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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.10.2007
Aktenzeichen: I-24 U 94/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 556 Abs. 3 S. 3
1. Nach der Klausel:

"Sollten sich die vom Vermieter zu tragenden Kosten gegenüber dem Stand vom Vertragsschluss in der Zukunft erhöhen, so ist der Vermieter berechtigt, ab dem Zeitpunkt der Erhöhung diese Mehrkosten anteilig auf den Mieter umzulegen..."

darf der Vermieter auch gegen ihn selbst rückwirkend festgesetzte öffentliche Grundbesitzabgaben auf den Mieter abwälzen, wenn der Mieter nach dem Mietvertrag solche Betriebskosten grundsätzlich übernommen hat.

2. Die Frist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB gilt nicht im Gewerberaummietrecht.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

24 U 94/07

In Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der für den 11. Dezember 2007 geplante Senatstermin entfällt.

Gründe:

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist richtig, der Senat schließt sich dessen Ausführungen vollumfänglich an.

I.

Aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Gründe für die beantragte Abänderung. Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:

1.

Die Klägerin hat der Beklagten zu Recht die streitgegenständlichen Nebenkosten nachberechnet. Ausweislich § 3 des Mietvertrages haben die Parteien folgendes vereinbart:

"Sollten sich die vom Vermieter zu tragenden Kosten gegenüber dem Stand vom Vertragsschluss in der Zukunft erhöhen, so ist der Vermieter berechtigt, ab dem Zeitpunkt der Erhöhung diese Mehrkosten anteilig auf den Mieter umzulegen..."

Diese Voraussetzungen liegen, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, vor. Durch die rückwirkende Anhebung des Steuermessbetrages ab dem 01. Januar 2001 wurde die Grundsteuer für den Zeitraum 2001 bis 2005 um die im Bescheid über die Grundbesitzabgaben der Stadt W. vom 18. November 2005 genannten Beträge erhöht. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.

Soweit sie sich darauf beruft, im Mietvertrag sei kein Grundsteuerbetrag genannt, weshalb eine endgültige Festsetzung erst im Bescheid vom 18. November 2005 erfolgt sei, ist dies rechtsirrig und zudem unerheblich. Zum einen konnten diese jederzeit durch Vorlage der entsprechenden Bescheide, denen sich auch die maßgeblichen Zeitabschnitte der Festsetzung entnehmen ließen, ermitteln. Es bestand deshalb keine Notwendigkeit, den Mietvertrag mit diesen Zahlen zu versehen. Der Text ist somit auch nicht "unklar", wie die Beklagte meint. Zum anderen können sich die in § 3 Mietvertrag genannten Kosten für den "Stand des Vertragsschlusses" denknotwendig nur auf die Kosten beziehen, die den Parteien zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen bekannt waren bzw. bekannt sein konnten; denn auf deren Grundlage wurden die vertraglichen Vereinbarungen getroffen. Dass nachträgliche Änderungen entgegen der o.g. Regelung unbeachtlich sein sollten, lässt sich dem Vertrag nicht entnehmen und ist von der Beklagten auch nicht dargelegt worden.

Im Übrigen ist die Erhöhung der Grundsteuer erst ab dem 01. Januar 2001 eingetreten (die Untervermietung erfolgt jedoch bereits ab 01. September 2000), weshalb die Überlegung der Beklagten ohnehin ins Leere geht. Die Klägerin hat deshalb zu Recht die Beträge in die Vergleichsrechnung eingestellt, die zum 01. September 2000 zu zahlen waren. Diese sind Ausgangspunkt der Beurteilung, ob eine Erhöhung erfolgt ist. Und eine solche lag ab dem 01. Januar 2001, also nach Abschluss des MV unstreitig vor.

2.

