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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.04.2007
Aktenzeichen: I-3 Wx 53/07
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 16
BGB § 387
1. Hält ein Beteiligter den gegen ihn gestellten Wohngeldanspruch im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nur noch aus dem Gesichtspunkt der Aufrechnung für unbegründet, so stellt sich dies als entsprechende Beschränkung seines Rechtmittels dar.

2. Das Verbot, mit Wohngeldforderungen eine - streitige - Gegenforderung aufzurechnen, gilt auch, wenn die Gegenforderung nicht als Wohnungseigentümer erworben wurde (hier: Beschädigung des im Alleineigentum eines Wohnungseigentümers stehenden Nachbarhauses).


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 53/07

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage A. 37- 45/B. 8, Neuss,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 2. Februar 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. und der Richter am Oberlandesgericht D. und von W.

am 18. April 2007

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt der Beteiligten zu 2.

Er hat ferner die der Beteiligten zu 1 im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 1.194, 16 Euro.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage A. 37 - 45/B. 8 in Neuss. Der Beteiligte zu 2 ist Miteigentümer dieser Anlage und Sondereigentümer von 4 Tiefgarageneinstellplätzen.

Aus den Jahresabrechnungen 2002 und 2003 sowie den Wirtschaftsplänen 2004 und 2005 schuldet er bis September 2005 insgesamt 1.031, 76 Euro (105,40 Euro+254,36 Euro+672,- Euro).

Für Mahnkosten berechnet die Verwalterin nach dem Verwaltervertrag Mahngebühren in Höhe von 11,60 Euro. Für die Betreibung des Wohngeldverfahrens macht sie ein Honorar von 150,80 Euro geltend.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

den Beteiligten zu 2 zu verpflichten, an sie, die Beteiligte zu 1, 1.194,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. September 2005 zu zahlen.

Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,

das Gesuch der Beteiligten zu 1 abzulehnen.

Er hat eingewandt, die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne nicht zu kennen. Keine dieser Unterlagen sei ihm zugesandt worden. Zu den Eigentümerversammlungen sei er nicht eingeladen worden, so dass er an diesen auch nicht teilgenommen habe. Er hat die Forderung sowie die Mahnkosten dem Grunde und der Höhe nach bestritten.

Das Amtsgericht hat dem Antrag der Beteiligten zu 1 am 25. Juli 2006 stattgegeben.

Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Beteiligte zu 2 sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Zudem hat er gegen die von der Beteiligten zu 1 geltend gemachte Forderung hilfsweise die Aufrechnung mit ihm angeblich zustehenden Schadensersatzansprüchen wegen Beeinträchtigung und Gefährdung des an die Wohnungseigentumsanlage angrenzenden und in seinem Eigentum stehenden Gebäudes B. 10 erklärt.

Er hat beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Beschlusses das Gesuch der Beteiligten zu 1 abzulehnen.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 2. Februar 2007 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. (GA 199-205).

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 2 sein ursprüngliches auf Ablehnung des Zahlungsgesuchs gerichtetes Begehren weiter.

Er stützt dieses nur noch auf Aufrechung, die das Landgericht zu Unrecht abgelehnt habe. Er meint das Aufrechnungsverbot gelte nicht für die Schadensersatzforderung eines Außenstehenden.

Die Beteiligte zu 1 tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 27 FGG.

1.

Das Landgericht hat u.A. ausgeführt, die zulässige sofortige Beschwerde habe in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht habe das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss dem Antrag der Beteiligten zu 1 vollumfänglich stattgegeben. Der Beteiligte zu 2 sei gemäß §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2, 28 Abs. 5 WEG verpflichtet, die geltend gemachten Forderungen zu begleichen. Die Forderungen basierten auf bestandskräftigen Beschlüssen der Wohnungseigentumsgemeinschaft aus der Eigentümerversammlung vom 22. März 2005. Einwendungen gegen diese Beschlüsse seien nicht mehr zu berücksichtigen.

