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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 334/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 242 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In dem Wohnungseigentumsverfahren
betreffend die Wohnungseigentumsanlage M 86, D,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 5. November 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., der Richterin am Oberlandesgericht S-L. und des Richters am Oberlandesgericht W-L.
am 9. März 2004
beschlossen:
Tenor:
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 wird zurückgewiesen.
Sie hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 33.750,- Euro.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 8 sind Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 1 ist Sondereigentümerin der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten im Erdgeschoss gelegenen Teileigentumseinheit Nr. 1.
§ 2 der Teilungserklärung vom 9. November 1987 in Verbindung mit der dortigen Anlage 1 weist der Teileigentumseinheit Nummer 1 einen Miteigentumsanteil von 155/1000 zu. Die Größe der Erdgeschosseinheit wird dort mit 106,5 qm festgelegt.
In § 24 der Gemeinschaftsordnung vom 9. November 1987 wird dem jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 1 im Erdgeschoss das alleinige Recht der Nutzung des gesamten Hofraumes und der Tordurchfahrt ab Hauseingang zugewiesen, und zwar unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer (Nr. 1). Weiterhin wird dem jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 1 das Recht eingeräumt, an der Vorderseite des Wohnhauses in geeigneter Weise Schilder oder sonstige Hinweise auf seinen Gewerbebetrieb anzubringen (Nr. 2) und ist der jeweilige Eigentümer der Einheit Nr. 1 berechtigt, die Hoffläche nach Maßgabe der geltenden baurechtlichen Bestimmungen zu bebauen und diese Flächen in sein Sondereigentum einzubeziehen (Nr. 3).
Von diesem Recht hat der Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 1 Gebrauch gemacht und die Hoffläche des Objektes im Herbst 1988 teilweise überbaut. Nach einer vorgenommenen Neuberechnung sämtlicher Nutzflächen der eingangs bezeichneten Gemeinschaft vergrößerte sich die Fläche der Einheit Nr. 1 um 127,96 qm.
§ 11 der Gemeinschaftsordnung verteilt die Bewirtschaftungskosten grundsätzlich nach dem Verhältnis der Nutzflächen der Einheiten und enthält im übrigen folgende Regelungen:
....
Kosten für den Bereich des Gewerbekomplexes, soweit er im Hofbereich eingeschossig besteht bzw. noch errichtet wird, trägt der Eigentümer der Einheit allein. Davon ausgenommen sind jedoch Kosten für die Unterhaltung, Reparatur und etwaige Erneuerung der Dachflächen, die von den Einheiten Nr. 2 und 3 als Terrasse genutzt werden; diese Kosten tragen der Eigentümer der Einheit Nr. 1 sowie der Eigentümer der jeweiligen Terrasseneinheit je zur Hälfte.
....
Auf Verlangen von mehr als der Hälfte aller Eigentümer sind die Nutzflächen auf Kosten der Gemeinschaft neu zu ermitteln, und zwar nach DIN. Das Ergebnis der Neuvermessung ist sodann für die Zukunft für die Kostenverteilung maßgeblich."
Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte den Dipl-Ing. F. mit der Neuberechnung der Wohn- und Nutzflächen. Dieser erstellte das Gutachten vom 19. Dezember 2000 und ermittelte bezüglich des Teileigentums Nr. 1 eine Nutzfläche von 214,45 qm zuzüglich 20,01 qm Nutzfläche Garagen.
Diese Nutzfläche wie auch die im Übrigen berechneten Wohn- bzw. Nutzflächen werden nunmehr der Kostenverteilung gemäß § 11 der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung zugrunde gelegt.
In der Eigentümerversammlung vom 28. Mai 1998 haben die Miteigentümer unter Tagesordnungspunkt 9 ausweislich der eingereichten Protokollabschrift Folgendes beschlossen:
Nach Aussprache waren sich die Eigentümer einig, dass die Grundlage der Berechnungen die Vermessung des Architekten und die Eintragung in der geänderten Teilungserklärung ist. Für die Wohneinheit C. werden 207,29 und für die Wohneinheit B. werden insgesamt 90,52 qm angerechnet.
Als Anlage zur Niederschrift erhalten die Eigentümer die Neuberechnungen der Wohnflächen und Miteigentumsanteile.
