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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: I-24 W 27/08
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 91 | |
ZPO § 103 |
Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss
In dem Rechtsstreit
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Richter am Oberlandesgericht Z. als Einzelrichter am 26. Mai 2008
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels der Kostenfestsetzungsbeschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld -Rechtspflegerin- vom 28. Januar 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Vergleichs vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 5. September 2007 sind von den Beklagten als Gesamtschuldnern 1.506,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. September 2007 an den Kläger zu erstatten.
Das weitergehende Kostenfestsetzungsgesuch der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 70 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 30 %.
Beschwerdewert: 102,88 EUR
Gründe:
I.
Durch Prozessvergleich vom 5. September 2007 haben sich die Parteien u.a. darauf geeinigt, dass der Kläger von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs 20% und die Beklagten als Gesamtschuldner 80% zu tragen haben. Der Kläger hat zur Kostenausgleichung 2.214,59 EUR angemeldet zuzüglich verauslagter Gerichtskosten von 219 EUR, insgesamt 2.433,59 EUR. Die Beklagten haben 2.372,39 EUR zur Festsetzung angemeldet. Während des Kostenfestsetzungsverfahrens haben die Beklagten mitgeteilt, dass die Erstbeklagte aufgelöst sei und ihr Handelsgeschäft von dem Zweitbeklagten fortgeführt werde. Eine entsprechende Handelsregistereintragung sei bereits erfolgt. Der Festsetzung von Umsatzsteuer zugunsten des Klägers haben sie widersprochen und ihrerseits eine Vorsteuerabzugsberechtigung allein für die Erstbeklagte geltendgemacht.
Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat das Landgericht - Rechtspflegerin - den beiderseitigen Kostenausgleichungsanträgen entsprochen und zugunsten des Klägers 1.474,79 EUR gegen die Beklagten als Gesamtschuldner festgesetzt.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers mit dem Ziel einer Festsetzung von 1.577,67 EUR zu seinen Gunsten.
Er macht geltend: Da die Komplementär-GmbH bereits am 12. Januar 2007 aus der Erstbeklagten aus geschieden und diese Änderung am 1. März 2007 im Handelsregister eingetragen worden sei, sei die Erstbeklagte an diesem Tage erloschen. Demgemäß sei ein Mehrvertretungszuschlag ebensowenig festzusetzen wie die Umsatzsteuer für den Zweitbeklagten, weil dieser das Unternehmen der Erstbeklagten fortgeführt habe. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Zugunsten des Klägers ist ein Mehrbetrag von 31,56 EUR festzusetzen, weil die Beklagten den Ausgleich des Mehrvertretungszuschlags nicht verlangen können.
1.
Die für die Erstbeklagte geltend gemachten Anwaltsgebühren erster Instanz - Mehrvertretungszuschlag - sind keine notwendigen Kosten der Beklagten im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO und können deshalb im Verfahren gemäß § 104 ZPO nicht festgesetzt oder zur Ausgleichung herangezogen werden. Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, so erhält er die Gebühren nur einmal (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe, so erhöht sich die Prozessgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um 3/10; mehrere Erhöhungen dürfen den Betrag von zwei vollen Gebühren nicht übersteigen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Mehrvertretungszuschlages sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt
a)
Die Klage gegen die Erstbeklagte war von Anfang an gegen eine nicht existente Partei gerichtet. Denn die Erstbeklagte war mit Ausscheiden ihrer Komplementär-GmbH erloschen. Die Eintragung im Handelsregister am 1. März 2007 war nur deklaratorisch, erfolgte aber auch noch vor Rechtshängigkeit. Die Erstbeklagte konnte deshalb Prozesshandlungen nicht vornehmen, insbesondere keinen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragen. Anwaltskosten konnten ihr deshalb nicht entstehen. Das Prozessgericht hätte die Klage insoweit kostenpflichtig als unzulässig abweisen müssen (allg. M.; BGHZ 24, 91 = NJW 1957, 989).
Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die nicht existente Partei in einem gegen sie angestrengten Prozess insoweit als parteifähig zu behandeln ist, als sie ihre fehlende Existenz geltend macht (allg. M.; BGH NJW 2008, 528; NJW-RR 2004, 1505; BGH NJW 1993, 2943 [2944]; BGHZ 24, 91 [94] = NJW 1957, 989). Durch diese Fiktion soll erreicht werden, dass die Partei die Frage ihrer Existenz klären lassen kann.
Nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung gilt die im Prozess fingierte begrenzte Parteifähigkeit der nicht existenten Partei auch für das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren und berechtigt die nicht existente Partei, einen Antrag auf Kostenfestsetzung zu stellen. Dessen Gegenstand sind die Aufwendungen, die dem Dritten, der für die nicht existente Partei in einem für zulässig erachteten Verfahren tätig wurde, entstanden sind (BGH NJW 2008, 528; NJW-RR 2004, 1505 [1506]; OLG Hamburg, MDR 1976, 845; OLG Schleswig, JurBüro 1978, 1574; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17. 8. 1978 - 13 W 122/78, juris; KG, BerlAnwBl 1995, 300 L; OLG Saarbrücken, OLG-Report 2002, 259; OLG Stuttgart, OLG-Report 2005, 525). Zu Gunsten der nicht existenten Partei kann daher ein Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen werden, in dem die Aufwendungen desjenigen zu berücksichtigen sind, der für die nicht existente Partei einen Rechtsanwalt beauftragt hat (BGH NJW-RR 2004, 1505).
b)
Allen Verfahren, in denen der nicht existenten Partei oder dem für sie handelnden Dritten ein Kostenerstattungsanspruch zuerkannt wurde, ist aber gemeinsam, dass die beklagte Partei im Rechtsstreit ihre mangelnde Existenz geltend gemacht hat und ihr dadurch Kosten entstanden sind. Lediglich insoweit wurde ihre Existenz fingiert. Nur insoweit kommt auch eine Kostenerstattung in Betracht (BGH aaO.).
So liegt der Fall hier nicht. Denn die Erstbeklagte hat sich in dem Rechtsstreit bis zu dessen Erledigung durch den Prozessvergleich nicht auf ihre fehlende Existenz berufen, sondern sich ausschließlich mit Einwendungen in der Sache verteidigt. Damit bestand aber kein ausreichender Grund, ihre tatsächlich nicht bestehende Existenz zur Ermöglichung ihrer Verteidigung zu fingieren. Existierte die Erstbeklagte nicht und wurde ihre Existenz auch nicht fingiert, dann konnte sie Prozesshandlungen nicht wirksam vornehmen, insbesondere keinen Prozessbevollmächtigten bestellen. Die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten durch den Zweitbeklagten kann ihr nicht fiktiv zugerechnet werden. Es handelt sich deshalb bei dem hier umstrittenen Mehrvertretungszuschlag des Rechtsanwalts nicht um eigene Kosten der nicht existenten Erstbeklagten, sondern um solche des wahren Auftraggebers, des Zweitbeklagten, die allerdings nicht notwendig waren, weil er sich mit der fehlenden Existenz der Erstbeklagten gar nicht verteidigt hat.
2.
Der Hinweis des Klägers auf eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Zweitbeklagten kann dagegen nicht berücksichtigt werden. Gemäß § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen allein die Erklärung des Antragstellers, dass er diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Diese Erklärung hat der Zweitbeklagte in seiner Antragsschrift vom 18. Oktober 2007 abgegeben. Daran sind die Kostenfestsetzungsinstanzen gebunden, ohne dass noch eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit dieser Erklärung stattfindet (BGH NJW 2003, 1534; Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rnr. 1 "Umsatzsteuer"). Nach dem Sinn des § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO, der durch Art 8 III Nr. 1 b des Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (KostRÄndG 1994) vom 24. Juni 1994 (BGBl. I, 325) in die ZPO eingefügt worden ist, soll das Kostenfestsetzungsverfahren nicht mit der Klärung von Fragen aus dem Bereich des Steuerrechts belastet werden (BVerfG NJW 1996, 382; BGH aaO.). Der Kostenschuldner ist vielmehr bei wahrheitswidriger Verneinung der Vorsteuerabzugsberechtigung gehalten, gemäß §§ 794 Abs. 2 Nr. 2, 795, 767 ZPO Vollstreckungsabwehrklage gegen den Festsetzungstitel zu erheben, soweit darin Umsatzsteueranteile Berücksichtigung gefunden haben.
3.
Die dem Kläger übersandte Gerichtskostenrechnung ist vom Landgericht zutreffend ausgewertet und, soweit Erstattungsansprüche gegen die Beklagten bestehen, auch in die Kostenausgleichung einbezogen worden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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