Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.12.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 254/08
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 62
WEG § 47 a. F.
Nimmt die Wohnungseigentümergemeinschaft in einem auf Zahlung von Wohngeld gerichteten Verfahren wegen der unsicherer gewordenen Basis ihrer Forderung (Ungültigerklärung von Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen in einem Parallelverfahren) ihren Antrag "zur Vermeidung weiterer Kosten" zurück, so rechtfertigt dies eine sie gegenüber sonstigen Antragsrücknahmen privilegierende Kostenregelung nicht.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 254/08

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft in Solingen,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 06. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 11. November 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. und der Richter am Oberlandesgericht D. und von W. -L.

am 19. Dezember 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf das Rechtsmittel wird der angefochtene Beschluss dahin geändert, dass die Beteiligte zu 1 auch die dem Beteiligten zu 2 im ersten und zweiten Rechtzug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde fallen der Beteiligten zu 1 zur Last.

Wert: außergerichtliche Kosten des Beteiligten zu 2 in den ersten beiden Rechtszügen

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 bilden die im Rubrum genannte Eigentümergemeinschaft.

Das Amtsgericht hat auf den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Hausgeldzahlung mit Beschluss vom 27. Juni 2006 dem Beteiligten zu 2 aufgegeben, an die Beteiligte zu 1 zu Händen der Verwalterin nach WEG 2.578,92 Euro nebst Zinsen sowie 25,- Euro vorgerichtliche Mahnkosten und 144,59 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt.

Nachdem das Amtsgericht Solingen den Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung 2005 (15 II 68/06 WEG) sowie mit Beschluss vom 19. Juni 2008 (15 II 40/07 WEG) - jeweils rechtskräftig - die Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnung 2006 sowie den Wirtschaftsplan 2007 für unwirksam erklärt hatte, hat die Beteiligte zu 1 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil die Anspruchsgrundlagen für die geltend gemachten Forderungen damit entfallen seien; der Beteiligte zu 2 hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Die Beteiligte zu 1 hat sodann "zur Vermeidung weiterer Kosten" den Antrag zurückgenommen.

Das Landgericht hat am 21. November 2008 den Beschluss des Amtsgerichts Solingen vom 27. Juli 2006 - 15 II 36/06 WEG - für wirkungslos erklärt, der Beteiligten zu 1 die gerichtlichen Kosten des Verfahrens beider Instanzen auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten indes nicht angeordnet.

Gegen Letzteres wendet sich der Beteiligte zu 2 mit seinem als sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel und dem Antrag,

den angefochtenen Beschluss insoweit zu ändern als festgestellt wird, das die Beteiligte zu 1 auch die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 zu tragen hat.

Die Beteiligte zu 1 tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 62, 45 Abs. 1 a. F. WEG, §§ 27, 22, 20 a Abs. 2 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist begründet.

1.

Das Landgericht hatte gemäß §§ 62, 47 Satz 2 a. F. WEG nach billigem Ermessen zu entscheiden, ob die Beteiligte zu 1 außergerichtliche Kosten zu erstatten hat. Das Rechtsbeschwerdegericht kann das Ermessen nur in engen Grenzen prüfen (vgl. OLG Köln FG-Prax 2005, 203). Hier hat die Kammer ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

2.

a)

Grundsätzlich hat Derjenige, der ein Rechtsmittel zurücknimmt, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen (vgl. OLG München OLGR 2006, 567; BayObLG WM 1991, 134; WE 1993, 285; 1995, 250; 1997, 237; OLG Stuttgart OLGZ 1983, 171; Senat ZMR 1998, 246). Nur in Ausnahmefällen kann von der Anordnung einer Kostenerstattung abgesehen werden kann. Dies gilt etwa dann, wenn das Rechtsmittel nur fristwahrend eingelegt war (vgl. BayObLG WM 1994, 168), die Rücknahme auf der vom Gericht vermittelten Einsicht von der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruhte (vgl. BayObLG WM 1994, 168 ) oder eine formunwirksame Beschwerde nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts sofort zurückgenommen wird (vgl. BayObLG WE 1989, 67).

Entsprechendes gilt für die Rücknahme eines Antrags hinsichtlich der Verfahrenskosten. Eine Ausnahme von der Erstattungspflicht wird man hier auch anzunehmen haben, wenn die Rücknahme nicht auf der Einsicht des Antragstellers in das Fehlen der Erfolgsaussicht beruht, sondern die Rücknahme im Hinblick auf eine friedliche Lösung erfolgt (OLG Köln ZMR 2000, 486; KK-WEG-Abramenko 2006 § 47 Rdz. 14).

b)

Ob außergerichtliche Kosten ganz oder teilweise zu erstatten sind, bestimmt das erkennende Gericht nach billigem Ermessen, §§ 62, 47 Satz 2 a. F. WEG. Die Ermessensentscheidung des Tatgerichts zu den Kosten darf hierbei vom Rechtsbeschwerdegericht nur in engen Grenzen überprüft werden.

Dass die Kammer davon abgesehen hat, der Beteiligten zu 1 als Konsequenz ihrer Antragsrücknahme auch die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 aufzuerlegen, erweist sich hiernach als ermessensfehlerhaft ( §§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO), da sie wichtige Gesichtspunkte außer Acht gelassen hat.

aa)

Die Motive der Beteiligten zu 1 für ihre Antragsrücknahme lagen darin, dass sie wegen der Ungültigerklärung der Beschlüsse "über die Jahresabrechnungen 2005 und 2006 sowie die Wirtschaftspläne 2006 und 2007" die Anspruchsgrundlagen für die in diesem Verfahren geltend gemachten Forderungen als fortgefallen annahm, weswegen sie sodann "zur Vermeidung weiterer Kosten" den Antrag zurückgenommen hat.

Wenn die Antragstellerin wegen der unsicherer gewordenen Basis ihrer Forderung "zur Vermeidung weiterer Kosten" den Antrag zurücknimmt, so kann hierin der Ausdruck einer nunmehr negativen Einschätzung der Erfolgsaussicht ihres Antragsbegehrens, nicht indes eines Strebens nach einer friedlichen Lösung, mit der Folge der oben genannten Privilegierung, gesehen werden.

bb)

Die Ersparnis eines weiteren Aufwandes an Zeit und Arbeit für den Beteiligten zu 2 sowie für das Gericht rechtfertigt es - entgegen der Auffassung der Kammer - allein nicht, in Anbetracht der Antragsrücknahme davon abzusehen, der Beteiligten zu 1 die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 aufzuerlegen. Dies gilt um so mehr als die Antragsrücknahme nicht zeitnah zu dem als Anlass genommenen amtsgerichtlichen Beschluss vom 19. Juni 2008 erfolgt ist, sondern erst eingehend am 22. Oktober 2008.

c)

Unter diesen Umständen erweist es sich in Ermangelung von anerkannten bzw. diesen gleichzusetzenden Ausnahmetatbeständen als rechtlich fehlerhaft (§ 27 FGG), dass die Kammer bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens davon abgesehen hat, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 mit Blick auf die Rücknahme des Antrags der Beteiligten zu 1 aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62, 47 a. F. WEG. Für das Verfahren der weiteren Beschwerde entspricht es der Billigkeit, von einer Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten abzusehen.

Ende der Entscheidung

Zurück