Für das Jahr 1997 wird eine neue Endabrechnung erstellt.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat in dem Verfahren 291 II 349/99 WEG betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft M 86, D in seinem Beschluss vom 23. August 2000 die Meinung vertreten, dass dieser Beschluss von Beginn an nichtig sei, soweit durch ihn die Zuordnung der Miteigentumsanteile geändert worden sei.
Die Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, dass ihre Nutzflächen in einem krassen Missverhältnis zu dem ihr eingeräumten Miteigentumsanteil stünden. Daher bestehe ein Anspruch gegen die Beteiligten 2 - 8 auf Zustimmung zur Änderung der Miteigentumsanteile zu ihren Gunsten.
Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,
1. die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 15/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen;
2. die Beteiligten zu 3 a) und b) als Gesamtschuldner zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 14/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen;
3. den Beteiligten zu 4 zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 14/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen.
4. die Beteiligten zu 5 a) und b) als Gesamtschuldner zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 14/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen;
5. die Beteiligten zu 6 a) und b) als Gesamtschuldner zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 12/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen;
6. die Beteiligte zu 7 zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 14/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen;
7. die Beteiligten zu 8 a) und b) als Gesamtschuldner zu verpflichten, der Beteiligten zu 1 20/1000 Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage M 86, D, zu übertragen.
Die Beteiligten zu 2 bis 8 haben beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung mit am 12. Februar 2003 verkündetem Beschluss die Anträge abgelehnt.
Der Amtsrichter hat ausgeführt, ein solcher Anspruch folge nicht aus dem einstimmigen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28. Mai 1998. Auch aus § 242 BGB ergebe sich ein derartiger Anspruch auf Zustimmung der Beteiligten zu 2 bis 8 nicht. Das Gesetz sehe eine zwingende Verbindung zwischen dem Miteigentumsanteil und der Größe der jeweiligen Teil/Wohneigentumseinheit nicht vor. Auch aus der vorgenannten Teilungserklärung sei eine solche zwingende Verknüpfung nicht abzuleiten. Hätte der aufteilende Eigentümer, der Ehemann der Beteiligten zu 1, der den Fall des Ausbaus der Teileigentumseinheit Nr. 1 mit dem Recht zur Erweiterung der Nutzfläche geregelt habe, einen Anspruch auf Veränderung der Miteigentumsanteile einräumen wollen, so würde er dies bereits mit der Teilungserklärung bzw. der später erfolgten Änderung getan haben.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Kammer hat nach abermaliger mündlicher Verhandlung am 5. November 2003 das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 2-8 entgegen treten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist von entscheidungserheblichen Rechtsfehlern nicht beeinflusst (§ 27 FGG).
1.
Die Kammer hat zur Begründung u. A. ausgeführt, sie schließe sich den überzeugenden Darlegungen des Amtsrichters in dem angefochtenen Beschluss an. Zwar sei seit Längerem in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass außergewöhnliche Umstände es ausnahmsweise rechtfertigen können, einen Miteigentümer zur Zustimmung zu einer Änderung der Teilungserklärung zu verpflichten, wenn ein Festhalten an einer alten Regelung als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheine. Unter Zugrundelegung des hierbei anzulegenden strengen Maßstabes sei indes vorliegend ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Die Festlegung der Größe der einzelnen Miteigentumsanteile unterliege nach allgemeiner Meinung weder einer Bindung an gesetzliche Vorschriften noch an den Wert, die Grundfläche oder die Nutzungsmöglichkeit des jeweiligen Wohnungs- oder Teileigentums. Auch in der vorliegenden Teilungserklärung werde nicht die zwingende Verknüpfung zwischen dem Miteigentumsanteil und der Größe der jeweiligen Teil-/Wohnungseigentumseinheit statuiert.
Entscheidend sei, dass der teilende Eigentümer trotz der Regelung des eventuellen Ausbaus der Teileigentumseinheit Nr. 1 einen Anspruch auf Veränderung der Miteigentumsanteile - im Gegensatz zur Öffnungsklausel hinsichtlich der Kostenverteilung - nicht eingeräumt habe.
2.
Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand.
