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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.12.2003
Aktenzeichen: I-24 U 73/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 675
BGB § 276
1. Der Rechtsanwalt genügt vor Erhebung einer Klage auf Ausgleich ehebedingter Zuwendungen bei Gütertrennung seiner Beratungspflicht nicht, wenn er den Mandanten nicht deutlich auf eine im Rechtsstreit drohende Niederlage hinweist, sondern es nur bei allgemeinen Risikohinweisen belässt.

2. Im Falle unvollständiger Beratung gereicht es dem Mandanten nicht zum Mitverschulden, wenn er gegen den Rat des Rechtsanwalts einen vorteilhaften Prozessvergleich nicht abschließt.

3. Hat der Mandant nach Kündigung des Mandats und Prüfung der Beratungstätigkeit die Honorarforderung des Rechtsanwalts teilweise anerkannt, so kann er diesen Betrag als Schaden nicht mehr geltend machen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 73/03

Verkündet am 16. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 14. Oktober 2003 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, E und T

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 6. Januar 2003 verkündete Endurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf -Einzelrichter- teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Das am 3. September 2001 verkündete Vorbehaltsurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf -Einzelrichter- wird für vorbehaltlos erklärt, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 899,39 EUR (1.759,06 DM) nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 7. März 2001 zu zahlen. Im Übrigen wird das genannte Vorbehaltsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Kläger zu 90%, dem Beklagten zu 10% auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Der klagende Rechtsanwalt hat den Beklagten im ersten Rechtszug auf der Grundlage eines mit "Abstraktes Schuldanerkenntnis" überschriebenen Dokuments im Urkundsprozess auf Honorar (18.882,22 DM nebst Zinsen) für verschiedene gerichtliche und außergerichtliche Tätigkeiten in Anspruch genommen, die er im Auftrag des Beklagten im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung von dessen Ehefrau (nachfolgend Ehefrau genannt) entwickelt hat. Das Landgericht hat durch Vorbehaltsurteil vom 3. September 2001 antragsgemäß zugunsten des Klägers entschieden. Im Nachverfahren hat der Beklagte beantragt, das Vorbehaltsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Er hat u. a. geltend gemacht: Durch falsche Beratung des Klägers in dem gegen die Ehefrau gerichteten und erfolglos gebliebenen Verfahren (9 O 233/99 Landgericht Düsseldorf) auf Rückzahlung von Investitionen in deren Haus bei Gütertrennung nach gescheiterter Ehe (nachfolgend Ausgleichsanspruch genannt) sei ihm ein Schaden entstanden, der den Honoraranspruch übersteige. Mit dem behaupteten Gegenanspruch hat der Beklagte die Aufrechnung erklärt. Das Landgericht hat zugunsten des Klägers entschieden und das Vorbehaltsurteil aufrecht erhalten. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

B.

Das zulässige Rechtsmittel ist überwiegend begründet. Der Kläger hat den Beklagten unrichtig beraten, woraus diesem ein Schaden in Höhe von 17.123,16 DM entstanden ist. Infolge der Aufrechnung mit diesem Schadensersatzanspruch verbleibt nur ein Resthonorar von 1.759,06 DM (899,39 EUR).

I.

Der Beurteilung des Landgerichts, der Beklagte habe eine Pflichtverletzung des Klägers nicht bewiesen, vermag der Senat nicht zu folgen. Das Landgericht verkennt, dass sich die unrichtige Beratung schon aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt.

1.

Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der wegen Prozessverlustes Schadensersatz begehrende Mandant darlegen und notfalls beweisen muss, dass der beauftragte Rechtsanwalt seine vertraglichen Pflichten verletzt hat (BGH MDR 1985, 395; 1987, 666 und 840). Geht wie hier der Vorprozess ohne Beweisaufnahme verloren, weil die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen, muss der Mandant darlegen und notfalls beweisen, dass er nur deshalb das Prozessrisiko eingegangen ist, weil der Rechtsanwalt die Erfolgsaussichten falsch dargestellt hat. Der Rechtsanwalt ist nämlich verpflichtet, den ihm vorgetragenen Sachverhalt darauf zu prüfen, ob er geeignet ist, den begehrten Anspruch zu stützen (BGH MDR 2000, 297). Durch geeignete Befragung des Mandanten muss er rechtlich relevante Sachverhaltslücken aufklären (BGH NJW 1982, 437; 1994, 1472) sowie klären, ob für beweisbedürftige Tatsachen geeignete Beweismittel zur Verfügung stehen (BGH WM 1988, 987, 993). Schließlich muss der Rechtsanwalt prüfen, und den Mandanten darüber aufklären, ob und welche tatsächlichen und rechtlichen Prozessrisiken mit der gerichtlichen Verfolgung des geltend gemachten Anspruchs verbunden sind (vgl. BGH NJW-RR 2003, 194; NJW 2001, 115; 1996, 2648; 1994, 1211; 1992, 1159; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl., Anm. I 122 ff m.w.N.). Dabei obliegt es dem Rechtsanwalt zwar nicht, die Erfolgswahrscheinlichkeit mit mathematischer Genauigkeit anzugeben. Er muss aber auf ein besonders hohes Risiko aufmerksam machen (BGH NJW 1994, 791; 1988, 2113).

2.

Auf der Grundlage dieser Kriterien steht nach dem eigenen Vorbringen des Klägers fest, dass er den Beklagten falsch beraten hat.

a)

Geht es wie im Streitfall um einen vermögensrechtlichen Ausgleichsanspruch unter Eheleuten im Güterstand der Gütertrennung nach gescheiterter Ehe, sind wegen der komplexen Anspruchsvoraussetzungen besondere Anforderungen an den Rechtsanwalt zur Sachverhaltsaufklärung und -bewertung zu stellen. Ehebedingte Zuwendungen des einen Ehegatten an den anderen können nach Scheitern der Ehe nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) nur dann zurückgefordert werden, wenn ein Vermögensausgleich güterrechtlich nicht möglich ist, insbesondere also im Fall vereinbarter Gütertrennung, und wenn es dem zuwendenden Ehegatten unter Berücksichtigung des vereinbarten Güterstandes den Umständen nach nicht zumutbar ist, es bei dieser Vermögenszuordnung zu belassen. Ob das der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Ehedauer, dem Alter der Ehegatten, Art und Umfang der Leistungen und eventueller Gegenleistungen, nach der noch verbliebenen Höhe des Zugewendeten im Vermögen des Empfängers und nach den gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Ehegatten in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (vgl. BGHZ 84, 361, 365, 386 = NJW 1982, 2236 und NJW 1994, 2545).

b)

Richtig ist der Hinweis des Klägers, dass die gebotene Abwägung der gegenläufigen Interessen mit rechtlichen Risiken behaftet ist, weil sie Wertungen des im Streitfall zur Entscheidung berufenen Gerichts erfordert, die regelmäßig nicht exakt prognostiziert werden können. Unrichtig ist indes, dass sich der Kläger mit diesem allgemeinen Hinweis an den Beklagten begnügen durfte. Aufgabe des Rechtsanwalts ist es zunächst, unter Berücksichtigung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und in der Literatur zum Ausgleichsanspruch vertretenen herrschenden Auffassung durch Befragung des Mandanten die Kriterien möglichst vollständig zu ermitteln, die für und gegen den Ausgleich sprechen können und sie zu gewichten. Auf dieser Grundlage muss der Rechtsanwalt den Mandanten sodann über das konkrete Prozessrisiko aufklären. Nur auf dieser Basis kann der Mandant eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen, ob er noch bestehende Risiken in Kauf nehmen oder sie vermeiden will.

