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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.01.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 262/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1105
1. Für die Eintragung einer Reallast genügt, dass die Höhe der Leistung bestimmbar ist.

2. Werden als Inhalt einer Reallast angegeben die Kosten des Betriebs, der Wartung und Unterhaltung/Instandhaltung einschließlich Schönheitsreparaturen eines Bauwerks, so lässt sich die höchstmögliche Belastung hinreichend deutlich daran messen, welche Kosten im "ungünstigsten" Fall im Lauf eines Jahres aufgewendet werden müssen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 262/03

Grundbuch von Hamm Bl. X1, X2 und X3 AG Düsseldorf

In der Grundbuchsache

betreffend die in den Grundbüchern von Hamm Blatt X1, X2 und X3 eingetragenen und im Bestandsverzeichnis unter laufender Nr. 16 (Hamm Blatt X1) Nr. 2 (Hamm Blatt X2) und Nr. 1 (Hamm Blatt X3) bezeichneten Grundstücke

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 5. gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Juli 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G, der Richterin am Oberlandesgericht S-L und des Richters am Oberlandesgericht Dr. S

am 20. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

Die angefochtene Entscheidung und der Beschluss des Amtsgerichts vom 23. Mai 2003 werden aufgehoben.

Das Amtsgericht - Grundbuchamt - wird angewiesen, von seinen in der Zwischenverfügung vom 11.12.2002 geäußerten Bedenken hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit der Reallasten abzusehen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 150.000 € (50 x 3.000 €).

Gründe:

I.

In den notariellen Urkunden des Notars S. vom 08.11.2000 und 01.11.2001 - UR-Nrn.: A/00 und B/01 - sind zugunsten der jeweiligen Eigentümer der o. a. Grundstücke Dienstbarkeiten und Reallasten vereinbart. Bezüglich der Reallasten heißt es in der Urkunde A/00 unter Abschnitt V:

1.

Reallast zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks jeweils Flur 39 Fl.Ste. 122, 124, 155, 157, 159 und 167, derzeit eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Düsseldorf für Hamm Blatt X2 lfd. Nr. 1 Bestandsverzeichnis, bestehend in dem Recht auf Zahlung der jeweiligen Kosten für die Gebäudenutzung und Gebäudeunterhaltung etc. gemäß Abschnitt IV dieser Urkunde, lastend auf dem Grundstück jeweils Flur 39 Fl.Ste. 161, 162, 164, 163 und 169, derzeit eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Düsseldorf für Hamm Blatt X1 lfd. Nr. 11 Bestandsverzeichnis.

Bezüglich der weiteren Flurstücke werden gleichlautende Reallasten angegeben.

In Abschnitt IV der Urkunde ist u.a. folgendes geregelt:

2.

Die Einräumung und Ausübung der in Abschnitt I bis III bestellten Grunddienstbarkeiten sind vorbehaltlich der Regelungen dieser Vereinbarung über die Unterhaltungs-/Erneuerungskosten unentgeltlich.

3.

Gemäß der schuldrechtlichen Benutzungs-/Unterhaltungsregelungen vom 24./28.02.2000 sowie den Festlegungen in den eingangs genannten Kaufverträgen tragen die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke die Kosten des Betriebes, der Wartung, Unterhaltung/Instandhaltung einschließlich Schönheitsreparaturen und gegebenenfalls Erneuerung der gemeinsam genutzten Gebäudeteile der Tiefgarage und deren technische Anlagen/Einrichtungen sowie die Kosten der gemeinsam genutzten technischen Anlagen/Einrichtungen sowie diejenigen der Außenanlagen wie folgt:

a) jeweils Eigentümer des Grundstücks Gebäude A - 35/100 b) jeweils Eigentümer des Grundstücks Gebäude B - 19/100 c) jeweils Eigentümer des Grundstücks Gebäude C - 46/100

4.