Die in der Beschwerdeinstanz vom Antragsgegner vorsorglich und hilfsweise erklärte Aufrechnung mit angeblich bestehenden Schadensersatzansprüchen vermöge an der Beurteilung nichts zu ändern. Eine Aufrechnung gegen Wohngeldansprüche der Wohnungseigentumsgemeinschaft sei grundsätzlich nicht möglich. Es könnten allenfalls Forderungen zur Aufrechnung gestellt werden, die von der Gemeinschaft anerkannt, rechtskräftig festgestellt oder durch eine Notgeschäftsführung entstanden sind [vgl. Merle in Bärmann, Pick, Merle, WEG, 9. Aufl., § 28, Rn. 148]. Diese Voraussetzungen seien vorliegend weder dargelegt noch ersichtlich.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

a)

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beteiligte zu 2 den Zahlungsanspruch nur noch aus dem Gesichtspunkt der Aufrechnung für unbegründet hält, was sich bei verständiger Würdigung als eine Beschränkung seines Rechtsmittels allein auf diesen Punkt darstellt.

b)

Der Beteiligte zu 2 ist nicht berechtigt, mit den gegen ihn bestehenden Forderungen seine - bestrittene - Gegenforderung aufzurechnen. Das grundsätzliche Aufrechnungsverbot für Wohngeldforderungen gilt auch hier. Gegenüber dem Anspruch auf Wohngeld kann nach gefestigter Rechtsprechung nur mit gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen nach § 21 Abs. 2 WEG (Notmaßnahmen) oder §§ 680 , 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) aufgerechnet werden, es sei denn, die Gegenforderung ist anerkannt oder rechtskräftig festgestellt (Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 28 Rn. 142 m.w.N.). Notmaßnahmen oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag sind nicht Rechtsgrund der Gegenforderungen des Beteiligten zu 2.

Das Verbot der Aufrechnung ist darin begründet, dass eine ordnungsmäßige Verwaltung nur dann gewährleistet ist, wenn alle Wohnungseigentümer ihren Zahlungspflichten nachkommen (BayObLG - 34 Wx 128/06 - vom 30.01.2007 bei Juris; KK-WEG/Happ § 16 Rdz. 39; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Auflage § 28 Rdz. 148; Weitnauer/Gottschalg, WEG 9. Auflage § 16 Rdz 28). Nur dann ist die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft gesichert. Diese darf nicht durch eine Auseinandersetzung über Gegenansprüche gefährdet werden (vgl. BayObLG a.a.O.). Rechtsgrundlage sind die zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Schutz- und Treuepflichten (Staudinger-Bub § 28 Rdz 228). Daher trifft das Aufrechnungsverbot hier den Beteiligten zu 2. Entgegen seiner Ansicht rechtfertigt sich eine abweichende Beurteilung nicht daraus, dass seine vermeintliche Aufrechnungsforderung aus einer angeblichen Beschädigung des in seinem Alleineigentum stehenden Hauses B. 10 durch Baumaßnahmen am benachbarten Gemeinschaftseigentum resultiert.

Das wirtschaftliche Interesse des Beteiligten zu 2, seinen Gegenanspruch möglichst zeitnah durch Aufrechnung getilgt zu sehen, ist weder intensiver noch schutzwürdiger gegenüber dem Interesse der Gemeinschaft, über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen wirtschaftlichen Mittel verfügen zu können, wenn der Anspruch nicht unmittelbar dem Gemeinschaftsverhältnis entsprungen ist. Die bestrittene Aufrechnungsforderung, kann vielmehr - weil gemeinschaftsferner - erst recht nicht dem Wohngeldanspruch entgegen gehalten werden.

Nach alledem ist das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass der Beteiligten zu 2 die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt und auch die der Beteiligten zu 1 im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten erstattet. Es wäre unbillig, Letztere mit außergerichtlichen Kosten für die Rechtsbeschwerde zu belasten, nachdem dem Beteiligten zu 2 bereits durch die Vorinstanz die Unbegründetheit seines (Zurückweisungs-) Antrags plausibel verdeutlicht worden war und sich die Beteiligten in Bezug auf den geltend gemachten Zahlungsanspruch wie Parteien eines Zivilverfahrens gegenüber standen.

Ende der Entscheidung

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