Eine solche Beratung hat der Kläger schon nach eigenem Vorbringen nicht geleistet. Hätte er pflichtgemäß die für und gegen den Ausgleich sprechenden Tatsachen vollständig und vor Prozesseinleitung ermittelt, hätte er dem Beklagten mitteilen müssen, dass ein ganz erhebliches Risiko bestand, gegen die Ehefrau einen Ausgleichsanspruch dem Grunde nach durchzusetzen, geschweige denn in Höhe der vom Beklagten angeblich getätigten Investitionen. Es handelt sich gerade nicht um einen Bereicherungsanspruch im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, wie ihn der Kläger behandelt hat, bei dem es um die bloße Rückabwicklung einer Vermögensverschiebung geht. Der Bereicherungsanspruch entspricht der Höhe nach exakt der Höhe der rechtsgrundlos gewordenen Vermögensverschiebung. Ein solcher Anspruch wird den Verhältnissen unter Ehegatten nach gescheiterter Ehe aber nicht gerecht (BGH aaO). Es könnte (mit Blick auf die Ehedauer) gerade nicht berücksichtigt werden, dass die ehebedingte Zuwendung wenigstens zum Teil, nämlich für die Dauer der intakten Ehe ihren angestrebten Zweck, die Ehe zu verwirklichen, erreicht hat und dass die sonstigen beiderseitigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegen einen Ausgleich nach Grund oder in Höhe der Vermögensverschiebung sprechen können.

Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten und der Ehefrau sprachen hier mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit gegen einen Ausgleichsanspruch des Beklagten.

aa)

Hinsichtlich des Darlehns (130.000 DM) fehlte es bereits an einer ausgleichsfähigen Zuwendung des Beklagten an die Ehefrau.

(1)

Die Darlehensvaluta stammte nicht aus dem Vermögen des Beklagten. Während der Ehe wurde das Darlehen nämlich nur verzinst, nicht aber getilgt. Die Darlehenszinsen (rund 600 DM monatlich), die der Beklagte nur während der Ehe bis zur Trennung der Eheleute im Oktober 1998 gezahlt hatte, waren ein Teil der Gegenleistung für die Nutzung des Hauses auch durch den Beklagten; sie vermehrten nicht das Vermögen der Ehefrau. Soweit der Beklagte gegenüber dem Kreditinstitut (neben der Ehefrau) die Mithaft für die Rückführung des Darlehns übernommen hatte und das Risiko bestand, dass die Bank künftig im Falle der Nichtrückzahlung des Darlehens die ihr abgetretene Sicherheit (Lebensversicherung des Beklagten) verwerten würde, bestand mangels Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs, die erst im März 2001 eintrat, gemäß § 426 Abs. 2 BGB weder ein Zahlungsanspruch noch ein Freistellungsanspruch (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 426 Rn. 3f m.w.N.). Diese nachteilige Rechtslage hat der Kläger offenbar nicht erkannt; denn er behauptet selbst nicht, den Beklagten darüber aufgeklärt zu haben.

(2)

An diesem Ergebnis vermag auch nichts der Umstand zu ändern, dass die Ehefrau (zunächst) ihre Bereitschaft erklärt hatte, an den Beklagten vergleichsweise 100.000 DM zu zahlen und dass der Kläger dem Beklagten empfohlen hatte, diesen Vergleich anzunehmen. Mit diesem Angebot wollte die Ehefrau ganz ersichtlich nicht ehebedingte Zuwendungen des Beklagten ausgleichen. Vielmehr ging es ihr darum, den künftigen Ausgleichsanspruch des Beklagten aus § 426 Abs. 2 BGB vor Eintritt der Fälligkeit am 1. März 2001 zu befriedigen. Darüber ist der Beklagte aus den schon genannten Gründen nicht hinreichend vom Kläger aufgeklärt worden, so dass er seine schwache Verhandlungsposition nicht erkennen konnte. Nicht entscheidend ist, wie das Landgericht meint, dass die ebenfalls anwaltlich vertretene Ehefrau die Rechtslage im Wesentlichen bereits in den vorgerichtlichen Schriftsätzen richtig darstellte. Der Beklagte als Rechtslaie darf und muss sich nur auf das verlassen, was sein eigener anwaltlicher Berater für rechtlich zutreffend hält. Dieser muss die Rechtsauffassung der Gegenseite prüfen und dem Mandanten mitteilen, was davon zu halten ist. Dass der Kläger dem Beklagten gesagt hätte, die Rechtsauffassung der Gegenseite sei richtig, also bestehe gegenwärtig kein begründbarer Ausgleichsanspruch, behauptet der Kläger selbst nicht. Der Hinweis auf ein allgemeines Risiko ist unzureichend, weil der Beklagte hier auf ein spezifisches und quantifizierbares Risiko hinzuweisen war.

