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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.08.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 109/08
Rechtsgebiete: GBO, MHG, BGB, KostO


Vorschriften:

GBO § 29
GBO § 80
MHG § 10 a
BGB § 557 b
KostO § 30 Abs. 1
KostO § 131 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 25.04.2008 und die Zwischenverfügung des Rechtspflegers des Grundbuchamtes Wesel vom 19.11.2007 werden aufgehoben.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 600 €

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. - 3. sind auf dem vorliegenden Grundbuchblatt als Erbbauberechtigte des - im Eigentum der Beteiligten zu 4. und 5. stehenden - Grundstücks eingetragen.

In Abteilung II, laufende Nr. 2 wurde zugunsten der jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks - mit Rang nach der in Abteilung III Nr.1 eingetragenen Grundschuld - eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Erhöhung des in Abteilung II, Nr. 1 eingetragenen Erbbauzinses unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 01.09.1998 eingetragen.

Die schuldrechtliche Wertsichersicherungsklausel - § 16 Abs. 1 des notariellen Vertrages vom 01.09.1998 - lautet:

"Der Erbbauzins wird an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst. Die Anpassung des Erbbauzinses soll in Zeiträumen von jeweils drei Jahren nach Abschluss des Vertrages zu 01. Januar eintreten, erstmals zum 01. Januar 1991 (erster Anpassungstermin), wenn eine Veränderung um fünf v. H. oder mehr eingetreten ist.

Maßgebend für die Anpassung sind die vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden für die gesamte Bundesrepublik für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalten mit mittlerren Einkommen (1980 =100) amtlich festgestellten und veröffentlichten Indexziffern für den der Anpassung unmittelbar vorausgehenden Monat September."

Im Folgenden wurde in Abteilung II Nr. 3 ein Vorkaufsrecht zugunsten der Eigentümer für alle Verkaufsfälle und in Abteilung III Nr. 2 eine weitere Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 6. eingetragen .

Am 02.10.2007 erklärten die Beteiligten zu 1. - 3. zu notariellem Protokoll, dass sich der jährliche Erbbauzins gemäß der Wertsicherungsklausel nach § 16 des Erbbauvertrages um 339,87 € jährlich erhöht habe und beantragten und bewilligten unter teilweiser Ausnutzung der Vormerkung die Umschreibung der Vormerkung in Abteilung II Nr. 2 in einen weiteren Erbbauzins in Höhe von 339,87 € jährlich.

Durch Zwischenverfügung vom 19.11.2007 gab das Grundbuchamt den Beteiligten zu 1. - 3. auf, zur Eintragung des Rechts an der vorgesehenen Rangstelle eine Bewillgung der nachrangig Berechtigten der Abteilung II Nr. 3 sowie Abteilung III Nr. 2 beizubringen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erhöhung des Erbbauzinses sei nach Maßgabe des § 29 GBO nicht nachgewiesen, da der im Erbbauvertrag in Bezug genommene Teilindex seit Januar 2003 nicht mehr geführt werde und im Grundbuchverfahren nicht geklärt werden könne, ob der weggefallene Teilindex automatisch durch den jeweils neuen Index ersetzt werde.

Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1. - 3. durch Beschluss vom 25.04.2008 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1- 3. am 08.05.2008 (GA 127 ff.) weitere Beschwerde erhoben. Die Beteiligte zu 6. hat sich mit der Eintragung der Erhöhung des Erbbauzinses in Höhe von 339,87 € einverstanden erklärt. Die Beteiligten zu 4. und 5. haben keine Erklärung abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 80 GBO zulässige weitere Beschwerde führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht, das unter Beachtung nachfolgender Gründe erneut über den Antrag auf Umschreibung der Vormerkung zu befinden haben wird.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Zustimmung der nachrangig Berechtigten zur Umschreibung der Vormerkung sei nicht entbehrlich. Auf Grund der formalisierten Grundsätze des Grundbuchsrechts sei eine automatische Umstellung des Preisindexes im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Im Gegensatz zu der überwiegend vertretenen ergänzenden Vertragsauslegung durch Verwendung des jetzt gültigen allgemeinen Verbraucherpreisindexes werde zum Teil darauf abgestellt, dass im Einzelfall eine Umstellung auf andere Preisindizes, zum Beispiel auf den Harmonisierten Verbraucherpreisindes (HVPi) in Betracht komme.

