 sei ihr Ehemann anwesend gewesen. Die Beklagte habe empfohlen, zugunsten des Ehemannes einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 30.000,-- DM und einen nachehelichen Unterhaltsverzicht notariell beurkunden zu lassen.
Die Klägerin hat weiter geltend gemacht: Ihr sei durch die unzureichende und fehlerhafte Beratung der Beklagten ein Schaden entstanden, da ihr Anfangsvermögen das Endvermögen nicht übersteige und deshalb ihrem Ehemann kein Zugewinnausgleich geschuldet gewesen sei. Außerdem seien ihr erhebliche Unterhaltsansprüche entgangen. Schließlich habe die Beklagte ihr die Kosten zu ersetzen.
Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. sie von der Verpflichtung zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs an ihren Ehemann , H-Str. 41, S., in Höhe von 30.000,-- DM (= 15.338,76 €) aus der notariellen Urkunde des Notars T., UR-Nr.... vom ... freizustellen;
2. an sie jeweils monatlich im voraus 818,44 € beginnend mit dem 04. September 2004 (Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung der Eheleute G.) zu zahlen;
3. an sie weitere 4.044,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet:
Die einzige Besprechung habe am 21. Dezember 2000 ohne Beisein des Ehemannes stattgefunden. Die Klägerin habe erklärt, dass sie im Hinblick auf einen ab Ende Januar 2001 bevorstehenden Auslandsaufenthalt des Ehemannes eine schnelle Scheidung wünsche. Sie habe sich mit ihrem Ehemann bereits auf einen Zahlungsbetrag von 30.000,-- DM für den Zugewinnausgleich und auf einen nachehelichen Unterhaltsverzicht geeinigt gehabt. Sie habe die Klägerin ausführlich nach deren Vermögensverhältnissen und bestehenden Verbindlichkeiten befragt. Entsprechende Unterlagen habe die Klägerin beim Besprechungstermin nicht vorgelegt.
Die Beklagte hat einen Schaden der Klägerin betreffend den Zugewinnausgleich bestritten und behauptet:
Deren Endvermögen übersteige das Anfangsvermögen um mehr als 60.000,-- DM, weshalb der notarielle Vertrag für die Klägerin insoweit vorteilhaft gewesen sei. Das von der Klägerin vorgelegte Privatgutachten zur Ermittlung der Grundstückswerte sei ein Gefälligkeitsgutachten und darüber hinaus inhaltlich unrichtig. Von Lebensversicherungen habe die Klägerin nichts erwähnt.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen und der Beklagten als Partei. In seinem Urteil hat es die Klage unter Hinweis darauf, es fehle an einer Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, gegen das die Klägerin eingelegt hat.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf Schadensersatz wegen mangelhafter Beratung über den Zugewinn und den nachehelichen Unterhalt weiter. Die Kosten für das Privatgutachten macht sie nicht mehr geltend. Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, die Beklagte habe pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen, dass sie ohne vollständige Einsicht in vorzulegende Unterlagen betreffend ihre, der Klägerin, Vermögensverhältnisse zu einer ordnungsgemäßen Beratung nicht in der Lage sei. Im übrigen sei die Berechnung des Zugewinns durch die Beklagte fehlerhaft gewesen und die darauf basierende Beratung infolgedessen ebenfalls. Eine Beratung zum Anspruch auf Aufstockungsunterhalt habe die Beklagte ebenfalls nicht erteilt. Zwischenzeitlich habe sie, die Klägerin, Teilzahlungen an ihren Ehemann in Höhe von insgesamt 7.500,-- € geleistet.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilten, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. an sie 7.500,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. sie von der Verpflichtung zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs an G., H-Str., S., in Höhe von 7.838,76 € aus der notariellen Urkunde des Notars T. in G., UR.-Nr. ... vom ... freizustellen;
3. an sie jeweils monatlich im Voraus 818,44 €, beginnend mit dem 04.09.2003 (Rechtskraft der Scheidung der Ehe zwischen der Klägerin und G.) zu zahlen.
