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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.10.2003
Aktenzeichen: I-3 Wx 227/03
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 21 Abs. 3 | |
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 6. und 7. gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 25. Juni 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G, sowie der Richter am Oberlandesgericht von W-L und Dr. S am 17. Oktober 2003
beschlossen:
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 6. und 7. tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Sie haben ferner die den übrigen Beteiligten im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 3.000 EUR
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1. ist Sondereigentümer einer Wohnung in der o. a. Wohnungseigentumsanlage und der in der Teilungserklärung aufgeführten, im Aufteilungsplan mit Nummern 17 bis 19 bezeichneten Garagen. Diese Garagen befinden sich im hinteren Gartenbereich des Grundstücks. An diesem Teil des Grundstücks ist der Beteiligten zu 5. in der Teilungserklärung (II B 6.61) ein Sondernutzungsrecht "an den gesamten von der Straße her gesehen hinter dieser Wohnung gelegenen Gartenflächen ... gegen Übernahme der Instandhaltungskosten" eingeräumt. Unmittelbar neben einer der drei im Sondereigentum des Beteiligten zu 1. stehenden Garagen steht eine große Pappel, die nach den Angaben des Beteiligten zu 1. eine Benutzung dieser Garage zum Abstellen eines Fahrzeugs erschwert bzw. unmöglich macht und deren starken Wurzeln zu Schäden am Estrich und dem Garagentor geführt haben.
Der Beteiligte zu 1. hat bei der Stadt Mülheim/Ruhr eine Genehmigung zum Fällen des Baumes eingeholt und die übrigen Wohnungseigentümer um Zustimmung zum Fällen der Pappel, einer von der Stadt Mülheim aufgegebenen Ersatzbepflanzung und zur Kostenbeteiligung auch hinsichtlich der Schadensbeseitigung ersucht.
Die Wohnungseigentümer haben in der Versammlung vom 18.07.2002 das Begehren des Beteiligten zu 1. abgelehnt und folgenden Beschluss gefasst:
1. Die Pappel wird nicht gefällt.
2. Sollte die Fällung erzwungen werden, beteiligt sich die Eigentümergemeinschaft nicht an den dadurch entstehenden Kosten. Diese würden in dem Fall allein der Inhaberin des Sondernutzungsrechts für den Garten obliegen.
3. Die in der hinteren linken Grundstücksecke stehenden Garagen sind nicht Bestandteil des Gemeinschaftseigentums, sondern stehen vollständig im Sondereigentum; dementsprechend ist die Eigentümergemeinschaft weder verantwortlich noch haftbar für Schäden, die an diesen Garagen entstehen.
Der Beteiligte zu 1. ist der Auffassung, die Pappel müsse beseitigt werden, die Kosten dieser Maßnahme und die Kosten der Beseitigung der bereits eingetretenen Schäden an der Garage, die sich noch nicht beziffern ließen, müsse die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer tragen.
Er hat beim Amtsgericht beantragt,
1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 18.07.2002 zum Tagesordnungspunkt TOP 1, Ziffern 1.1 bis einschließlich 1.3, wird für ungültig erklärt.
2. Die Eigentümergemeinschaft wird verpflichtet, einer Fällung der Pappel, die an der linken hinteren Grundstücksgrenze seitlich der linken Fertiggarage steht, zuzustimmen.
3. Festzustellen, dass die Eigentümergemeinschaft die Kosten der Fällgenehmigung der Stadt und die mit der Fällung der Pappel in Zusammenhang stehenden Kosten sowie die Kosten für die Ersatzbepflanzung von 2 Laubbäumen, heimischen Gehölzes, Hochstamm, Stammumfang mindestens 16 x 18 cm, gemäß Fällgenehmigung der Stadt Mülheim an der Ruhr vom 17.06.2002 zu tragen hat und der Ersatzanpflanzung zuzustimmen hat.
Die Beteiligten, zu 6. und 7. haben um Zurückweisung der Anträge gebeten. Sie haben die Auffassung vertreten, nach dem Inhalt der Teilungserklärung müsse die Beteiligte zu 5. als Sondernutzungsberechtigte die Instandhaltungskosten alleine tragen, wozu auch die Kosten der Entfernung von Bäumen und Sträuchern gehörten.
Das Amtsgericht hat den Anträgen des Beteiligten zu 1. stattgegeben, die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu. 6 und 7. ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.