Die Beteiligten verpflichten sich, die Verpflichtungen dieses Abschnitts ihren jeweiligen Rechtsnachfolgern mit Weiterübertragungsverpflichtung aufzuerlegen.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. bis 5. hat die Eintragung der Dienstbarkeiten und Reallasten beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 11.12.2002 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts darauf hingewiesen, die vereinbarten Reallasten seien nicht eintragungsfähig, weil die zu erbringenden Leistungen der Höhe nach nicht bestimmbar seien, die höchstmögliche Belastung des jeweiligen Grundstücks sei nicht für jeden Dritten erkennbar.

Mit Beschluss vom 23.05.2003 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts - nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Behebung der Eintragungshindernisse - den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 5. ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Beteiligten zu 1. bis 5. mit der weiteren Beschwerde, mit der sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ihre Auffassung wiederholen, es genüge, dass der Höchstbetrag der Reallast erst später - notfalls durch richterliche Entscheidung - bestimmt werden könne. Das sei hier - bezüglich der Kosten des Betriebes und der Unterhaltung der baulichen Anlage - der Fall.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 71, 78, 80 GBO zulässige weitere Beschwerde hat Erfolg, die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer unrichtigen Anwendung rechtlicher Normen (§ 78 GBO).

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, der Bestimmtheitsgrundsatz für die einzutragenden Reallasten sei nicht gewahrt. Zwar könne eine Reallast hinsichtlich der Kosten des Betriebs, der Wartung, Unterhaltung/Instandhaltung einschließlich Schönheitsreparaturen gegebenenfalls Erneuerung der gemeinsam genutzten Gebäudeteile der Tiefgarage und deren technische Anlagen/Einrichtungen sowie der Kosten der gemeinsam genutzten technischen Anlagen/Einrichtungen sowie der Außenanlage bestellt werden, jedoch müsse die Höhe der Leistung bestimmbar sein. Dabei bedeute der Bestimmtheitsgrundsatz nicht, dass der Umfang der tatsächlichen Belastungen in einem bestimmten Zeitpunkt aus der Eintragung selbst oder in Verbindung mit der Eintragungsbewilligung ohne weiteres ersichtlich sein müsste, es genüge, wenn Art, Gegenstand und Umfang der Leistung aufgrund objektiver Umstände bestimmbar seien, die auch außerhalb des Grundbuches liegen können, sofern sie nachprüfbar und mindestens in der Eintragungsbewilligung angedeutet sind. Entscheidend sei, dass die höchstmögliche Belastung des Grundstücks für jeden Dritten erkennbar sei und der Umfang der Haftung in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund der in der Eintragungsbewilligung enthaltenen Voraussetzungen bestimmt werden könne. Das sei hier nicht der Fall. Die höchstmögliche Leistung lasse sich auch unter "Heranziehung der Handlungen" nicht annähernd bestimmen. Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. bis 5. die durch die Reallasten abgesicherten Kosten für das Jahr 2001 auf insgesamt 300.000 € beziffert habe, lasse sich damit nicht auf eine höchstmögliche Leistung für die weiteren Jahre schließen.

2.

Gegen diese Erwägungen des Landgerichts bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.

a)

Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die hier in der notariellen Urkunde genannten Kosten des Betriebes und der Unterhaltung der Tiefgarage für die Berechtigten durch Eintragung einer Reallast gemäß § 1105 BGB dinglich gesichert werden können und dass es nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur genügt, dass die Höhe der Leistung bestimmbar ist, wozu es ausreicht, dass Art, Gegenstand und Umfang der Leistung aufgrund objektiver Umstände bestimmbar sind, sofern die höchstmögliche Belastung des Grundstücks für jeden Dritten erkennbar ist und der Umfang der Haftung in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund der in der Eintragungsbewilligung enthaltenen Voraussetzungen bestimmt werden kann (vgl. BGHZ 130, 342 ff. m.w.N.).

b)

Das Landgericht hat aber zu Unrecht angenommen, die höchstmögliche Belastung lasse sich - auch unter Heranziehung der in der notariellen Urkunde beschriebenen Handlung - nicht annähernd bestimmen.

