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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 02.08.2005
Aktenzeichen: I-3 Wx 156/05
Rechtsgebiete: WEG, FGG, BGB, ZPO


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
WEG § 25 Abs. 2 Satz 2
WEG § 43
WEG § 45
WEG § 47
FGG § 22
FGG § 27
FGG § 29
BGB § 426
BGB § 426 Abs. 2
ZPO § 100 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts wird der Zahlungsantrag der Antragsteller abgewiesen.

Die Gerichtskosten sämtlicher Instanzen fallen den Antragstellern zur Last. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Beschwerdewert: 1.397,40 €

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind ehemalige Mitglieder der vorbezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie veräußerten ihre Eigentumswohnung im April 2003. In der Vergangenheit war es zu finanziellen Problemen der Eigentümergemeinschaft unter anderem deshalb gekommen, weil der Beteiligte zu 3., der Verwalter gewesen ist, Gemeinschaftsgelder unterschlagen hat bzw. unterschlagen haben soll.

Die Antragsteller nehmen die Antragsgegner zu 3. bis 15 im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch. Die Eigentümergemeinschaft wurde von der W. Fernwärme GmbH auf Zahlung wegen Lieferung von Fernwärme verklagt. Mit Versäumnisurteil vom 09.07.2003 wurden die damaligen Wohnungseigentümer - unter anderem die Antragsteller - verurteilt, an die W. GmbH 12.384,54 € nebst Zinsen zu zahlen. Aufgrund dieses Urteils wurde am 08.10.2003 ein Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, nach dem die Kosten in Höhe von 1.542,01 € nebst Zinsen von den damaligen Wohnungseigentümern zu tragen sind (vgl. Bl. 5 d.A.). Nachdem die W. GmbH Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung ihrer Forderung eingeleitete hatte, zahlten die Antragsteller am 25.05.2004 insgesamt 1.773,58 € an den Gerichtsvollzieher. Von diesem Betrag entfielen auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss 1.612,38 €. Der restliche Betrag von 161,20 € waren Kosten der Zwangsvollstreckung.

Die Wohnungseigentümer wurden von der W. auch in weiteren Verfahren auf Zahlung wegen Lieferung von Fernwärme bzw. auf Abschlagszahlungen in Anspruch genommen. Aufgrund der Verurteilungen und ausstehenden Zahlungen waren die damaligen Beklagten nach dem Stand vom 31.10.2003 Ansprüchen der W. GmbH in einer Gesamthöhe von 22.547,33 € ausgesetzt. Dies ergibt sich aus der Forderungsaufstellung der Antragsgegner (Bl. 38 d.A.), der die Antragsteller nicht entgegengetreten sind. Auf die Forderung der W. GmbH in Höhe von 12.384,54 € zahlten die Beteiligten zu 4. bis 14. seit dem 01.11.2003 bislang 5.018,66 €.

Die Antragsteller haben vorgetragen: Sie hätten im Innenverhältnis einen Ausgleichsanspruch, da für die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine gesamtschuldnerische Haftung gegeben sei. Da die Kosten des Prozesses nach Kopfteilen zu tragen seien, ergebe sich ein Anteil pro Gesamtschuldner in Höhe von 126,68 €. Damit entfalle auf die Antragsteller ein Anteil in Höhe von 253,37 €, der von der Kostenforderung abzuziehen sei, so dass sie - die Antragsteller - einen Anspruch auf Zahlung von 1.520,21 € gegen die Antragsgegner hätten. Eine Aufrechnungsbefugnis der Antragsgegner bestehe nicht. Eine Heizkostenabrechnung sei bisher nicht erteilt worden. Im Übrigen müssten die einzelnen Wohnungseigentümer ihren Anspruch persönlich geltend machen.

Die Antragsteller haben zunächst Zahlung von insgesamt 1.773,58 € nebst Zinsen begehrt. Nachdem sie den Antrag gegen die Beteiligten zu 16. - 19. sowie in Höhe von 253,37 € zurückgenommen haben, haben sie noch beantragt,

die Beteiligten zu 3. bis 15. zu verurteilen, an sie 1.520,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2004 zu zahlen.

Die Antragsgegner sind dem Zahlungsantrag entgegengetreten und haben geltend gemacht, der Anspruch der Antragsteller sei durch Aufrechung mit Gegenforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen sie erloschen. Die Antragsteller hätten weniger gezahlt als ihrer Verpflichtung im Innenverhältnis entspreche. Insoweit verweisen die Antragsgegner auf ihre Berechnung (Bl. 35/36 d.A.).

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 23.02.2005 zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert und die Beteiligten zu 3. - 15. verpflichtet, an die Antragsteller 1.397,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2005 (gemeint ist offenbar: 15.12.2004) zu zahlen. Gegen die am 31.05.2005 zugestellte Entscheidung des Landgerichts vom 25.05.2005 richtet sich die am 13.06.2005 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4. bis 15., der die Antragsteller entgegengetreten sind.

Im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 43, 45 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung nicht stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Den Antragstellern steht der geltend gemachte Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 2 BGB entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu.

Allerdings hat das Landgericht die durch die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss entstandenen Zwangsvollstreckungskosten mit Recht nicht in den Ausgleich einbezogen, weil die Antragsteller diese Kosten allein durch ihre Nachlässigkeit und verzögerte Zahlung verursacht haben. Soweit die Kammer eine Zahlung der Antragsteller in Höhe von 1.397,40 € unter Berücksichtigung ihres Eigenanteils für ausgleichspflichtig gehalten hat, vermag der Senat dem aus Rechtsgründen nicht zu folgen.

