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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: I-24 W 97/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 321a
ZPO § 406 Abs. 4
Wird die Ablehnung eines Sachverständigen für begründet erklärt, ist dieser Beschluss weder für die Parteien noch für den Sachverständigen anfechtbar und kann auch nicht auf eine Anhörungsrüge oder eine außerordentliche Beschwerde aufgehoben werden.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch die Richter Z., T. und S. am 18. Januar 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortigen Beschwerden der Beklagten und des Beschwerdeführers zu 2) gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 06. November 2006 werden als unzulässig verworfen.

2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Auslagen der Klägerin werden der Beklagten und dem Beschwerdeführer zu 2) je zur Hälfte auferlegt; im Übrigen findet eine Auslagenerstattung nicht statt.

3. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 65.000 EUR (1/4 des Hauptsachewerts in Höhe von 256.788,42 EUR) festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beweisbeschluss vom 20. Oktober 2004 hat das Landgericht den Beschwerdeführer zu 2) (künftig auch Beteiligter genannt) als Sachverständigen mit der schriftlichen Begutachtung der Frage beauftragt, ob die von der Klägerin (Vermieterin) zum Preis von netto 10.000 EUR mtl. als Fremdleistung bezogenen und in dieser Höhe in die Betriebskostenabrechnungen zu Lasten der Beklagten (Mieterin) eingestellten Hausmeisterdienstleistungen ortsüblich und angemessen seien, wobei der ortsübliche und angemessene Aufwand einerseits als Eigen- und andererseits als Fremdleistung ermittelt werden sollte. Nach Erstattung des Gutachtens am 13. Februar 2005 und dessen Vorlage am gleichen Tage hat das Landgericht nach Erhebung weiterer Beweise den Beteiligten durch Beschluss vom 06. Juni 2006 beauftragt, sein Gutachten zu ergänzen und zu erläutern. Dieses Ergänzungsgutachten ist bisher nicht erstattet.

Die Klägerin hat durch Schriftsatz vom 25. August 2006 den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie hat ihr Gesuch in erster Linie auf ihr Mitte August 2006 bekannt gewordene Aktivitäten des Sachverständigen in Ausführung des Beschlusses vom 06. Juni 2006 gestützt, ergänzend auf dessen Verhalten im Ortstermin vom 25. Oktober 2005, an dem sie und ihr Prozessbevollmächtigter teilgenommen hatten und der der Vorbereitung des schriftlichen Gutachtens vom 13. Februar 2005 gedient hatte. Die Beklagte ist dem Ablehnungsgesuch entgegengetreten und hat bezogen auf das von der Klägerin kritisierte Verhalten des Sachverständigen im Ortstermin auf die Verfristung des Ablehnungsgrundes (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 121 BGB analog) hingewiesen.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Beteiligten von der weiteren Mitwirkung im Prozess ausgeschlossen. Zur Begründung hat es sich auf das Verhalten des Sachverständigen im Ortstermin gestützt, ohne sich in den Gründen des angefochtenen Beschlusses mit dem Verfristungseinwand der Beklagten auseinanderzusetzen oder ihn auch nur zu erwähnen. Das von der Klägerin hauptsächlich gerügte Verhalten des Sachverständigen aus der Zeit nach dem 06. Juni 2006 hat es als nicht ablehnungsrelevant beurteilt.

Dagegen richten sich die sofortigen Beschwerden des Beteiligten und der Beklagten, denen das Landgericht nicht abgeholfen hat. Die Klägerin bittet darum, die Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Das Rechtsmittel des Beteiligten ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen. Ebenso wenig, wie der gemäß § 42 ZPO abgelehnte Richter formell am Ablehnungsverfahren beteiligt ist, ist es der gemäß § 406 ZPO abgelehnte Sachverständige. Darin unterscheidet sich dieses Zwischenverfahren etwa von dem des § 409 ZPO (Sanktionen gegen den Sachverständigen bei Gutachtenverweigerung). Das beruht darauf, dass der Sachverständige im Gegensatz zu diesem Zwischenverfahren in jenem nicht beschwert ist. Der Sachverständige als Hilfsperson des Gerichts hat weder einen konkreten Anspruch auf Bestellung zum Gutachter noch einen Anspruch darauf, dass seine Bestellung aufrechterhalten bleibt. Das gilt auch insofern, als die Abberufung (mittelbar) Einfluss auf seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Leistungen haben kann (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 413 Rn. 7). Beschwert ist der Sachverständige nur und erst dann, wenn ein von ihm gemäß § 413 ZPO in Verbindung mit den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes geltend gemachter Vergütungsanspruch versagt werden sollte. Seine diesbezüglichen Rechte muss er in dem dafür vorgesehenen, besonderen Zwischenverfahren über seine Entschädigung verfolgen (Zöller/Greger, aaO Rn. 8).

