Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.03.2008
Aktenzeichen: I-26 W 8/07 AktE
Rechtsgebiete: GG, AktG


Vorschriften:

GG Art. 14
AktG § 327 a Abs. 1 Satz 1
AktG § 327 b Abs. 1 Satz 1
1. Liegen Planungsrechnungen eines Unternehmens nicht vor, muss der Sachverständige eine Zukunftsprognose treffen, indem er die in der Vergangenheit erzielten Unternehmensergebnisse und erkennbaren Entwicklungen der Zukunft berücksichtigt. Der satzungsmäßig bestimmte Unternehmensgegenstand kann die Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung eines Unternehmens nur beeinflussen, soweit er in die unternehmerische Planungsentscheidung der Geschäftsführung einfließt, korrigieren kann er sie nicht.

2. Werden Aktien an der Wertpapierbörse nur im Freiverkehr gehandelt, bedarf es besonderen Augenmerks darauf, ob dieser Börsenhandel so liquide ist, dass die dabei erzielten Börsenpreise auch den Verkehrswert wiederspiegeln.


Tenor:

Die sofortigen Beschwerden des Antragstellers zu 6) und des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 3. August 2007 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu 6) vorab seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen; die übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre hat die Antragsgegnerin zu 2) zu tragen.

Der Geschäftswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 200.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Antragsteller sind frühere (Minderheits-)Aktionäre der R.-W. K. AG, deren Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung vom 30. August 2002 auf die R. AG - die seinerzeitige Hauptaktionärin - gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 175 €/Aktie übertragen worden sind (so gen. Squeeze-out).

Der Gegenstand des Unternehmens der R.-W. K. AG (im Folgenden RWK) war laut Satzung: ".. die Leitung und Verwaltung von Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen, die insbesondere in der Gewinnung, Erzeugung, Be- und Verarbeitung von Kalk-, Dolomit-, Zement- und ähnlichen Produkten sowie von Baustoffen und Erzeugnissen der Industrie der Steine und Erden sowie mit der Durchführung aller Geschäfte, Geschäftsführungstätigkeiten und Dienstleistungen tätig sind, die mit den vorgenannten Geschäftsbereichen zusammenhängen."

Zum Bewertungsstichtag 30. August 2002 übte die RWK keine eigene operative Geschäftstätigkeit mehr aus. Seit dem 1. Januar 1990 bestand zwischen der R. AG als Obergesellschaft und der RWK als Organgesellschaft ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Im Jahre 1993 erfolgte die Ausgliederung des Kalkgeschäfts auf die RWK K. AG, in deren Zusammenhang auch sämtliche aktiven Arbeitsverhältnisse übertragen wurden, so dass die RWK keine Mitarbeiter mehr beschäftigte. Mit Kaufvertrag vom 23. Juli 2001 veräußerte sie ihre Beteiligung an der Y. Holding AG an die H. B.-I. Porenbeton Holding GmbH, D.; die Übertragung der Aktien und die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 550 Mio. DM (entspricht 281 Mio. €) erfolgte nach Genehmigung der Kartellbehörden im Mai 2002. Auch ihre Anteile an der B. Rohstoffbetriebe GmbH, M., veräußerte sie im Geschäftsjahr 2001. Das Vermögen der Gesellschaft bestand danach im Wesentlichen noch aus land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in W.-V., einer 50%igen Beteiligung an der M. GmbH und aus Forderungen gegen verbundene Unternehmen in Höhe von 209 Mio. €. Letztere resultierten im Wesentlichen aus dem Zahlungseingang des Kaufpreises für die Y. Holding AG im Jahre 2002 nach Ausgleich der bisher ausgewiesenen Verbindlichkeiten von 59 Mio. €. Ihr Grundkapital betrug 32.760.000 €, aufgeteilt in 1.260.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien. Nachdem die Zulassung der Gesellschaft zum Börsenhandel mit amtlicher Notierung mit Ablauf des 2. August 1996 widerrufen worden war, erfolgte eine Preisfeststellung nur noch im Freiverkehr der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf. Dort wurden im Jahre 2001 an 8 Tagen 245 Aktien und in den Monaten März und August des Jahres 2002 an 9 Tagen 29 Aktien gehandelt.

Nachdem die R. AG - Hauptaktionärin der RWK mit 1.258.408 Stück Aktien (99,87 %) - verlangt hatte, dass die nächste Hauptversammlung der Gesellschaft die Übertragung der Aktien aller übrigen Aktionäre der Gesellschaft auf sie gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung beschließe, bestellte das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 3. Juni 2002 die K. Deutsche Treuhand-Gesellschaft, B. und F., zum sachverständigen Prüfer der Angemessenheit der Barabfindung. Diese ist in ihrem Bericht vom 8. Juli 2002 zu dem Ergebnis gelangt, dass sich bei einem Liquidationswert von 164,93 Mio. € zum 30. August 2002 ein Aktienwert von 130,90 € ergebe, so dass die von der Hauptaktionärin freiwillig auf 175 € je Aktie festgelegte Barabfindung der Minderheitsaktionäre angemessen sei. In der Hauptversammlung vom 30. August 2002 ist die Übertragung entsprechend dem Verlangen der Hauptaktionärin - der R. AG - beschlossen worden.