1.

Anerkannt ist, dass ein Gesamtschuldner grundsätzlich erst dann einen Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB hat, wenn seine Leistung den Anteil der gesamten Schuld übersteigt, den er selbst zu erbringen verpflichtet ist. Erst wenn ein Gesamtschuldner an den Gläubiger (hier: W. GmbH) mehr gezahlt hat, als er im Innenverhältnis tragen muss, erlangt er wegen des überschießenden Teils einen auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruch gegen seine Mitschuldner (BGH NJW 1986, 1097; OLG Hamm NJW 2002, 1054). Insofern ist jedoch nicht nur der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.10.2003 (Bl. 5 d.A.) zu berücksichtigen, auf den die Antragsteller gezahlt haben, sondern es sind alle gegen die damaligen Wohnungseigentümer titulierten Forderungen der W. GmbH in den Gesamtschuldnerausgleich einzustellen. Die Antragsteller können nicht ohne Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben eine Erstattung verlangen, die ihnen bei Ausgleichung aller titulierten Forderungen der W. GmbH im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern nicht gebührt. Wie die Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen haben, sind zwei Hauptforderungen der W. GmbH wegen der Fernwärmelieferungen tituliert, deren Gesamtsumme einschließlich der bis zum 31.10.2003 aufgelaufenen Zinsen 22.547,33 € beträgt (Bl. 35, 38 d.A.). Hierauf entfällt nach der im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer gemäß Teilungserklärung maßgebenden Miteigentums-Quote der Antragsteller zu Lasten dieser ein Betrag von 1.207,71 €. Ferner sind in den beiden Prozessverfahren zugunsten der W. GmbH titulierte Kosten und Zinsen von 1.612,38 € sowie 302,64 € = insgesamt 1.915,02 € entstanden. Hierfür haften die Antragsteller im Innenverhältnis der damaligen 10 Beklagten (vgl. Bl. 5 d.A.) anteilig in Höhe von 10 % = 191,50 €.

Bei mehreren Unterliegenden - wie im vorliegenden Falle - haften die Beteiligten nach Kopfteilen in gleicher Höhe, entweder in Anwendung des § 100 Abs. 1 ZPO oder des § 426 BGB (OLG Düsseldorf NZM 2003, 327). Die Antragsteller als damalige Miteigentümer einer Eigentumswohnung sind - ebenso wie die übrigen Mitberechtigten im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG - kostenrechtlich als ein Beteiligter zu zählen und können nicht doppelt herangezogen werden (vgl. hierzu Weitnauer-Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 16 Rdnr. 60 a.E.).

Die hiernach gegebene Belastung der Antragsteller im Innenverhältnis der Beteiligten von 1.399,21 € (1.207,71 € + 191,50 €) erhöht sich noch um die anteiligen Zinsen, die zugunsten der W. GmbH nach dem 31.10.2003 entstanden sind (vgl. Bl. 38 d.A.). Hiernach kann nicht festgestellt werden, ob und ggf. in welcher Höhe die Antragsteller im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 19.04.2005 mehr an den Gläubiger geleistet haben, als ihrer Belastungsquote im Innenverhältnis entspricht.

Insofern ist entgegen der Ansicht des Landgerichts unerheblich, dass eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Gegenansprüche gegen die Antragsteller bislang nicht erfolgt ist. Es geht vorliegend nicht darum, die Grundlage für eine Beitragsfestsetzung zu schaffen, sondern um die Ermittlung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 426 Abs. 2 BGB i. V. m. § 16 Abs. 2 WEG. Maßgebend ist insofern die anteilige Belastung der Antragsteller, die sich aus der Teilungserklärung in Verbindung mit § 16 Abs. 2 WEG ergibt.

2.

Hinzu kommt, dass die Beteiligten zu 4. - 15. für einen etwaigen Ausgleichsanspruch der Antragsteller ohnehin nicht, wie von diesen beantragt (Bl. 2 d.A.), als Gesamtschuldner haften würden. Wird ein Teilhaber als Gesamtschuldner auf Zahlung einer Außenverbindlichkeit in Anspruch genommen, so kann er von den anderen Teilhabern als Teilschuldnern Ausgleich durch Zahlung insoweit verlangen, als er über seine anteilmäßige Verpflichtung im Innenverhältnis hinaus gezahlt hat (Staudinger-Bub, BGB, 12. Aufl., § 16 WEG Rdnr. 3). Mehrere Ausgleichspflichtige haften dem Ausgleichsberechtigten nicht als Gesamtschuldner, sondern entsprechend ihren Anteilen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 426 Rdnr. 6). Ein Ausnahmefall sogenannter Haftungseinheit ist nicht gegeben (vgl. hierzu BayObLG in NZN 2000, 964). Trotz entsprechender Beanstandung der Antragsgegner haben die Antragsteller nicht dargelegt, in welcher Höhe ein Ausgleichsanspruch gegen jeden der in Anspruch genommenen Antragsgegner besteht. Daher kann dem Antragsbegehren auch dann nicht - teilweise - entsprochen werden, wenn die zu berücksichtigende Zahlung der Antragsteller von 1.612,38 € unter Einbeziehung der laufenden Zinsen ihren internen Belastungsanteil (geringfügig) übersteigen sollte.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die unterliegenden Antragsteller sämtliche Gerichtskosten tragen. Dagegen ist die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Hinblick auf die divergierenden Entscheidungen der Vorinstanzen und die rechtliche Schwierigkeit der Materie aus Billigkeitsgründen nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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