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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: I-24 U 7/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 546
BGB § 548
Der Lauf der kurzen Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Vermieters beginnt, sobald ihm der Mieter das Mietobjekt zur ungestörten Überprüfung überlässt und den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt, auch wenn aus einer Vielzahl von Schlüsseln noch einzelne beim Mieter verblieben sind.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 7/07

In Sachen

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., T. und S. am 20.09.2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

3. Der auf den 16.10.2007 geplante Verhandlungstermin entfällt.

Gründe:

I.

Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine für den Kläger günstigere Entscheidung. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger und der Drittwiderbeklagten der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen gegen den Beklagten zusteht oder nicht. Denn die Klageforderung ist jedenfalls verjährt:

1.

Gemäß § 548 Abs. 1 S. 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Hierzu gehören neben Schadensersatzansprüchen wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen auch die hier ebenfalls in Rede stehenden Ansprüche wegen der Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen (vgl. auch BGH NJW 2006, 1588 (1589); NJW 2005, 739; BGHZ 104, 6 (12)). Gemäß § 548 Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH erfordert die "Rückgabe" der Mietsache i.S. § 548 Abs. 1 BGB grundsätzlich eine Veränderung der Besitzverhältnisse zu Gunsten des Vermieters (vgl. nur BGH NJW 2004, 774, 775 m.w.N.; NJW 2000, 3202). Das bedeutet zum einen, dass der Vermieter in die Lage versetzt werden muss, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu machen. Zum anderen ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters erforderlich (BGH NJW 2004, 774 (775); NJW 2001, 535), von der der Vermieter Kenntnis erlangen muss. Andernfalls hat das Mietverhältnis sein tatsächliches Ende nicht gefunden (BGH NJW 2004, 774 (775); Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, VI Rn. 40). Die Besitzerlangung nach § 548 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht unbedingt identisch mit der Rückgabe gemäß § 546 BGB (vgl. OLG Hamm ZMR 1996, 372 zu § 558 BGB a.F.). Entscheidend ist, dass dem Vermieter die unmittelbare Sachherrschaft (§ 854 BGB) vom Mieter übertragen wird (BGH NJW 2005, 2004; 2000, 3203; 1992, 687; siehe auch Senat, Urteil vom 30. April 2001, Grundeigentum 2002, 2296, ebenso veröffentlicht in Jurisweb; Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Auflage, § 548 Rn. 11 m.w.N.). Er soll die Möglichkeit haben, die Sache ungestört auf Veränderungen und Verschlechterungen zu untersuchen (BGH a.a.O. und in BGHZ 98, 59; Senat, a.a.O.; Palandt/Weidenkaff, a.a.O.).

2.

Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger und die Drittwiderbeklagte (im Folgenden: Kläger) die Mieträume spätestens Ende Mai/Anfang Juni 2004 zurückerhalten haben und so in die Lage versetzt worden sind, die Räume ohne Störung durch den Beklagten auf etwaige Veränderungen und Verschlechterungen zu untersuchen.

a)

Der Beklagte hat die Mieträume Ende April/Anfang Mai 2004 geräumt. Der für den Beklagten handelnde Zeuge B. hat sodann Fliesen, Tapeten und dergleichen entfernt. Anschließend hat er - entsprechend einer ihm von der Drittwiderbeklagten ausdrücklich erteilten Maßgabe - die zum Betreten der Mieträume erforderlichen Schlüssel entweder Ende Mai oder Anfang Juni 2004 dem vom Kläger beauftragten Architekten F. ausgehändigt, damit dieser die Mieträume und die dort ausgeführten Arbeiten besichtigen konnte. Die Schlüssel sind entgegen der Behauptung des Klägers in der Folgezeit dem Beklagten (bzw. dem Zeugen B.) nicht zurückgegeben worden, sondern entweder bei dem Zeugen F. verblieben oder von diesem dem Büro des Klägers übergeben worden. Diesen Hergang haben die Zeugen B. und F. bei ihrer Vernehmung durch das Landgericht - im Kern ihrer Aussagen übereinstimmend - bekundet. Geringe Widersprüche ihrer Angaben im Detail (der Zeuge B. datierte die Übergabe der Schlüssel auf "bis Ende Mai", der Zeuge F. auf "Anfang Juni") berühren die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben in ihrem wesentlichen Gehalt nicht.

b)