bb)

Bei den drei vom Beklagten geltend gemachten Investitionen in das Haus in Höhe von (67.071,53 DM - 40.000,00 DM) 27.071,53 DM (Garagenausbau), 40.000 DM (Ausbau Terrasse/Wohnzimmer) und 15.000 DM (Ersetzung der Nachtstromspeicherheizung durch eine Gasheizung) handelt es sich allerdings um grundsätzlich ausgleichsfähige Zuwendungen des Beklagten. Der rechtlichen Ausgleichsfähigkeit des Teilbetrags von 40.000 DM stand nicht entgegen, dass Terrasse und Wohnzimmer schon vor der Eheschließung, die im August 1995 erfolgte, nämlich bereits im Jahre 1984 ausgebaut wurden. Auch Lebensgefährten und Verlobte können sich unbenannte und bei Scheitern der Beziehung ausgleichspflichtige Zuwendungen leisten, wenn sie wegen des Bestands und zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft gemacht werden (vgl. BGH MDR 1983, 30 und 1992, 264). Bei nachfolgender Eheschließung und Führung der Ehe im Güterstand der Gütertrennung kann auch die voreheliche Zuwendung Teil des einheitlichen Ausgleichsanspruchs sein (vgl. BGH MDR 1992, 264).

cc)

Der Ausgleichsanspruch scheiterte indes an den besonderen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die, wie das Landgericht im Vorprozess im Ergebnis richtig entschieden hat, sämtlich zugunsten der Ehefrau und damit gegen einen Ausgleich sprachen. Die Investitionen der Jahre 1984 (Terrasse/Wohnzimmer) 1989 (Garagenausbau) und 1994 (Heizung) hatte der Beklagte bis zur Trennung von der Ehefrau (Oktober 1996) in den ersten beiden Fällen langjährig mitgenutzt. Die Nutzungsdauer der Investition für die Heizung war zwar nicht sehr lang. Zu berücksichtigen ist aber, dass das Haus bereits über eine zentral wirkende Heizungsanlage verfügt hatte, so dass es sich nicht um eine Erstinvestition, sondern um eine Austauschinvestition handelte. Dementsprechend geringer fällt der Wertzuwachs für die Immobilie aus.

Insbesondere aber die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten in Vergangenheit, Gegenwart und absehbarer Zukunft sprachen gegen den Ausgleich. Bis zum Jahre 1993 hatte der Beklagte monatliche Bruttoeinkünfte von 15.000 DM, danach aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung und aus einem Angestelltenverhältnis bei der Stadt K. monatliche Nettoeinkünfte von rund 5.000 DM. Diese Einkünfte waren auch in der Zukunft gesichert, weil die Berufsunfähigkeit nur die Tätigkeit des Beklagten als Metzger betraf. Der bei Trennung 41-jährige Beklagte war voll erwerbsfähig. Die bei Trennung schon 51-jährige Ehefrau war dagegen erwerbsunfähig, so dass nicht damit gerechnet werden konnte, dass sie zukünftig Lasten für einen zu tilgenden Ausgleichsanspruch aus ihren laufenden Einkünften werde tragen können. Sie erzielte eine EU-Rente von nur rund 1.180,00 DM und war geringfügig beschäftigt mit monatlichen Einkünften von 500 DM.

