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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: I-25 Wx 53/06
Rechtsgebiete: BGB, VBVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1835 Abs. 3
VBVG § 4 Abs. 2
FGG § 67 Abs. 3 a. F.
FGG § 67 Abs. 3 Satz 2
FGG § 67 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 15.05.2006 aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. an das Landgericht Duisburg, das auch über die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde zu entscheiden hat, zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 2.581,75 €.

I. Durch Beschluss vom 05.07.2005 hat das Amtsgericht für die Betroffene deren Tochter, die Beteiligte zu 1., zur Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögensangelegenheiten und Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen bestellt. Durch weiteren Beschluss vom 15.09.2005 hat es den Beteiligten zu 2. zum Verfahrenspfleger ernannt, um die Interessen der Betroffenen bei der Veräußerung ihres Grundbesitzes in O., , zu wahren. Nach Prüfung des beabsichtigten Veräußerungsvertrages durch den Verfahrenspfleger hat das Amtsgericht die Erklärungen der Betreuerin in der notariellen Urkunde vom 19.08.2005 am 28.09.2005 genehmigt, die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung des Beteiligten zu 2. durch Beschluss vom 10.03.2006 auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 282.000 € auf 2.581,75 € festgesetzt und die Rückforderung dieses Betrages von der Betroffenen angeordnet.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. sofortige Beschwerde eingelegt, weil der Gegenstandswert zu hoch angesetzt sei; der Auftrag des Verfahrenspflegers habe nur in der rechtlichen Prüfung des Kaufvertrages, nicht jedoch der Finanzierung des Kaufpreises und der Absicherung im Grundbuch bestanden.

Das Landgericht hat die Vergütungsentscheidung des Amtsgerichts durch Beschluss vom 15.05.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Es ist der Auffassung, der Beteiligte zu 2. könne seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnen, weil der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung zum früheren Vergütungsrecht eine Verweisung auf § 1835 Abs. 3 BGB für die Vergütung des Verfahrenspflegers - anders als in § 4 Abs. 2 VBVG für den Betreuer - nicht vorgesehen habe. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2..

II. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist zulässig. Das Landgericht hat sie im Hinblick auf die Frage, ob dem zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt die Abrechnung nach den Maßstäben des RVG nach § 67 a FGG grundsätzlich versagt ist, ausdrücklich zugelassen (§§ 67 a Abs. 5 Satz 2, 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG).

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht. Dessen Entscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1 FGG).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts schließt § 67 a FGG die Abrechnung der Vergütung des anwaltlichen Verfahrenspflegers nach den Bestimmungen des RVG nicht schlechterdings aus. Die genannte Vorschrift wurde durch Art. 5 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts vom 21.04.2005 (2. BtÄndG; BGBl. I S. 1073) mit Wirkung vom 01.07.2005 in das Gesetz eingefügt. Gleichzeitig wurde § 67 Abs. 3 FGG a. F. aufgehoben (Art. 5 Nr. 5 lit. b) 2. BtÄndG). Durch diese Änderungen sollten die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.06.2000 (FamRZ 2000, 1280 ff.) entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze, wonach der zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt seine Leistungen als Aufwendungsersatz nach der Gebührenordnung abrechnen kann, wenn die zu erbringenden Dienste derart schwierig und bedeutend waren, dass ein Verfahrenspfleger ohne volljuristische Ausbildung vernünftigerweise einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280, 1282; Senat NJW-RR 2003, 427), indes nicht geändert werden. Bereits im Gesetzentwurf des Bundesrates vom 19.12.2003 (Bundestags-Drucksache 15/2494) heißt es zu § 67 Abs. 3 FGG, der im Entwurf - ebenso wie § 67 Abs. 3 FGG a. F. - § 1835 Abs. 3 BGB noch ausdrücklich von der Verweisung ausnahm, dass es hinsichtlich des Aufwendungsersatzes und der Vergütung bei der bisherigen Regelung sowohl für den beruflich als auch für den nicht beruflich tätigen Verfahrenspfleger verbleiben solle. Aufgrund der materiellrechtlichen Änderungen sei eine Neufassung des § 67 Abs. 3 Satz 2 FGG geboten, die jedoch keine sachliche Änderung zum bisherigen Rechtszustand bezwecke (Bundestags-Drucksache 15/2494 S. 41). In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 16.02.2005 (Bundestags-Drucksache 15/4874), die der Fassung des 2. BtÄndG entspricht, wird auf Seite 28 zu § 67 a FGG ausgeführt, die neue Vorschrift entspreche "im Wesentlichen der bisherigen Rechtslage unter Anpassung an das VBVG" (Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern - Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz -, Art. 8 des 2. BtÄndG). Die Argumentation des Landgerichts, der Gesetzgeber habe in Kenntnis der früheren Rechtsprechung für die Vergütung des Verfahrenspflegers bewusst von einer Verweisung auf § 1835 Abs. 3 BGB abgesehen, um ihm - im Gegensatz zum Berufsbetreuer (§ 4 Abs. 2 Satz 2 VBVG) - in jedem Fall eine Abrechnung nach dem RVG zu versagen, findet damit im Gesetzgebungsverfahren keine Stütze. Im Gegenteil ergibt sich daraus, dass die früheren Rechtsprechungsgrundsätze fortgelten.

Auf dieser Grundlage kann dem Beteiligten zu 2. eine Abrechnung seiner Vergütung nach den Bestimmungen des RVG, die auch die Beteiligte zu 1. grundsätzlich nicht beanstandet hat, nicht versagt werden. Die Dienste des Beteiligten zu 2. fielen in seinen beruflichen Bereich. Er war als Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt worden, um den beabsichtigten notariellen Kaufvertrag rechtlich zu prüfen und die Interessen der Betroffenen zu wahren. Seine Tätigkeit, deren Ergebnis er im Bericht vom 23.09.2005 zusammengefasst hat, war damit so bedeutsam und schwierig, dass ein nicht juristisch vorgebildeter Verfahrenspfleger, dem eine eigenverantwortliche Prüfung oblag, hierfür einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte. Das Amtsgericht hat deshalb im Grundsatz zu Recht die Abrechnungsweise des Beteiligten zu 2. akzeptiert, so dass die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und das Verfahren zur Entscheidung über die Einwendungen der Beteiligten zu 1., insbesondere die Frage des Gegenstandswertes, sowie über die Kosten beider Beschwerderechtszüge an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

Ende der Entscheidung

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