Die Beklagte, die sich auf das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen beruft, ist insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Denn wer sich auf den Schutz der §§ 305 ff. BGB beruft, muss darlegen und beweisen, dass die zum Vertragsbestandteil gemachten Klauseln AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB sind (BGHZ 118, 238; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 305 Rn. 24). Hierzu hat die Beklagte nichts Dezidiertes vorgetragen, während die Klägerin unwidersprochen dargelegt hat, dass sie außer mit der Beklagten zu keinem Zeitpunkt mit anderen Personen Mietverträge oder Untermietverträge geschlossen hat. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Anwendung der §§ 305 ff. BGB überhaupt ein für die Beklagte vorteilhafteres Ergebnis nach sich gezogen hätte.

3.

Die von der Beklagten unter Hinweis auf eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2006, 3350) angenommene Verfristung der Geltendmachung liegt ebenfalls nicht vor. Es ist hier ohne Belang, dass die für die Klägerin gefertigte Betriebskostenabrechnung auf den 24. März 2006 datiert, während die Klägerin diejenige für die Beklagte "erst" unter dem 11. Juli 2006, also knapp 3,5 Monate später erstellte.

Die Vorschrift des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB gilt nur für das Wohnraummietrecht und nicht für den Bereich der gewerblichen Mietverhältnisse, (vgl. Senat, WuM 2003, 151 f.; OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, GuT 2007, 301; 2006, 132 f.; KG, ZMR 2007, 449; KG, ZMR 2006, 526; OLG Köln, GuT 2006, 314; OLG Brandenburg, Info M 2007, 22; LG Berlin, GE 2007, 446; Staudinger/Weitemeyer, Bearbeitung 2006, BGB, § 556 Rn. 8; BeckOKBGB/Ehlert, § 556 Rn. 3; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Auflage, Rn. 137 a; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Auflage, § 556 BGB Rn. 170; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Auflage, § 556 Rn. 458; Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 556 Rn. 2; a.A. AG Wiesbaden, NZM 2006, 140), weshalb diese von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht einschlägig ist. Diese Regelung ist nur für das Wohnraummietrecht konzipiert (vgl. § 549 Abs. 1 BGB; siehe auch KG, a.a.O.) und wurde bewusst nicht in den Verweisungskanon des § 578 BGB aufgenommen (OLG Düsseldorf, GuT 2007, 301; OLG Köln, a.a.O.). Eine Anwendung auf gewerbliche Mietverhältnisse ist deshalb ausgeschlossen (vgl. auch OLG Düsseldorf, GuT 2006, 132 f.). In der genannten Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof zur Begründung der Dreimonatsfrist weiterhin auf § 560 Abs. 2 BGB und § 4 Abs. 8 S. 2 2. Hs. NMV ab. Auch diese beiden Vorschriften sind jedoch nur bei der Vermietung von Wohnraum anwendbar.

4.

Hinsichtlich der Regenwasserkosten und deren von der Beklagten behauptete Verfristung darf auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

5.

Die Klägerin ist auch sonst nicht gehindert, die streitigen Betriebskosten noch nachträglich zu berechnen. Verwirkungsgründe liegen nicht vor. Sie war zuvor insbesondere nicht gehalten, die vorangegangenen Betriebskostenabrechnungen mit einem Vorbehalt zu versehen. Zum einen ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Klägerin vor 2006 überhaupt von den nachträglichen Erhöhungen der Grundsteuer Kenntnis hatte bzw. Anhaltspunkte vorlagen, die auf die Möglichkeit einer nachträglichen Erhöhung schließen ließen (Zeitmoment). Infolgedessen bestand für einen Vorbehalt kein Anlass, zumal ein Vermieter nicht verpflichtet ist, im Hinblick auf ungewisse, aber nicht auszuschließende Erhöhungen einen Vorbehalt quasi vorsichtshalber zu erklären. Zum anderen hätte eine Kenntnis von diesen Erhöhungen die grundsätzliche Zahlungspflicht der Beklagten nicht beeinflusst, zumal Anhaltspunkte für einen etwaig bei dieser begründeten Vertrauensschutz nicht ersichtlich sind (Umstandsmoment). Die Beklagte erläutert auch nicht, welche Auswirkungen ein etwaiger Vorbehalt auf ihr Verhalten gehabt hätte.

II.

Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen liegen ebenfalls vor.

Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1, 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.

Ende der Entscheidung

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