Die Übertragung wurde am 11. November 2002 in das Handelsregister eingetragen und am 3. Januar 2003 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Nach der Eintragung des Beschlusses wurde der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aufgehoben.

Durch Verschmelzungsvertrag vom 15. Juli 2003, dem die Hauptversammlungen des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers zugestimmt haben, ist die RWK mit der R. AG als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen worden. Deren Firma ist im Jahr 2005 in C. Deutschland AG geändert worden.

Die Antragsteller und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre haben die Barabfindung für unzureichend gehalten und die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Abfindung beantragt. Ihre Kritik gegen den der Barabfindung zu Grunde liegenden Übertragungsbericht der Hauptaktionärin sowie den Prüfbericht des gerichtlich bestellten Übertragungsprüfers richtet sich u.a. darauf, dass bei der Ermittlung des Unternehmenswerts davon ausgegangen worden sei, dass die Antragsgegnerin zu 1) keine operative Tätigkeit mehr ausübe und der Börsenwert nicht angesetzt worden sei. Darüberhinaus seien auch die Parameter der Unternehmensbewertung unzutreffend.

Die Antragsgegnerin hat die beschlossene Barabfindung verteidigt. Der Unternehmenswert sei zutreffend ermittelt worden, etwaige geringfügige Änderungen der Wertansätze seien wegen der erheblichen Spanne zwischen dem Unternehmenswert von 130,90 € je Aktie und der festgesetzten Barabfindung von 175 € rechnerisch irrelevant. Der Börsenkurs sei wegen der Marktenge und mangels tatsächlichen Handels mit der Aktie nicht zu berücksichtigen.

Mit Beschluss vom 13. Mai 2005 hat das Landgericht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S. & H. AG mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt, durch das u.a. dem Einwand nachgegangen werden sollte, ob sich bei überschlägiger Ermittlung des Ertragswerts der RWK zum Stichtag 30. August 2002 ein höherer Unternehmenswert ergibt als auf Grund des Liquidationswerts. In ihrem Gutachten vom 28. März 2006 hat der Wirtschaftsprüfer W. einen Ertragswert der RWK einschließlich ihrer Beteiligungsgesellschaft M. GmbH von 132,005 Mio.€ und damit einen Wert von 104,77 € pro Aktie ermittelt. Durch den angegriffenen Beschluss hat das Landgericht die Anträge auf Erhöhung der Barabfindung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die festgesetzte Abfindung sei nach dem Ergebnis der eingeholten Gutachten nicht zu beanstanden. Da die RWK kein operatives Geschäft mehr betreibe, seien die gerichtlichen und außergerichtlichen Gutachten bei ihrer Bewertung zutreffend davon ausgegangen, dass sie lediglich ihre vorhandenen Vermögenswerte halte und anlege. Zukünftige, theoretisch mögliche unternehmerische Betätigungen der tatsächlich nicht mehr operativ tätigen RWK könnten nicht in die Abfindungsbewertung einbezogen werden, weil eine so durchgeführte Bewertung nach fiktiven künftigen Geschäftsmöglichkeiten rein spekulativ wäre und eine nach objektiven Kriterien ermittelte Unternehmensbewertung ausschlösse. Der Börsenwert könne nicht als Untergrenze für die Barabfindung herangezogen werden, weil er den Verkehrswert der Aktien nicht widerspiegele. Die Aktie sei in den Jahren 2001 und 2002 bis zum 30. August 2002 nur an insgesamt 17 Tagen gehandelt worden. Im Jahre 2002 habe über längere Zeiträume, nämlich von Januar bis Februar 2002 und von April bis Juli 2002 überhaupt kein Handel stattgefunden. Danach seien an drei Handelstagen im August insgesamt nur 14 Aktien umgesetzt worden. An den übrigen Tagen seien nur Tax-Kurse notiert worden, die dadurch zu Stande gekommen seien, dass ein Angebot von RWK-Aktien vorgelegen habe, es aber mangels Nachfrage nicht zu einem entsprechenden Umsatz gekommen sei.

Gegen den Beschluss richten sich die fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerden des Antragstellers zu 6) und des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre.

