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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.08.2008
Aktenzeichen: I-3 U 10/08
Rechtsgebiete: KStG 1999, EStG, BGB


Vorschriften:

KStG 1999 § 44
KStG 1999 § 44 Abs. 1 Satz 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Oktober 2007 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits - beider Rechtszüge - zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Die Beklagte firmierte bis Oktober 2002 unter G. P. GmbH. Diese wurde 1992 gegründet. Bis 2000 hielten die S. P. AG und der Ehemann der Klägerin je 50 % der Anteile; seit Ende 2000 waren die bezeichnete AG zu 75 % und die Klägerin zu 25 % an der GmbH beteiligt. Einem Wunsch der Mehrheitsgesellschafterin, auch ihren (der Klägerin) Anteil an diese zu veräußern, kam die Klägerin nicht nach. In der Folgezeit kam es in wachsendem Maße zu - auch gerichtlichen - Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern sowie der Klägerin und der Gesellschaft. Unter anderem stand die Klägerin - und steht sie heute noch - auf dem Standpunkt, durch Bilanzmanipulationen und den Abschluss von der Gesellschaft nachteiligen, der Mehrheitsgesellschafterin vorteilhaften Verträgen sei die GmbH geschädigt worden mit der Folge, dass ansonsten entstandene erhebliche ausschüttungsfähige Gewinne nicht vorgelegen hätten; all dies wurde und wird von der Beklagten in Abrede gestellt.

Mit notarieller Urkunde vom 22. Juli 2002 trafen die Parteien und die Mehrheitsgesellschafterin umfangreiche Vergleichsvereinbarungen, wegen deren gesamten Inhaltes auf die Anlage K1 verwiesen wird. Unter anderem sollten jeweils gegen Zahlung einer Abfindung ein zwischen der Klägerin (als Vermieterin) und der Beklagten (als Mieterin) bestehendes Mietverhältnis und ein Anstellungsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten als beendet anzusehen sein. Die Ziffern 3. und 4. der Urkunde lauteten:

"Zur Abgeltung aller etwaigen sonstigen Ansprüche von Frau F. gegenüber der Gesellschaft, gleich aus welchem Rechtsgrund, erhält Frau F. von der Gesellschaft eine pauschale Abfindungszahlung in Höhe von 254.577,60 €, z.B. für etwaige Gewinnausschüttungsansprüche. Die Abfindungszahlung ist sofort zur Zahlung fällig."

"Frau F. zahlt das von der Gesellschaft gewährte Darlehen über DM 498.000 (= € 254.577,60) hiermit im Wege der Aufrechnung mit der Abfindung gemäß vorstehender Ziff. 3 an die Gesellschaft zurück. ... Die Parteien sind sich einig, dass mit erfolgter Aufrechnung weder Frau F. aus dem Darlehen (...) noch die Gesellschaft aus der Zahlungsverpflichtung gemäß vorstehender Ziff. 3 etwas schulden."

Darüber hinaus sollte die Klägerin von Gesellschaftersicherheiten, die sie zugunsten der Beklagten gestellt hatte, befreit und sollten ihre Anwaltskosten erstattet werden. Auf der anderen Seite hatte die Klägerin der Beklagten oder der Mehrheitsgesellschafterin alle ihr zustehenden Rechte an einem bestimmten Produkt zu übertragen oder sie auf Wunsch der Beklagten löschen zu lassen. Darüber hinaus verkaufte die Klägerin der Mehrheitsgesellschafterin ihren Geschäftsanteil und trat ihn an diese ab. Schließlich sollten alle Rechtsstreitigkeiten durch Antragsrücknahme beendet werden.

