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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.02.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 256/05
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
WEG § 22
WEG § 21 Abs. 3
WEG § 27 Abs. 3
WEG § 45
WEG § 47 Satz 1
WEG § 47 Satz 2
WEG § 48 Abs. 3 Satz 1
FGG § 22 Abs. 1
FGG § 27
FGG § 27 Abs. 1 Satz 2
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 9. November 2005 gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 3) tragen die Gerichtskosten der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie haben darüber hinaus den Beteiligten zu 1) und 2) die außergerichtlichen Kosten für die sofortigen weitere Beschwerde zu erstatten.

Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 10.000 €

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer.

Das Gebäude liegt im sogenannten "Tagschutzgebiet" des Flughafens Düsseldorf. Innerhalb dieses Gebietes erstattete der Flughafen Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen, insbesondere Fenster der Schallschutzklasse 4. In einer "ergänzenden Information zum Ablauf des Verfahrens bei Wohnungseigentumsgemeinschaften" wies der Flughafen auf folgendes hin:

"Bei Sammelanträgen muss die Hausverwaltung einen Beschluss der Eigentümerversammlung vorlegen, wonach sie bevollmächtigt wird, für die gesamte Anlage die Fenster ... in Auftrag zu geben und das Verfahren ... für alle Eigentümer der Anlage abzuwickeln.

...

Bei Einzelanträgen von Eigentumswohnungseigentümern muss ein Beschluss der Eigentümerversammlung vorliegen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller die Fenster ... als einzelne Person für eine einzelne Wohnung austauschen lassen darf."

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2003 (GA 99) haben die Wohnungseigentümer einstimmig die Verwaltung beauftragt und bevollmächtigt, ... alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten bzw. zu beauftragen, die mit einer Fenstererneuerung bzw. (Zuschuss-) Förderung durch den Flughafen anfallen (TOP 3.4.1).

Die vorhandenen Fenster hatten Holzrahmen, das Material sollte möglichst auch weiterhin beibehalten werden (TOP 3.4.2).

Die Fenster waren nicht erneuerungsbedürftig. Es ging den Beteiligten um einen besseren Schallschutz und die Förderung des Flughafens.

Als sich herausstellte, dass die Zuschüsse des Flughafens und das auf dem Gemeinschaftskonto vorhandene Kapital nicht ausreichen würde, die Erneuerung der Fenster zu bezahlen, setzte die Verwaltung das Thema auf die Tagesordnung der Versammlung vom 9. Dezember 2004. Weil einige Eigentümer kein Interesse mehr hatten, die Fenster ihres Sondereigentums zu erneuern, fassten die Wohnungseigentümer nach einem Bericht der Verwaltung, in dem u.a. drauf hingewiesen wurde, dass alle Fensterfachfirmen wegen zu niedriger Bodenanschlüsse auf ein Gewährleistungsproblem hingewiesen hatten (vgl. GA 33), den folgenden Beschluss:

"Die Eigentümergemeinschaft entscheidet sich für die Durchführung dieser Maßnahme durch den jeweiligen Sondereigentümer. Die Verwaltung soll daher alle bisher begonnenen Sachverhalte ruhen lassen und keine weitere Aktivitäten entwickeln. Die vorangegangenen Beschlüsse zu dieser Maßnahme werden hiermit aufgehoben, mit Ausnahme des Beschlusses zu Punkt 3.4.2, der inhaltlich noch einmal ausdrücklich bestätigt wird (d.h. Ausführung wie bisher in Holz).

Den Eigentümern der Dachgeschosse wird die Genehmigung erteilt, als Sonnenschutz außen an den Dachflächenfenstern Rollos anzubringen. Die Farbe dieser Sonnenschutzrollos ist den Fensterrahmen anzupassen bzw. untereinander mit dem Beirat abzustimmen.

72,44 Ja; 0 Nein, 11,36 Enthaltung."

Diesen Beschluss haben die Antragsteller angefochten. Er sei nichtig, weil die Instandsetzung der Verwaltung obliege und die Wohnungseigentümer verpflichtet seien, gemeinschaftliches Eigentum auch gemeinschaftlich instand setzen zu lassen.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Die Gemeinschaft habe im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung dem einzelnen Eigentümer gestatten dürfen, Schallschutzfenster einbauen zu lassen.

