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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 134/06
Rechtsgebiete: ErbbauVO, GBO, RPflG


Vorschriften:

ErbbauVO § 2
ErbbauVO § 2 Abs. 1 Nr. 1
ErbbauVO § 2 Nr. 1
ErbbauVO § 2 Ziff. 1
ErbbauVO § 2 Ziff. 2
ErbbauVO § 3
ErbbauVO § 4
ErbbauVO § 5
ErbbauVO § 6
ErbbauVO § 7
ErbbauVO § 8
ErbbauVO § 27
ErbbauVO § 27 Abs. 1 Satz 2
ErbbauVO § 32
ErbbauVO § 32 Abs. 1 Satz 2
ErbbauVO § 34
GBO § 71
GBO § 71 Abs. 1
GBO § 78
GBO § 80
RPflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: I-3 Wx 134/06

Tenor:

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 - 6 wird zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000,- Euro

Gründe:

I.

Durch notariellen Vertrag des die Beteiligten vertretenden Notars vom 15. Dezember 2003 (UR-Nr. 1458 für 2003 W) hat der Beteiligte zu 1 als eingetragener Eigentümer unter Beteiligung der Beteiligten zu 2 bis 4 als Nacherben den Beteiligten zu 5 und 6 auf einer im Einzelnen näher bezeichneten Teilfläche des im Grundbuch des Amtsgerichts Wuppertal von O. Blatt X A verzeichneten Grundstücks Flur 431, Flurstück 361 ein Erbbaurecht zu gleichen Anteilen bestellt.

In Abschnitt X. des Erbbaurechtsvertrages haben die Beteiligten Vereinbarungen betreffend die Höhe der Vergütung des auf dem Erbbaugrundstück errichteten Bauwerkes beim Heimfall getroffen. Am Ende des Abschnittes ist bestimmt:

"Anstatt der Belassung der Gebäude kann der Grundstückseigentümer auch den Abbruch und die Beseitigung der Gebäude auf Kosten des Erbbauberechtigten verlangen."

In Abschnitt XVIII. Ziffer 1. a), cc) des Erbbaurechtsvertrages haben die Beteiligten die Eintragung des Erbbaurechtes bewilligt und beantragt, unter anderem mit dem sich aus Abschnitt X. ergebenden Inhalt.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2005 beantragte der die Beteiligten vertretende Notar unter anderem die Umschreibung einer eingetragenen Vormerkung in das Erbbaurecht.

Mit der angefochtenen Zwischenverfügung vom 20. Juli 2005 hat die Rechtspflegerin beanstandet, die in Abschnitt X. letzter Absatz des Erbbaurechtsvertrages getroffene Regelung, die von § 34 ErbbauVO abweiche, könne nicht als Inhalt des Erbbaurechtes eingetragen werden. § 34 ErbbauVO könne nur mit schuldrechtlicher Wirkung abgeändert werden.

Die Rechtspflegerin hat um entsprechende Einschränkung von Antrag und Bewilligung binnen einer zweimonatigen Frist gebeten.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 hat der die Beteiligten vertretende Notar der Zwischenverfügung widersprochen.

Er hat die Auffassung vertreten, bei dem beanstandeten Passus des Erbbaurechtsvertrages handele es sich nicht um einen Fall des § 34 ErbbauVO. Denn diese Vorschrift verbiete es lediglich dem Erbbauberechtigten, das Bauwerk wegzunehmen. Der hier geregelte Fall, dass dem Grundstückseigentümer ein Recht eingeräumt wird, den Abbruch und Beseitigung zu verlangen, sei von jener Vorschrift nicht erfasst. Im Übrigen gebe es keine Vorschrift, die es verbiete, als Inhalt des Erbbaurechtes ein entsprechendes Beseitigungsverlangen zu vereinbaren.

Mit Zwischenverfügung vom 14. Dezember 2005 hat die Rechtspflegerin die Beanstandung wiederholt und eine weitere Frist von einem Monat zur Einschränkung von Antrag und Bewilligung gesetzt.

Am 30. Dezember 2005 hat der die Beteiligten vertretende Notar unter Bekräftigung seiner Rechtsauffassung "gegen die Verfügung des Amtsgerichts Wuppertal" Beschwerde eingelegt mit dem Bemerken, er gehe davon aus, dass eine rechtsmittelfähige Verfügung vorliege, da das Amtsgericht die Eintragung des Erbbaurechtes endgültig abgelehnt habe.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Kammer hat das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 bis 6 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Rechtspflegerin - Wuppertal vom 20. Juli 2005 (Ziffer 2) in der Fassung der Zwischenverfügung vom 14. Dezember 2005 am 28. Februar 2006 zurückgewiesen, jedoch die in der Zwischenverfügung vom 14. Dezember 2005 gesetzte Frist bis zum 14. April 2006 verlängert.

Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 - 6 ihr ursprüngliches Beschwerdebegehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 71, 78, 80 GBO zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 - 6 hat in der Sache keinen Erfolg da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 80 GBO) beruht.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, das als Beschwerde gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 Abs. 1 GBO zulässige Rechtsmittel richte sich ersichtlich gegen die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin vom 20. Juli 2005 in der Fassung der (wiederholten) Zwischenverfügung vom 14. Dezember 2005, da sich der Notar gegen die dort erhobene Beanstandung der fehlenden Eintragungsfähigkeit der vereinbarten Abrissverpflichtung auf Verlangen des Eigentümers wende.

Das Rechtsmittel bleibe in der Sache ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin habe zutreffend beanstandet, dass die vereinbarte Abrissverpflichtung auf Verlangen des Grundstückseigentümers beim Heimfall nicht als Inhalt des Erbbaurechtes eintragungsfähig sei und deshalb zur Behebung des Hindernisses eine Einschränkung des Antrages und der Bewilligung gefordert. Eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das Bauwerk - sei es auf Verlangen des Eigentümers - abzureißen, könne weder nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbbauVO noch nach §§ 27, 32 ErbbauVO als dinglicher Inhalt vereinbart werden [Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 1750, m.w.N., Münchener Kommentar, Sachenrecht, 4. Aufl., Rdnr. 11 zu § 2 ErbbauVO, LG Düsseldorf, Mitteilungen Rheinische Notarkammer 1987, 129].

