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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 107/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 4
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4

Entscheidung wurde am 06.04.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz wurde hinzugefügt
Ein Verfahren auf gerichtliche Abberufung des Verwalters und Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses, durch den die Abberufung des Verwalters abgelehnt worden ist, wird mit Ablauf des Bestellungszeitraums des Verwalters unzulässig.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 107/05

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft P. Straße / L. Straße, K.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 21. Februar 2005 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht G, v W-L und B am 7. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird, soweit der Beteiligte zu 2 hiermit die Ungültigerklärung des auf der Eigentümerversammlung vom 02.12.2003 unter TOP 2.2.2 gefassten Beschlusses sowie die Abberufung des Verwalters begehrt.

Die Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens tragen die Beteiligten zu 3 zu 49 %, die Beteiligte zu 1 zu 5 % und der Beteiligte zu 2 zu 46 % und. Die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 3 zu 46 % und der Beteiligte zu 2 zu 54 %. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 3 zu 61 % und der Beteiligte zu 2 zu 39 %.

Die Beteiligten zu 3 haben dem Beteiligten zu 2 die diesem in der dritten Instanz notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu 61 % zu erstatten; im übrigen findet keine Kostenerstattung statt.

Der Geschäftswert wird festgesetzt auf

49.600,00 EUR für das amtsgerichtliche Verfahren,

43.600,00 EUR für die Erstbeschwerde und

33.000,00 EUR für die Rechtsbeschwerde.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 2 und 3 bilden die eingangs bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, die von dem Beteiligten zu 4 verwaltet wird.

Die Eigentumsanlage besteht aus 8 Ladenlokalen, einem viergeschossigen Hotel nebst separater Gaststätte, 47 Wohnungen und einer zweigeschossigen Tiefgarage mit insgesamt 164 Stellplätzen. Auf die Ladenlokale entfallen 3.539/10.000, auf das Hotel 1.941/10.000 und auf die Wohneinheiten 4.520/10.000 Miteigentumsanteile. Der Beteiligte zu 2 ist Wohnungseigentümer mit einem Miteigentumsanteil von 84/10.000.

Der Beteiligte zu 4 wurde durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.11.2001 vom 01.12.2002 an bis zum 31.12.2004 zum Verwalter bestellt. Der Verwaltervertrag sah eine Vergütung von ca. 13.000,00 EUR pro Jahr vor.

Auf der Eigentümerversammlung vom 02.12.2003 wurde unter TOP 2.2.2 "Abberufung des Verwalters" auf den Antrag des Beteiligten zu 2, den Beteiligten zu 4 abzuberufen, mehrheitlich folgender Beschluss gefasst:

"Der Verwalter wird nicht abberufen. Der Verwaltervertrag bzw. die Verwalterbestellung besteht fort."

Auf dieser Eigentümerversammlung wurden ferner unter TOP 3.1 die Jahresabrechnung 2002 und unter TOP 3.3 der Wirtschaftsplan 2003/2004 jeweils mehrheitlich beschlossen.

Der Beteiligte zu 2 hat unter anderem die genannten Beschlüsse angefochten und ferner beantragt, den Beteiligten zu 4 abzuberufen. Hierbei hat er geltend gemacht, es lägen wichtige Gründe für dessen Abberufung als Verwalter vor.

Hinsichtlich der genannten Punkte hat das Amtsgericht das Begehren des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt, über die das Landgericht mündlich verhandelt hat.

Durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14.10.2004 wurde der Beteiligte zu 4 für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2009 erneut zum Verwalter bestellt. Dieser Beschluss wurde angefochten; das Amtsgericht Krefeld - Az.: 86 UR II 109/04 WEG - hat das Verfahren im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ausgesetzt.

Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 21.02.2005 der sofortigen Beschwerde hinsichtlich der hier interessierende Punkte entsprochen und die auf der Eigentümerversammlung vom 02.12.2003 zu TOP 2.2.2, 3.1 und 3.3 gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt sowie den Beteiligten zu 4 aus wichtigem Grund abberufen.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 3 mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie machen geltend:

Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters liege nicht vor. Auch die Anfechtung der Beschlüsse zu der Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan seien nicht gerechtfertigt, weil die entsprechenden "ursprünglichen" Unterlagen auf der Eigentümerversammlung vorgelegen hätten. Hier sei es aufgrund einer Sitzung des Verwaltungsbeirats vom 20.11.2003 lediglich zu einer Änderung bei der Position Hausreinigung gekommen. Das sei auf der Eigentümerversammlung ausführlich diskutiert worden. Es sei für jeden Eigentümer ersichtlich gewesen, dass hier entsprechende Änderungen erfolgen würden, was dann auch geschehen sei. Damit wäre allenfalls eine Aufhebung der Beschlüsse hinsichtlich der Position Hausreinigung gerechtfertigt.