Nachehelichen Unterhaltsansprüchen war der Beklagte nicht ausgesetzt. Wegen seiner hohen monatlichen Einkünfte in Vergangenheit und Gegenwart hatte der Beklagte auch Gelegenheit, Vermögen zu bilden, insbesondere in Gestalt von Lebensversicherungen. Der von ihm geweckte Eindruck, sein gesamtes Einkommen sei entweder zum Lebensunterhalt verbraucht oder in das Vermögen der Ehefrau geflossen, ist falsch. Bereits bei Eheschließung hatte er zu seinen Gunsten acht Lebensversicherungen abgeschlossen, während der Ehe hatte er zwei abgeschlossen, ohne dass deren Wert genau ermittelt worden ist. Die Werthaltigkeit dieser Positionen wird aber dadurch belegt, dass der Beklagte nach der Ehescheidung ein Zweifamilienhaus erwarb und (unter Abtretung diverser Lebensversicherungen) voll finanzierte. Eine der während der Ehe abgeschlossenen Lebensversicherungen über 130.000 DM wurde Anfang des Jahres 2000, nur knapp vier Jahre nach Trennung fällig. Trotz der Abtretung dieser Lebensversicherung an die Bank, welche das ehegemeinschaftliche Darlehen über 130.000 DM sicherte, ist sie werthaltig, weil der Beklagte gegen die Ehefrau einen künftigen (werthaltigen) Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 2 BGB hatte. Außerdem hatte er bei Trennung ein wertvolles Kraftfahrzeug der Marke M..

Die Ehefrau hatte außer dem Einfamilienhaus, welches ihr von ihren Eltern 1984 in vorweggenommener Erbfolge übertragen worden war und in welches die Zuwendungen des Beklagten geflossen waren, kein Vermögen. Nach der Trennung war sie mit den Zinszahlungen für das Darlehen belastet sowie künftig dem Ausgleichsanspruch des Beklagten (130.000 DM) ausgesetzt. Schon diese Verbindlichkeiten konnte sie aus liquidem sonstigen Vermögen nicht tilgen. Wenn der Beklagte in Kenntnis dieser Umstände, insbesondere in Kenntnis der Tatsache, dass eine Rückzahlung von (selbstgenutzten) Investitionen nur unter Verwertung des der Ehefrau in vorweg genommener Erbfolge erworbenen Hauses möglich sein werde, gleichwohl den Zugewinn ausschloss, erscheint es für ihn nicht unzumutbar, die an die Ehefrau geflossenen Zuwendungen mit ihrem (geringeren) Zeitwert bei ihr zu belassen.

II.

Dem Beklagten ist aus der Falschberatung auch ein Schaden entstanden. Hätte der Kläger die geringen Erfolgsaussichten einer auf Geldausgleich gerichteten Klage zutreffend dargestellt, hätte der Beklagte davon abgesehen, einen solchen Anspruch gegen die Ehefrau gerichtlich durchzusetzen. Ihm wären sodann keine weiteren Kosten entstanden.

1.

Für diesen Kausalverlauf spricht die zugunsten des Mandanten bestehende Vermutung, dass er einem richtigen Rat seines Rechtsberaters folgt (Vermutung beratungskonformen Verhaltens, BGH NJW-RR 2003, 194; NJW 2000, 1944). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte dem pflichtgemäßen Rat des Klägers nicht gefolgt wäre, liegen nicht vor. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass der Beklagte den Vergleichsvorschlag der Ehefrau abgelehnt hatte. Das beruht auf der unrichtigen Beratung des Klägers. Indiziert wird ein beratungskonformes Verhalten im Übrigen dadurch, dass der Beklagte nach (negativ) ausgegangener Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels im Vorprozess dem Rat der Berufungsanwälte entsprechend keine Berufung durchgeführt hat.

2.

