Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.07.2003
Aktenzeichen: I-3 Wx 119/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 25 Abs. 2
BGB §§ 741 ff.
Steht ein Wohnungseigentum mehreren Bruchteilseigentümern gemeinschaftlich zu und gibt nur einer der Mitberechtigten in der Wohnungseigentümerversammlung seine Stimme ab, so ist diese Stimmabgabe ungültig, wenn an der Ermächtigung durch den/die übrigen Mitberechtigten Zweifel bestehen und eine Vollmacht nicht vorgelegt wird.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 119/03

In der Wohnungseigentumssache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 02.04.2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G..., des Richters am Oberlandesgericht von W... und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L... am 09.07.2003

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde.

Wert: 3.000,00 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft F... in Duisburg. Der Antragsteller ist zu 1/2 Eigentümer eines Miteigentumsanteils. Weiterer hälftiger Miteigentümer dieses WEG-Anteils ist der Beteiligte zu 17., F... U.... Sie halten gemeinsam 54,00 Miteigentumsanteile. Auf der Eigentümerversammlung am 25.07.2002 war der Beteiligte zu 17., nicht jedoch der Antragsteller anwesend. Nach § 13 Abs. 4 der Teilungserklärung der WEG ist die Wohnungseigentümerversammlung beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Wohnungseigentümer sowie mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten sind.

Im Versammlungsprotokoll (Bl. 15 f. GA) ist festgehalten:

"Die Versammlung war mit 513,00 MEA vertreten und beschlussfähig."

Zu TOP 4 wurde ein einstimmiger Beschluss über die Instandsetzung der Heizungsanlage gefasst (Bl. 15, 16 GA). Der Antragsteller hat beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären. Er ist der Auffassung, dass die Versammlung nicht beschlussfähig gewesen sei, da der Beteiligte zu 17. nicht stimmberechtigt gewesen sei. Zwischen ihm und dem Beteiligten zu 17. habe keine vorherige Absprache über das Abstimmungsverhalten des Beteiligten zu 17. in der Eigentümerversammlung vorgelegen. Er sei von ihm auch nicht bevollmächtigt worden.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2003 die Verwalterin und den Beteiligten zu 17. angehört. Die Verwalterin hat bekundet, das sie den Beteiligten zu 17 - früher: Antragsgegner zu 16 - zu Beginn der Sitzung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass seine Stimme ungültig sei, wenn er keine Vollmacht des Antragstellers habe. Daraufhin habe der Antragsgegner zu 16. darum gebeten, nicht in dieser Eigentümerversammlung abschließend über die Erneuerung der Heizungsanlage auf der Grundlage des von der Verwalterin vorgelegten Angebotes zu entscheiden, sondern weitere Angebote einzuholen. Da sie - die Verwalterin - auf eine schnellstmögliche Entscheidung gedrungen habe, habe der Antragsgegner zu 16. erklärt, er sei grundsätzlich mit einer Erneuerung der Heizungsanlage einverstanden und stimme auch für den Antragsteller mit ab. Sie habe den Antragsgegner zu 16. allerdings nicht gefragt, ob sein Abstimmungsverhalten für den Antragsteller mit diesem zuvor abgestimmt worden sei. Der Beteiligte zu 17. hat angegeben, er habe keine Vollmacht des Antragsgegners gehabt. Er kenne sich mit den Preisen bei der Installation neuer Heizungsanlagen aus eigener Erfahrung recht gut aus und habe deshalb darauf hingewiesen, dass möglicherweise günstigere Angebote eingeholt werden könnten. Zugleich habe er aber auch zum Ausdruck gebracht, dass er eine Entscheidung in der Wohnungseigentümerversammlung mittrage. Hierbei habe er aber nur für sich persönlich und nicht für den Antragsteller gesprochen. Die Verwalterin habe ihn sodann ausdrücklich gefragt, ob er eine Vollmacht für den Antragsteller habe. Dies habe er mit einem deutlichen "nein" beantwortet. Die Verwalterin habe ihm daraufhin gesagt, er müsse eine schriftliche Vollmacht des Antragstellers nachreichen. Darauf habe er wiederum erklärt, dass er eine solche nachreichen werde, wenn der Antragsteller damit einverstanden sei. Dann sei wie in dem über diese Eigentümerversammlung erstellten Protokoll niedergelegt abgestimmt worden.

