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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: I-24 U 98/07
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 125
BGB § 329
HGB § 350
BGB § 780
1. Erklärt sich ein Dritter bereit, die Kosten eines Mandats zu übernehmen, liegt darin nicht ohne weiteres die Beauftragung des Rechtsanwalts in eigenem Namen.

2. Die Kostenübernahmeerklärung des Dritten ist als Schuldversprechen formbedürftig, es sei denn er handelt als Kaufmann.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 98/07

Verkündet am 11. März 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., S. und H. auf die mündliche Verhandlung vom 26.02.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - vom 18.04.2007 abgeändert und N. gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 34.813,92 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Anwaltshonorar mit der Behauptung in Anspruch, der Beklagte habe anlässlich von Verhandlungen zwischen der Unternehmensgruppe des Zeugen N. und der russischen R.-Gruppe erklärt, im Falle des Scheiterns dieser Verhandlungen stehe er für das Honorar der Klägerin persönlich gerade.

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen wird, hat das Landgericht den Beklagten nach Beweisaufnahme dem Klageantrag gemäß zur Zahlung von 34.813,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2005 an die Klägerin verurteilt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er beanstandet die Beweiswürdigung des Landgerichts als lückenhaft und verweist darauf, dass er als bloßer "Vermittler" keinen Beweggrund zur persönlichen Übernahme der Anwaltskosten gehabt habe. Das Landgericht habe auch nicht gewürdigt, dass der inzwischen - unstreitig - insolvente Zeuge N. für die Klägerin bereits bei Klageerhebung kein Schuldner gewesen sei, gegen den sich eine Klageerhebung gelohnt hätte. Überdies habe die Klägerin schon im Jahre 2004 - ebenfalls unstreitig - versucht, die R.-Gruppe zur Bezahlung des hier eingeklagten Honorars zu veranlassen. Zudem sei es realitätsfern, dass sich der Beklagte gleichsam "auf Zuruf" und ohne schriftliche Fixierung für eine unbekannte Summe einstandspflichtig erklärt habe. Jedenfalls hätte bei der schenkweisen Hingabe der Erfüllungsübernahme die Formvorschrift des § 518 BGB beachtet werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, der Zeuge N. habe die Beauftragung der klagenden Anwaltssozietät empfohlen. Dieser Empfehlung habe der Beklagte entsprochen und so nicht nur die Erfüllung der Verpflichtung des Zeugen N. übernommen, sondern eine eigene Verpflichtung ihr gegenüber begründet. Aber auch bei Anwendung der Auslegungsregel des § 329 BGB habe die Schuldübernahme nicht der Schriftform bedurft, weil der Beklagte, der sich als Vermittler und Makler vorgestellt habe, kaufmännisch im eigenen Namen tätig gewesen sei. Im übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung der Klage:

1.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein eigener Honoraranspruch aus §§ 611, 675 BGB zu. Denn ein Anwaltsvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - insoweit folgt der Senat der angefochtenen Entscheidung - steht fest, dass der Beklagte anlässlich des Besprechungstermins in der Kanzlei der Klägerin vom 28.04.2004 lediglich dem Zeugen N. versprochen hat, diesen im Falle des Scheiterns der Verhandlungen von der Inanspruchnahme durch die klagenden Anwälte freizustellen, nicht aber eine auf den Abschluss eines Anwaltsvertrages gerichtete Willenserklärung gegenüber der klagenden Sozietät abgegeben hat.

Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 12.02.2008, der Zeuge N. habe die Beauftragung der klagenden Sozietät empfohlen und dieser Empfehlung sei der Beklagte gefolgt, steht nicht nur in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin, sondern auch in Widerspruch zum Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Klägerin hat eine von Rechtsanwalt F. - unstreitig seit zwei Jahrzehnten als Anwalt für den Zeugen N. tätig - und dem Zeugen N. unterzeichnete Vereinbarung vom 20.06.2006 vorgelegt und sich hierauf bezogen, in der es heißt:

"Am 28.04.2004 vereinbarte Herr N. mit Herrn J. W., C.-Str. 40 in D., dass die Kosten der Anwaltskanzlei von Herrn W. getragen werden, wenn die Verhandlungen mit der R. Group scheitern würden."