Sie wiederholen und vertiefen ihre erstinstanzlichen Einwendungen zur fehlenden Annahme eines operativen Geschäfts im Ertragswertverfahren und der Maßgeblichkeit des Börsenkurses. Sie meinen, die von den Sachverständigen angenommene Inaktivität stehe nicht im Einklang mit dem in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand der Antragsgegnerin zu 1). Unstreitig sei bei der Gesellschaft kein Liquidationsbeschluss gefasst worden, so dass die Liquidation tatsächlich ohne Hauptversammlungsbeschluss rechtswidrig betrieben werde. Daher sei der Vorstand unverändert verpflichtet gewesen, das Unternehmen im Rahmen des satzungsgemäß festgelegten Unternehmensgegenstands oder gegebenenfalls nach entsprechenden Satzungsänderungen fortzuführen. Einen solchen rechtmäßig zu betreibenden Unternehmensgegenstand hätten die Sachverständigen zu Grunde legen müssen, für den immerhin ein ausreichender Finanzierungsbetrag von über 200 Mio. € ohne jegliche Verbindlichkeiten vorhanden gewesen sei. Streitentscheidend sei daher die Frage, ob eine nicht vom satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand gedeckte Planung einer interaktiven Tätigkeit des Unternehmens für alle Zukunft vom Vorstand einer Planung für die Ertragsbewertung zu Grunde gelegt werden dürfe. Zu Unrecht habe das Landgericht die Maßgeblichkeit des Börsenkurses als Untergrenze der Abfindung verneint. Im Eigentum der außenstehenden Aktionäre hätten sich insgesamt 1.592 Stückaktien befunden. Im Jahre 2001 habe ein Handel von 245 Stückaktien (15,4% des free-float) zu Kursen zwischen 485 € und 510 € stattgefunden. Betrachte man den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 29. August 2002 (20 Monate), so seien in diesem 274 Stück gehandelt worden, was einem durchschnittlichen Handelsvolumen pro Jahr von 164 Stück (= 10,3% des free-float) entspreche. In dem vom Bundesgerichtshof angesetzten Referenzzeitraum von drei Monaten unmittelbar vor der Hauptversammlung - hier im Zeitraum vom 30. Mai 2002 bis 29. August 2002 - hätten Umsätze von 14 Stück zu Kursen von 270 € bzw. 300 € stattgefunden. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart in seinem Vorlagebeschluss vom 16. Februar 2007 sei hingegen auf einen nach Umsätzen gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs in einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme und nicht auf den Durchschnittskurs in den letzten drei Monaten vor dem Hauptversammlungsbeschluss abzustellen. Dann käme es darauf an, wann die Durchführung des Squeeze-out öffentlich bekannt gemacht worden sei. Aus dem Übertragungsbericht der Hauptaktionärin ergebe sich, dass der Ausschluss der Minderheitsaktionäre für den Fall des Inkrafttretens der entsprechenden gesetzlichen Regelungen bereits in der Hauptversammlung vom 21. September 2001 angekündigt worden sei und die Antragsgegnerin zu 2) sodann mit Schreiben vom 30. April 2002 von dem Vorstand der Antragsgegnerin zu 1) das Ergreifen der entsprechend notwendigen Maßnahmen verlangt habe. Von Mitte 2001 bis zum 26. März 2002 seien die Kurse von 500 € bis zu 620 € angestiegen, der durchschnittliche Börsenkurs habe sich auf etwa 600 € belaufen. Danach sei der Umsatz dann rapide abgefallen auf durchschnittlich 289,28 €. Der Antragsteller zu 6) wendet ergänzend ein, das Landgericht habe bei der Beurteilung der Marktenge unzutreffender Weise nur auf Umsatzkurse abgestellt und die Taxkurse unberücksichtigt gelassen. Taxkurse bildeten eine Situation ab an, in der weder Angebot noch Nachfrage bestehe und deswegen vom Makler ein Preis der Aktie geschätzt werde. In der Zeit vom 1. August bis zum 21. August 2002 sei die Aktie an fünf Börsentagen gehandelt worden, wobei der Kurs von 550 € auf 270 € zusammengebrochen sei, nachdem die Abfindung von 175 € angeboten worden sei. Da der Großaktionär den Kurs durch das unzureichende Abfindungsangebot de facto nach unten manipuliert habe, müsse auf einen anderen Referenzzeitraum zurückgegriffen werden. Im März 2002 seien an sechs Tagen RWK-Aktien umgesetzt worden, sieben Taxkurse ohne Zusatz und ein reiner Geldkurs seien gestellt worden, 12 Tax-Geldkursen hätten 19 Briefkurse gegenübergestanden. Auch die Kostenentscheidung sei fehlerhaft, denn es sei schon fehlerhaft zu behaupten, dass es "nicht zu erwarten" gewesen sei, selbst bei Erfolg einzelner Rügen eine Erhöhung der Barabfindung zu erreichen.

Sie beantragen,

die Barabfindung unter Aufhebung des Beschlusses der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 3. August 2007 höher festzusetzen.

Die Antragsgegnerin bittet, die sofortigen Beschwerden als unbegründet zurückzuweisen. Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts und damit die festgesetzte Barabfindung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

B.

I.

Die sofortigen Beschwerden des Antragstellers zu 6) und des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre sind gemäß §§ 17 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 SpruchG, § 22 FGG zulässig, denn sie sind form- und fristgerecht. Da sie nach dem 1. September 2003 eingelegt worden sind, sind die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG - lediglich - auf das Beschwerdeverfahren anzuwenden.

II.

In der Sache haben die sofortigen Beschwerden keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Anträge auf Festsetzung einer erhöhten Barabfindung zurückgewiesen. Die durch Beschluss der Hauptversammlung der RWK vom 30. August 2002 auf 175 €/Aktie festgesetzte Barabfindung für die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin - die R. AG - ist angemessen i.S.d. § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG.

1. Gemäß § 327 a Abs. 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf Verlangen eines Aktionärs, dem Aktien der Gesellschaft in Höhe von 95 % des Grundkapitals gehören, die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf diesen gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei unterliegt die Angemessenheit der vom Hauptaktionär festzulegenden Barabfindung vorab der Prüfung durch einen sachverständigen Prüfer, der vom Gericht ausgewählt und bestellt wird (§ 327 c Abs. 2 Satz 2 AktG). Die Angemessenheit der beschlossenen Barabfindung können die ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre im Spruchverfahren überprüfen lassen (§ 327 f. Abs. 1 Satz 2 AktG).

