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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.05.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 162/07
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 13 Abs. 1
WEG § 14 Nr. 1 2. Fall
WEG § 15
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2
1. Der Betrieb einer Begegnungsstätte für Senioren (Öffnung an 5 Wochentagen zwischen 12 Uhr und 14 Uhr für Publikum) durch einen gemeinnützigen Verein überschreitet nicht den mit der Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" für das Teileigentum eröffneten Nutzungsrahmen.

2. Der Nutzung des Teileigentums als gaststättenähnliche Einrichtung über die Mittagszeit steht die Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" nicht entgegen, weil diese sogar die Führung einer "echten" Gaststätte erlaubt.

3. Von der Einrichtung ausgehende Geruchsbeeinträchtigungen können nur dann einen Unterlassungsanspruch der Miteigentümer begründen, wenn die Geruchsbeeinträchtigungen die im Falle des Betreibens einer Gaststätte hinzunehmenden überschreiten.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 162/07

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage E.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Juni 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie der Richter am Oberlandesgericht von W. und D.

am 6. Mai 2008

beschlossen:

Tenor:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird die angefochtene Entscheidung insoweit aufgehoben, wie das Beschwerdegericht den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die durch die Nutzung der Sondereigentumseinheit Nr. 5 als Esslokal verursachte Geruchsbelästigung unterlassen wird. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszuges, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- € festgesetzt; hiervon entfallen auf den der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegenden Teil 2.000,-- €.

Gründe:

I.

Die Teileigentumseinheit Nr. 5 der vorliegenden Wohnungseigentumsanlage wurde bis Mitte 2004 als Ladenlokal genutzt. Seitdem betreibt dort ein Mieter der Antragsgegnerin, ein gemeinnütziger Verein, eine von ihm als Begegnungsstätte für ältere Menschen mit Mittagstisch bezeichnete Einrichtung. Durch deren Betrieb sieht sich die Antragstellerin Geruchs- und Lärmbelästigungen ausgesetzt.

Die Antragstellerin beantragt in erster Linie,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, die Sondereigentumseinheit Nr. 5 als Gaststätte bzw. Esslokal zu nutzen bzw. nutzen zu lassen, sowie hilfsweise,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die durch die Nutzung der Sondereigentumseinheit Nr. 5 als Esslokal verursachte Geruchs- und Lärmbelästigung unterlassen wird, äußerst hilfsweise,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eines Restaurants einzuhalten.

Diese Anträge sind in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben.

Gegen die ihr Rechtsmittel gegen die Antragsabweisung durch das Amtsgericht zurückweisende Entscheidung des Beschwerdegerichts wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegen tritt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 62 Abs. 1 WEG, 45 Abs. 1 WEG a.F., §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache überwiegend unbegründet; lediglich zu einem geringen Teil hat sie jedenfalls vorläufig Erfolg.

1.

Die Zurückweisung des Hauptantrages durch das Landgericht hält rechtlicher Überprüfung im Sinne der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO Stand.

Zu Recht hat das Beschwerdegericht einen Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung der gegenwärtigen Nutzung des Teileigentums der Antragsgegnerin gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3 WEG verneint.

Zwar besteht für dieses Unterlassungsbegehren ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin. Die Nutzungsuntersagung ist nicht Gegenstand einer Eigentümerversammlung gewesen. Dies steht einem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin aber zumindest deshalb nicht entgegen, weil sie vor Einleitung des hiesigen Verfahrens um die Einberufung einer derartigen Versammlung zum Zwecke der Beschlussfassung "über die Zulässigkeit der Vermietung des Teileigentums" angetragen (Schreiben vom 6. Oktober 2004) und der Verwalter hierauf (mit Schreiben vom 19. Oktober 2004) die Befassung einer Eigentümerversammlung mit diesem Tagesordnungspunkt abgelehnt hatte.

In der Sache jedoch kann jeder Wohnungseigentümer mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegen stehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige entgegenstehende Rechte Dritter können sich namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer im Sinne des § 15 Abs. 1 WEG ergeben, und hierbei kommen Vereinbarungen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG, damit auch in einer Teilungserklärung getroffene Regelungen (§§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG) in Betracht. Ein Fall solcher Regelungen sind Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter. Liegen sie vor, darf ein Sondereigentum grundsätzlich nur im Rahmen der Zweckbestimmung genutzt werden; eine andere Nutzung ist nur dann zulässig, wenn sie der Zweckbestimmung nicht widerspricht und für die übrigen Eigentümer nach einer typisierenden Betrachtungsweise keine Beeinträchtigung verursacht, die die mit der vereinbarten Zweckbestimmung regelmäßig verbundenen Beeinträchtigungen überschreitet (BayObLG NJW-RR 1994, S. 1038; OLG München ZMR 2007, S. 718 ff.; OLG Hamm NZM 2007, S. 805 f. mit weiteren Nachweisen).