Mit der sofortigen weiteren Beschwerde wenden sich die Beteiligten zu 6. und 7. gegen die Entscheidung des Landgerichts.
Der Beteiligte zu 1. ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 27 FGG.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 1. entspreche nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Die Pappel stehe auf dem gemeinschaftlichen Grundstück. Die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums unterliege daher der gemeinsamen Verwaltung durch die Wohnungseigentümer. Darunter fielen auch die zur Verhinderung des Eintritts von Schäden notwendigen Maßnahmen z. B. zur Entfernung von Bäumen. Hier sei durch die Pappel die unmittelbar angrenzende Garage bereits in Mitleidenschaft gezogen. Die Garage sei hinsichtlich ihrer konstruktiven Teile ungeachtet des § 2 der Teilungserklärung gemeinschaftliches Eigentum. Die Benutzung des im Sondereigentum des Beteiligten zu 1. stehenden Innenraums der Garage sei durch die Pappel eingeschränkt, was zu einer für den Beteiligten zu 1. unzumutbaren Benachteiligung führe. Zur Beseitigung des Baumes und zur anteiligen Kostenübernahme seien dem gemäß alle Wohnungseigentümer verpflichtet. Der Teilungserklärung könne insoweit nicht entnommen werden, dass die Beteiligte zu 5. als Sondernutzungsberechtigte die gesamten Kosten der Beseitigung des Baumes der Neuanpflanzung und der Beseitigung der Schäden an der Garage allein übernehmen musste.
2. Diese Erwägungen des Landgerichts sind rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Das Landgericht hat ohne Rechtsirrtum und mit überzeugender Begründung angenommen, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 1 vom 18.07.2002 ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht und der Beteiligte zu 1. gegen die übrigen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zur Beseitigung der streitbefangenen Pappel und eine Verteilung der Kosten auf die Gesamtheit der Wohnungseigentümer hat.
b) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sowohl die Garage als auch das Grundstück, auf dem die Pappel steht, gemeinschaftliches Eigentum der Wohnungseigentümer sind. Das der Beteiligten zu 5. in der Teilungserklärung - gegen Übernahme der Instandhaltungskosten - eingeräumte Sondernutzungsrecht verleiht diesem Teil des Gartens nicht die Qualität von Sondereigentum, mit dem die Beteiligte zu 5. "nach Belieben verfahren" könnte.
Gemäß § 21 Abs. 3 WEG ist die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich Sache der Wohnungseigentümer, die eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen können, soweit nicht Regelungen durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer getroffen worden sind.
Allerdings schließt die der Beteiligten zu 5. eingeräumte "alleinige Nutzung" dieses Teils des Gartens neben dem Recht zum ausschließlichen tatsächlichen Gebrauch - teilweise - das ansonsten der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehaltene Recht zur ordnungsmäßigen Verwaltung, d.h. auch zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) ein. Auch wenn aber die Beteiligte zu 5. berechtigt ist, auf die gärtnerische Pflege und damit auf die Gestaltung des Gartens Einfluss zu nehmen und somit nicht nur den Baum- und Strauchbestand regelmäßig beschneiden und auslichten, sondern auch einen absterbenden oder einzustürzen drohenden Baum völlig beseitigen lassen dürfte, fällt jedenfalls eine Maßnahme, die nicht der "reinen" Gartenpflege dient, sondern das Erscheinungsbild des Gartens und der Wohnanlage verändert, auch wenn sie zur Vermeidung drohender Schäden an anderen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums notwendig ist, nicht in den alleinigen Pflichten- und Zuständigkeitsbereich des Sondernutzungsberechtigten. Geht - wie hier - von einem Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums, nämlich der Pappel, eine drohende Gefahr für andere Teile des gemeinschaftlichen Eigentums (die Garagen) aus, so ist in der Beseitigung des Baumes, auch wenn er den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage maßgeblich mitbestimmte und mitprägte, zwar noch keine bauliche Veränderung zu sehen, sondern nur eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung, die aber wegen ihrer Bedeutung für das gemeinschaftliche Eigentum insgesamt nur von den Wohnungseigentümern in Ausübung ihrer gemeinschaftlichen Verwaltung getroffen werden kann.
Dies gilt hier um so mehr, als sowohl die Garagen als auch die hier in Rede stehende Pappel schon vor Gründung des Wohnungseigentums errichtet bzw. gepflanzt waren und beim Erwerb des Wohnungseigentums durch die einzelnen Wohnungseigentümer bereits vorhanden waren und nicht etwa auf eine Errichtung durch die Sondernutzungsberechtigte oder den Beteiligten zu 1. zurückgingen.
Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts, die sich auf die bei den Akten befindlichen Kopien der die Örtlichkeit, insbesondere die Garagen und die Pappel wiedergebenden Fotos gründen, ist die unmittelbar neben der Pappel befindliche Garage bereits in Mitleidenschaft gezogen und es drohen weitere Schäden an Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums. Kann demnach die Entstehung neuer Schäden nur durch die Entfernung des Baumes als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung vermieden werden, so widerspricht der Beschluss der Wohnungseigentümer, die Pappel solle nicht gefällt werden, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung und sind die übrigen Wohnungseigentümer zu Recht von den Vorinstanzen für verpflichtet erklärt worden, der Fällung der Pappel zuzustimmen.
c) Auch die Erwägung des Landgerichts, die Kosten der Beseitigung der Pappel und der von der Stadt Mülheim auferlegten Neuanpflanzung seien von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu tragen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Beteiligten zu 5. in der Teilungserklärung ein Sondernutzungsrecht an der Gartenfläche, auf der sich u.a. die Pappel befindet, gegen Übernahme der Instandhaltungskosten eingeräumt wird, bedeutet dies nicht, dass die Beteiligte zu 5. damit auch die hier in Rede stehenden Kosten tragen muss. Zwar kann die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums durch Vereinbarung ganz oder teilweise auch einem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt werden, wobei dies insbesondere für Bauteile gilt, an denen ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist. Ist bestimmt, dass er Sondernutzungsberechtigte bezüglich einer bestimmten Grundstücksfläche (hier Gartenfläche) die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten tragen soll, so ist diese Regelung auslegungsbedürftig. Dabei ist - wie bei jeder Grundbucherklärung - auf die nächstliegende Bedeutung der Bestimmung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter aus Wortlaut und Sinn ergibt. Enthält die Teilungserklärung keine näheren Angaben oder Bestimmungen darüber, was unter "Kosten der Instandhaltung" fallen soll, so ist nächstliegend, dass unter "ordnungsgemäße Instandhaltung" alle Maßnahmen fallen sollen, die den üblichen Rahmen einhalten, wie etwa Baumschnitt, Rasenmähen, und Ersetzen kranker Pflanzen oder Sträucher durch neue. Ebenso wie bei der Einräumung von Sondernutzungsrechten an Bauteilen wie z. B. einer Dachterrasse, die nicht etwa auf Kosten einzelner Sondernutzungsberechtigter, sondern der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft errichtet worden ist, bedeutet die Übernahme der Instandhaltung- und Instandsetzungskosten durch die Sondernutzungsberechtigten aber nicht, dass über die reinen Unterhaltungskosten und evtl. Schönheitsreparaturen hinaus auch Folgekosten der Einrichtung bei der Verursachung von Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum ausschließlich von den Sondernutzungsberechtigten und nicht der Gesamtheit der Wohnungseigentümergemeinschaft zu tragen sind.
Sind dem gemäß hier die durch die Beseitigung der Pappel und die erforderliche Neuanpflanzung entstehenden Kosten ausschließlich auf den Wuchs der bereits bei Begründung des Wohnungseigentums vorhandenen Pappel zurückzuführen, so fallen diese Kosten nicht unter die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten, die nach der Teilungserklärung von der Beteiligten zu 5. allein zu tragen sind.
Das Landgericht hat daher den Feststellungsanträgen des Beteiligten zu 1. zu Recht stattgegeben. Ein Feststellungsinteresse des Beteiligten zu 1. ergibt sich schon aus der Ablehnung der Kostenübernahme, die im Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 1.2 und 1.3 zum Ausdruck gekommen ist.
Dass das Wurzelwerk der Pappel zu Schäden an der linken Garage zumindest im Bereich des Tores geführt hat, wird durch die bei den Akten befindlichen Fotos belegt. Welche Maßnahmen im Einzelnen mit welchem Aufwand zur Beseitigung der Schäden erforderlich sind, kann endgültig erst nach Beseitigung des Baumes festgestellt werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 6. und 7. die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen und auch die den übrigen Beteiligten, insbesondere dem Beteiligten zu 1., im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten erstatten, nachdem das Landgericht mit ausführlicher und überzeugender Begründung die den Anträgen des Beteiligten zu 1. stattgebende Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt hat.
Ende der Entscheidung
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