Da die Sonnenschutzrollos farblich angepasst sein müssten, werde ein erhebliche negative optische Veränderung nicht entstehen.

Auf sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts geändert und den angefochtenen Beschluss für ungültig erklärt.

Er schränke die Verwalterbefugnisse unzulässig ein, weil er nicht nur das "Wie" sondern bereits das "Ob" des Tätigwerdens betreffe. Umfangreiche bzw. aufwendigere Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen wie im vorliegenden Fall dürften nicht einzelnen Eigentümern übertragen werden.

Bei den Sonnenschutzrollos handele es sich überdies um eine bauliche Veränderung, der alle Eigentümer zustimmen müssten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der übrigen Eigentümer.

Es sei zulässig, Instandhaltung und Instandsetzung durch Eigentümer in Eigenleistung durchführen zu lassen. Die Kontrollbefugnis der Verwaltung werde nicht beeinträchtigt.

Sondereigentümern seien sogar Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erlaubt, wenn sie die übrigen Eigentümer nicht beeinträchtigten.

Es handele sich im übrigen nur um eine modernisierende Baumaßnahme ohne Instandsetzungsbedarf, deren Zulässigkeit sich nach § 22 WEG richte. Da sie die übrigen Eigentümer nicht beeinträchtige, sei sie nicht für ungültig zu erklären.

Alleine die Tatsache, dass die Sonnenschutzrollos sowohl im eingefahrenen als auch im ausgefahrenen Zustand zu erkennen seien, rechtfertige nicht die Annahme einer mehr als unerheblichen Beeinträchtigung. Das Erscheinungsbild des Gebäudes werde nicht mehr als durch ein an der Innenseite des Fensters angebrachtes Rollo verändert.

Die Antragsteller bitten, die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Für die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums sei der Verwalter zuständig, ebenso für die Durchführung von Beschlüssen. Diese Befugnis könne nicht eingeschränkt werden.

Es obliege in erster Linie der Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit eine Entscheidung darüber, wie die Instandsetzung erfolgen solle.

Es sei auch sachgerecht, dafür zu sorgen, dass Ansprüche aus der Auftragsvergabe bei der Gemeinschaft verblieben, damit etwaige Gewährleistungsrechte bei Ausscheiden eines Eigentümers nicht bei ihm verblieben.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 ist zulässig, §§ 45 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG. Sie ist in der Sache jedoch nicht gerechtfertigt. Denn einen Rechtsfehler, auf den alleine die sofortige weitere Beschwerde gestützt werden kann (§ 27 FGG), weist der angefochtene Beschluss nicht auf. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG finden auf das Rechtsbeschwerdeverfahren die Revisionsvorschriften der ZPO entsprechende Anwendung. Danach sind im Rechtsbeschwerdeverfahren die verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen der zweiten Instanz zugrunde zu legen. Auf der Basis des vom Landgericht verfahrensfehlerfrei ermittelten Sachverhalts sind hier auch die rechtlichen Schlussfolgerungen des Landgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Zu Recht hat das Landgericht den Beschluss zu TOP 3.5 aus der Versammlung vom 9. Dezember 2004 für ungültig erklärt.

Es kann dahinstehen, ob der Beschluss nichtig ist, weil er gegen § 27 Abs. 3 WEG verstößt, wonach die dem Verwalter nach den Absätzen 1 und 2 dieser Vorschrift zustehenden Aufgaben und Befugnisse (selbst) durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt werden können.

Grundsätzlich kann eine Regelung durch Mehrheitsbeschluss nicht erfolgen, wenn eine Angelegenheit weder durch das Wohnungseigentumsgesetz noch durch Vereinbarung dem Mehrheitsprinzip unterworfen ist. Denn der Mehrheit fehlt von vorneherein jede Beschlusskompetenz, die Wohnungseigentümerversammlung ist für eine Beschlussfassung absolut unzuständig (BGH NJW 2000, 3500). Ein dennoch gefasster Beschluss ist nichtig.