Hilfsweise unter Aufhebung des Urteils Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Die Klägerin sei von ihr über die Notwendigkeit der Vorlage weiterer Unterlagen zum Zwecke einer konkreten Unterhaltsberechnung und Berechnung des Zugewinns informiert worden. Dies habe die Klägerin jedoch nicht gewollt. Sie sei lediglich mit dem Ansinnen erschienen, die zwischen der Klägerin und deren Ehemann bereits ausgehandelte Vereinbarung umzusetzen. Angaben zu bestehenden Lebensversicherungen habe die Klägerin trotz entsprechender Nachfrage nicht gemacht.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als sie zur Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach und zur Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Urteils im übrigen führt (§ 538 Abs.2 Nr. 4 ZPO).
1.
Die Beklagte hat schuldhaft Pflichten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Anwaltsvertrag (§§ 611, 675 BGB) verletzt, weshalb sie dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Die Beklagte schuldete der Klägerin eine umfassende Beratung über Zugewinn und nachehelichen Unterhalt. Diese hat sie nur unzureichend erbracht und damit pflichtwidrig gehandelt. Weiterhin hat sie die Klägerin pflichtwidrig nicht über die einem Ehevertrag innewohnenden Risiken aufgeklärt und damit ebenfalls eine vertragliche Pflicht aus dem Anwaltsvertrag schuldhaft verletzt.
a.
Grundsätzlich ist ein Rechtsanwalt zu einer allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung verpflichtet, soweit sein Auftraggeber nicht unzweideutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf. Der Rechtsanwalt muss dabei die Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, darlegen und erörtern (BGH NJW 1961, 601 (602); NJW 1985, 264 f.; NJW 1988, 563; NJW 2000, 730). Er muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt daraufhin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel führen können und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Eine solche Belehrung kann allenfalls dann entbehrlich sein, wenn der Rechtsanwalt erkennt, dass der Mandant die Risiken des Geschäfts oder der beabsichtigten Gestaltung kennt und er diese auch bei einer Belehrung auf sich nehmen würde (BGH NJW 1992, 1159; NJW 1993, 1320; zum Vorstehenden auch Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 984 "Beratung").
b.
Diesen Anforderungen genügte die Beratung der Beklagten weder bezüglich des Unterhalts noch des Zugewinns.
aa.
Gegenstand des Auftrags der Beklagten war die Ermittlung des Anfangs- und des Endvermögens der Eheleute und sich daraus ergebender Ausgleichsansprüche. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hatte die Klägerin zu dem Beratungstermin keine bzw. keine geeigneten Unterlagen mitgebracht. Folglich war die Beklagte überhaupt nicht in der Lage, eventuelle Ansprüche der Klägerin verlässlich zu ermitteln. Sie hat jedoch eine Berechnung betreffend den Zugewinn vorgenommen, was sich schon den von ihr anlässlich der Beratung gefertigten Notizen entnehmen lässt. Dort hat sie die von der Klägerin - offensichtlich mündlich - genannten Beträge eingesetzt und versucht, den Zugewinn zu errechnen bzw. zumindest überschlägig zu ermitteln.
Es mag zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sie die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass die Unterlagen unzureichend sind. Sie hat jedoch gleichwohl eine Berechnung vorgenommen und dadurch bei der Klägerin den Eindruck erweckt, dass eine Entscheidung über die Höhe der Zugewinnausgleichsansprüche möglich ist. Diese von ihr - wenn auch überschlägig - ermittelten Zahlen konnten jedoch keine sichere Grundlage für die Entscheidung der Klägerin darstellen, ob und mit welchem Inhalt sie eine Vereinbarung über den Zugewinn mit ihrem Ehemann abschließen durfte.
In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Berechnung der Beklagten zutreffend war oder nicht. Denn wenn die Beratung dahin ging, dass dem Ehemann ein Zugewinnausgleichsanspruch von mehr als 30.000,-- DM zusteht, im Ergebnis richtig war, wäre der Klägerin kein Schaden entstanden und ein Schadensersatzanspruch aus diesem Grunde nicht gegeben. An der Pflichtwidrigkeit des Handelns der Beklagten ändert dies nichts.
bb.
Gleiches gilt für den Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt. Die Beklagte hätte sie darüber beraten müssen, dass der Klägerin im Falle eines höheren Einkommens des Ehemanns ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt generell, insbesondere auf Aufstockungsunterhalt zustehen kann. Dass sie die Klägerin hierüber in Kenntnis gesetzt hat, lassen weder das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten noch ihre Angaben aus Anlass ihrer Vernehmung vor dem Landgericht erkennen. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Beklagte dahingehende Belehrungen nicht erteilt hat.