Aufgrund des sachenrechtlichen Typenzwanges könnten Vereinbarungen der Beteiligten zum Inhalt des Erbbaurechtes nur insoweit als dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes vereinbart werden, als die Erbbaurechtsverordnung dies zulässt. Dies sei nur hinsichtlich der in §§ 2 bis 8, 27 Abs. 1 Satz 2 und 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO festgelegten Gegenstände der Fall. Über andere Gegenstände könnten die Beteiligten nur rein schuldrechtliche Vereinbarungen treffen [Schöner/Stöber, a.a.O., Rdnr. 1748]. Was die Vereinbarung einer Abrisspflicht des Erbbauberechtigten auf Verlangen des Eigentümers angehe, so kämen allein die Bestimmungen der §§ 2 Nr. 1, 27 Abs. 1 Satz 2 bzw. 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO in Betracht. Die dort genannten Gegenstände einer möglichen dinglichen Vereinbarung der Beteiligten umfassten jedoch nicht eine solche Abrissverpflichtung. § 2 Nr. 1 ErbbauVO spreche nur von der "Errichtung, Instandsetzung und Verwendung des Bauwerkes". Diese Benennung und Bezeichnung des möglichen Gegenstandes einer Vereinbarung umfasse weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift einen Abriss des Gebäudes [vgl. Münchener Kommentar, a.a.O., Rdnr. 11 zu § 2 ErbbauVO]. Denn der allein näher zu betrachtende Begriff der "Verwendung" des Bauwerkes setze bereits den weiteren Bestand des Bauwerkes als zu verwendenden Gegenstandes voraus. Dieser Begriff sei auch nicht im Sinne des Begehrens der Beteiligten einer erweiterten Auslegung zugänglich. Vielmehr sei diese Bestimmung wegen des sachenrechtlichen Typenzwanges eng auszulegen. Dieses Ergebnis der Anwendung sachenrechtlicher Auslegungsgrundsätze werde auch gestützt von Sinn und Zweck der Erbbaurechtsverordnung, insbesondere einer Gesamtschau mit der Regelung des Ausschlusses des Wegnahmerechtes nach § 34 ErbbauVO. Der Erbbaurechtsverordnung liege in erster Linie das Motiv zugrunde, den Wohnungsbau zu fördern und jeden nur verfügbaren Baugrund nutzbar zu machen. Es erscheine daher nicht zufällig, sondern entsprechend diesem Zweck gewollt, wenn § 2 Ziffern 1 und 2 ErbbauVO zwar die Möglichkeit dinglich wirkender Vereinbarungen betreffend die Errichtung, Instandhaltung, Verwendung und den Wiederaufbau im Falle der Zerstörung des Bauwerkes regeln, mithin Gegenstände, die auf den wirtschaftlichen Erhalt des Bauwerkes gerichtet sind, andererseits aber zu einem Abriss des Gebäudes geschwiegen wird. Dem entspreche auch die Regelung des § 34 ErbbauVO, der das Wegnahmerecht betreffend das Bauwerk beim Heimfall oder beim Erlöschen durch den Erbbauberechtigten ausschließt. Denn auch diese Bestimmung diene nach ihrer Begründung dazu, wirtschaftliche Werte zu erhalten [vgl. Ingenstau, Kommentar zum Erbbaurecht, 6. Aufl., Rdnr. 1 zu § 34 ErbbauVO]. Aus diesem Sinn und Zweck des Ausschlusses des Wegnahmerechtes werde auch der Ausschluss der Vereinbarkeit einer Abrisspflicht als dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes gefolgert [Ingenstau, a.a.O., Rdnr. 2 zu § 34, Münchener Kommentar, a.a.O., Rdnr. 1 zu § 34 und Rdnr. 11 zu § 2 ErbbauVO]. Die dinglich wirkende Vereinbarung einer Abrisspflicht des Erbbauberechtigten auf Verlangen des Eigentümers sei auch nicht nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 oder 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO zulässig [vgl. LG Düsseldorf, a.a.O.]. Danach könnten dinglich wirkend nur Vereinbarungen über die Höhe der Entschädigung, die Art ihrer Zahlung sowie über ihre Ausschließung getroffen werden. Nun trete zwar nach den Vereinbarungen der Beteiligten im Erbbaurechtsvertrag an die Stelle der Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Zahlung der Entschädigung für das errichtete Bauwerk seine Verpflichtung zum Abriss und der Beseitigung des Gebäudes, wenn es der Eigentümer verlangt, da sich aus den Worten "anstatt der Belassung der Gebäude ..." ein solches Alternativverhältnis ergebe. Die getroffene Vereinbarung werde dadurch indes nicht zu einer solchen betreffend eine "Ausschließung" des Entschädigungsanspruches. Nach dem Wortlaut des Gesetzes könne nur eine Vereinbarung über die völlige oder teilweise Ausschließung des Entschädigungsanspruches selbst dinglich wirkend vereinbart haben. Inhaltlich darüber hinausgehende Vereinbarungen, auch wenn sie nach den Vereinbarungen und dem Willen der Beteiligten im inhaltlichen Zusammenhang zu einem vereinbarten Ausschluss der Entschädigung stehen, könnten indes nach dem Grundsatz des sachenrechtlichen Typenzwanges nicht mit dinglicher Wirkung vereinbart werden [Ingenstau, a.a.O., Rdnr. 5 zu § 27 ErbbauVO]. Dies gelte auch für die Vereinbarung einer Abrissverpflichtung, die an Stelle der Entschädigung treten soll [LG Düsseldorf, a.a.O.].

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

a)

Vereinbarungen nach § 2 (sowie §§ 5, 27 Abs. 1 Satz 2; 32 Abs. 1 Satz 2) ErbbauVO werden durch die Grundbucheintragung zum Rechtsinhalt und wirken ohne weiteres auch für und gegen Sonderrechtsnachfolger, andere Vereinbarungen nicht (BayObLG NJW-RR 1991, 718; Palandt-Bassenge 65. Auflage 2006 § 2 ErbbauVO Rdz. 3). Die Bestimmungen der Erbbaurechtsverordnung darüber, welche Vereinbarungen zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht werden könne, sind wegen des im Sachenrecht herrschenden Typenzwang eng auszulegen (BayObLG a.a.O.).

b)

Dass eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das Bauwerk abzureißen weder nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbbauVO noch nach § 27 ErbbauVO als dinglicher Inhalt vereinbart werden kann, entspricht - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung (LG Düsseldorf MittRhNotK 1987, 129; Palandt-Bassenge, a.a.O.; von Oefele in Münchener Kommentar, Sachenrecht, 4. Auflage 2004 Rdz. 11 zu § 2 ErbbauVO; Maaß in Bauer/von Oefele GBO 2. Auflage 2006 AT VI Rdz. 69; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Auflage 2004, Rdz. 1750; Gutachten DNotI-Report 1993 H 6 S. 2).

Der Senat teilt diese Auffassung auch mit Blick auf das Vorbringen der Beteiligten zur weiteren Beschwerde. Eine solche Pflicht würde gegen die Gedanken der § 27 und 34 ErbbauVO verstoßen; eine entsprechende Vereinbarung ist daher nur schuldrechtlich möglich (Maaß, a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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