Mit Klageschrift vom 3. August 2005 nahm die Klägerin die Beklagte unter anderem auf Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 44 KStG 1999 für Leistungen in den Jahren 2000, 2001 und 2002 in Anspruch. Der Rechtsstreit endete aufgrund einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 23. Januar 2006. In einem dort geschlossenen gerichtlichen Vergleich einigten sich die Parteien hinsichtlich der Bescheinigungen für 2000 und 2001; sodann hieß es in dem Vergleich unter Ziffer 3.:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Anspruch derzeit unbegründet ist. Die Klägerin nimmt den Klageantrag zu 3) hiermit mit Zustimmung der Beklagten zurück."

Der genannte Klageantrag zu 3) entsprach inhaltlich dem im vorliegenden Rechtsstreit gestellten Antrag.

Bereits am 21. Dezember 2005 war die Klägerin an das für sie zuständige Wohnsitzfinanzamt herangetreten. Unter dem 27. Januar 2006 bestätigte das Finanzamt ihr, die im Einkommensteuerbescheid 2002 aus dem Jahre 2005 ausgewiesenen Einnahmen aus Kapitalvermögen enthielten einen Betrag von 254.577,60 € laut Ziffer 3. des notariellen Vergleichs; "eine Steuerbescheinigung zum vorgenannten Betrag" sei "nicht vorgelegt" worden.

Mit am 27. Dezember 2006 bei Gericht eingegangener Klage hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Steuerbescheinigung gemäß § 44 KStG 1999 nach amtlich vorgeschriebenem Muster für Bezüge zu erteilen, für die noch das Anrechnungsverfahren gilt, mit dem Inhalt, dass an die Klägerin durch Vergleichsvereinbarung vom 22. Juli 2002 am 22. Juli 2002 für den 22. Juli 2002 ein pauschaler Abgeltungsbetrag gezahlt wurde, wobei die Leistungen, die zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigen, € 345.776,03 € betragen.

Den im Antrag genannten Betrag hat die Klägerin nach den Maßgaben des steuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens näher erläutert.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich, neben anderen Einwänden, in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz mit der Einrede der Verjährung verteidigt.

Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen mit der Erwägung, die Klägerin habe von der Beklagten eine verdeckte Gewinnausschüttung erhalten, stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Im zweiten Rechtszug greifen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen vertiefend auf.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge sowie die tatsächlichen Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung und den nachfolgenden Gründen zu B., ferner auf den Inhalt der zu Informationszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Beiakte 9 O 328/05 LG Düsseldorf Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist bereits deshalb zu bejahen, weil beide Parteien von der Geltung des Anrechnungsverfahrens für die in Rede stehende Summe ausgehen, somit die für diese Wertung maßgeblichen Tatsachen unstreitig sind und die Prüfung von Amts wegen für solche Tatsachen eine nähere Überprüfung nicht gebietet.

Die von den Parteien im Verfahren 9 O 328/05 LG Düsseldorf abgegebenen Erklärungen stehen wegen ihrer Beschränkung auf die (seinerzeit) "derzeitige" Begründetheit jedenfalls der Zulässigkeit der jetzt erhobenen Klage nicht entgegen.

2. In der Sache hat die Klägerin gegen die Beklagte allerdings keinen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 44 KStG 1999.

Dieser Anspruch setzt voraus, dass bei der Klägerin - durch von der Beklagten erbrachte Leistungen - Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG angefallen sind. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, hat das Zivilgericht selbständig zu prüfen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. September 2006 in Sachen 8 U 252/05; BrandOLG OLGR Brandenburg 2007, S. 948 ff.). Darüber hinaus erfordert die Zuerkennung des Anspruchs aber auch, dass der Anteilseigner - hier die Klägerin - nicht auf das Recht, die Bescheinigung zu verlangen, verzichtet hat. Denn § 44 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 begründet einen zivilrechtlichen Anspruch (Blümich-Danelsing, 97. Aufl., KStG 1999, § 44 Rdnr. 30). Da die Vorschrift die Verpflichtung der Körperschaft - hier der Beklagten - an ein Verlangen des Anteilseigners knüpft, folgt schon daraus die Verzichtbarkeit des Rechts auf die Bescheinigung. Hiergegen sprechen auch keine steuerrechtlichen Gesichtspunkte. Denn ein Verzicht hat lediglich zur Folge, dass das Anrechnungsverfahren unterbleibt und verringert daher nicht das Steueraufkommen, sondern vergrößert es.