Die Beteiligten zu 3 beantragen,

den Beschluss des Landgerichts Krefeld aufzuheben, soweit die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2.2.2, 3.1 und 3.3 der Eigentümerversammlung vom 02.12.2003 für ungültig erklärt worden sind und der Verwalter aus wichtigem Grund abberufen worden ist.

Der Beteiligte zu 2 beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung und tritt dem weiteren Vorbringen der Beteiligten zu 3 entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG; 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist teilweise begründet. Soweit das Landgericht den Beschluss der Eigentümerversammlung, durch den die Abberufung des Verwalters abgelehnt worden ist, für ungültig erklärt und den Verwalter aus wichtigem Grund abberufen hat, beruht die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Im übrigen lässt die angefochtene Entscheidung keine Rechtfehler erkennen.

1.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Anfechtung des Negativbeschlusses zur Abberufung des Verwalters sei zulässig und begründet. Sie sei nicht bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, da der Antragsteller gleichzeitig die gerichtliche Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund begehre (vgl. BGH NZM 2002, 995). Die gerichtliche Abberufung des von den Wohnungseigentümern bestellten Verwalters sei gemäß §§ 21 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG möglich, da der Versuch eines Wohnungseigentümers, einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen, gescheitert sei. In diesen Fällen bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung (Merle in Bärmann/ Pick/Merle, WEG, 9. A., § 26 Rn. 203). Eine solche Abberufung des Verwalters sei gerechtfertigt, wenn die Nichtabberufung durch die Wohnungseigentümer einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG widerspreche. Das sei insbesondere der Fall, wenn ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung vorliege, der im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Abberufung gegeben sein müsse (Merle a.a.O., § 26 WEG Rn. 169). Dies sei der Fall. Der wichtige Grund zur vorzeitigen Abberufung des Verwalters ergebe sich aus der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Verwalter und eines Teils der Wohnungseigentümer. Die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses beruhe - wie sodann im einzelnen dargelegt wird - auf einer vielfältigen Missachtung des Willens verschiedener Eigentümer.

Der Beschluss zu TOP 3.1 (Jahresabrechnung) sei für ungültig zu erklären, da die Haus-(Wohn-) geldabrechnung 2002 tatsächlich auf der Eigentümerversammlung nicht vorgelegen habe. Der Beschluss verstoße daher gegen das Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Wohngeldabrechnungen mit den Salden bezüglich der einzelnen Wohnungseigentümer müssten diesen vorliegen. Sonst sei der jeweilige Eigentümer nicht in der Lage, bei der jährlichen Abstimmung über die Rechnungslegung des Verwalters sachgerecht mitzuwirken. Denn durch den Eigentümerbeschluss, der die Abrechnung billige, werde nicht nur die Jahresabrechnung, sondern es würden auch die in ihr festgesetzten Zahlungspflichten oder Erstattungsansprüche der einzelnen Eigentümer verbindlich (vgl. hierzu OLG Köln NJW-RR 1995, 1295 f.). Nur wenn jeder Miteigentümer die in den Saldenlisten enthaltenen Einzelabrechnungen nach Fertigstellung der Abrechnungen in Händen halte, könne er wirksam kontrollieren und beurteilen, ob der Verwalter seinen Verpflichtungen aus dem Verwaltervertrag nachkomme und ob das von jedem der übrigen Eigentümer zu zahlende Wohngeld richtig berechnet worden sei.

Auch die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 3.3 (Einzel- und Gesamtwirtschaftsplan 2003/2004) habe Erfolg, weil der Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2003/ 2004 auf der Eigentümerversammlung, so wie er tatsächlich beschlossen worden sei, ebenfalls nicht vorgelegen habe. Der Wirtschaftsplan, der den Eigentümern mit Schreiben vom 03.11.2003 durch den Verwalter zur Verfügung gestellt worden sei, sei in den Punkten Hausmeister- und Reinigungskosten geändert worden. Der geänderte Wirtschaftsplan sei den Eigentümern erst mit Schreiben vom 17.12.2003 übermittelt worden. Hinsichtlich der Erforderlichkeit der rechtzeitigen Vorlage des zu beschließenden Wirtschaftsplans sei auf die Ausführungen zur Jahresabrechnung zu verweisen.