Eine Änderung der Teilungserklärung hinsichtlich der Miteigentumsanteile bzw. Übertragung von Teilen der Anteile der übrigen Miteigentümer auf den ihr zugeordneten Anteil zum Zwecke der Erhöhung desselben mit Blick auf die vorgenommene Baumaßnahme kann die Beteiligte zu 1 nicht beanspruchen.
a)
Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben unterliegt die Festlegung der Größe der einzelnen Miteigentumsanteile nach allgemeiner Meinung (Staudinger-Bub, BGB, 12. Aufl., Rdz. 85 zu § 16 WEG m.w.N.; vgl. Senat - 3 Wx 402/00 - vom 08.01.2001) weder einer Bindung an gesetzliche Vorschriften noch an den Wert, die Grundfläche oder die Nutzungsmöglichkeit des jeweiligen Wohnungs- oder Teileigentums. Hierdurch kann es im Einzelfall dazu kommen, dass eine nachträgliche bauliche Veränderung, die zu einer erheblichen Vergrößerung und Wertsteigerung eines einzelnen Wohnungseigentums oder eines Teileigentums führt, eine zunächst sachgerechte Festlegung der Miteigentumsanteile aufhebt und eine unbillige Kostenverteilung hervorruft. Sieht in einem solchen Fall die Teilungserklärung keine Möglichkeit einer Änderung vor, so hat der einzelne Wohnungseigentümer entsprechend den Grundsätzen des § 242 BGB einen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile, wenn wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße (BGHZ 95, 137, 141 ff.; BayObLG WE 1997, 158, 160; Senat a.a.O.).
b)
aa)
Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend indes - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht gegeben. Die in der Teilungserklärung festgelegte Größe der Miteigentumsanteile war ursprünglich sachgerecht. Zwar sind später im Herbst 1988 vom Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 1 bauliche Veränderungen in der Weise vorgenommen worden, dass die Hoffläche des Objektes teilweise überbaut worden ist, wodurch sich die Fläche der Einheit Nr. 1 um 127,96 qm vergrößert hat. Damit hat die Baumaßnahme zwar zu einer wesentlichen Veränderung hinsichtlich der Größe und des Wertes der Sondereigentumseinheit geführt, so dass eine Veränderung auch der Miteigentumsanteile nach Treu und Glauben prinzipiell geboten sein könnte.
bb)
Vorliegend waren aber bauliche Veränderungen - wie vorgenommen - bereits in § 24 Nr. 3 der Gemeinschaftsordnung vorgesehen. In der Teilungserklärung war also die Flächenerhöhung schon angelegt, ohne dass die Teilungserklärung für diesen Fall eine Erhöhung der Miteigentumsanteile der Beteiligten zu 1 vorsieht, während andererseits § 11 der Teilungserklärung der zu erwartenden veränderten Kostenbelastung Rechnung zu tragen versucht.
Dies haben die Vorinstanzen rechtlich einwandfrei - und auch mit Blick auf die Begründung des Rechtsmittels nicht weiter ergänzungsbedürftig - herausgearbeitet.
Im Übrigen kommt bei der Frage einer Verpflichtung zur Änderung der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung dem Vertrauensgrundsatz eine besondere Bedeutung zu (BayObLG, ZMR 2001, 997). Der Vertrauensschutz ist dabei prinzipiell ein gewichtiges Argument für die Beibehaltung der einmal getroffenen Regelung, da sich jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich darauf muss verlassen können, dass wohnungseigentumsrechtlich getroffene Regelungen nicht ohne seine Zustimmung geändert werden (BayObLG DNotZ 2004, 147). Entsprechendes gilt für auch für die Fälle, in denen - wie hier - bei einer voraussehbaren Änderung der Verhältnisse von einer Anpassung der Miteigentumsanteile abgesehen wird, also eine diesbezügliche Regelung - wie § 11 der Teilungserklärung zeigt - mit Vorbedacht nicht vorgenommen wird.
Die sofortige weitere Beschwerde konnte danach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligte zu 1 die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten nach Billigkeitsgesichtspunkten in zweiter Instanz - unter Änderung der Entscheidung der Kammer - bestand eben so wenig Veranlassung wie für eine Erstattungsanordnung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten im Verfahren der weiteren Beschwerde.
Ende der Entscheidung
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