Im hier gegebenen Fall lässt sich nach dem beiderseitigen Parteivorbringen feststellen, dass nach den zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Abreden die Klägerin allenfalls - diese Frage muss der Senat nicht abschließend entscheiden - dann einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ausstellen der genannten Bescheinigung wegen des Abgeltungsbetrages gemäß Ziffer 3. des notariellen Vertrages vom 22. Juli 2002 haben soll, wenn sie nachweisen kann, mithin im Falle gerichtlicher Geltendmachung in prozessual beachtlicher Form vortragen und unter Beweis stellen kann, dass die Beklagte in der Zeit vor ihrem Ausscheiden Gewinne gemacht hatte und ihr (der Klägerin) ein Anspruch gegen die übrigen Gesellschafter auf Mitwirkung an einem Ergebnisverwendungsbeschluss zusteht oder dass sie einen Anspruch darauf hat, im Wege des Schadenersatzes so gestellt zu werden, als stünden ihr Gewinnausschüttungsansprüche zu. Tatsächliche Grundlagen für die Annahme derartiger Sachverhalte hat die Klägerin jedoch nicht beigebracht. Sie hat - was mindestens erforderlich wäre - weder aufgezeigt, dass die Beklagte tatsächlich Gewinne erwirtschaftet habe, noch, dass sie bei ordnungsgemäßem Verhalten ihrer Organe Gewinne hätte erwirtschaften können. Die oben im Sachverhaltsteil (unter A.) wiedergegebenen, pauschal gehaltenen Bemerkungen zur manipulativen Vermeidung des Anfalls von Gewinnen ersetzen einen insoweit erforderlichen, nachvollziehbaren sowie erwiderungs- und prüffähigen Vortrag nicht.

In Ermangelung jener Darlegungen muss sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit nicht so behandeln lassen, als stelle der Abgeltungsbetrag von 254.577,60 € die Ausschüttung von Gewinn an die Klägerin im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung dar. Hierbei ist ohne Belang, ob - wie die Klägerin (dezidiert noch im Schriftsatz vom 6. August 2008) geltend macht - nach Maßgabe einer allein steuerrechtlichen Beurteilung eine solche Bewertung tragfähig begründet werden könnte oder nicht; insbesondere ob es insofern zutrifft, dass jeder einem Gesellschafter aus gesellschaftlicher Veranlassung zufließende und nicht anders zuordnungsfähige Vermögensvorteil außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Denn selbst wenn dies im Sinne der Klägerin zu bejahen sein sollte, folgt daraus wegen der Besonderheiten der Vereinbarungen vom 22. Juli 2002 nicht, dass die Klägerin infolge einer auf diese Weise begründeten verdeckten Gewinnausschüttung einen Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 44 KStG 1999 gegen die Beklagte hätte. Dem steht der Inhalt der Vereinbarungen aus dem Jahre 2002, wie er sich bei allseits interessengerechter Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt, entgegen.

