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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 272/07
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 21 Abs. 3 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In dem Wohnungseigentumsverfahren
betreffend die Wohnungseigentumsanlage
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22. November 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie der Richter am Oberlandesgericht von W. -L. und D.
am 23. September 2008
beschlossen:
Tenor:
Die angefochtene Entscheidung und der Beschluss des Amtsgerichts vom 9. Mai 2006 werden geändert.
Die auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 29. September 2005 zu TOP 2 gefassten Beschlüsse - Erstellung eines Sachverständigengutachtens, Vorgehen gegen die Firma S., Vorgehen gegen Frau G.- werden für ungültig erklärt.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens - aller drei Rechtszüge - werden den Beteiligten zu 3. auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Geschäftswert: 5.000 €.
Gründe:
I.
Auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 29. September 2005 wurde zu TOP 2 mit Stimmenmehrheit folgendes beschlossen:
"Es wurde einstimmig wie folgt beschlossen:
Ein Bausachverständiger des TÜV-Rheinland wird über die Mängel am Balkon Trudslev - Bachmann/Deutsch und an der Tiefgaragenzufahrt ein Gutachten erstellen.
Die Firma S. wird letztmalig - mit Fristsetzung - zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Sollte die Frist verstreichen, wird durch die Rechtsanwältin K. gegen die Firma S. eine entsprechende Klage eingereicht und die Sanierung des Balkons in Auftrag gegeben.
Ebenfalls wird dann gegen Frau N. G. u.a. wegen Verzögerung der Angelegenheit geklagt. Die Rechtsanwältin wird die Klage formulieren und einreichen."
Die Sitzungsniederschrift über die Eigentümerversammlung verzeichnet außer den vorgenannten Beschlussfassungen lediglich zu TOP 1 die Feststellung der Beschlussfähigkeit und zu TOP 3 die Erörterung von "Verschiedenes".
Mit am 28. Oktober 2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz haben die Beteiligten zu 1. und 2. die zu TOP 2 gefassten Beschlüsse angefochten, und zwar beide die Beschlussfassung über das Vorgehen gegen Frau G. und die Beteiligte zu 2. darüber hinaus die Beschlussfassung über die Gutachtenerstellung und das Vorgehen gegen die Firma S..
Diese Anfechtungsanträge hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 9. Mai 2006 zurückgewiesen, weil sie sich infolge späterer, am 15. Dezember 2005 gefasster Beschlüsse erledigt hätten. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. hiergegen hat das Landgericht durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen und dies - im Einzelnen näher ausgeführt - damit begründet, die zu TOP 2 gefassten Beschlüsse seien gültig, weil keiner der von den Beteiligten zu 1. und 2. zur Begründung der Ungültigkeit vorgetragenen Gründe sich als durchgreifend erweise.
Gegen die Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde wenden sich die Beteiligten zu 1. und 2. mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihre ursprünglichen Anträge weiterverfolgen. Die Beteiligten zu 3. und 4. treten dem Rechtsmittel entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte und der beigezogenen Akte des Verfahrens 40 II 2/06 WEG - 8 - AG Ratingen = 25 T 224/07 LG Düsseldorf Bezug genommen.
II.
Das gemäß §§ 62 Abs. 1 WEG, 45 Abs. 1 WEG a.F., §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1, 29 FGG als sofortige weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. und 2. hat auch in der Sache Erfolg. Die - rechtzeitig, § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F. (die hier noch Anwendung findet) - angefochtenen Beschlüsse sind aus einem vom Landgericht nicht behandelten rechtlichen Gesichtspunkt (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO) jedenfalls für ungültig zu erklären.
Der den Wohnungseigentümern durch § 21 Abs. 3 WEG (a. und n. F.) eröffnete Spielraum einer Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss findet seine Grenze im Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung. Hierzu gehört, dass Beschlüsse so klar und unmissverständlich abzufassen sind, dass Auseinandersetzungen über ihren Inhalt tunlichst vermieden werden. Dementsprechend sind Beschlüsse bereits dann auf Anfechtungsantrag hin für ungültig zu erklären, wenn sie unklar und mehrdeutig sind und ihr Inhalt allenfalls im Wege der Auslegung festzustellen wäre. Darauf, ob sie derart unbestimmt sind, dass sie eine durchführbare Regelung überhaupt nicht mehr erkennen lassen, kommt es für die Frage der Anfechtbarkeit und Ungültigkeit nicht an; liegt sogar die vorerwähnte gesteigerte Unbestimmtheit vor - etwa bei einem in sich widersprüchlichen oder hinsichtlich seiner Vollziehbarkeit nicht mehr erkennbaren Beschluss -, führt dies allerdings zur Nichtigkeit des Beschlusses, die unabhängig von einem Anfechtungsantrag zu beachten ist (statt aller: Staudinger-Bub, BGB, 13. Bearb. 2005, § 21 Rdrn. 88 und § 23 Rdnr. 256 f. m.umfangr.Nachw.).
Nach diesen Grundsätzen sind die drei zu TOP 2 der hier in Rede stehenden Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse in ihrer Gesamtheit jedenfalls in einem zu ihrer Ungültigerklärung auf Anfechtung hin führenden Maße unbestimmt und daher ordnungsgemäßer Verwaltung nicht entsprechend. Darauf, ob sie sogar derart unbestimmt sind, dass ihre Nichtigkeit anzunehmen wäre, kommt es nicht mehr an.