Der Beklagte selbst hat ferner eine größere Anzahl Schlüssel (ca. 18 Stck., zur Hauseingangstür, zur Eingangstür Erdgeschoss und zur Eingangstür 1. Obergeschoss) der Mitarbeiterin A. spätestens Ende Mai 2004 ausgehändigt. Diesem Vortrag des Beklagten (Schriftsatz vom 29.11.2005 S. 4, Bl. 74 GA) zum Zeitpunkt der Schlüsselübergabe an die Mitarbeiterin A. ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. In seinen Schriftsätzen vom 17.10.2005 und vom 05.01.2006 hat der Kläger hierzu lediglich angegeben, die Übergabe von Schlüsseln an Frau A. sei "später" erfolgt, dies aber entgegen § 138 Abs. 2 und 3 ZPO zeitlich nicht weiter konkretisiert. Zwar hat der Kläger bereits in der Klageschrift vorgetragen, er habe erst am 10.08.2004 "Zugriff auf die Mietsache" nehmen können. Eine Koinzidenz dieses Zeitpunkts mit dem Zeitpunkt der Übergabe von Schlüsseln an seine Mitarbeiterin A. ist aber von dem Kläger erstinstanzlich nicht behauptet; zu den möglichen Geschehnissen und Vorgängen vom 10.08.2004 ist insgesamt Konkretes nicht mitgeteilt, obwohl der Beklagte in erster Instanz auf diesen Mangel des klägerischen Vortrags wiederholt hingewiesen hat.

c)

Letztlich kommt es aber auch nicht darauf an, ob der Beklagte nach Übergabe der Schlüssel an den Zeugen F. noch weitere Schlüssel in Besitz hatte und wann er auch diese dem Kläger übergeben hat. Zu der Frage, ob der Mieter seiner Rückgabepflicht nach § 546 BGB genügt, wenn er nicht alle Schlüssel herausgibt, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten (vgl. hierzu Bub/Treier, a.a.O., V.A Rn. 9 mit zahlreichen Nachweisen). Dies braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Denn anders als bei der Rückgabe des Objekts gemäß § 546 BGB ist die Herausgabe sämtlicher Schlüssel für die Besitzerlangung des Vermieters gemäß § 548 Abs. 1 S. 2 BGB nicht entscheidend. Abzustellen ist allein auf die mit der unmittelbaren Besitzverschaffung verbundene Möglichkeit des Vermieters zur Prüfung der Mieträume (vgl. auch Senat in ZMR 2001, 267 zu § 558 BGB a.F. und GuT 2006, 243 f.). Diese besteht unabhängig davon, ob evtl. noch Schlüssel beim Mieter verblieben oder etwa im Laufe des Mietverhältnisses verloren gegangen sind. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Umstände vorliegen, nach denen der Einbehalt von Schlüsseln durch den Mieter einer unmittelbaren Besitzverschaffung des Vermieters entgegenstünde. Hiervon ist aber im zu entscheidenden Fall nicht auszugehen, da Entsprechendes weder vorgetragen noch sonst aus dem Akteninhalt ersichtlich ist.

3.

Spätestens mit Ablauf des Jahres 2004 trat Verjährung des Klageanspruchs ein. Der Beklagte hatte - wie ausgeführt - durch Übergabe der Schlüssel vor Beendigung des Mietverhältnisses zum 30.06.2004 dem Kläger die Mietsache im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB zurückgegeben. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob die Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen unterlassener Schönheitsreparaturen bereits vor Ende des Mietverhältnisses beginnen kann (vgl. Schach WuM 2005, 232). Denn auch bei einem Verjährungsbeginn am 01.07.2004 ist Verjährung mit der Rechtsfolge des § 214 Abs. 1 BGB eingetreten. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass es während des Laufs der Verjährungsfrist vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2004 zu einer Hemmung der Verjährung (etwa durch Verhandlungen, § 203 BGB) oder zu einem Neubeginn durch Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) gekommen wäre. Soweit der Kläger auf vom Beklagten bezahlte Malerarbeiten verweist, unterliegt es bereits Zweifeln, ob hierin ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gesehen werden kann. Jedenfalls sind diese Arbeiten erst im Januar 2005 ausgeführt worden und vermochten die Rechtsfolgen des § 212 BGB nicht mehr auszulösen. Denn nach Vollendung der Verjährung ist ein Neubeginn ausgeschlossen (BGH NJW 1997, 517 und NJW 1987, 1084 zur Unterbrechung der Verjährung nach § 208 BGB a.F.; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 212 Rn. 2 a.E.)

II.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

Hinweise zur Erfolgsaussicht der Anschlussberufung sind derzeit nicht veranlasst. Wegen der beabsichtigten Kostenentscheidung verweist der Senat auf NJW 2003, 1260.

Ende der Entscheidung

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