Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.08.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 137/06
Rechtsgebiete: BGB, GBO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 127a
BGB § 925 Abs. 1
GBO § 19
GBO § 20
GBO § 29 Abs. 1
ZPO § 278 Abs. 6
Aufgrund einer Auflassung in einem Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO kann eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch nicht erfolgen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

I-3 Wx 137/06

Grundbuch von Uerdingen Blatt X AG Krefeld

In der Grundbuchsache Uerdingen Blatt X

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 26. April 2006 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie der Richter am Oberlandesgericht von W. und B. am 28. August 2006 beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstands: 30.000,00 EUR.

Gründe:

A.

Der Antragsteller begehrt die Umschreibung des hälftigen Miteigentumsanteils seiner inzwischen geschiedenen Ehefrau an einer Eigentumswohnung auf ihn.

Dem Eintragungsantrag beigefügt ist ein Beschluss des Amtsgericht Duisburg-Ruhrort vom 03.02.2006 - 19 F 407/04, in dem das Gericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO feststellt, dass der Antragsteller und seine geschiedene Ehefrau einen Vergleich geschlossen haben, wonach letztere dem Antragsteller ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Wohnungseigentum überträgt und die Eintragung bewilligt und beide sich darüber einig sind, dass das Miteigentum übergeht.

Durch Zwischenverfügung vom 10.03.2006 hat das Grundbuchamt erklärt, dem Antrag könne nicht entsprochen werden; eine Auflassung könne (nur) im Rahmen eines protokollierten gerichtlichen Vergleichs gemäß § 127 a BGB beurkundet werden; die Auflassung in einem schriftlichen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO entspreche nicht der Formvorschrift des § 29 GBO.

Gegen diese Zwischenverfügung hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung der Ablehnung ergänzend darauf verwiesen, die Auflassung könne nicht in einem schriftlichen Vergleich erklärt werden, weil bei dessen Abschluss nicht beide Erklärenden anwesend seien wie bei einem protokollierten Vergleich.

Die Kammer hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Mit seinem Rechtsmittel macht der Antragsteller geltend:

Die §§ 20, 29 GBO stünden der beantragten Eintragung nicht entgegen. § 29 GBO erfordere allein den formellen Nachweis der Auflassung durch öffentliche Urkunden. Eine solche Urkunde sei die von ihm vorgelegte Ausfertigung des Vergleichs. Die materiellen Eintragungsvoraussetzungen des § 20 GBO seien ebenfalls erfüllt. Auch ein gemäß § 278 Abs. 6 ZPO zustande gekommener Vergleich erfülle die Anforderungen des § 925 BGB. Die gleichzeitige Anwesenheit des Veräußerers und des Erwerbers bei der Auflassung sei nicht zwingend. § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB enthalte zwei Ausnahmen von diesem Erfordernis. Danach könne die Auflassung auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan erklärt werden. Diese Regelung betreffe nicht nur einen protokollierten Vergleich.

B.

Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Das vom Antragsteller, möglicherweise aufgrund der vom Landgericht ausgesprochenen Zulassung der Rechtsbeschwerde, entsprechend bezeichnete Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde gemäß § 78 Satz 1 GBO zulässig.

Hierbei war die Zulassung eines Rechtsmittels durch die Kammer weder erforderlich noch geboten. Die weitere Beschwerde bedarf in Grundbuchsachen keiner Zulassung. § 78 Satz 2 GBO verweist auf die Vorschriften über die Revision, nicht über die Rechtsbeschwerde. Eine Verweisung auf § 543 ZPO - Zulassungsrevision - erfolgt nicht. Selbst wenn man § 574 ZPO analog heranziehen würde, bestünde kein Zulassungserfordernis, da § 78 Satz 1 GBO eine ausdrückliche Bestimmung im Sinne des § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wäre (vgl. BayObLG FGPrax 2005, 56, 57).

II.

Die weitere Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einem Rechtsfehler, §§ 78 Satz 2 GBO, 546 ZPO.

1. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde gemäß § 71 Abs. 1 GBO gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts zu Recht als zulässig angesehen.

Jede einzelne Beanstandung des Grundbuchamts stellt eine Entscheidung im Sinn des § 71 GBO dar und kann angefochten werden. Gegenstand der Beschwerde ist hierbei nur das vom Grundbuchamt angesprochene Eintragungshindernis und nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst (vgl. Demharter, GBO, 25. A., § 71 Rn. 35, mN).

2. Das landgerichtliche Verfahren erweist sich nicht als verfahrensfehlerhaft, auch wenn die Veräußerin, wie zuvor schon vom Grundbuchamt, von der Kammer nicht beteiligt worden ist.

In dem einseitigen Antragsverfahren der §§ 13 ff. GBO erhält nur der Antragsteller rechtliches Gehör. Die übrigen Beteiligten haben rechtliches Gehör bereits dadurch erhalten, dass sie die Eintragung nach § 19 GBO bewilligt haben. Dies gilt auch dann, wenn der Eintragungsantrag zurückgewiesen wird oder eine Zwischenverfügung ergeht (vgl. Demharter § 1 Rn. 49, mN).

