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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 206/08
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AufenthG § 106 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Betroffene ist sofort aus der Haft zu entlassen.

Gründe:

I.

Die Betroffene wurde am 23.04.2008 im Rahmen einer Personenkontrolle in der Bochumer Innenstadt ohne Personalpapiere angetroffen. Sie gab an, aus dem Sudan zu kommen und zwischen dem 10. und 15. Januar unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Am 24.04.2008 ordnete das Amtsgericht Bochum an, die Betroffene für die Dauer von längstens drei Monaten in Abschiebehaft zu nehmen. Am 25.06.2008 gab das Amtsgericht Bochum das Verfahren gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG an das Amtsgericht Neuss ab. Anlässlich einer Vorführung der Betroffenen bei der sudanesischen Botschaft schlossen die Vertreter der Botschaft eine sudanesische Staatsangehörigkeit aus und äußerten die Vermutung, bei der Betroffenen könne es sich um eine nigerianische Staatsangehörige handeln. Die Betroffene blieb bei ihren Angaben und weigerte sich, Formulare zur Beschaffung eines Heimreisedokuments für Nigeria auszufüllen.

Auf Antrag der Antragstellerin hat das - nach Abgabe gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG zuständige - Amtsgericht Neuss nach Anhörung der Betroffenen durch Beschluss vom 17.07.2008 die Verlängerung der Sicherungshaft für äußerstenfalls weitere drei Monate angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat die Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Haftfortdauer sei unverhältnismäßig. Die Vorstellung bei der Botschaft sei nicht hinreichend zügig betrieben worden.

Durch Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 09.09.2008 wurde die sofortige Beschwerde der Betroffenen, die auf eine erneute Anhörung durch die Beschwerdekammer verzichtet hat, zurückgewiesen. Gegen diesen, dem Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen am 15.09.2008 zugestellten Beschluss hat die Betroffene durch anwaltlichen Schriftsatz vom 19.09.2008, beim Landgericht am selben Tage eingegangen, sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 30.09.2008 hat die Antragstellerin mitgeteilt, die Betroffene sei am 17.09.2008 der nigerianischen Botschaft vorgeführt worden. Sie habe jegliche Unterhaltung mit dem Botschaftsmitarbeiter verweigert. Da eine Aussage über die Herkunft nicht getroffen werden konnte, sei eine Erstellung von Ersatzpapieren verweigert worden. Am 24.09.2008 sei die Betroffene im Rahmen der Hafthausbetreuung in der Justizvollzugsanstalt aufgesucht worden. Nach Belehrung über die Mitwirkungspflichten habe die Betroffene erneut erklärt, sie sei sudanesische Staatsangehörige und ihre Angaben zu ihren Personalien seien richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg, mit dem Ergebnis dass die Betroffene sofort aus der Haft zu entlassen ist.

1.

Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, es bestehe der Haftgrund des § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG. Die Betroffene habe offenbar falsche Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit gemacht und wirke bei der Beschaffung von Personalersatzpapieren in keiner Weise mit, so dass der begründete Verdacht bestehe, dass sich die Betroffene der Abschiebung entziehen werde.

Die Haftfortdauer sei auch verhältnismäßig. Eine frühere Abschiebung habe die Betroffene durch falsche Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit und fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung der erforderlichen Personalersatzpapiere vereitelt. Die Antragstellerin habe das Verfahren angemessen gefördert.

2.

Zwar halten diese Ausführungen - unter Zugrundelegung des beim Landgericht zur Entscheidung stehenden Sachverhalts - der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand. Insbesondere ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Fortdauer der Haft mit Rücksicht auf die falschen Angaben der Betroffenen zu ihrer Staatsangehörigkeit für verhältnismäßig erachtet hat. Im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung stand der Termin zur Vorführung bei der nigerianischen Botschaft kurz bevor.

Inzwischen hat sich die Sach- und Rechtslage jedoch nach den eigenen Ausführungen der Antragstellerin geändert.

Sind die Möglichkeiten zur Klärung der Staatsangehörigkeit erschöpft und kann die Ausländerbehörde deshalb keine konkreten Maßnahmen zur Vorbereitung der Abschiebung mehr treffen, ist Abschiebungshaft nicht mehr zulässig, da sie ihren Zweck, die Abschiebung zu sichern, nicht mehr erfüllen kann (BayOblG, Beschluss vom 09.12.1997, 3 Z BR 468/97 m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Nachdem auch die nigerianische Botschaft die Ausstellung von Ersatzpapieren verweigert hat, weil die Herkunft der Betroffenen nicht festgestellt werden konnte, hat die Haftfortdauer jetzt keine ausreichende Grundlage mehr. Soweit die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme ausführt, die Betroffene solle nochmals aufgesucht und mit dem Ergebnis der Vorführung bei der nigerianischen Botschaft konfrontiert werden, hat sie nur noch eine durch keinerlei konkrete Ansatzpunkte gestützte "Hoffnung", die Betroffene vielleicht doch noch zu einer Kooperation bei der

Beschaffung der Ersatzpapiere zu bewegen. Eine Sicherungshaft, die nur den Zweck hat, einen Betroffenen zur Abgabe von Erklärungen zu veranlassen, ist unzulässig (OLG München, Beschluss vom 04.02.2005, 34 Wx 7/05, BayOblG a.a.O.).

3.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Betroffenen durch die Gebietskörperschaft, der die Ausländerbehörde angehört, kommt nach den bestehenden Regelungen (§ 16 Satz 1 FEVG) nicht in Betracht, weil das Verfahren nicht ergeben hat, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages nicht vorgelegen hat. Billigkeitsgesichtspunkte (§ 13 a FGG), die ausnahmsweise eine der Betroffenen günstige Auslagenentscheidung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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