1.1. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 30. Mai 2007 die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur bestätigt, dass die gesetzlichen Regelungen der §§ 327 a ff. AktG den Anforderungen entsprechen, welche verfassungsrechtlich an den Ausschluss von Minderheitsaktionären zu stellen sind, und sie als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums i.S.d. Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG damit verfassungskonform sind (BVerfG ZIP 2007, 1261 = BB 2007, 1515 = NZG 2007, 587; BGH BB 2005, 2651; OLG Düsseldorf AG 2005, 293 = NZG 2005, 347 = WM 2005, 650; AG 2004, 207 = DB 2004, 590 = WM 2004, 728; OLG Oldenburg ZIP 2003, 1351; OLG Köln BB 2003, 2307; OLG Hamburg AG 2003, 696; ZIP 2003, 1344 = NZG 2003, 539 = AG 2003, 441; OLG Stuttgart ZIP 2003, 2363 = AG 2004, 105 = OLGR 2004, 139 = NZG 2004, 146; Steinmeyer/Häger, WpÜG, Rdnr. 8 ff. zu § 327 a; Hüffer, AktG, 7. Aufl., Rdnr. 4 zu § 327 a; Grzimek in: Geibel/Süssmann, WpÜG, Rdnr. 26 ff. zu § 327 a; Kölner Kommentar/Hasselbach WpÜG, Rdnr. 11 zu § 327 a; Grunewald in: MünchKommAktG, 2. Aufl., Rdnr. 6 zu § 327 a; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., Rdnr. 7 zu § 327 a; Sieger/Hasselbach, ZGR 2002, 121, 127; Fleischer ZGR 2002, 757, 763 f.; Wirth/Arnold AG 2002, 503 ff.; Krieger BB 2002, 53, 54; Gesmann-Nuissl WM 2002, 1205; Sellmann WM 2003, 1545 ff.; a.A. Hans Hanau NZG 2002, 1040).

Danach schließt Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG es nicht grundsätzlich aus, eine Aktionärsminderheit auch gegen ihren Willen aus einer Aktiengesellschaft zu drängen, (BVerfG a.a.O.; DStR 2003, 990; AG 2001, 42 "Moto Meter"; E 100, 289 (301 f.) "DAT/Altana"). Der Gesetzgeber verfolgt mit den Regelungen der §§ 327 a ff. AktG einen legitimen Zweck und gewährleistet den Schutz der Minderheitsaktionäre, indem sie für den Verlust der Aktie voll entschädigt werden und die Möglichkeit haben, insbesondere die Richtigkeit der Wertbemessung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen (BVerfG a.a.O.). Da die verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedürftigkeit eine volle wirtschaftliche Entschädigung voraussetzt, muss die Abfindung der ausscheidenden Aktionäre zum "wirklichen" oder "wahren" Wert ihrer Beteiligung an dem Unternehmen erfolgen.

1.2. Die von der Hauptversammlung festgesetzte Entschädigung in Höhe von 175 €/ Aktie ist angemessen, denn sie liegt sogar über dem sachverständig festgestellten wirklichen Wert ihrer Beteiligung.

Ob die Barabfindung angemessen ist und die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung berücksichtigt (§ 327 a Abs. 1 Satz 1, 327 b Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. AktG), unterliegt vollumfänglich gerichtlicher Überprüfung. Zur Ermittlung der vollen Entschädigung ist grundsätzlich eine Unternehmensbewertung nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden durchzuführen, wobei gesetzlich eine Bewertungsmethode nicht vorgeschrieben ist. Grundlage der Wertermittlung ist regelmäßig die Prognose der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens mit den zu erwartenden Erträgen. Für die Ermittlung der künftigen Überschüsse gibt es mehrere Bewertungsverfahren. Durchgesetzt hat sich die im IDW Standard S1 niedergelegte Ertragswertmethode, durch die der nachhaltige Zukunftsertrag eines Unternehmens ermittelt wird, der dann auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen ist. Sie geht von der Prämisse aus, dass "der Wert eines Unternehmens unter der Voraussetzung ausschließlich finanzieller Ziele grundsätzlich durch seine Eigenschaft abgeleitet wird, finanzielle Überschüsse für die Unternehmenseigner zu erwirtschaften" (IDW S1, WPg 2000, 825 ff. Tz. 4). Sie macht eine Prognose der zu erwartenden Überschüsse des Unternehmens auf der Grundlage der Unternehmensplanung und eine Abschätzung eines nachhaltigen Ergebnisses erforderlich, das für den Zeitraum jenseits der Planjahre als dauerhaft erzielbar angesehen werden kann. Nicht der Ertragswert, sondern der Liquidationswert ist jedenfalls dann als Wertuntergrenze anzusetzen, wenn - wie hier - der Barwert finanziellen Überschüsse, die sich bei einer Liquidation des gesamten Unternehmens ergeben, den Ertragswert bei Annahme der Fortführung des Unternehmens übersteigt (Simon/Leverkus, Spruchverfahrensgesetz, 2007, Rn 169 zu Anh. § 11). Von daher bedarf es keiner Entscheidung, ob der Liquidationswert bei der Unternehmensbewertung stets (BayObLG BB 1995, 1759, 1760; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Rn. 73 zu § 34; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., Rn. 36 f. vor § 1; H. P. Westermann in Erman, BGB, 11. Aufl., Rn. 5 zu § 738; einschränkend derselbe in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., Rn. 22 zu § 34) oder nur unter bestimmten Voraussetzungen (OLG Düsseldorf NZG 2004, 324, 327; Großfeld, Unternehmensbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. S. 203 ff.; Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl. S. 189 ff.; Koppensteiner in Kölner Komm.z.AktG, 2. Aufl., Rn. 44 zu § 305; Hirte/Hasselbach in: Großkomm.z.AktG, 4. Aufl., Rn. 148 ff zu § 305.; IDW S 1, WPg 2000, 825 ff. Tz. 141; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., Rn. 50 zu § 34; Bilda in: MünchKommAktG, 2. Aufl., Rn. 85 zu § 305) die Untergrenze für den der Abfindung zugrunde zu legenden Unternehmenswert bildet.