Einer Präzisierung bedürfen diese Grundsätze für den Fall, dass die Angaben in Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan im Hinblick auf die vorbezeichnete Benutzungsregelung (in Abgrenzung zur Bestimmung des räumlichen Gegenstandes des Sondereigentums, dazu BGHZ 130, 159 ff.) nicht übereinstimmen. Dabei geht grundsätzlich die - "schuldrechtliche" - Gemeinschaftsordnung der - "sachenrechtlichen" - Teilungserklärung vor (BayObLG, Beschluss vom 9. Februar 2005 in Sachen 2 Z BR 227/04 mit weiteren Nachweisen). Demgegenüber wird eine Zweckbestimmung in einer Teilungserklärung grundsätzlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Aufteilungsplan die einzelnen Räume eines Teileigentums abweichend beschriftet sind. Denn der Beschriftung kommt regelmäßig nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung zu, weil es Aufgabe eines Aufteilungsplans nur ist, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sonder- und der im Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen, § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG; darüber hinaus müsste bei anderer Auffassung auch die Bezeichnung einzelner Räume eines Wohneigentums in einem Aufteilungsplan (Wohn-, Schlaf-, Kinderzimmer und Ähnliches) die Qualität einer Zweckbestimmung haben, was abwegig ist. Vielmehr stellen solche Angaben in Aufteilungsplänen in der Regel bloße Nutzungsvorschläge dar (BayObLG ZMR 2000, S. 234; HansOLG ZMR 2003, S. 445 f.; OLG Zweibrücken NJW-RR 2005, S. 1540 f.). Nichts anderes ergibt sich aus der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung des OLG Zweibrücken (in FGPrax 2006, S. 113 f.), nach der sich "im Einzelfall" eine Angabe im Aufteilungsplan als - einschränkende - Konkretisierung einer Regelung in der Teilungserklärung darstellen kann. Dieses Ergebnis beruhte dort auf einer Auslegung der in jenem Sachverhalt gegebenen Umstände.

Was speziell den Fall einer Nutzung eines als gewerbliche Räume zweckbestimmten Teileigentums als Tagesstätte mit Kontakt- und Informationsstellenfunktion für einen bestimmten Personenkreis anbelangt, kann die Auslegung der Zweckbestimmung ergeben, dass nicht die Absicht der Gewinnerzielung im Vordergrund steht, vielmehr eine Nutzung gestattet sein soll, die mit Publikumsverkehr und also mit einer regelmäßig höheren Intensität als bei Wohnzwecken einhergehen kann (OLG Zweibrücken NJW-RR 2005, S. 1540 f.). Um sachlich nicht gerechtfertigte Unterschiede zwischen gewerblichen und sonstigen Tätigkeiten zu vermeiden, hat der Senat bereits in der Vergangenheit (Beschluss vom 14. November 2007 in Sachen I-3 WX 40/07) allein auf die Störungsintensität des jeweiligen konkreten Tätigkeitsbildes abgestellt, nicht hingegen darauf, ob es sich um ein Gewerbe oder um eine freiberufliche Tätigkeit handele. Nicht anders liegen die Dinge bei dem Vergleich einer gewerblichen Tätigkeit mit derjenigen eines gemeinnützigen Vereines; letztere kann nicht allein wegen der fehlenden Absicht der Gewinnerzielung als zweckbestimmungswidrig erachtet werden.