Die Schadenshöhe beträgt 17.123,16 DM. Die dem Kläger berechtigt noch zustehende Honorarforderung beträgt demgemäss (18.882,22 DM - 17.123,16 DM) 1.759,06 DM (899,39 EUR).

a)

Allerdings ist der Kläger nicht verpflichtet, den Beklagten von dem Teil der Honorarforderung freizustellen, welche für die hier umstrittene Falschberatung verlangt wird (6.610,26 DM). Das scheitert daran, dass der Beklagte am 22. November 2000 u. a. die hier umstrittene Honorarforderung anerkannt hat, obwohl er inzwischen das Mandat zum Kläger gekündigt hatte und hatte prüfen lassen, ob der Kläger fehlerhaft beraten hatte. Gerade deshalb entstand eine Ungewissheit über die Berechtigung des Honorarteils, die mit dem Schuldanerkenntnis beseitigt werden sollte (vgl. dazu BGH NJW 2003, 2386). Das hindert den Beklagten daran, im Honorarprozess eine außergerichtlich anerkannte Forderung mit Einwendungen zu bekämpfen, mit welchen er im Zeitpunkt des Anerkenntnisses bereits rechnen konnte.

b)

Das Schuldanerkenntnis mindert den Beklagten aber nicht, dem Honoraranspruch des Klägers konkrete Schäden entgegen zu setzen, die aus der Falschberatung entstanden sind.

aa)

Von der Honorarforderung abzusetzen sind zunächst die vom Beklagten unnütz aufgewendeten Gerichtskosten im Vorprozess in Höhe von 5.265 DM (I. Rechtszug) und in Höhe von 877,50 DM (II. Rechtszug). Hätte der Kläger richtig beraten, hätte er von einer Prozessführung abgeraten, so dass Gerichtskosten gar nicht entstanden wären. Infolge der vom Beklagten erklärten Aufrechnung (§§ 387, 389 BGB) ist der Anspruch des Klägers in diesem Umfange erloschen.

bb)

Auch in Höhe eines weiteren Teilbetrags von 6.461,20 DM ist das Honorar des Klägers durch Aufrechnung erloschen. Es handelt sich um den Betrag, der zugunsten der Ehefrau im Vorprozess festgesetzt worden und der gegen den Beklagten vollstreckt worden ist.

cc)

Auch mit den Vollstreckungskosten in Höhe von (172,14 DM + 84,10 DM + 47,20 DM) 303,44 DM kann der Beklagte gegen das Honorar aufrechnen. Die Vollstreckung ist adäquate Folge der unnötigen Prozessführung durch den Kläger. Da der Beklagte wegen hoher aufgelaufener Zinskosten aus Anlass des Erwerbs des Zweifamilienhauses nicht liquide war (die Ehefrau hatte große Teile der Einkünfte wegen aufgelaufenen Trennungsunterhalts pfänden und sich überweisen lassen) und er deshalb die Prozesskosten nur mit größter Mühe hätte zahlen können, hätte es dem Kläger oblegen, den Beklagten (rechtzeitig) von den festgesetzten Kosten freizustellen. In diesem Fall wäre es nicht zur Vollstreckung aus dem Titel und nicht zur Entstehung zusätzlicher Vollstreckungskosten gekommen.

dd)

Schließlich ist der Honoraranspruch durch Aufrechnung in Höhe von 4.216,02 DM erloschen. Es handelt sich um den Betrag, welchen der Beklagte zur Prüfung der Erfolgsaussicht der Berufung im Vorprozess aufzuwenden hatte. Der Kläger haftet auch für diese Kosten. Sie sind adäquate Folge seiner Falschberatung. Hätte der Kläger richtig beraten, wäre es zu dem in Rede stehenden Vorprozess aus den schon genannten Gründen, nämlich mangels hinreichender Erfolgsaussicht, nicht gekommen. Der Beklagte hätte dann auch keine Veranlassung gehabt, die Erfolgsaussichten der Berufung prüfen zu lassen, zu deren Einlegung der Kläger sogar noch eine Empfehlung ausgesprochen hatte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Rechtsstreit gibt keinen Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Berufungsstreitwert: 9.654,33 EUR (18.882,22 DM)

Ende der Entscheidung

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