Die höchstmögliche Belastung muss nicht mit einem bestimmten Betrag angegeben werden (BayObLG 1996, 161). Sie muss auch nicht im Zeitpunkt der Eintragung von jedem außenstehenden Dritten festgestellt werden können, sie muss lediglich "erkennbar" sein, d.h. der höchstmögliche Umfang der - wiederkehrenden - Leistungsverpflichtung muss in seiner tatsächlichen Ausgestaltung ersichtlich und in seiner kostenmäßigen Auswirkung, d.h. in seinem Geldwert feststellbar sein.

Das ist bei den hier in Rede stehenden Reallasten gegeben. Als hinreichend erkennbar werden im allgemeinen als Inhalt einer Reallast angesehen, die Pflicht zur "Unterhaltung" eines Bauwerks, eines Weges, eines Zaunes, einer Brücke oder einer anderen Anlage oder Übernahme der Kosten hierfür (vgl. Staudinger/Amann BGB 2002, Rn. 8 zu § 1105; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 1299). Das bedeutet, dass sich die höchstmögliche Leistung in einem solchen Fall daran misst, welche Kosten im "ungünstigsten Fall" d.h. bei Annahme der Notwendigkeit aller unter den Begriff "Unterhaltung" fallenden Aufwendungen entstehen, ähnlich wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zur höchstmöglichen Leistung bei Übernahme von Pflegekosten (BGHZ 130, 342 ff.). Wenn der Bundesgerichtshof als "Orientierungspunkt" für die höchstmögliche Leistung die Kosten einer bezahlten Pflegekraft bei völliger Pflegebedürftigkeit des Berechtigten annimmt, d.h. Kosten, die auch nicht "statisch" sind, sondern den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen "angepasst" werden, muss die gleiche Erwägung für den Begriff der "Betriebskosten bzw. Unterhaltungskosten" gelten. Auch diese Kosten sind - wie es die Verwaltung einer Miet- oder Wohnungseigentumsanlage erfordert - nach Erfahrungswerten annähernd bestimmbar und nach entsprechender Abrechnung genau feststellbar.

Die Übernahme der Unterhaltung eines Bauwerks als Inhalt einer Reallast wäre andernfalls nur möglich, wenn die "höchstmögliche Leistung" betragsmäßig im Voraus festgelegt würde. Damit würden aber die Anforderungen an die Bestimmbarkeit überspannt.

Sinn und Zweck der Reallast erfordern lediglich, dass der dingliche Anspruch aus der Reallast durch Zwangsvollstreckung, insbesondere Zwangsversteigerung, durchgesetzt werden kann und die Umwandlung der Reallast in einen festen Geldbetrag möglich sein muss sowie nachrangige Berechtigte einen "Überblick" über den Umfang einer vorgehenden Reallast erhalten (vgl. BayObLG 1993, 228). Bei Entstehen der Reallast muss deshalb feststehen, dass die Leistung im Zeitpunkt einer etwaigen Versteigerung in einer Geldsumme ausdrückbar ist (vgl. OLG Düsseldorf DNotZ 1969, 298).

Das ist hier der Fall. Die in der notariellen Urkunde sogar noch aufgeschlüsselten Kosten des Betriebs und der Unterhaltung machen für jeden Dritten hinreichend deutlich, welche Belastungen insgesamt "im Höchstfall" damit verbunden sind, nämlich sämtliche Kosten, die im Verlauf eines Geschäftsjahres für den Betrieb und die Unterhaltung der baulichen Anlage aufgewendet werden. Dass der "tatsächliche" Aufwand im Einzelfall in den verschiedenen Zeiträumen differiert und jeweils gesondert festgestellt werden kann - notfalls durch richterliche Entscheidung - steht dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit dabei nicht entgegen. Welche zusätzlichen Kriterien die Beteiligten zu 1. bis 5. - wenn nicht eine bestimmte Höchstsumme genannt wird - für die begehrte Eintragung der Reallasten angeben sollten, ist auch nicht ersichtlich. Das Grundbuchamt war dem gemäß unter Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen anzuweisen, von seinen Bedenken gegen die beantragte Eintragung abzusehen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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