Grundsätzlich darf sich ein Anwalt nicht damit begnügen, eine Pflichtverletzung zu bestreiten oder ganz allgemein zu behaupten, er habe den Mandanten ausreichend unterrichtet. Vielmehr muss er den Gang der Besprechung im einzelnen schildern, insbesondere konkrete Angaben darüber machen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie der Mandant reagiert hat (BGH NJW 1987, 1322 (1223); 1994, 3295 (3299); 1995, 2842 (2843); 1996, 2571 f.; Zugehör, Rn. 1034 "Tatsachen, negative, Beweislast"). Die generelle Behauptung der Beklagten, sie habe "die Klägerin pflichtgemäß befragt", ist somit unsubstanziiert.
c.
Weiterhin lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, dass sie die Klägerin über die allgemeinen Risiken eines Ehevertrages aufgeklärt hat. Hierzu wäre sie jedoch verpflichtet gewesen. Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin anderweitig hierüber informiert worden war bzw. aus anderen Gründen des Rates nicht bedurft hätte, sind weder dargetan noch ersichtlich. Zwar ist vorgetragen worden, die Klägerin sei zuvor von einem anderen Anwalt beraten worden. Welchen Inhalt diese Beratung hatte, bleibt jedoch völlig offen.
Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, dass der Wunsch der Klägerin nach Abschluss des notariellen Ehevertrages auf deren entsprechende Weisung zurückzuführen war, so durfte die Beklagte jene nicht blindlings befolgen. Vielmehr muss der Anwalt selbstständig prüfen, ob dem Auftraggeber bei Ausführung der Weisung Nachteile drohen. Ist dies der Fall, hat er den Mandanten darauf hinzuweisen und seine Antwort abzuwarten (BGH NJW 1985, 42 (43); VersR 1985, 83 (84); NJW 1997, 2168 ff.). Dass die Beklagte die Klägerin auf die Folgen eines nachehelichen Unterhaltsverzichts bzw. einer Verpflichtung zur Zahlung von Zugewinn auf unsicherer Berechnungsgrundlage hingewiesen hat, trägt sie selbst nicht vor. Sie begnügte sich vielmehr damit, den auf unsicherer Tatsachengrundlage und mangelnder Rechtskenntnis der Klägerin beruhenden Wunsch ohne hinreichende Belehrungen umsetzen.
d.
Das erklärte Interesse des Mandanten, "schnell" geschieden zu werden, führt ebenfalls nicht zu einem Wegfall der Beratungspflicht des Rechtsanwalts (vgl. auch Senat FamRZ 2001, 1607). Die von der Beklagten behauptete "Eile" der Klägerin war auch sachlich nicht gerechtfertigt. Dies war für die Beklagte ohne weiteres erkennbar und darauf hätte sie die Klägerin ebenfalls hinweisen müssen.
Soweit sie sich darauf beruft, die Klägerin sei im Hinblick auf den bevorstehenden Auslandsaufenthalt des Ehemannes bestrebt gewesen, den Ehevertrag möglichst schnell zu schließen, überzeugt dies nicht. Das Bestreben der Klägerin ging offensichtlich dahin, den Scheidungsantrag vor dem Auslandsaufenthalt rechtshängig zu machen, damit keine zeitaufwändige Auslandszustellung betrieben werden musste.
Eine Eilbedürftigkeit dahingehend, dass bereits Anfang Januar 2001 der notarielle Vertrag geschlossen werden musste, ist nicht erkennbar, zumal sich der Ehemann der Klägerin im Laufe des Monats Januar offensichtlich noch zu Hause aufhielt (vgl. die Ladungen an bzw. Auskünfte von diesem in dem Verfahren 19 F 505/00 AG Geldern). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte der Klägerin davon abgeraten hat, den notariellen Vertrag unter dem vermeintlichen Zeitdruck zu schließen bzw. sie darüber belehrt hat, dass für die Eile der Klägerin kein Grund bestand.
2.
Diese Pflichtverletzungen der Beklagten sind auch für einen möglicherweise eingetretenen Schaden kausal geworden.
a.