Die gerichtlich bestellte Vertragsprüferin - die K. Deutsche Treuhand-Gesellschaft, B. und F. - ist davon ausgegangen, dass der Ertragswert der nicht mehr operativ tätigen Antragsgegnerin zu 1) sich nahezu ausschließlich anhand der zu erwirtschaftenden Zinserträge ermitteln würde und damit unter dem Liquidationswert liege. Sie hat es daher für sachgerecht gehalten, den Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 1) als Liquidationswert zu ermitteln, wobei sie allerdings die 50 %ige Beteiligung an der M. GmbH nach dem Ertragswertverfahren bei unterstellter unbegrenzter Lebensdauer des Unternehmens bewertet hat. In ihrem Bericht vom 8. Juli 2002 ist sie auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gelangt, dass sich bei einem Liquidationswert von 164,93 Mio. € zum 30. August 2002 ein Aktienwert von 130,90 € ergibt.

Das Landgericht hat auf die Einwände der Antragsteller den Wirtschaftsprüfer W. mit der Erstellung eines Gutachtens u.a. dazu beauftragt, ob sich bei überschlägiger Berechnung des Ertragswerts der Antragsgegnerin zu 1) ein für die Aktionäre erhöhter Unternehmenswert ergebe. In seinem Gutachten vom 28. März 2006 hat er einen Ertragswert der RWK einschließlich ihrer Beteiligungsgesellschaft M. GmbH von nur 132,005 Mio.€ und damit einen Wert von lediglich 104,77 € pro Aktie ermittelt und damit die Annahme der Vertragsprüfer bestätigt, dass der Ertragswert unter dem Liquidationswert liege.

Hiergegen wenden sich der Antragsteller zu 6) und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre ohne Erfolg. Die gerichtlichen Sachverständigen haben den Ertragswert der Antragsgegnerin zu 1) ermittelt, indem sie zunächst eine Vergangenheitsanalyse vorgenommen und aufbauend auf dieser die künftigen finanziellen Überschüsse prognostiziert haben. Dabei haben sie für die Beteiligungsgesellschaft M. GmbH die vorliegenden Planzahlen der Gesellschaft überarbeitet und angepasst. Für die Antragsgegnerin zu 1) mussten sie hingegen eine vollständig neue eigene Planung vornehmen, weil für diese Planzahlen nicht vorlagen. Dabei sind sie im wesentlichen davon ausgegangen, dass die Gesellschaft Erträge nur aus der Anlage der ihr aus der Veräußerung der Y. Holding AG zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln erzielen werde und haben von daher die liquiden Mittel nicht als so genanntes nicht betriebsnotwendiges Vermögen qualifiziert.

Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, insbesondere waren die gerichtlich bestellten Sachverständigen vor dem Hintergrund des in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstands nicht verpflichtet, hypothetisch eine Planung für eine operativ tätige Antragsgegnerin zu 1) zu entwickeln.