Soweit eine Zweckbestimmung als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen ist, unterliegt sie wie alle Grundbucheintragungen und dort zulässigerweise in Bezug genommenen Eintragungsbewilligungen der selbständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Dieses hat auf den Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen oder in Bezuggenommenen ergibt, abzustellen (OLG München ZMR 2007, S. 718 ff. mit weiteren Nachweisen).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Teilungserklärung um eine Art Mantelurkunde; die Verbindung des Sondereigentums "an einer bestimmten Wohnung oder Gewerbeeinheit" mit jedem Miteigentumsanteil ergibt sich nicht aus der Teilungserklärung selbst, sondern allein aus deren Anlage I, dem "Verzeichnis der Miteigentumsanteile", dessen Inhalt mithin die Funktion von Angaben in einer Teilungserklärung zukommt. Dort ist in der Beschreibung zu Nr. 5 nur von "Gewerbeeinheit" die Rede. Dies ist die maßgebliche Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Daran könnte man allenfalls deshalb zweifeln, weil sowohl in der Anlage I (Überschrift) als auch in der Urkunde selbst (S. 2, 2. Satz) von "Wohn- und Geschäftshaus" die Rede ist und man unter "Geschäft" zumindest umgangssprachlich ein Ladengeschäft zu verstehen pflegt. Indes folgt bereits in der Urkunde auf jenen Begriff unmittelbar die Ergänzung "mit einer Gewerbeeinheit und vier Wohnungen", und auch in der Anlage I beschränkt sich in der Liste selbst die Beschreibung zu Nr. 5 auf den Begriff "Gewerbeeinheit". Danach ist davon auszugehen, dass Urkunde und Anlage den Ausdruck "Geschäftshaus" lediglich als Schlagwort zur Bezeichnung eines mischgenutzten Gebäudes mit Wohneinheiten und Gewerbeeinheit verwenden, ohne mit diesem Schlagwort die in der Beschreibung vereinbarte Zweckbestimmung einschränken zu wollen.

Eine die genannte Zweckbestimmung verdrängende Bestimmung in einer Gemeinschaftsordnung gibt es nicht. Eine derartige Ordnung existiert zwar, enthält aber keine hier einschlägigen Regelungen. Die im Aufteilungsplan ausgewiesene Angabe "Laden" stellt nur einen Nutzungsvorschlag, und zwar nicht einmal für die Sondereigentumseinheit insgesamt, sondern allein für den vorderen Raum - in dem sich ersichtlich ein sehr großes Fenster, ein Schaufenster, befindet - dar. Selbst wenn man die Angabe, da für den zweiten Hauptraum keine Bezeichnung vorhanden ist, auf die Einheit insgesamt beziehen wollte, würde dies ihren Charakter noch nicht verändern. Schließlich ergibt sich nichts anderes daraus, dass die weiteren existierenden Bezeichnungen "WC" und "Flur" solche sind, die faktisch die Zweckbestimmung eines Raumes - wegen des Vorhandenseins von Sanitäranlagen und Treppen - zwingend beschreiben; hieraus lässt sich nicht der Rückschluss ziehen, auch bei den potentiell mehrfunktionalen Räumen gebe eine in den Plan aufgenommene Bezeichnung die Zweckbestimmung dieses Raumes oder gar der Einheit insgesamt zwingend vor.

Die durch den Mieter der Antragsgegnerin ausgeübte Nutzung hält sich in dem von der Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" eröffneten Rahmen. Sollte es sich hier primär um eine Begegnungsstätte für Senioren handeln - wofür nach Aktenlage mehr sprechen dürfte -, steht die fehlende Gewinnerzielungsabsicht des Mieters, eines gemeinnützigen Vereins, aus den oben benannten Gründen dem nicht entgegen. Sollte man in der Nutzung in erster Linie eine gaststättenähnliche Einrichtung über die Mittagszeit sehen können, ist deren Betrieb zulässig, weil zumindest jegliche gewerbliche Tätigkeit, die im Grad ihrer Lästigkeit nicht einer industriellen Nutzung nahe kommt, erlaubt ist und damit sogar die Führung einer "echten" Gaststätte möglich wäre.

Auf die vom Amtsgericht angestellte vergleichende Betrachtung mit einem "Laden" kommt es nicht an.

2.

Hinsichtlich des ersten Hilfsantrages hingegen hat das Beschwerdegericht teilweise nicht rechtsfehlerfrei entschieden, weil es insoweit gebotene Aufklärungen unterlassen hat, was diesbezüglich zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache nötigt.

Ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 14 Nr. 1, 2. Fall WEG kommt nach dem bisherigen Verfahrensstoff, was Geruchbelästigungen anbelangt, in Betracht.