Für den Ursachenzusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem Schaden des Mandanten kommt es darauf an, wie sich der Mandant verhalten hätte, wenn er richtig belehrt worden wäre (BGH BGHR 2005, 787; NJW 2002, 593). Wäre die Klägerin richtig beraten worden, hätte sie sich nicht zur Zahlung von 30.000,-- DM verpflichtet und nicht auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt verzichtet. Entsprechendes hat sie vorgetragen. Für dieses Verhalten spricht auch eine beweiserleichternde tatsächliche Vermutung (Anscheinsbeweis beratungsgerechten Verhaltens); denn aufgrund des richtigen anwaltlichen Rats wäre nur eine einzige Handlung vernünftig gewesen (vgl. zu den Beweisgrundsätzen der haftungsausfüllenden Kausalität: BGH NJW 2005,3275, Urt. v. 21. Juli 2005 - IX ZR 49/02 - ; BGH BGHR aaO.; NJW 2002, 593; NJW-RR 2001, 1351; siehe auch Borgmann, NJW 2002, 2145 (2149)), nämlich aufgrund der im Dezember 2000 gegebenen unsicheren Tatsachengrundlagen keinen notariellen Ehevertrag zu schließen.
b.
Bezüglich des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin ist die Pflichtwidrigkeit der Beklagten jedoch nur für den Verzicht auf Aufstockungsunterhalt kausal geworden. Bezüglich der anderen nachehelichen Unterhaltsansprüche hat die Beklagte den gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis beratungsgerechten Verhaltens entkräftet. Denn die Klägerin ist vom Notar T. über die Folgen des Verzichts auf diese Unterhaltsansprüche, mit Ausnahme des Aufstockungsunterhalts, belehrt worden, was aus Ziffer (6) b), S. 5 des notariellen Vertrages folgt. Gleichwohl hat sie den Vertrag unterzeichnet. Es muss deshalb zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass eine entsprechende anwaltliche Belehrung die Klägerin von dem Verzicht auf diese Unterhaltstatbestände nicht abgehalten hätte.
3.
In welcher Höhe der Klägerin aus der fehlerhaften Beratung ein Schaden entstanden ist, kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht abschließend beurteilt werden. Vielmehr bedarf der Sachverhalt hinsichtlich des Schadenshöhe noch umfangreicher Aufklärung. Fest steht jedoch, dass der Klägerin zumindest hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts ein Schaden entstanden ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Ehemann über ein höheres Einkommen verfügte und noch verfügt als die Klägerin. Hierauf weisen schon die Vereinbarungen der Eheleute vom 11. Juni 2000 und die undatierte Erklärung des Ehemannes hin, wonach letzterer sich jeweils zur Zahlung von Trennungsunterhalt verpflichtete. Auch nach der Scheidung eintretende, durch den Wechsel der Steuerklassen etc. bedingte Abweichungen begründen nach Überzeugung des Senats nicht die Annahme, dass der Klägerin kein nachehelicher Unterhaltsanspruch zusteht (§ 286 ZPO).
Eine abschließende Entscheidung des Senats zur Schadenshöhe ist allerdings derzeit aus folgenden Gründen nicht möglich:
a.
Ob dem Ehemann der Klägerin ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zustand oder nicht hängt wesentlich von den Wertverhältnissen betreffend das Grundeigentum der Klägerin ab. Das von der Klägerin vorgelegte Privatgutachten P. ist möglicherweise parteiisch und stellt auch sachlich keine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO dar.
aa.
Zum einen steht der Privatgutachter der Klägerin nicht unabhängig gegenüber. Er ist der Arbeitgeber der Klägerin, was aus ihrem Schriftsatz vom 28. Mai 2003 an das Familiengericht Geldern hervorgeht.
bb.
Zum anderen berücksichtigt das Gutachten lediglich den nach Ansicht des Privatgutachters gegebenen Verkehrswert zum 03. Januar 2001. Abgesehen davon, dass diese Ermittlung in einigen Punkten der Überprüfung bedarf (siehe unten), hätte auch der Verkehrswert bezogen auf den Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin (19. Dezember 1994, vgl. § 1376 Abs. 1 BGB) ermittelt werden müssen.