2.

Das hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung nur teilweise Stand.

a)

Die Erstbeschwerde mit dem Ziel der Anfechtung des Negativbeschlusses zur vom Beteiligten zu 2 begehrten Abberufung des Verwalters war ebenso unzulässig wie das weiter verfolgte Begehren, den Verwalter durch Gerichtsbeschluss abzuberufen. Dem gemäß ist die weitere Beschwerde insoweit begründet.

Zunächst bestand eine Rechtsschutzbedürfnis des Beteiligten zu 2 für seinen Antrag auf Abberufung des Verwalters, nachdem die Eigentümerversammlung einen entsprechenden Antrag mehrheitlich abgelehnt hatte. Die Abberufung eines von den Wohnungseigentümern bestellten oder durch Vereinbarung bestimmten Verwalters ist nach §§ 21 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG möglich, wenn der Versuch eines Wohnungseigentümers, einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen, gescheitert ist (vgl. Senat NZM 2002, 487, 488; Merle a.a.O., § 26 Rn. 203; Niedenführ/Schulze, WEG, 7.A., § 26 Rn. 76). Ob darüber hinaus auch ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Anfechtung des die Abberufung ablehnenden Mehrheitsbeschlusses bestand, obwohl einem solchen Beschluss grundsätzlich eine materielle Bindungswirkung ("Sperrwirkung") nicht zukommt (vgl. Wenzel ZMR 2005, 413, 414 f.), muss nicht entschieden werden (vgl. zu dieser Frage OLG Frankfurt NJOZ 2005, 3946, 3948, m.w.N.). Denn durch den Ablauf des Bestellungszeitraums am 31.12.2004 ist das Rechtsschutzbedürfnis sowohl hinsichtlich der Abberufung als auch bezüglich der Feststellung der Unwirksamkeit des die Abberufung ablehnenden Negativbeschlusses jedenfalls entfallen.

Es ist anerkannt, dass grundsätzlich das gerichtliche Verfahren auf Abberufung des Verwalters mangels weiteren Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig wird, wenn der Verwalter nach Ablauf seiner Amtszeit durch bestandskräftigen Beschluss erneut zum Verwalter bestellt wurde. Ein solcher Neubestellungsbeschluss hat zur Folge, dass eine neue Amtszeit des Verwalters zu laufen beginnt und mithin die für die vorangegangene Amtszeit verlangte Abberufung überholt und erledigt ist (OLG Köln NZM 1998, 959 f.; Niedenführ/Schulze § 26 Rn. 76). Auch für die Fortsetzung eines Verfahrens über die Anfechtung eines Beschlusses zur Verwalterbestellung fehlt nach Ablauf des Bestellungszeitraums das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BayObLG NJW-RR 1997, 715, 717). Gleiches gilt für die Anfechtung einer Verwalterabwahl nach einer Neubestellung des Verwalters (vgl. OLG Hamm NZM 2003, 486).

Ein solcher Wegfall des Rechtsschutzinteresse ist in gleicher Weise gegeben, wenn der Verwalter durch Gerichtsbeschluss abberufen werden soll, der Bestellungszeitraum aber während dieses Verfahrens - wie hier - abgelaufen ist. Hier ginge die ex nunc wirkende gerichtliche Abberufung ins Leere.

In einem solchen Fall besteht auch an der grundsätzlich ex tunc wirkenden Feststellung, dass der Nichtabberufungsbeschluss unwirksam sei, kein Interesse mehr. Die Feststellung hätte auf den bereits abgelaufenen Bestellungszeitraum keinerlei Auswirkungen mehr. Der Verwalter behält bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung seine vertraglichen Vergütungsansprüche für die bis dahin erbrachten Leistungen. Die Wirksamkeit der von ihm seit seiner Bestellung vorgenommenen Rechtsgeschäfte bleibt entsprechend § 32 FGG unberührt. Sogar die gerichtliche Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses wirkt insofern nur ex nunc, also ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle, § 23 Rn. 206; umfassend Gottschalg NZM 2001, 113, m.w.N.). Erst recht hat die Feststellung der Unwirksamkeit eines Nichtabberufungsbeschlusses keinen rückwirkenden Einfluss auf die Stellung des Verwalters.