Liegen Planungsrechnungen eines Unternehmens gar nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß vor oder erweisen sie sich als nicht plausibel, so sind durch den Sachverständigen sachgerechte Prognosen zu treffen oder Anpassungen vorzunehmen (Simon/Leverkus, Rn. 81 zu Anh. § 11). Die zwangsläufig mit einer Zukunftsprognose verbundenen Unsicherheiten muss der Sachverständige möglichst gering halten, indem er die in der Vergangenheit erzielten Unternehmensergebnisse, aber auch erkennbare Entwicklungen der Zukunft berücksichtigt und auswertet (Bilda in: MünchKommAktG, 2. A., Rn. 70 zu § 305). Hier konnten die Sachverständigen ihre Zukunftsprognose nur auf die Ergebnisse der Vergangenheit stützen, weil jegliche Anhaltspunkte für eine Wiederaufnahme des - eingestellten - operativen Geschäfts fehlten. Schon in der außerordentlichen Hauptversammlung der RWK vom 21. September 2001 hatte der Vorstandsvorsitzende erklärt, nach der beabsichtigten Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre sei die Verschmelzung der RWK auf die R. die sinnvollste Abwicklungsmaßnahme. In ihrem Übertragungsbericht hatte die seinerzeitige Hauptaktionärin dementsprechend ausführen lassen, dass es nicht beabsichtigt sei, die RWK mit neuen Aktivitäten zu versehen. Von daher war die Annahme, die Gesellschaft könne Erträge nur aus der Anlage der ihr aus der Veräußerung der Y. Holding AG zur Verfügung stehenden liquiden Mittel erzielen, durchaus sachgerecht. Anderes können auch die Beschwerdeführer nicht darlegen, insbesondere können sie keinerlei Tatsachen dafür aufzeigen, dass die Unternehmensleitung entgegen den vorstehend angeführten Erklärungen die liquiden Mittel für eine unternehmerische Tätigkeit einsetzen wollte. Von daher geht auch der Verweis auf den satzungsmäßig bestimmten Unternehmensgegenstand fehl. Dieser kann die Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung eines Unternehmens schon grundsätzlich nicht beeinflussen. Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen müssen auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen und widerspruchsfreien Annahmen aufbauen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008, 20 W 10/06; AG 2007, 596, 597; 705, 706; NZG 2007, 112, 114; AG 2006, 420, 425). Nichts anderes gilt für die sachgerechte Prognose eines Sachverständigen, der eine fehlende Planung ersetzen muss.

Damit war kein Raum für die vom gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre angeregte Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu der Frage, welche Ertragsbewertung sich ergeben hätte, wenn das Unternehmen im Rahmen seines satzungsgemäßen Unternehmensgegenstands mit einem Aktivvermögen von 209 Mio. € operativ tätig geworden wäre.

2. Mit der weit über dem Liquidations-, aber auch über dem ermittelten Ertragswert liegenden Barabfindung i.H.v. 175 €/Aktie sind die ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre für den Verlust ihrer Beteiligung an der RWK in jeder Hinsicht angemessen abgefunden worden. Zu Recht hat das Landgericht es abgelehnt, bei der Ermittlung der Barabfindung den durchschnittlichen Börsenkurs der letzten drei Monate vor dem Tag der Hauptversammlung oder vor der Veröffentlichung der Einladung zu dieser als die für die Entschädigung nach § 327 a AktG maßgebliche Untergrenze anzusehen.

2.1. Allerdings muss die Abfindung im Rahmen der §§ 305, 320 b AktG bei börsennotierten Gesellschaften nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Regel mindestens dem Börsenkurs der Aktien der beherrschten bzw. eingegliederten Gesellschaft zum Stichtag entsprechen (BVerfGE 100, 289 ff. "DAT/Altana").

Zur Begründung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die Verkehrsfähigkeit als Eigenschaft des Aktieneigentums bei der Wertbestimmung des Eigentumsobjekts grundsätzlich nicht außer Betracht bleiben dürfe. Der Vermögensverlust, den der Minderheitsaktionär durch die Strukturmaßnahme erleide, stelle sich für ihn als Verlust des Verkehrswerts der Aktie dar, der die Untergrenze der "wirtschaftlich vollen Entschädigung" bilde. Der Verkehrswert der Aktie sei mit dem Börsenkurs regelmäßig identisch. Von daher müsse die Abfindung so bemessen sein, dass die Minderheitsaktionäre jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Unternehmensvertrages oder der Eingliederung erhalten hätten.

Diese für das Unternehmensvertragsrecht entwickelten Grundsätze sind ohne weiteres auf die Bewertung der Angemessenheit der Barabfindung nach § 327 a AktG zu übertragen (BVerfG a.a.O., s. dazu auch Senatsbeschluss vom 4.10.2006, I-26 W 7/06 (AktE), DB 2006, 2391). Wie bei der Eingliederung sind auch hier die Minderheitsaktionäre in ihrem Anteilseigentum betroffen, indem sie ihre bisherige Mitgliedschaft verlieren. Diesen Rechtsverlust kann der Hauptaktionär - mittelbar durch seine Stimmabgabe in der Hauptversammlung - bewirken, so dass seine Rechtsmacht derjenigen eines herrschenden Unternehmens oder einer Hauptgesellschaft entspricht und die anderen Anteilseigner ihm gegenüber angemessen zu schützen sind.

2.2. Ob die von den Beschwerdeführern herangezogenen Börsenkurse schon deshalb keine Berücksichtigung finden können, weil die Preisfindung nicht wie bei der amtlichen Notierung an einer Börse auf einem staatlich überwachten Handelsplatz zustande gekommen ist, bedarf hier letztlich keiner Entscheidung (s. zu der Frage auch Bungert BB 2001, 1163, 1166). Gegen diese Auffassung der Antragsgegnerin spricht allerdings, dass auch Kurse oder andere Werte aus außerbörslichem Handel grundsätzlich ein bei der Wertfindung zu berücksichtigendes Wertgeschehen darstellen können, aus dem sich ein Verkehrswert ableiten lässt.