Zum einen ist nicht erkennbar, wie sich die drei Komplexe Sanierungsbeauftragung, Gutachtenerstellung und Klageerhebung zueinander verhalten sollen.
Dem Beschlusstext nach ist die Balkonsanierung gleichzeitig mit einer Klageerhebung gegen die Firma S. in Auftrag zu geben. Möglich erscheint jedoch auch, dass die Inauftraggabe der Balkonsanierung nur für den Fall einer erfolgreichen Klage gegen die Firma S., nämlich als Ersatzvornahme, beschlossen werden sollte. Die letztgenannte Möglichkeit dürfte nach allgemeinem Verständnis sogar näher liegen, da die Beseitigung etwaiger Mängel am Balkon die Beweisführung im Rechtsstreit erheblich erschweren kann. Was das Sachverständigengutachten anbelangt, ist, da es sich um ein Privatgutachten und nicht etwa um ein selbständiges Beweisverfahren handeln soll, nicht zu ersehen, ob das Gutachten auch für den Fall erstellt werden soll, dass die der Firma S. zu setzende Frist zur Mängelbeseitigung nicht ergebnislos abläuft, wie überhaupt der zeitliche Zusammenhang von Gutachtenbeauftragung und Fristsetzung gegenüber der Firma S. unklar bleibt.
Insgesamt bleibt danach unbestimmt, ob die Sanierung des Balkons als von der Eigentümergemeinschaft selbst durchzuführende Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung beschlossen werden soll oder nicht und welche Funktion dem einzuholenden Sachverständigengutachten überhaupt zukommen soll.
Zum anderen lassen die Beschlussfassungen nicht hinreichend klar erkennen, unter welchen Voraussetzungen welches Vorgehen im Einzelnen in Angriff genommen werden soll.
Wie bereits erwähnt, ist nicht ersichtlich, ob das Gutachten unabhängig von einer ergebnislos abgelaufenen Frist zur Mängelbeseitigung gegenüber der Firma S. eingeholt werden soll. Sodann bleibt gänzlich unbestimmt, welche Sachmängelrechte genau (ihrer rechtlichen Art, nicht den Mängeln nach) die Eigentümer gegenüber der Firma S. geltend zu machen beabsichtigen. Diese Angabe wäre indes erforderlich gewesen, da der Beschluss unmittelbar eine Klageerhebung durch eine bestimmte Rechtsanwältin gegen die Firma S. enthält und nicht etwa dahin geht, die Anwältin zunächst mit einer Prüfung der Rechtslage zu beauftragen und alsdann im Sinne deren Empfehlung Klage erheben zu lassen. Dieselben Unklarheiten bestehen hinsichtlich der Klageerhebung gegenüber Frau G.. Insoweit tritt hinzu, dass noch nicht einmal deutlich wird, unter welchen Bedingungen gegenüber Frau G. Klage erhoben werden soll: Der Beschlusstext spricht in diesem Zusammenhang allein von "dann", wobei sich diese Formulierung sowohl auf den Ablauf der zur Mängelbeseitigung zu setzenden Frist als auch darauf beziehen kann, dass zuvor der Rechtsstreit gegenüber der Firma S. betrieben werden und nur bei dessen Erfolglosigkeit wegen Zeitablaufs gegen Frau G. geklagt werden soll.
Der übrige Inhalt der Versammlungsniederschrift ist nicht geeignet, die Unklarheiten und Unbestimmtheiten zu beheben.
Bei alledem verkennt der Senat nicht, dass die Willensentschließungen der Eigentümer auf der außerordentlichen Versammlung vom 15. Dezember 2005 zu TOP 2 in einigen der hier aufgeführten Hinsichten präziser gefasst sind. Doch abgesehen davon, dass inzwischen rechtskräftig gerichtlich festgestellt worden ist, dass die dortigen Beschlüsse nicht wirksam zustande gekommen sind (Beschluss des LG Düsseldorf vom 1. August 2007 im Verfahren der Beiakte), kann der Inhalt der gegenüber der hier in Rede stehenden deutlich späteren Versammlung vom 15. Dezember 2005 bei der Frage der Bestimmtheit nicht als Verständnishilfe herangezogen werden. Ebensowenig hilft es weiter, wenn man die hiesigen Beschlussfassungen als sogenannte Entscheidungen der Eigentümer lediglich zu den Grundsätzen weiteren Vorgehens, die noch der Ausfüllung durch weitere Beschlüsse bedürften, verstehen wollte. Denn es ist, wie gezeigt, auch nicht in den Grundsätzen hinreichend bestimmt, wie sich die Eigentümer ihr weiteres Vorgehen in den verschiedenen Hinsichten vorstellten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62 Abs. 1 WEG, 47 Satz 1 und 2 WEG a.F. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten zu 3. als Unterlegene die Gerichtskosten zu tragen haben. Demgegenüber besteht kein Anlass, von dem in Wohnungseigentumsverfahren alten Rechts geltenden Grundsatz abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.
Die Festsetzung des Geschäftswerts findet ihre Grundlage in §§ 62 Abs. 1 WEG, 48 Abs. 3 WEG a.F.
Ende der Entscheidung
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