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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.01.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 290/03
Rechtsgebiete: AktG
Vorschriften:
AktG § 122 Abs. 3 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In der Handelsregistersache
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 21.08.2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L. und des Richters am Oberlandesgericht W-L. am 16. Januar 2004
beschlossen:
Tenor:
Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsteller die der Antragsgegnerin in beiden Beschwerderechtszügen notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben.
Beschwerdewert: 30.000 €.
Gründe:
I.
Nachdem der Vorstand der Antragsgegnerin das mit Schreiben der Antragsteller vom 14.03./07.05.2002 an ihn gerichtete Verlangen nach Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung am 15.05.2002 abgelehnt hatte, haben die Antragsteller, die als Aktionäre mehr als 5 % des Grundkapitals auf sich vereinigten, am 17.05.2002 beim Amtsgericht beantragt, sie zu ermächtigen, eine Hauptversammlung einzuberufen, auf der folgende Tagesordnungspunkte behandelt werden sollen:
I.
Zustimmung der Hauptversammlung zur Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Gesellschaft bei der H. AG (H.),
II.
Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 1 AktG zur Prüfung von Vorgängen bei der Geschäftsführung, insbesondere im Hinblick auf das unter Ziffer I. beschriebene Geschäft,
III.
Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstand im Hinblick auf sein Verhalten bei dem vorbezeichneten H.-Geschäft und der dadurch bedingten Neuausrichtung der Geschäftspolitik der Gesellschaft,
IV.
Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 103 AktG durch die Hauptversammlung,
V.
Neuwahl des Aufsichtsrates.
Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 28.06.2002 zurückgewiesen. Nach fristgerechter Einlegung der sofortigen Beschwerde ist die Beteiligungsquote der Antragsteller durch Aktienverkauf am 04.09.2002 unter 5 % herabgesunken. Mit Schreiben an den Vorstand vom 23.12.2002 hat sich der Aktionär Dr. W. dem Einberufungsverlangen der Antragsteller angeschlossen. Welchen Einfluss dies auf die Antragsbefugnis gemäß § 122 Abs. 3 AktG hat, wird von den Beteiligten kontrovers beurteilt.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 21.08.2003 mit der Begründung zurückgewiesen, das Fortbestehen der erforderlichen Antragsbefugnis könnte nicht festgestellt werden. Gegen diese ihnen am 11.09.2003 zugestellte Entscheidung wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 25.09.2003 eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegengetreten ist.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Sachdarstellung in dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts und auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 122 Abs. 3 AktG, 22, 27, 29 FGG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwer der Antragsteller folgt aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat seine Entscheidung mit Recht darauf gestützt, dass die Antragsbefugnis der Antragsteller gemäß § 122 Abs. 3 AktG im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr gegeben war. Die Kammer hat hierzu ausgeführt:
Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AktG kann das Einberufungsverlangen nur von Aktionären gestellt werden, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals, also 5 % erreichen. Nach § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG ist der Ermächtigungsantrag von den Aktionären zu stellen, die das Verlangen gemäß Abs. 1 gestellt haben. Der Antrag muss von den Aktionären gestellt werden, die das erfolglose Verlangen erhoben haben (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 5. Aufl., Rn. 10 zu § 122). Die Mindestbeteiligung muss vorliegen, bis der Vorstand die Hauptversammlung einberuft oder gerichtliche Ermächtigung ausgesprochen wird (vgl. Hüffer, a.a.O., Rn. 3 zu § 122). Es ist unschädlich, wenn Aktionäre abspringen, solange das Quorum von 5 % des Grundkapitals erhalten bleibt. Wenn das Quorum durch bisher nicht beteiligte Aktionäre aufgefüllt wird, muss das Verlangen zunächst neu an den Vorstand gerichtet werden (vgl. Hüffer, a.a.O., Rn. 10 zu § 122).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gewahrt. Die Antragsteller beziehen sich darauf, dass vier aktuelle Bankbestätigungen vorliegen, wonach 5,0769 % des Grundkapitals gehalten werden. Damit sind die Bankbestätigungen gemeint, die sich auf die Antragsteller zu 6. bis 8. beziehen. Diese Bankbestätigungen weisen den Aktienbesitz von insgesamt 1790276 Stück nach. Bei unstreitig insgesamt 37,1 Millionen Stück ausgegebenen Aktien macht das 4,825 % des Grundkapitals aus. Werden die ausweislich der entsprechenden Bankbestätigungen von dem hinzugekommenen Aktionär Dr. W. gehaltenen 97.000 Stück Aktien hinzugezählt, macht das ein Quorum von 5,086 % aus. Daraus wird deutlich, dass, wie auch die Gesellschaft von den Antragstellern unbestritten hervorhebt, die Antragstellerin zu 1 inzwischen ihre Anteile veräußert hat, der von ihr gehaltene Aktienbestand von ursprünglich mehr als 5 % also nicht zu berücksichtigen ist. Andererseits können nach den dargestellten Grundsätzen die von dem Aktionär Dr. W. gehaltenen Aktien beim Quorum nicht berücksichtigt werden, da er das ursprüngliche Einberufungsverlangen gegenüber dem Vorstand nicht mit gestellt hat. Die Gesellschaft hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. W. die von ihm gehaltenen Aktien nicht im Weg des rechtsgeschäftlichen Erwerbs von der Antragstellerin zu 1. erworben haben kann, da er seinen Aktienbesitz ausweislich der Bestätigung seit dem 1. Januar 2002 hält. Deshalb kommt es auf die Frage, ob ein rechtsgeschäftlicher Erwerb beim Eintreten eines weiteren Aktionärs als Antragsteller überhaupt zuzulassen ist, ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Antragsteller zu 6. bis 8. selbst Aktionäre sind oder die Aktien lediglich über einen Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit halten.
Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand. Es kann dahingestellt bleiben, ob das gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderliche 5 %-Quorum im Zeitpunkt des Einberufungsverlangens an den Vorstand am 07.05.2002 erreicht war, was die Antragsgegnerin bezweifelt (Bl. 497/498 d.A.). Jedenfalls war die Antragsbefugnis im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr gegeben. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist dies aber für die Ermächtigungsbefugnis des Gerichts nach § 122 Abs. 3 AktG erforderlich. Bereits der Wortlaut des Gesetzes, das in Absatz 3 von den Aktionären spricht, die das Verlangen gestellt haben, deutet darauf hin, dass eine Kontinuität des Minderheitenquorums in dem Sinne erforderlich ist, dass die Aktionäre, die sich nach § 122 Abs. 1 AktG erfolglos an den Vorstand gewandt haben, auch mit einer Mindestquote von 5 % das gerichtliche Ermächtigungsverfahren bis zum Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung betreiben. Dass sich bis zur Beschwerdeentscheidung des Landgerichts die Zahl der antragstellenden Aktionäre verringert hat, ist unerheblich, solange das Quorum noch erreicht ist. Wird allerdings - wie hier - das Quorum nur durch Hinzutreten neuer Aktionäre, die nicht Rechtsnachfolger der ursprünglichen Antragsteller sind, erreicht, so muss ein erneuter Antrag an die Gesellschaft vorhergehen (h.M.; vgl. Zöllner, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz § 122 Rnrn. 16, 26, 31; Geßler/Hefermehl, Aktiengesetz § 122 Rnr. 35; Hüffer, Aktiengesetz, 5. Aufl., § 122 Rn. 10; Semler, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, Aktiengesetz, 2. Aufl, § 35 Rnrn. 13, 19; Heidel, Aktienrecht, Anwaltskommentar, 2003, § 122 Rn. 30). Da der Vorstand der Antragsgegnerin das Einberufungsverlangen bereits abgelehnt hatte, konnte der Aktionär Dr. W. durch seinen späteren Beitritt das während des landgerichtlichen Verfahrens verloren gegangene Quorum nicht rechtswirksam wieder auffüllen. Der abweichenden und nicht überzeugend begründeten Mindermeinung von Kubis (Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 122 Rnrn. 7, 41, 58) vermag der Senat nicht zu folgen. Der Vorstand hat im vorliegenden Fall zügig entschieden und nicht etwa, worauf Kubis (a.a.O. Rn. 7) abstellt, auf den Verkauf der Initiatorenaktien gewartet, um das Einberufungsverlangen zunichte zu machen.
Soweit sich die - veröffentlichte - Rechtsprechung mit der Streitfrage befasst hat, liegt sie auf der Linie der herrschenden Rechtsmeinung. Für die vergleichbare Ermächtigungsvorschrift des § 45 Abs. 3 Genossenschaftsgesetz ist das Reichsgericht (RGZ 170, 83, 93, 94) davon ausgegangen, dass die Mindestzahl der die Einberufung verlangenden Minderheit nicht nur zur Zeit der Erteilung der Ermächtigung, sondern auch zur Zeit der Einberufung der Versammlung noch gegeben sein muss. Das OLG Zweibrücken (AG 1997, 140) hat angenommen, dass die die Minderheit bildenden Aktionäre zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung über den für das Minderheitsverlangen vorgeschriebenen Aktienbesitz verfügen müssen. Hievon weicht der erkennende Senat nicht ab, so dass eine Vorlage an den BGH gemäß § 28 Abs. 2 FGG entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht geboten ist. Dass die Kontinuität des Minderheitenquorums hier bei Beschwerdeeinlegung noch gegeben war und erst im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens verloren gegangen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Wenn die Kontinuität ein Element der Antragsbefugnis ist, muss sie nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen als Voraussetzung für einen Ermächtigungsbeschluss gemäß § 122 Abs. 3 AktG noch im Zeitpunkt der Erstbeschwerdeentscheidung vorhanden sein.
Dieses Erfordernis ist entgegen der Auffassung der Antragsteller keine sinnlose Förmelei. Die Antragsgegnerin weist mit Recht darauf hin, dass die Zusammensetzung der antragstellenden Aktionärsgruppe für die Entscheidung des Vorstandes nach § 122 Abs. 1 AG durchaus von Bedeutung sein kann. Vor allem aber können der Zeitablauf und die inzwischen veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Bedeutung sein. Die Ablehnung des Vorstandes datiert vom 07.05.2002 und lag im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts fast 1 1/2 Jahre zurück. Inzwischen amtiert bei der Antragsgegnerin ein völlig anderer Vorstand und ein anderer Aufsichtsrat als damals und die rechtliche und wirtschaftliche Situation hat sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wesentlich verändert. Dies rechtfertigt es, von einem neu zusammengesetzten Minderheitenkreis einen neuen Einberufungsantrag zu verlangen, damit der Vorstand losgelöst von dem alten Verlangen das Anliegen der Minderheit unter den derzeitigen Verhältnissen erneut prüfen kann. Schließlich spricht auch der Gesichtspunkt der subsidiären Ermächtigungszuständigkeit des Gerichts nach § 122 Abs. 3 AktG dafür, dass zunächst dem Vorstand das Einberufungsverlangen erneut unterbreitet wird.
Die Kostenentscheidung ergibt sich für beide Beschwerdeinstanzen aus der zwingenden Bestimmung des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Insofern war die landgerichtliche Kostenentscheidung von Amts wegen abzuändern.
Ende der Entscheidung
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