Indessen gilt das Gebot, den Börsenkurs bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung zu berücksichtigen, nicht uneingeschränkt. Da Artikel 14 Absatz 1 GG keine Entschädigung zum Börsenkurs, sondern zum "wahren" Wert, mindestens aber zum Verkehrswert verlangt, kommt eine Unterschreitung in Betracht, wenn der Börsenkurs ausnahmsweise nicht den Verkehrswert der Aktien widerspiegelt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen längeren Zeitraum mit Aktien der Gesellschaft praktisch kein Handel stattgefunden hat, auf Grund einer Marktenge der einzelne außenstehende Aktionäre nicht in der Lage ist, seine Aktien zum Börsenpreis zu veräußern oder der Börsenpreis manipuliert worden ist (BGHZ 147, 108 "DAT/Altana"; OLG Düsseldorf AG 2000, 421, 422; 2003, 329; OLG Hamburg AG 2003, 583; OLG Karlsruhe AG 2005, 45). Gerade bei Aktien, die an der Wertpapierbörse lediglich im Freiverkehr gehandelt werden, bedarf es des besonderen Augenmerks darauf, ob bei ihnen gleichwohl ein so liquider Börsenhandel stattfindet, dass die dabei erzielten Börsenpreise auch den Verkehrswert widerspiegeln. Auch nach einem so genannten Delisting, dem Rückzug der Gesellschaft aus dem Amtlichen Handel und dem geregelten Markt an allen Börsen, bleibt die Verkehrsfähigkeit der Aktie zwar grundsätzlich bestehen, denn die freie Handelbarkeit wird nicht aufgehoben. Mit ihm geht aber in der Regel eine erhebliche Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit der Aktie einher, weil dem Aktionär mit dem Rückzug der Gesellschaft aus dem amtlichen Handel oder vom geregelten Markt der Markt genommen wird, der ihn in die Lage versetzt, den Wert seiner Aktien jederzeit durch Veräußerung zu realisieren. Gerade für Minderheits- und Kleinaktionäre, deren Engagement bei der Aktiengesellschaft allein in der Wahrnehmung von Anlageinteressen besteht, bringt der Wegfall des Marktes daher wirtschaftlich gravierende Nachteile mit sich, die durch die Einbeziehung der Aktien in einen Freihandel nicht ausgeglichen werden können. Handelt es sich um ein Delisting auf Antrag des Emittenten, bedarf dieses nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher eines Beschlusses der Hauptversammlung und eines im Spruchverfahren zu überprüfenden Abfindungsangebots (BGHZ 153, 57 ff. "Macrotron").

Auch hier spiegelt der von den Beschwerdeführern herangezogene Börsenkurs nicht den Verkehrswert der Aktie wider, weil dieser sich ganz offensichtlich als Folge des Delistings im Jahre 1996 nicht jederzeit realisieren ließ. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die derzeit in der Rechtsprechung streitige Frage an, ob der maßgebliche Referenzzeitraum von drei Monaten erst mit der Durchführung der Hauptversammlung oder schon mit der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme endet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 147, 108, 118 "DAT/Altana", 156, 57), der sich ein Teil der Oberlandesgerichte (OLG Hamburg NZG 2002, 189; 2003, 89; OLG Düsseldorf NZG 2003, 588) angeschlossen hat, ist für die Ermittlung des als Untergrenze maßgeblichen Börsenkurses auf einen dreimonatigen Referenzzeitraum vor dem Tag der Hauptversammlung abzustellen. Mit diesem Endpunkt der Referenzperiode hat sich der Bundesgerichtshof von der Anregung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 100, 289, 309 f. "DAT/Altana") gelöst, auf einen Durchschnittskurs im Vorfeld der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme abzustellen und damit hingenommen, dass dieser durch die Bekanntgabe etwa in einer Ad-hoc-Mitteilung oder der Einladung zur Hauptversammlung beeinflusst werden kann. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. November 2006 ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich (NZG 2007, 629).

Die hiergegen in der Literatur geäußerte Kritik ist von einigen der mit Spruchverfahren befassten Oberlandesgerichten aufgegriffen worden (OLG Stuttgart Beschlüsse vom 14.02.2008, 20 W 9/08 und 20 W 10/08; NZG 2007, 302, 303 ff.; AG 2007, 705, 710; KG NZG 2007, 71). Mit Beschluss vom 16. Februar 2007 hat das Oberlandesgericht Stuttgart die Auffassung vertreten, dass auf den nach Umsätzen gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs in einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Maßnahme und nicht auf den Durchschnittskurs in den letzten drei Monaten vor dem Hauptversammlungsbeschluss abzustellen sei und hat die Frage dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (NZG 2007, 302). Dieser hatte allerdings über die Frage nicht zu entscheiden, weil die Beschwerdeführer ihre Beschwerden zurückgenommen haben.

Für eine Vorverlagerung der Referenzperiode sprechen gewichtige Gründe, so hat auch das Bundesverfassungsgericht in der bereits oben zitierten Entscheidung vom 29. November 2006 darauf hingewiesen, dass es mit Blick auf den intendierten Schutz der Minderheitsaktionäre besser sein könne, auf eine Referenzperiode im Vorfeld der Bekanntgabe abzustellen (NZG 2007, 629).