Das Landgericht hat daraufhin den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und den Wohnungseigentümerbeschluss zu TOP 4 für ungültig erklärt.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde machen die Antragsgegner unter anderem geltend, bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit sei davon auszugehen, dass ein Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft die Bruchteilsgemeinschaft vertritt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Rechtsfehler, § 27 FGG.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG könnten Wohnungseigentümer, denen das Wohnungseigentum gemeinschaftlich zustehe, ihr nach § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG bestehendes Stimmrecht nur einheitlich ausüben. Wie die einheitliche Stimmrechtsausübung durch die Wohnungseigentümer zu erfolgen habe, sei in § 25 Abs. 2 WEG nicht geregelt. Dies reichte sich bei einer Bruchteilsgemeinschaft, wie sie hier bestehe, nach den §§ 741 ff. BGB. Die Benennung eines gemeinsamen Vertreters stelle dabei eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 745 Abs. 1 BGB dar mit der Folge, dass dies mehrheitlich zu beschließen sei. Das bedeute vorliegend, dass der Antragsgegner zu 16. nur dann stimmberechtigt gewesen wäre, wenn er zuvor mit dem Antragsteller Einigkeit über das Abstimmungsverhalten erzielt hätte. Andernfalls sei die Versammlung am 25.07.2002 nicht beschlussfähig gewesen. Die Kammer hat aufgrund der Anhörung des Beteiligten zu 17. und der Verwalterin fehlende Beschlussfähigkeit festgestellt, da eine Vollmacht des Antragstellers für die Abstimmung zu TOP 4 nicht vorgelegen habe.

Die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Dabei lässt sich für den vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Landgerichts ein Widerspruch zwischen der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 1994, 1236) und der im Kommentar von Bärmann/Pick/Merle (8. Aufl. § 25 R. 44 bzw. 9. Aufl. § 25 R. 51) geäußerten Rechtsansicht nicht feststellen.

Nach dem Ergebnis der Anhörung des Beteiligten zu 17. und der Verwalterin ist davon auszugehen, dass entweder der Beteiligte zu 17. die Frage nach dem Vorliegen einer Vollmacht ausdrücklich verneint hat - so die Aussage des Beteiligten zu 17. selbst -, oder dass zumindest Zweifel über das Vorliegen einer Vollmacht bestanden, weil - so die Aussage der Verwalterin - der Beteiligte zu 17. auf den Hinweis, dass seine Stimme ungültig sei, wenn er keine Vollmacht des Antragstellers besitze, zunächst gebeten hat, in dieser Wohnungseigentümerversammlung nicht abschließend über TOP 4 zu entscheiden; als er sich schließlich, auf Drängen der Verwalterin, mit der Erneuerung der Heizungsanlage einverstanden gezeigt und erklärt, hat er stimme auch für den Antragsteller mit ab, ist die Frage der Vollmacht offen geblieben. Nach der Version des Beteiligten zu 17. hat eine Vollmacht nicht vorgelegen, die von ihm abgegebene Stimme war somit ungültig und infolge dessen die Beschlussfähigkeit nicht gegeben (513 MEA abzüglich 54 MEA sind weniger als die erforderlichen 50 % aller Miteigentumsanteile). Wenn sich die Dinge so abgespielt haben, wie von der Verwalterin geschildert, hätte diese auf Vorlage - oder Nachreichung - einer Vollmacht für den Antragsteller bestehen müssen; ein Anschein für eine Ermächtigung war bei diesem Gesprächsverlauf jedenfalls nicht gegeben. Auf die Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts, wonach in der Regel der Verwalter der Wohnungseigentumsanlage nicht gehalten ist, bei der Abgabe der Stimme durch einen Mitberechtigten dessen Ermächtigung durch die übrigen zu prüfen, kommt es deshalb hier nicht an. Ein Regelfall - der in der bloßen Abwesenheit des anderen Miteigentümers gesehen werden könnte, lag gerade nicht vor. Vielmehr war die Ermächtigung zweifelhaft. Auch das Bayerische Oberste Landesgericht vertritt die Auffassung, dass in Zweifelsfällen der Versammlungsleiter eine schriftliche Vollmacht verlangen kann. Die Verwalterin hätte im vorliegenden Fall auch nach dieser Ansicht die Beschlussfähigkeit nicht ohne Klärung der Vollmachtsfrage feststellen dürfen.

Das Landgericht hat demnach zu Recht die Ungültigkeit der Stimmabgabe durch den Beteiligten zu 17. und infolge dessen die Beschlussunfähigkeit der Versammlung vom 25.07.2002 festgestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 S. 1 WEG.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 3 S. 1 WEG, 30 Abs. 2 S. 1 KostO.



Ende der Entscheidung

Zurück