3. In der Sache ist die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Die Kammer hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt:

Gemäß § 925 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB müsse die Auflassung grundsätzlich bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien vor einem Notar erklärt werden. Nach §§ 925 Abs. 1 Satz 3, 127a BGB könne die notarielle Beurkundung durch die Aufnahme der Erklärungen in ein Protokoll im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs ersetzt werden. Eine Ersetzung der Auflassung in der in § 925 Abs. 1 BGB vorgesehenen Form durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO sei jedoch nicht möglich. Durch die Formvorschrift des § 925 Abs. 1 BGB sollten die Beteiligten eines Grundstücksübertragungsgeschäfts geschützt werden, indem ihnen durch die Notwendigkeit der gleichzeitigen Anwesenheit und der Beteiligung eines Notars die Bedeutung des Sache vor Augen geführt werde. Entfalle, wie beim schriftlichen Vergleich, der Akt der gleichzeitigen Erklärung der Auflassung, sei diese Schutzfunktion nicht mehr hinreichend gewährleistet. Das gelte umso mehr, als ein schriftlicher Vergleich auch vor den Amtsgerichten möglich sei, bei denen unter Umständen auf beiden Seiten keine Anwälte beteiligt seien. Bei einem von den Parteien vorgeschlagenen Vergleich sei eine rechtliche Beratung und Betreuung dann nicht gewährleistet. Dem stehe nicht entgegen, dass in § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB eine Ausnahme von der gleichzeitigen Anwesenheit der Parteien festgelegt werde. Als Ausnahmevorschrift sei diese Regelung eng auszulegen. Die Kammer verkenne nicht, dass der Sinn und Zweck des § 278 Abs. 6 ZPO, nämlich die Vereinfachung eines Vergleichsabschlusses im Falle der Einigkeit über den Inhalt des Vergleichs, damit bei der Auflassung nur eingeschränkt erreicht werde. Da der Gesetzgeber aber sowohl die Formvorschrift des § 925 Abs. 1 BGB als auch die Gleichstellung der notariellen Beurkundung allein mit dem protokollierten Vergleich unverändert gelassen habe, sei davon auszugehen, dass der Schutz der Parteien Vorrang vor der Verfahrensvereinfachung haben solle.

b) Das hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Gesichtspunkte, aus denen sich ergibt, dass die Überlegungen der Kammer von entscheidungserheblichen Rechtsfehlern beeinflusst sind, hat der Antragsteller nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung zu Recht abgelehnt.

Grundsätzlich ist für die Grundbucheintragung gemäß § 19 GBO nur die einseitige Bewilligung des von ihr Betroffenen erforderlich (formelles Konsensprinzip). Bei Auflassung eines Grundstücks hat das Grundbuchamt gemäß § 20 GBO aber auch zu prüfen, ob die erforderliche Einigung der Beteiligten erklärt und in der grundbuchmäßigen Form des § 29 GBO so nachgewiesen ist, wie sie sachlichrechtlich erforderlich ist, um die Rechtsänderung herbeizuführen (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 65. A., Rn. 11 und 12 vor § 873; Demharter § 20 Rn. 38).

Dieser grundbuchrechtliche Nachweis einer sachenrechtlich/dinglich wirksamen Einigung/Auflassung ist hier nicht erbracht.

Nach § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB muss die Auflassung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Beteiligten vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zuständig zur Entgegennahme der Auflassung sind die Notare, § 925 Abs. 1 Satz 2 BGB. Daneben kann die Auflassung auch in einem gerichtlichen Vergleich erklärt werden, § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB. Außerdem gilt die Auflassung in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan als in der vorgeschrieben Form abgegeben, §§ 925 Abs. 1 Satz 3 BGB, 254 Abs. 1 Satz 2, 248, 228 InsO (vgl. MüKomm-BGB/Kanzleiter, 4. A., § 925 Rn. 14 und 15).

Vorliegend fehlt es an der gleichzeitigen Anwesenheit der Erklärenden. Sie oder ihre Vertreter, was ebenfalls ausreichend gewesen wäre (vgl. MüKomm-BGB/Kanzleiter § 925 Rn. 18), waren bei dem Vergleichschluss nicht gleichzeitig vor Gericht anwesend.

Die Auffassung des Antragstellers, nach § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB sei die gemäß Satz 1 der Vorschrift erforderliche gleichzeitige Anwesenheit von Erwerber und Veräußerer entbehrlich, ist zumindest für den gerichtlichen Vergleich nicht zutreffend.

In § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB ist nur geregelt, dass die notwendigen Erklärungen nicht nur gegenüber einem Notar, sondern auch gegenüber dem Gericht in einem Vergleich oder einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan abgegeben werden können. Die Regelung enthält keine Ausnahme von dem Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit der Erklärenden bei der Auflassung nach Satz 1 der Vorschrift.

Ob die gleichzeitige Anwesenheit der Beteiligten auch für die Einigung in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan erforderlich ist, obwohl § 254 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt, dass soweit in einem solchen Plan Rechte übertragen werden sollen, die in den Plan aufgenommenen Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben gelten, muss hier nicht entschieden werden. Für den gerichtlichen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO jedenfalls fehlt eine solche Vorschrift. Insbesondere § 127 a BGB enthält keine vergleichbare Regelung, da hiernach lediglich die notarielle Beurkundung als solche durch die Aufnahme in einen gerichtlichen Vergleich ersetzt wird, nicht aber die nach § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Auflassung erforderliche gleichzeitige Anwesenheit der Beteiligten. Folglich kommt es vorliegend nicht darauf an, ob ein Vergleich in der Form des § 278 Abs. 6 ZPO die notarielle Beurkundung nach § 127 a BGB ersetzt (so z.B. Thomas/Putzo, ZPO, 27. A., § 278 Rn. 17, § 794 Rn. 30) oder ob dies, weil ein solcher Vergleich nicht in ein Protokoll aufgenommen wird, nicht der Fall ist (so z.B. Zöller/Greger, ZPO, 25. A., § 278 Rn. 25). Selbst wenn man erstgenannter Auffassung folgen würde, wäre eine wirksame Auflassung mangels gleichzeitiger Anwesenheit von Veräußerin und Erwerber hier nicht erfolgt.

C.

Die Festsetzung des Werts des Beschwerdegegenstands folgt aus den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

Zurück