Aus der Vorbemerkung der notariellen Urkunde vom 22. Juli 2002 ergibt sich mit besonderer Deutlichkeit, dass die in den nachfolgenden Ziffern der Vereinbarung vorgesehenen Zahlungen an die Klägerin eine Gegenleistung der Beklagten und ihrer Mehrheitsgesellschafterin dafür darstellten, dass alle außergerichtlichen und vor allem gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Geschäftspolitik der Beklagten sowie die Ausschließung von Gesellschaftern und die Einziehung ihrer Gesellschaftsanteile schnellstmöglich beendet wurden und die Klägerin sofort alle Rechtsverhältnisse mit der Beklagten löste, vor allem dass sie aus der Beklagten ohne weitere "Gegenwehr" ausschied. In diesem Rahmen erfolgte gerade keine gesonderte Einigung über die Existenz von Gewinnausschüttungsansprüchen der Klägerin. Ziffer 3. der Urkunde spricht demgemäß lediglich von "etwaigen" derartigen Ansprüchen und davon, dass die Summe von 254.577,60 € zur Abgeltung aller etwaigen sonstigen Ansprüche der Klägerin erfolge. Dass die vertragsschließenden Parteien die umstrittene Existenz von Gewinnen der Beklagten und damit von Gewinnausschüttungsansprüchen der Klägerin dezidiert auf sich beruhen lassen wollten, ist ferner der in Ziffer 11. enthaltenen Abgeltungsklausel zu entnehmen; nach dieser sollten mit Erfüllung der Vereinbarung sämtliche zwischen den Parteien etwa bestehenden Ansprüche aus Sachverhalten, die den Gegenstand der vorangegangenen zehn Ziffern sowie der dort bezeichneten Gerichtsverfahren seien, abgegolten und erledigt seien, zudem verzichteten die Parteien wechselseitig auf alle insoweit etwa noch bestehenden Ansprüche, und schließlich legten sie der Abgeltungsabrede noch Drittwirkung in Bezug auf etwaige Ansprüche gegenüber den Organen der Gesellschaft und sogar gegenüber Organen der Mehrheitsgesellschafterin bei. Diese denkbar weit und jegliche auch nur irgendwie begründbaren Ansprüche ausschließende Klausel macht deutlich, dass der Durchführung der Vergleichsvereinbarungen jedenfalls grundsätzlich nichts mehr "nachfolgen" sollte. Schon dieses übergeordnete Ziel würde verfehlt, wenn man der Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Bescheinigung mit der Begründung zuspräche, die Summe von rund 250.000 € sei ihr gerade im Hinblick auf ihre Stellung als (ehemalige) Gesellschafterin zuerkannt worden. Hinzutritt, dass die in Ziffer 3. vorgesehene Abgeltungszahlung innerhalb der Gesamtregelungen der Vereinbarungen eine besondere, gerade auf den vereinbarten Betrag zugeschnittene Bedeutung haben sollte. Mit jenen 254.577,60 € erhielt die Klägerin nämlich genau so viel, dass - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - das von der Beklagten an sie gewährte Darlehen "abgedeckt" war und die beiden gegenseitigen Forderungen in Ziffer 4. der Vereinbarungen aufgerechnet werden konnten. Es ist deutlich erkennbar, dass die hinter der Abgeltungszahlung gemäß Ziffer 3. stehenden Sachverhalte und das Darlehen, wiederum wirtschaftlich betrachtet, sozusagen unter den Tisch fallen sollten und die Klägerin bei der umfassenden Auseinandersetzung der Beteiligten wirtschaftlich nur die Abfindungen für die Beendigung des Miet- und des Anstellungsverhältnisses sowie den Kaufpreis für ihren Geschäftsanteil, ferner Ersatz ihrer Anwaltskosten, erhalten sollte. Diese Vorstellungen der Vertragschließenden vom Inhalt des gegenseitigen Nachgebens würden unterlaufen, wenn man der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung wegen und in Höhe des Abgeltungsbetrages einen Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung zuspräche. Denn die "Ausschüttung" eines nicht in einem Jahresabschluss ausgewiesenen "Gewinns" - wie hier - führt bei der Gesellschaft zu einer Gewinnerhöhung außerhalb der Bilanz (Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl. 2008, § 20 Rdnr. 76). Hierdurch wiederum wird eine über die Zahlung des Vergleichsbetrages hinausgehende, deutliche wirtschaftliche Belastung bei der Beklagten bewirkt. Auf der anderen Seite führt die im Falle einer Gewinnausschüttung gegebene Anrechnungsmöglichkeit bei der Klägerin zu einer gewichtigen steuerlichen Entlastung. Durch beide Effekte würde im wirtschaftlichen Ergebnis der Vergleichsbetrag eindeutig zu Lasten der Gesellschaft verschoben, nämlich erhöht. Sofern dies bei Abschluss der Vergleichsvereinbarung gewünscht gewesen sein sollte, hätte es jedenfalls vorliegend gesondert vereinbart werden müssen. Denn in diesem Fall wäre letztlich das angestrebte Ergebnis, die gegenseitige Neutralisierung aller Komplexe zu Ziffer 3. gegenüber dem Darlehen, letztlich verfehlt worden. Nichts anderes gilt für die im Schriftsatz der Klägerin vom 6. August 2008 angestellte Erwägung, nach dem Willen der Parteien habe sie mit dem Darlehen sozusagen netto wirtschaftlich nicht mehr belastet sein sollen: Auch hiervon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, vielmehr hätte dies in der Vereinbarung gesondert zum Ausdruck kommen müssen, da die Versteuerung der einem Vergleichspartner zugebilligten Beträge durch diesen die Regel, eine Entlastung hiervon durch den anderen Partner hingegen die Ausnahme darstellt.