2. Auch das Rechtsmittel der Beklagten ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.

a) Zwar ist die Beklagte Beteiligte des Zwischenverfahrens. Die sofortige Beschwerde findet gemäß § 406 Abs. 5 ZPO aber nur gegen den Beschluss statt, durch den die Ablehnung des Sachverständigen für unbegründet erklärt wird. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss, durch den (wie hier) die Ablehnung des Sachverständigen für begründet erklärt wird, nicht stattfindet (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 406 Rn. 14).

b) Der angefochtene Beschluss kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht im Wege der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten außerordentlichen Beschwerde aus dem Gesichtspunkt greifbarer Gesetzwidrigkeit wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Nichtbeachtung des Verfristungseinwands, vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschl. v. 25.06.1992, Az. 1 BvR 600/92, NJW-RR 1993, 383; BGH MDR 2006, 230; NJW 2005, 1950, 1951; Zöller/Gummer, aaO, vor § 567 Rn. 6) einer sachlichen Prüfung unterzogen werden.

aa) Dieser vom Bundesverfassungsgericht (NJW 2003, 1924, 1929 und 3687, 3688) für den Rechtszustand vor Einführung der Anhörungsrüge im Zivilprozess (§ 321a ZPO) auch für die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) im Instanzenzug anerkannte Rechtsbehelf ist jedenfalls im Anwendungsbereich des § 321a ZPO (in der Fassung des seit dem 01. Januar 2005 Inkraft getretenen Art. 1 Anhörungsrügengesetz [AnhRüG], künftig § 321a ZPO n.F.) nicht mehr gegeben (BGH FamRZ 2006, 695; Zöller/Gummer, aaO, vor § 567 Rn. 8 jew. m.w.N.; enger, aber für den Streitfall ebenfalls zustimmend Zöller/Vollkommer, aaO, § 321a Rn. 4, Stichw. "Außerordentliche Beschwerde).

bb) An dieser Beurteilung ändert auch nichts der Umstand, dass gemäß § 321a Abs. 1 Satz 2 ZPO n.F. die Anhörungsrüge nicht statthaft ist, wenn es sich (wie hier) bei dem angegriffenen Beschluss um eine unanfechtbare Zwischenentscheidung handelt. Mit dieser Bestimmung ist das Rechtsbehelfssystem für die hier nur in Betracht kommende Verletzung des rechtlichen Gehörs abschließend gesetzlich geregelt, so dass für einen außerordentlichen Rechtsbehelf kein Raum mehr besteht (vgl. BGH FamRZ 2006, 695). Der Gesetzgeber hat die Rechtsbehelfslücke in Fällen unanfechtbarer Zwischenentscheidungen gesehen. Er hat sie für hinnehmbar erachtet, weil in diesen Fällen regelmäßig weder die Entscheidungsrelevanz der Gehörsverletzung noch die Beschwer zuverlässig ermittelt werden können und deshalb die mit dem Verfahren der Anhörungsrüge regelmäßig verbundene Verzögerung der Entscheidung in der Hauptsache in keinem angemessenen Verhältnis zu denkbaren Rechtsverlusten mehr steht (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs 15/3706, S. 16). Dass im Streitfall der Ausschluss des Sachverständigen aus dem weiteren Verfahren zur Unverwertbarkeit auch seines schriftlichen Gutachtens führt und mit der Beantwortung der Beweisfrage nun ein anderer Sachverständiger beauftragt werden muss, was ebenfalls zu einem Zeitverlust und weiteren Kosten führen wird, ist eine im Einzelfall hinzunehmende Folge der allgemein nicht zu beanstandenen gesetzlichen Regelung.

cc) Ob in solchen Fällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG NJW 2003, 1924 sub C.III. m.w.N) weiterhin die Gegenvorstellung bei dem Ausgangsgericht (iudex a quo) zulässig ist (vgl. BGH aaO zum Rechtszustand vor dem 01. Januar 2005), muss der Senat nicht prüfen, nachdem das Landgericht mit der Nichtabhilfeentscheidung vom 12. Dezember 2006 die in der sofortigen Beschwerde der Sache nach (auch) liegende Gegenvorstellung bereits zurückgewiesen hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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