In keinem dieser Zeiträume lag indessen ein aussagekräftiger Handel der Aktie im Freiverkehr vor, so dass das Landgericht zu Recht auch aus ihm einen Verkehrswert der Beteiligung zum Stichtag nicht abgeleitet hat. Im Jahr 2002 fand ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Jahresübersicht im Freiverkehr der Börse Düsseldorf ein Handel mit den Aktien der RWK überhaupt nur in den Monaten März - an sechs Tagen mit 15 Stück - und August - an drei Tagen mit 14 Stück - statt. Stellt man mit dem Bundesgerichtshof auf den Zeitraum der drei Monate vor der Hauptversammlung ab, so sind in diesem - vom 30. Mai bis zum 29. August 2002 - folglich nur 14 Stückaktien an drei Tagen gehandelt worden, das entspricht 0,88 % der 1.592 Aktien der Minderheitsaktionäre. Da die Aktien der RWK nur im Freiverkehr gehandelt wurden und die Mehrheitsaktionärin nicht börsennotiert war, bedurfte es keiner ad-hoc Mitteilung nach § 15 WpHG. Knüpft man den dreimonatigen Referenzzeitraum von daher an die Einladung zur Hauptversammlung mit der Bekanntgabe der Abfindungskonditionen an, die am 18. Juli 2002 veröffentlicht worden ist, so lässt sich für diesen - vom 18. April bis zum 17. Juli 2002 - kein Handel mit Aktien der RWK feststellen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist für die Berücksichtigung der notierten Briefkurse kein Raum, denn zu diesen Kursen lag lediglich ein Angebot der verkaufswilligen Aktionäre vor, dem indessen gerade keine Nachfrage gegenüberstand. Da es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Deinvestitionsmöglichkeit ankommt, muss entscheidend sein, ob auch eine entsprechende Nachfrage bestand. Eine solche fehlte auch bei den Taxkursen, die mangels Kauf- oder Verkaufsauftrag lediglich geschätzt werden. Ein Geldkurs, der eine Nachfrage belegen würde, ist in diesem Zeitraum lediglich an einem Tag, dem 14. Mai 2002, notiert worden, so dass sich für den ansonsten handelsfreien Zeitraum noch nicht einmal eine anhaltende Nachfrage feststellen lässt.

Eine weitere Vorverlegung des Referenzzeitraums kam nicht in Betracht, da es dabei nur darauf ankommen kann, Beeinflussungen durch die konkrete Bekanntgabe der Strukturmaßnahme und des damit zu unterbreitenden Abfindungsangebots auszuschließen und eine hinreichende Nähe zum Bewertungsstichtag gegeben sein muss. Der beabsichtigte Squeeze-out ist erst durch die Veröffentlichung der Einladung zur Hauptversammlung am 18. Juli 2002 bekannt geworden. Damit kommt es nicht weiter darauf an, dass davor Geldkurse ohnehin zuletzt im Monat März notiert worden sind und sie lediglich an sechs Tagen zu der Veräußerung von 15 Stückaktien führten.

Von daher ist die Frage, ob mit dem Oberlandesgericht Stuttgart und dem Kammergericht für den dreimonatigen Referenzzeitraum an die Bekanntgabe der Strukturmaßnahme anzuknüpfen ist, hier nicht von Relevanz. Für eine Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof nach § 12 Abs. 2 SpruchG, § 28 Abs. 2 FGG besteht kein Anlass, denn der Senat weicht weder von einer auf eine weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts noch von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über eine Rechtsfrage ab.

3. Von einer mündlichen Verhandlung konnte im Streitfall auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 EMRK abgesehen werden, da eine solche in erster Instanz stattgefunden hat (Simon/Leverkus, Rn. 25 zu § 12; Wilske in: Kölner Kommentar zum SpruchG, Rn. 34 zu § 12).

4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG die Antragsgegnerin zu tragen. Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, die Kosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, liegen nicht vor. Der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre kann gem. § 6 Abs. 2 SpruchG von der Antragsgegnerin in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz seiner Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des beschwerdeführenden Antragstellers zu 6) hält der Senat die Anordnung einer Kostenerstattung nicht für veranlasst (§ 15 Abs. 4 SpruchG), da auch das Beschwerdeverfahren nicht zu der begehrten Erhöhung der Barabfindung geführt hat.

Eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung war dementsprechend nicht veranlasst.

Den Geschäftswert für die Beschwerdeinstanz setzt der Senat gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG auf den Mindestwert von 200.000 € fest. Als Geschäftswert ist grundsätzlich der Betrag anzunehmen, der von allen Antragsberechtigten auf Grund der Entscheidung des Gerichts zusätzlich zu dem ursprünglich angebotenen Betrag insgesamt gefordert werden kann (vgl. nur: Emmerich/Habersack, Rn. 7 zu § 15 SpruchG m.w.N.). Kommt es nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung oder werden die Anträge als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, ist daher der Mindestgeschäftswert von 200.000 € maßgeblich (Krieger in: Lutter/Winter, UmwG, 3. A., 2004, Rn. 4 zu § 15 SpruchG; Rosskopf in: Kölner Kommentar zum SpruchG, Rn. 16 zu § 15).

Der Geschäftswert gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG auch für die Bemessung der Vergütung des Vertreters der außenstehenden Aktionäre.

Ende der Entscheidung

Zurück