Etwas anderes gilt vorliegend nicht deshalb, weil der Beteiligte zu 4 aufgrund eines neuen Beschlusses auch zum jetzigen Zeitpunkt noch Verwalter der Anlage ist. Um diese erneute Bestellung anzugreifen, muss der entsprechende Beschluss angefochten werden, was ja auch geschehen ist. In jenem - ausgesetzten - Verfahren ist festzustellen, ob die Neubestellung unter Berücksichtigung des den Eigentümern zustehenden Beurteilungsspielraums (vgl. zuletzt OLG Frankfurt NJOZ 2005, 3946, 3949, m.w.N.) ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. In diesem Zusammenhang muss der Senat nicht entscheiden, ob eine solche Anfechtung im Wege der Antragserweiterung noch in das Erstbeschwerdeverfahren hätte eingeführt werden können, denn dies ist nicht erfolgt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren verbietet sich ein solcher weitergehender Antrag von vornherein.

Da das Rechtsschutzbedürfnis schon während des Erstbeschwerdeverfahrens entfallen ist, ohne dass der Beteiligte zu 2 seinen Antrag dem angepasst hat, ist sein Begehren, mit dem er seine Hauptsacheanträge weiter verfolgt hat, unzulässig geworden. Das hat zur Folge, dass seine Erstbeschwerde insoweit mangels fortbestehenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig zu verwerfen ist. Entscheidend ist hierbei, dass der Bestellungszeitraum vor dem Erlass der Beschwerdeentscheidung durch das Landgericht abgelaufen ist. Allein auf dieses Datum kommt es an und nicht auf das Datum der vor diesem Zeitpunkt durchgeführten mündlichen Verhandlung. Denn die mündliche Verhandlung ist im Wohnungseigentumsverfahren im Gegensatz zum Zivilprozess nicht die alleinige Grundlage der Entscheidung; die nachfolgende Entwicklung und späteres schriftliches Vorbringen sind bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen (vgl. Merle a.a.O., § 44 Rn. 26). Da somit bereits die Erstbeschwerde unzulässig geworden war, kam eine Antragsänderung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr in Betracht.

Der Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht ab von dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 18.08.2003 -20 W 302/2001 (zitiert nach juris), so dass eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2 FGG nicht geboten ist. In dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war die ursprüngliche Amtszeit des Verwalters, dessen Abberufung verlangt wurde, zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung noch nicht abgelaufen. Der Verwalter war vielmehr bis zu 31.12.2003 bestellt worden. Somit bestand weiterhin ein rechtliches Interesses an der Abberufung des Verwalters, auch wenn für den gleichen Zeitraum durch einen in einem anderen Verfahren angefochtenen Eigentümerbeschluss bereits ein anderer Verwalter bestellt worden war. Denn hier hatte sich die Abberufung gerade nicht durch den Ablauf der Amtszeit erledigt.

b)

Die Feststellungen des Landgerichts zu der Unwirksamkeit der Beschlüsse zu der Jahresabrechnung 2002 und dem Wirtschaftsplan 2003/2004 sind hingegen überzeugend und auch im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen kaum ergänzungsbedürftig.

Es entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, eine Jahresabrechnung und einen Wirtschaftsplan zu genehmigen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht vorliegen, sondern die teilweise neu erstellt werden müssen. Hierbei spielt es keine Rolle, in welchen Punkten die Vorlagen geändert werden müssen. Der Wohnungseigentümer muss nur etwas billigen, was ihm bekannt ist, wozu bei der Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan gehört, dass sie schriftlich in der Form vorgelegt werden, in der sie genehmigt werden sollen. Wenn man hier dem Verwalter die Möglichkeit geben würde, Änderungen nachzureichen, bliebe offen, wie diese noch nicht beschlossenen Änderungen nachträglich genehmigt werden könnten und ab welchem Zeitpunkt die Anfechtungsfrist läuft. Das kann im Hinblick auf die notwendige Feststellung des Zeitpunkts der Bestandskraft solcher Genehmigungsbeschlüsse nicht hingenommen werden. Auf einer erkannt unrichtigen und änderungsbedürftigen Grundlage gefasste Beschlüsse entsprechen damit insgesamt nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Bei einer nachträglichen Änderung muss ein neuer Genehmigungsbeschluss herbeigeführt werden.

Dieser Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit den Fällen, in denen sich die vorgelegte Abrechnung bzw. der vorgelegte Wirtschaftsplan in einzelnen Punkten als unrichtig erweisen und die Ungültigerklärung auf einzelne Rechnungsposten zu beschränken ist (vgl. Merle a.a.O., § 28 Rn. 115). In diesen Fällen ist Gegenstand der Abstimmung die - teilweise falsche - vorliegende Fassung, während hier die Fassung über die abgestimmt wurde, gerade nicht vorlag. Der Anfechtende muss hier nicht abwarten, in welchen Punkten die neu erstellten Unterlagen, die nicht Gegenstand der Beschlussfassung waren, sich später als unrichtig erweisen.