Dies deckt sich mit den Bekundungen der in erster Instanz vernommenen Zeugen M. und N.. Die Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, der Zeuge N. habe danach gefragt, wer die Kosten des Vertragsentwurfes für den Fall bezahle, wenn das Geschäft nicht "unter Dach und Fach" gebracht werde. Hierauf habe der Beklagte geäußert, er werde in diesem Fall für die Kosten aufkommen. Gerade die Beschränkung der Kostenzusage auf den Fall, dass der ins Auge gefasste Vertrag nicht zustande komme, ist mit der Annahme eines von dem Beklagten im eigenen Namen erteilten Auftrags zur Fertigung der Vertragsentwürfe nicht vereinbar. Denn der Auftrag sollte der Klägerin unabhängig davon erteilt werden, ob die Gespräche mit der R.-Gruppe erfolgreich zum Abschluss gebracht werden konnten oder nicht. Nach den Umständen war es vielmehr der Zeuge N., der die seit langem für ihn tätige Anwaltskanzlei mit der Fertigung der Vertragsentwürfe beauftragt hat. Seine Frage nach der Kostenlast für den Fall des Scheiterns der Gespräche zielte nach seinen Bekundungen darauf ab, für diesen Fall seine persönliche Kostenbelastung zu vermeiden. Die Antwort des Beklagten auf die Frage des Zeugen ist danach - wie vom Landgericht richtig gesehen - als gegenüber dem Zeugen N. gegebenes Versprechen der Erfüllungsübernahme im Sinne des § 329 BGB auszulegen, nicht aber als Auftragserteilung an die klagende Sozietät.

2.

Das von dem Beklagten nur mündlich erteilte Versprechen der Erfüllungsübernahme ist mangels Einhaltung der Schriftform gemäß §§ 780 S. 1, 125 S. 1 BGB unwirksam. Nach § 780 S. 1 BGB ist zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung durch selbstständiges Versprechen begründet werden soll, die schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Diese Formvorschrift bezieht sich auf jeden Vertrag, durch den unter Loslösung von dem materiellen Zusammenhang irgendeine "Leistung" versprochen wird. Die Erfüllung einer Verbindlichkeit des Gläubigers - hier des Zeugen N. - ist eine Leistung wie jede andere. Deswegen fällt auch das abstrakte Versprechen der Erfüllungsübernahme unter diese Formvorschrift (RGZ 58, 200 f.; Palandt/Grüneberg, 67. Auflage, § 329 BGB Rn. 4; Münchner Kommentar/Gottwald, BGB, 5. Auflage, § 329 Rn. 2 zu Fn.5; Staudinger/Jagmann, BGB, Aufl. 2004, § 329 Rn. 5; Bamberger/Roth-Janoschek, BGB, § 329 Rn. 2). Darauf ist die Klägerin hingewiesen worden.

Die Klägerin hat einen materiellen Rechtsgrund für die Abgabe des Schuldversprechens indessen nicht dargetan. Ihrem Vortrag gemäß war der Beklagte lediglich als "Vermittler" zwischen den beiden Unternehmensgruppen N. und R. tätig und hatte sich überdies durch Vorlage einer Visitenkarte als "Gesellschafter" der L. GmbH ausgewiesen. Unmittelbare Rechte und Pflichten des Beklagten sollten durch das ins Auge gefasste Vertragswerk nicht begründet werden. Es mag sein, dass der Beklagte als Gesellschafter der L. GmbH an dem Abschluss des Geschäfts finanziell interessiert war, weil dieser Gesellschaft hieraus Provisionsansprüche gegen die zur R.-Gruppe gehörende S. T. Ltd. erwachsen wären. Dies aber begründete keine materielle Verpflichtung des Beklagten im Verhältnis zu dem Zeugen N., die Anwaltskosten zu übernehmen. Das Fehlen einer solchen Verpflichtung hat zur Folge, dass die Kostenzusage des Beklagten abstrakt im Sinne des § 780 BGB ist.