Sonder- und Gemeinschaftseigentum dürfen nur so genutzt werden, dass über das unvermeidliche Maß hinausgehende Nachteile nicht eintreten. Ob eine Nutzung aufgrund mit ihr verbundener Immissionen darüber hinausgeht, bemisst sich unter Wohnungseigentümern nicht unmittelbar nach §§ 906 ff. BGB, da die §§ 14, 15 WEG insoweit Sondervorschriften darstellen (Rieke/Schmid-Abramenko, WEG, 2006, § 14, Rdnr. 7). Dementsprechend wird das zulässige Maß in erster Linie durch Gebrauchsregelungen nach § 15 Abs. 1 und 2 WEG bestimmt. Mit anderen Worten hat jeder Eigentümer die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung des Wohn- oder Teileigentums entstehenden Gerüche und Geräusche grundsätzlich zu dulden (Rieke/Schmid-Abramenko a.a.O., Rdnr. 8; nur dies besagt auch OLG München ZMR 2007, S. 215 f.). Verpflichtet danach ein schonender Gebrauch nicht zur Vermeidung jeglicher Immissionen, müssen Küchengerüche nicht gänzlich vermieden, wohl aber dann, wenn sie außerhalb des Sondereigentums verstärkt auftreten, gegebenenfalls durch eine Dunstabzugshaube mit Filter auf ein verträgliches Maß verringert werden (BayObLG NJW-RR 2001, S. 156 ff.; OLG Köln NJW-RR 1998, S. 83 f.; Rieke/Schmid-Abramenko a.a.O.; Weitnauer-Lüke, WEG, 9. Aufl. 2005, § 14, Rdnr. 3).

a)

Bezüglich der von der Antragstellerin gerügten Lärmbelästigungen hat das Landgericht ausgeführt:

Ein Anspruch auf Unterlassung einer Belästigung durch Lärm könne allenfalls angenommen werden, wenn dieser das normale, mit der Nutzung als Begegnungsstätte einhergehende Maß überschreite. Dies sei jedoch weder von der Antragstellerin hinreichend vorgetragen, noch habe die Kammer hierzu während des durchgeführten Ortstermins Feststellungen treffen können. Es sei hinzunehmen, dass die Fenster der Sondereigentumseinheit Nr. 5 zeitweise geöffnet würden und dann eine höhere Lärmbelästigung als bei geschlossenen Fenstern gegeben sei. Bei alledem sei zu berücksichtigen, dass die Begegnungsstätte lediglich an den 5 Wochentagen zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr für Publikum geöffnet sei.

Diese Ausführungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Ob das Landgericht zu Recht als Maßstab die Nutzung als Begegnungsstätte - und nicht als Gaststätte - herangezogen hat, mag auf sich beruhen; hierdurch ist die Antragstellerin nicht beschwert, da der vom Beschwerdegericht gewählte Maßstab der strengere ist. Sodann ist das Vorbringen der Antragstellerin in der Antragsschrift wie auch in der Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 6. Oktober 2005 (tabellarische Aufstellungen zu Belästigungen) so pauschal geblieben, dass das Beschwerdegericht jedenfalls ohne ergänzende Ermittlungen im Anschluss an den Ortstermin davon ausgehen durfte, gerade die Antragstellerin treffende, relevante Beeinträchtigungen, die über die bestimmungsgemäße Nutzung der Sondereigentumseinheit hinaus gingen, seien nicht feststellbar. Die von den Mietern R. berichteten (Anlage zum Schriftsatz vom 3. April 2006) Lärmbelästigungen durch Reinigungen nach 23.00 Uhr und abendliche Versammlungen des Vorstandes des gemeinnützigen Vereins lassen nicht erkennen, ob überhaupt und inwieweit die Antragstellerin davon betroffen sein soll. Zu Eigen gemacht hat sie sich jene Ausführungen nicht.

Im Übrigen kommt die Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren auf den Gesichtspunkt der Lärmbelästigungen auch nicht gesondert zurück.

b)

Im Hinblick auf Geruchsbelästigungen hat das Beschwerdegericht erwogen:

Auch insofern bestünde ein Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung nur, wenn die Beeinträchtigungen das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß überschritten. Dabei sei auch hier die konkrete zulässige Nutzung der Gewerbeeinheit zugrunde zu legen. Danach sei es zulässig, diese als Begegnungsstätte zu nutzen und den Besuchern zubereitete Speisen anzubieten. Hiermit seien beim Kochen auftretende Gerüche unvermeidbar verbunden. Es lasse sich nicht feststellen, dass diese Gerüche ein nicht mehr hinzunehmendes Maß erreichen würden. Die Darlegungen der Antragstellerin dazu gäben nur ihren subjektiven Eindruck wieder; ihnen könne nicht entnommen werden, dass die Geruchsbelästigungen über dasjenige hinaus gingen, was unter Umständen durch ein tägliches Kochen auch für eine größere Familie in einer Wohnung auftreten würde. Auch die Augenscheinseinnahme beim Ortstermin durch die Kammer habe nicht zu gegenteiligen Feststellungen geführt. Namentlich hätten weder im Treppenhaus noch in der Wohnung der Antragstellerin Gerüche festgestellt werden können, obgleich am Tage des Ortstermins Eintopf und damit eine geruchsintensive Speise gekocht worden sei. Objektive Feststellungen zu relevanten Geruchsbelästigungen hätten insgesamt nicht getroffen werden können. Darüber hinaus wären gelegentlich auftretende erhebliche Gerüche angesichts der zulässigen Nutzung als Begegnungsstätte mit Speisenausgabe auch hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund seien auch die von der Antragstellerin benannten weiteren Zeugen nicht zu vernehmen gewesen, da von ihren Aussagen keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien; auch die Zeugen hätten nur subjektive Eindrücke vermitteln können, die einen Schluss auf eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung nicht zugelassen hätten.

Diese Erwägungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.

Der gegebene Fall weist die Besonderheit auf, dass die tatsächlich ausgeübte Nutzung in einem Teilbereich - nämlich der Zubereitung und Ausgabe von Speisen - einer anderen Nutzung - nämlich derjenigen als Gaststätte -, die gleichfalls zulässig wäre, im tatsächlichen Erscheinungsbild eng verwandt ist und von dieser nur durch Umstände unterschieden wird, die aus Sicht der übrigen Eigentümer bloße Zufälligkeiten darstellen - hier der Unterschied von gemeinnütziger und gewerblicher Tätigkeit. Dann erstreckt sich der Schutz der Nutzung des Sondereigentums nach Maßgabe der oben unter 1. aufgezeigten Grundsätze auf diejenige Nutzungsart, die die übrigen Eigentümer bei typisierender Betrachtungsweise am meisten beeinträchtigt. Dies ist im vorliegenden Fall nach allen in Betracht kommenden Kriterien - Häufigkeit, Dauer, Intensität und Eigenart der Geruchswirkung sowie betroffener Tageszeit - eine Nutzung als Gaststätte. Dementsprechend steht der Antragstellerin der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch nur zu, wenn sich feststellen ließe, dass die auftretenden Geruchsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien die im Falle des Betreibens einer Gaststätte hinzunehmenden überschritten.

Hierzu fehlt es bislang an verwertbarem konkreten Vortrag der Beteiligten. Er wird nunmehr nachzuholen sein. In seinem Rahmen vorgebrachte Ermittlungsanregungen ("Beweisantritten") wird das Beschwerdegericht im gebotenen Umfang nachzugehen haben. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass sich der Tatrichter bei Geruchsbelästigungen eine Überzeugung nicht nur anhand eines durchgeführten Ortstermins, sondern auch auf der Grundlage sonstiger Beweismittel, insbesondere der Schilderung von Zeugen, bilden kann (BGHZ 140, 1 ff.).

3.

Schließlich hat das Beschwerdegericht den weiteren Hilfsantrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.

Über ihn kann bereits derzeit abschließend entschieden werden, da schon jetzt fest steht, dass der in erster Linie gestellte Hilfsantrag allenfalls teilweise, aber nicht in vollem Umfang Erfolg haben wird.

In der Sache ist der zweite Hilfsantrag unbegründet, da nichts dafür erkennbar ist, dass die Antragstellerin über die bisher behandelten Ansprüche hinaus von der Antragsgegnerin auf privatrechtlicher oder gar auf wohnungseigentumsrechtlicher Grundlage die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften fordern könnte.

III.

Die Kostenentscheidung ist auch für das Verfahren der Rechtsbeschwerde dem Landgericht vorzubehalten. Erst aufgrund weiteren Verfahrensstoffes wird sich absehen lassen, auf welchen Grundlagen die Ermessensentscheidung (vgl. §§ 62 Abs. 1, 47 Satz 1 und 2 a.F. WEG) zu erfolgen haben wird.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 62 Abs. 1 WEG, 48 Abs. 3 WEG a.F..

Ende der Entscheidung

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