Dem gefundenen Auslegungsergebnis lässt sich nicht entgegenhalten, die Beklagte habe, indem sie sich mit der Klägerin zumindest auch über Gewinnausschüttungsansprüche verglichen habe, in schlüssiger Form zugleich versprochen, sich auch hinsichtlich der Besteuerungsverfahren (bei sich selbst und bei der Klägerin) so behandeln zu lassen, als stelle der Vergleichsbetrag die Ausschüttung von Gewinn an die Klägerin dar. Die Erwägung, wer sich über Gewinnansprüche vergleiche, müsse auch die steuerrechtlichen Konsequenzen daraus ziehen, ist lediglich dann überzeugend, wenn der Vergleich nur die Höhe der Forderung betraf, dem Grundsatz nach also nicht fraglich war, dass Gewinnausschüttungsansprüche überhaupt bestehen. Hier jedoch haben sich die Parteien nicht über die Höhe eines dem Grunde nach unstreitigen Gewinnausschüttungsanspruches, sondern in erster Linie über dessen Bestehen dem Grunde nach verglichen.

Im Hinblick auf das beiderseitige Parteivorbringen im Berufungsverfahren sei der Vollständigkeit halber bemerkt, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung hier auch nicht in einem Verzicht der Beklagten auf das ihr zustehende Darlehen liegen kann. Sie verzichtete auf dieses nicht, sondern verwendete die ihr insoweit zustehende Forderung zur Aufrechnung. Letztere kann auch nicht als Schein- oder Umgehungsgeschäft begriffen werden, weil die Forderung, gegen die die Beklagte aufrechnete, nämlich der Abgeltungsanspruch der Klägerin, in der Urkunde plausibel begründet wurde und Zweifel an seiner Werthaltigkeit nicht bestanden.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.

Der Gebührenstreitwert für die erste Instanz wird - die landgerichtliche Festsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG ändernd - auf bis zu 185.000 € festgesetzt. Das für diese Festsetzung maßgebliche Interesse der Klägerin ist in deren Schriftsatz vom 27. März 2008 nebst Anlage im Einzelnen dargetan worden. Ebenfalls auf bis zu 185.000 € wird der Gebührenstreit für das Berufungsverfahren festgesetzt. Zwar entscheidet insofern der Wert des Interesses der Beklagten, das diese mit ihrem Abänderungs- und Abweisungsantrag verfolgt und liegen hierzu keine näheren Angaben vor. Indes ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin begehrte Bescheinigung im Falle ihrer Ausstellung unmittelbar steuerlich nachteilige Folgen für die Beklagte zeitigen würde. Der Senat hat im Verhandlungstermin angekündigt, er werde deren Wert auf den identischen Betrag wie bei der Klägerin schätzen, wenn die Parteien hierzu nichts Gegenteiliges vortrügen; ein solcher Vortrag ist nicht erfolgt.

Ende der Entscheidung

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