3.

Die Einhaltung der Schriftform des § 780 S. 1 BGB war auch nicht nach § 350 HGB entbehrlich. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass die Teilnahme an den Verhandlungen der Unternehmensgruppen N. und R. als Vermittler für den Beklagten ein Handelsgeschäft im Sinne der §§ 343, 344 HGB gewesen wäre.

a)

Die Klägerin behauptet nicht, die Beklagte betreibe im eigenen Namen ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 HGB. Soweit sie nach dem o.a. Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 12.02.2008 erstmals vorträgt, der Beklagte habe sich bei seiner Vorstellung nicht nur als "Vermittler" - eine solche Tätigkeit erfordert nicht ohne weiteres einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (§ 1 Abs. 2 HGB) - bezeichnet, sondern als "Makler", ist dies im Hinblick auf ihren erstinstanzlichen Vortrag widersprüchlich, jedenfalls aber unsubstantiiert. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt genau und wem gegenüber das Wort "Makler" gefallen sein soll und ob der Beklagte dies auf die L. GmbH oder sich selbst bezogen hat. Der Beklagte ist ferner auch nicht mit der Rechtsfolge des § 2 HGB als Kaufmann im Handelsregister eingetragen; solches ist weder vorgetragen noch aus dem öffentlich zugänglichen Handelsregister ersichtlich.

b)

Zwar findet § 350 HGB nach herrschender Meinung auch auf Handelsgeschäfte eines Scheinkaufmanns Anwendung (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg, HGB, 1. Aufl., § 350 Rn. 8; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 350 Rn. 7). Die Klägerin hat aber einen Rechtsscheinstatbestand, der das Vertrauen des Zeugen N. darauf, der Beklagte sei Kaufmann, hätte rechtfertigen können, nicht schlüssig vorgetragen. Der Beklagte hat sich nicht etwa selbst als Kaufmann bezeichnet oder gar eine Firma im Rechtsverkehr geführt (vgl. zu den Voraussetzungen des Rechtsscheins: Baumbach/Hopt a.a.O. § 5 Rn. 10; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Kindler, HGB, 2. Aufl., § 5 Rn. 56 ff.). Die von der Klägerin genannten und in der mündlichen Verhandlung nochmals hervorgehobenen Umstände (Bezeichnung als "Vermittler und Makler"; einschlägige Kenntnisse der Automatenbranche; hervorragende Kontakte zu russischen Industriellen und Geldgebern - allerdings familiär begründet -; regelmäßige Aufenthalte in Russland zur Ausweitung von Kontakten und Herstellung neuer Kontakte) sind ebenfalls weder einzeln noch in der Gesamtschau geeignet, ein etwaiges Vertrauen des Zeugen N. auf eine Kaufmannseigenschaft des Beklagten zu rechtfertigen. Solches Verhalten mag tatsächlich kaufmannstypisch sein, deutet aber nicht zwingend auf eine rechtlich gegebene Kaufmannsstellung hin (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Kindler a.a.O. 2. Aufl. § 5 Rn. 62), da auch Nichtkaufleute so auftreten und agieren können, wenn es um die Erhaltung und Mehrung des eigenen Vermögens geht. Die Klägerin war zudem in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, Handlungen und Verhalten des Beklagten vor Abgabe des Honorarversprechens einer bestimmten kaufmännischen Tätigkeit zuzuordnen, zumal der Beklagte in der Vergangenheit für verschiedene Unternehmungen aufgetreten war.

Der Annahme eines Rechtsscheintatbestandes steht überdies entgegen, dass sich der Beklagte den Teilnehmern der Verhandlungen vom 28.04.2004 als "Gesellschafter" der L. GmbH vorgestellt hat. Gerade das Überreichen jener Visitenkarte zu Beginn der Verhandlungen schließt ein berechtigtes Vertrauen des Zeugen N. dahin, der Beklagte betreibe ein eigenes Handelsgewerbe und nehme gerade in Ausübung dieses Gewerbes an den Verhandlungen teil, aus.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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