Diese Auffassung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Wird in Altverträgen auf einen der zum 01.01.2003 weggefallenen Indizes als maßgebliche Bezugsgröße einer Wertsicherungsklausel verwiesen, ist die automatische Umstellung auf den einzigen, noch vom Statistischen Bundesamt fortgeführten Index sachgerecht. Grund für den Wegfall der Teilindizes war, dass sich diese nahezu identisch zu dem allgemeinen Index entwickelt hatten (vgl. Ruff, WuM 2006, 543 ff.).

Auch der Gesetzgeber hielt es bei der Neuregelung des Mietrechts für sachdienlich, allein den einheitlichen Deutschland-Index an die Stelle der Teilindizes treten zu lassen und nicht etwa alternativ den durch Eurostatut auf europäischer Ebene ermittelten Harmonisierten Verbraucherpreisindex. So konnten nach dem früheren § 10 a MHG neben dem Index für ganz Deutschland auch Teilindizes - wie z.B. der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Beamten und Angestellten mit höherem Einkommen - als Bezugsgröße festgelegt werden. Nachdem aber schon seit 1999 bekannt war, dass das Statistische Bundesamt ab 2003 nur noch einen einheitlichen Preisindex für ganz Deutschland berechnen würde, hat der Gesetzgeber in § 557 b BGB bereits zum 01.09.2001 nur noch den Deutschland-Index als einzigen Wertmesser zugelassen. Da der VPI inhaltlich und sachlich identisch ist mit dem in § 557 b BGB erwähnten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland ist eine lediglich sprachliche Neufassung für entbehrlich erachtet worden (vgl. Ruff, a.a.O.).

Aus diesem Grunde hält eine in Rechtsprechung und Literatur (BGH NJW-RR 2008, 251, 254; AG Koblenz, ZMR 2006, 451 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Anh zu § 245, § 3 PreisklauselG, Rn. 2; Hülsdunk/Schnabel, ZfIR 2003, 90; Reul, DNotZ 2003, 92, 95 und MittBayNot 2005, 265, 269) verbreitete Auffassung, welcher der Senat folgt, die Anpassung des vertraglich vereinbarten Preisindexes an den VPI im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung für geboten, so dass es weder einer entsprechenden Vertragsänderung oder -ergänzung noch einer Zustimmung der nachrangig Berechtigten bedarf.

Es bestehen keine stichhaltigen Gründe dafür, von dieser ganz herrschenden Auffassung im Grundbuchverfahren abzurücken. Insbesondere bietet die Entscheidung des Senats aus dem Jahre 1976 hierzu keinen Anlass. In dem damals zu entscheidenden Fall ging es um einen schuldrechtlichen Anspruch auf Neufestsetzung eines Erbbauzinses, wobei die Anpassung in angemessener Weise eine etwaige Änderung des Verkehrswertes des Erbbaugrundstückes berücksichtigen sollte und der Erbbauzins nicht mehr als 10 % des jeweiligen Verkehrswertes betragen sollte. Zu Recht hat der Senat in jenem Fall ausgeführt, dass die Einhaltung der Obergrenze nicht offenkundig im Sinne des § 29 GBO sei. Demgegenüber wird der VPI regelmäßig veröffentlicht, so dass der angepasste Betrag unter Heranziehung der entsprechenden Parameter ohne weiteres ermittelt werden kann.

2.

Da Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag ist, kann der Senat über den Eintragungsantrag nicht entscheiden. Das ist Sache des Grundbuchamtes, an das zu diesem Zweck die Akten zurückzugeben sind (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 465).

3.

Die Wertfestsetzung, mit der der Senat der unangegriffenen Festsetzung des Landgerichts folgt, findet ihre Grundlage in §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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