In dem notariellen Vertrag vom 19. Dezember 1994 ist der Verkehrswert mit 350.000,-- DM angegeben worden. Die Klägerin gibt in der Klageschrift 400.000,-- DM an, wobei beide Beträge in keiner Weise verifiziert werden.
cc.
Auch die Wertermittlung des Privatgutachters als solche ist nicht in allen Punkten nachvollziehbar.
Unklar ist beispielsweise, wie er zu den angegebenen Bodenrichtwerten gekommen ist. Die Bodenrichtwerttabelle weist für den hier streitgegenständlichen Bereich einen qm-Preis von 180,-- € aus (vgl. www.boris.nrw.de, Stichtag zum 31.12.2002), während der Sachverständige zum 31.12.2000 einen solchen von 85,-- € in Ansatz brachte. Auch der unterschiedliche Bewertungsstichtag lässt diese starke Abweichung nicht erklären.
Weiterhin ermittelte der Privatgutachter den Gebäudewert, wobei er nach seinen Angaben die Normalherstellungskosten 2000 (= NHK 2000) "nach Sprengnetter" zugrunde legte. Er gibt die Grundwerte anhand von Kubikmetern an, wogegen die NHK 2000 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen jene anhand von Quadratmetern ermittelt.
Des weiteren hat der Privatgutachter als besondere wertbeeinflussende Faktoren insgesamt 40.200,-- € vom Wert des Gebäudes abgezogen, was einem Viertel des Hauswertes entspricht und in dieser Höhe im Hinblick auf den gepflegten Zustand des Hauses und unter Berücksichtigung der nach Angaben der Klägerin getätigten Investitionen nicht nachvollziehbar ist.
b.
Die Lebensversicherungen sind bei der Bemessung des Anfangsvermögens in Ansatz zu bringen. Die Beklagte war verpflichtet, im Rahmen der Beratung über den Zugewinn die Vermögensverhältnisse der Klägerin umfassend im Hinblick auf die Wertverhältnisse des Anfangsvermögens und des Endvermögens aufzuklären. Offensichtlich hat die Beklagte nur nach "bestehenden Lebensversicherungen" gefragt, was zur Ermittlung der Wertverhältnisse des Anfangsvermögens nicht ausreichte.
Die Klägerin muss demgegenüber angeben, was mit dem im November 1997 an sie ausgezahlten Betrag von 73.844,70 DM (vgl. Schreiben der Allianz Versicherung vom 03. November 1997, GA 321) geschehen ist.
c.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 BGB muss die Klägerin zur Bezifferung der Schadenshöhe zu ihrem Einkommen und dem ihres Ehemannes nach der Scheidung ergänzend vortragen. Bei der Berechnung des Einkommens der Klägerin ist allerdings zu beachten, dass ihre krankheitsbedingte Erwerbsminderung gegebenenfalls unberücksichtigt zu bleiben hat, weil ihr diesbezüglicher Verzicht auf krankheitsbedingten Unterhalt der Beklagten nicht angelastet werden kann (s.o.). Die Klägerin muss sich dann so behandeln lassen, als ob sie vollzeitig erwerbstätig sein kann. Zu berücksichtigen ist weiterhin, ob eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts gemäß §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, zumal aus der Ehe keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind.
d.
Aus den vorgenannten Gründen ist die Sache nicht entscheidungsreif. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats, die Sache selbst zu entscheiden (§ 538 Abs. 1 ZPO) oder gemäß dem Antrag der Klägerin an das Landgericht zurückzuverweisen (vgl. hierzu auch BGH MDR 2005, 921 f.). Es sind jedoch keine Umstände ersichtlich, die eine möglichst schnelle Entscheidung erfordern. Mithin ist nicht ersichtlich, dass das Interesse an einer schnelleren Erledigung vorrangig gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz ist (vgl. BGH NJW 2000, 2024; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Auflage, § 538 Rn. 7), weshalb der Senat entsprechend dem Antrag der Klägerin den Rechtsstreit an das Landgericht hinsichtlich des Höheverfahrens zurückverweist.
4.
Eine Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist dem auf die erneute Verhandlung zu erlassenden Urteil des Landgerichts vorzubehalten, da erst bei dessen Erlass absehbar sein wird, ob die Berufung zu einer geänderten Entscheidung über das Klagebegehren führen wird.
Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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