Hier schränkt der von den Antragstellern angefochtene Beschluss die Aufgabe des Verwalters ein, die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Die Eigentümer haben in der Versammlung vom 9. Dezember 2004 mit ihrem Beschluss zu TOP 3.5 zum einen die Verwaltung angewiesen, alle bisher "begonnenen Sachverhalte" ruhen zu lassen und keine weiteren Aktivitäten zu entwickeln. Zum anderen haben sie den jeweiligen Sondereigentümern die Befugnis übertragen, diese Maßnahmen selbst durchzuführen. Nach dem Willen der Eigentümer sollte also die Verwaltung zu den inzwischen vorliegenden Angeboten verschiedener Handwerksfirmen keine Aufträge erteilen, vielmehr sollte dies ausdrücklich den jeweiligen Sondereigentümern selbst überlassen sein.

Es mag sein, dass die Wohnungseigentümer mit ihrem Beschluss sich von den ergänzenden Informationen des Flughafens Düsseldorf für das Verfahren bei Einzelanträgen auf Zuschüssen zu Schallschutzmaßnahmen haben leiten lassen, wonach die Einzelanträgen ein Beschluss der Eigentümerversammlung vorliegen sollte, aus dem hervorging, dass der Antragsteller ... als einzelne Person die Fenster für eine einzelne Wohnung austauschen lassen durfte. Diese Information vermag jedoch die Rechtslage innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zu ändern.

Ob der Beschluss entgegen § 27 Abs. 3 WEG in den Kernbereich der Aufgaben des Verwalters eingreift und die Beschlussfassung die (Beschluss-)Kompetenz der Eigentümerversammlung überschreitet - vgl. KG ZMR 2004, 622, das lediglich die Auswahl der zu beauftragenden Firmen und die Farbauswahl durch den Verwaltungsbeirat und dessen Beratungs- und Unterstützungsfunktion bei Beauftragung und Überwachung durch den Verwalter für zulässig erachtet hat - kann jedoch hier dahin stehen.

Denn der Beschluss ist schon deshalb ungültig, die Anfechtung daher erfolgreich, weil sein Inhalt zu unbestimmt ist.

Die Eigentümergemeinschaft hat es einzelnen Sondereigentümern überlassen, Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen. Grund hierfür war, dass die Kosten für diese Maßnahme nicht durch die Zuschüsse des Flughafens und das auf dem gemeinschaftlichen Konto dafür vorhandene Kapital hätten bezahlt werden können. Mithin sollte offenbar nicht nur bezweckt werden, dass die jeweiligen Sondereigentümer über die Durchführung der Maßnahmen entscheiden, sondern die dadurch entstehenden Kosten - entgegen der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG - auch selbst tragen sollten. Hierzu aber enthält der Beschluss gerade keine Regelung.

Schließlich wäre - unabhängig von den Fragen der Nichtigkeit des Beschlusses wegen Verstoßes gegen § 27 Abs. 3 WEG bzw. der mangelnden Bestimmtheit - der hier zugrunde liegende Beschluss aus der Eigentümerversammlung vom 9. Dezember 2004 auch deshalb ungültig, weil er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht entspricht, § 21 Abs. 3 WEG.

Denn wenn und soweit einzelne Wohnungseigentümer Fensteranlagen zur Verbesserung des Schallschutzes austauschen lassen, entsteht die naheliegende Gefahr eindringender Feuchtigkeit, weil die Bodenanschlüsse zu niedrig sind. Aus diesem Grunde war keine der anbietenden Firmen bereit, die Gewährleistung zu übernehmen.

Im Ergebnis zutreffend ist auch die Feststellung des Landgerichtes, die Anbringung der außenliegenden Sonnenschutzrollos stelle eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung aller Eigentümer bedürfe, weil durch die sowohl ausgefahren wie eingefahren erkennbaren Rollos das Erscheinungsbild des Gemeinschaftseigentums nicht unerheblich beeinträchtigt werde.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 47 Satz 1 WEG, über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) und 2) beruht auf § 47 Satz 2 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten zu 3) diese Kosten tragen, denn ihnen hätte angesichts der klaren rechtlichen Lage die Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels bewusst sein müssen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und berücksichtigt, dass mehrere Wohnungseigentümer Interesse an einem besseren Schallschutz ihrer Fenster haben.

Ende der Entscheidung

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