Die angebliche Genehmigung der Jahresabrechnung 2004 hat auf die Anfechtung der Genehmigung des Wirtschaftsplans für diesen Zeitraum keine Auswirkung. Hier ist schon nicht ersichtlich, dass der Beschluss zur Jahresabrechnung 2004 bestandskräftig ist. Im übrigen vertritt der Senat die Auffassung, dass durch den Abrechnungsbeschluss der Beschluss über den Wirtschaftsplan für den selben Zeitraum nicht aufgehoben oder ersetzt wird, sondern weiter Grundlage für Hausgeldforderungen sein kann (NJW-RR 2000, 1180, 1181, m.w.N.).

III.

Es entspricht der Billigkeit (§ 47 Satz 1 WEG), die Gerichtskosten zwischen den Beteiligten auf der Grundlage des Obsiegens bzw. Unterliegens in den einzelnen Instanzen festzusetzen. Die nicht zur Eigentümergemeinschaft gehörende Beteiligte zu 1 hat aufgrund ihres unzulässigen Antrags einen Teil der erstinstanzlichen Kosten zu tragen.

Nach § 47 Satz 2 WEG haben die Beteiligten zu 3 dem Beteiligten zu 2 seine außergerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren insoweit zu erstatten, als die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen wird. Denn nach den Ausführungen des Landgerichts hätte den Beteiligten zu 3 die Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels klar sein müssen, soweit sie sich hiermit gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Genehmigungsbeschlüsse zu der Jahresabrechnung 2002 und dem Wirtschaftsplan 2003/2004 wenden.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde und für beide Vorinstanzen beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Die Festsetzung durch das Landgericht ist fehlerhaft. Die Kammer hat den Geschäftswert für den Antrag auf die Abberufung des Verwalters und die Anfechtung der Beschlüsse zu der Jahresabrechnung, der Instandhaltungsrücklage und dem Wirtschaftsplan auf der Grundlage des Miteigentumsanteils des Beteiligten zu 2 bestimmt. Es hat damit den Beschwerdewert mit dem Geschäftswert gleichgesetzt. Das ist nicht richtig. Der Beschwerdewert nach § 45 Abs. 1 WEG ist nur nach dem Interesse des Beschwerdeführers zu bemessen, für die Erstbeschwerde also nach anteiligen Belastung des Beteiligten zu 2. Bei der Festsetzung des Geschäftswerts des Beschwerdeverfahrens nach § 48 Abs. 3 WEG ist hingegen das Interesse aller am Verfahren formell Beteiligter zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 1992, 3305; Merle a.a.O., § 45 Rn. 28 und § 48 Rn. 10).

Das führt hier bei der Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan zu einem Wert von jeweils 10.000,00 EUR, da die Genehmigungsbeschlüsse insoweit zwar zu Recht insgesamt angefochten worden sind, es materiell aber nur um eine Änderung der Hausreinigungskosten geht. Die Anfechtung des Beschlusses zur Instandhaltungsrücklage ist mit 10 % des dort vorgesehen Gesamtbetrags anzusetzen. Hinsichtlich der Abberufung des Verwalters ist die Höhe der Verwaltervergütung für die noch bestehende Bestellungszeit maßgebend (Merle a.a.O., § 48 Rn. 44). Auf dieser Grundlage ergeben sich für die einzelnen Punkte folgende Werte:

Änderung des Umlageschlüssels für die Kosten Wasser und Kanal (TOP 2.1.1.) 1.000,00 EUR Abberufung des Verwalters (TOP 2.2.2) 13.000,00 EUR Jahresabrechnung 2002 (TOP 3.1) 10.000,00 EUR Höhe der zu bildenden Instandhaltungsrücklage (TOP 3.2) 9.600,00 EUR Wirtschaftsplan (TOP 3.3) 10.000,00 EUR Entlastung des Verwaltungsbeirats (TOP 4.1) 1.500,00 EUR Neuwahl des Verwaltungsbeirats (TOP 4.1) 1.500,00 EUR Entlastung des Verwalters (TOP 4.2) 3.000,00 EUR

Die Schriftsätze vom 03.02. und 01.03.2006 enthalten kein entscheidungserhebliches Vorbringen.

Ende der Entscheidung

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