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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.01.2004
Aktenzeichen: I-4 U 104/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1624
BGB § 181
1.

Hat der Vater in Abstimmung mit seiner Ehefrau für die gemeinsame Tochter als versicherte und bezugsberechtigte Person eine Lebensversicherung abgeschlossen, deren Prämien aus dem Kindergeld bezahlt worden sind und die der Tochter bei Volljährigkeit für Ausbildungszwecke zur Verfügung stehen sollte, so liegt darin ein ohne notarielle Form wirksames Ausstattungsversprechen i. S. v. § 162,4 Abs. 1 BGB, das die Tochter, vertreten durch ihre Eltern, angenommen hat.

2.

Die Tochter hat aus dem Austattungsversprechen gegen den Vater, der als Versicherungsnehmer nach Streit mit ihr die Bezugsberechtigung zu seinen Gunsten geändert hat, Anspruch auf die an ihn ausgezahlte Ablaufleistung, weil ihr die Ausstattung von den Eltern gemeinsam zugewandt wurde und diese deshalb nur gemeinsam von etwaigen stillschweigenden Vorbehalten in Bezug auf den Auszahlungsanspruch Gebrauch machen konnten.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-4 U 104/03

Verkündet am 13. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S..., des Richters am Oberlandesgericht Dr. W... und der Richterin am Landgericht F...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28. Mai 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 8. November 1981 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus dessen am 22. April 1997 geschiedener Ehe mit der Zeugin D... D....

Im Jahre 1982 schloss der Beklagte bei der V... P... B...-St... V.V. a.G. eine Lebens- und Unfallversicherung ab. Versicherungsnehmer war der Beklagte. Gemäß Versicherungsschein vom 4. Mai 1982 (GA 11) war die Klägerin versicherte Person. Die Versicherungssumme von 12.000 DM sollte bei Tod der Klägerin nach dem 14. Lebensjahr, spätestens am 1. Mai 2000 fällig sein. Bezugsberechtigt war zunächst die Klägerin. Die monatliche Prämie von 48 DM brachten die Eltern der Klägerin zunächst gemeinsam auf. Für die weitere Tochter der Eheleute, Nadine, schlossen sie einen Sparvertrag auf deren Namen ab.

Nach der Trennung des Beklagten von der Mutter der Klägerin änderte der Beklagte die Bezugsberechtigung des Lebensversicherungsvertrages auf sich. Bei Fälligkeit am 1. Mai 2000 ließ er sich die Versicherungssumme von insgesamt 18.749,50 DM auszahlen.

Die Klägerin hat behauptet, ihre Eltern hätten die Versicherung als Ausbildungsversicherung für sie abgeschlossen. Diese seien sich einig gewesen, dass die Versicherungssumme ihr bei Vollendung des 18. Lebensjahres ausbezahlt werden solle, um hiermit ihre Aufwendungen abzudecken, wobei in erster Linie die Kosten ihrer Ausbildung ins Auge gefasst worden seien.

Die Klägerin hat vom Beklagten die bei Fälligkeit an ihn ausbezahlte Versicherungssumme verlangt.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 18,749,50 DM verurteilt. Es hat zur Begründung ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin D... D... hätten die Eltern sich dahingehend geeinigt, das Kindergeld durch Abschluss einer Lebensversicherung zugunsten der Klägerin anzulegen. Die Lebensversicherungssumme habe die Klägerin bei Volljährigkeit zur Schaffung einer finanziellen Unabhängigkeit erhalten sollen. Aus diesem Grunde stehe ihr ein Anspruch aus Ausstattungsversprechen i. S. von § 1624 Abs. 1 BGB zu.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er vertritt die Auffassung, als Versicherungsnehmer habe es ihm freigestanden, die Bezugsberechtigung jederzeit zu ändern. Dies habe er getan, weil die Klägerin seit der Trennung schon vor der Scheidung ihrer Eltern jeglichen Kontakt zu ihm abgelehnt und ihn zum Zahlvater degradiert habe. Im Jahre 2000 habe sie ihn zudem mehrfach per SMS auf sein Mobiltelefon beschimpft. Vorbehalte bei Abschluss des Vertrags ergäben sich auch daraus, dass bei eventuellen finanziellen Engpässen in der Ehe die Anlagesumme selbstverständlich den Eltern hätte zugute kommen sollen. Die Klägerin benötige das Geld dagegen nicht, da sie bei ihrer Mutter lebe und von ihm Unterhalt erhalte.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch aus einem Ausstattungsversprechen i. S. von § 1624 Abs. 1 BGB zu. Ihre Eltern haben sich bei Abschluss des Versicherungsvertrages darauf geeinigt, dass die Versicherungssumme bei Fälligkeit ihr als Aussteuer oder Ausbildungsfinanzierung zur Verfügung stehen sollte. Hierin liegt ein Ausstattungsversprechen des Beklagten, das die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, angenommen hat. Der notariellen Form bedarf ein solches Versprechen nicht. Die den eigenen Kindern mit Rücksicht auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung oder Verheiratung gemachten Zuwendungen gelten nur dann als Schenkung, wenn die Ausstattung das den Umständen entsprechende Maß übersteigt (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1624 BGB, Rdnr. 3). Hierfür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich, wie der Senat bereits im Beschluss vom 10. Juni 2001 ausgeführt hat, ohne dass der Beklagte die dortigen Ausführungen angegriffen hat. Der Beklagte verfügte im Jahre 1999 über ein Einkommen von 5.300 DM. Die Versicherungssumme wurde mit Raten zu je 48 DM aus dem Kindergeld angespart. Eine solche Rücklage für die Existenzgründung eines Kindes erscheint nicht unangemessen, auch wenn der Beklagte 1982 ein geringeres Einkommen erzielt haben sollte. § 181 BGB steht ebenfalls nicht entgegen, da das Versprechen des Beklagten der Klägerin lediglich einen rechtlichen Vorteil gewährte (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 181 BGB, Rn. 9).

Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass ein Ausstattungsversprechen gemacht wurde. Die Zeugin D... D... hatte eine vorbehaltlose Einigung mit ihrem Mann dergestalt bekundet, dass die Versicherungssumme der Klägerin zur Verfügung stehen sollte. Dass die Summe nach ihrer Aussage allgemein der finanziellen Unabhängigkeit der Klägerin dienen sollte, wobei an eine Finanzierung einer Wohnung im Falle eines Studiums, des Führerscheins o. ä. gedacht worden sei, ist unschädlich. Eine Einigung über die konkrete Verwendung der Ausstattungssumme ist für die Wertung als Ausstattung i. S. des § 1624 Abs. 1 BGB nicht Voraussetzung. Vielmehr genügt es, wenn sie zum Zwecke der Begründung oder Erhaltung der Selbständigkeit bestimmt ist. Nach der Zeugenaussage war dies der Fall, denn ihr Zweck lag darin, eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit für den weiteren Lebensweg der Klägerin zu schaffen. Aus demselben Grunde ist der Einwand des Beklagten, schon nach dem Vorbringen der Klägerin sei nicht klar, ob die Anlagesumme zur Aussteuer oder zur Ausbildungsfinanzierung dienen sollte, unerheblich. Beide Zwecke dienen der Begründung und Erhaltung der Selbständigkeit.

Ebenso ist unerheblich, ob die Klägerin auf die Lebensversicherungssumme angewiesen ist. Da für den Ausstattungscharakter einer Zahlung allein ihr Zweck maßgeblich ist, kommt es nicht darauf an, ob sie auch notwendig ist, um die selbständige Lebensstellung zu begründen (vgl. BGHZ 44, 91/93; Palandt/Diederichsen, 61. Aufl., § 1624 BGB, Rdnr. 1).

Die mit der Berufungsbegründung eingewandten Vorbehalte bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages hindern hier den Zahlungsanspruch nicht.

Das Vorbringen des Beklagten, er sei versicherte Person gewesen, trifft ausweislich des Versicherungsscheines vom 4. Mai 1982 (Bl. 11 d.A.) schon nicht zu. Dort ist ausdrücklich die Klägerin als versicherte Person aufgeführt. Der Beklagte war vielmehr nach dem unstreitigen Vorbringen beider Parteien in der ersten Instanz Versicherungsnehmer des Versicherungsvertrages. Aus diesem Grunde konnte er zwar im Verhältnis zum Versicherer die Bezugsberechtigung aus dem Versicherungsvertrag ändern, da der Versicherungsvertrag über die Verwendung der Anlagesumme keine Regelung enthält. Für das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und versicherter Person besagt: dies jedoch nichts. In diesem Verhältnis ist vielmehr die Verwendung der Anlagesumme davon abhängig, welche Regelung intern zwischen diesen getroffen wurde. Im Innenverhältnis ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Einigung zwischen der Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, und dem Beklagten dahingehend getroffen worden, dass die Versicherungssumme der Klägerin bei Volljährigkeit als Ausstattung zur Verfügung stehen sollte. Dies hat das Landgericht aufgrund der Vernehmung der Zeugin D... als erwiesen angesehen.

Das Beweisergebnis des Landgerichts ist für den Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verbindlich, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit begründen. Solche Anhaltspunkte trägt der Beklagte selbst nicht vor. Da er bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages seiner Tochter versprochen hat, die Lebensversicherungssumme dieser zuzuwenden, war er nicht berechtigt, im Verhältnis zu dieser die Bezugsberechtigung zu ändern. Ihr steht daher aus dem Ausstattungsversprechen die Anlagesumme zu.

Etwaige stillschweigende Vorbehalte bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ändern am Auszahlungsanspruch nichts.

Zwar mag der Einwand des Beklagten zutreffen, bei finanzieller Bedürftigkeit in der Ehe hätte die Lebensversicherung auch den Eltern zugute kommen sollen. Ein etwaiger stillschweigender Vorbehalt gleichbleibender finanzieller Verhältnisse (vgl. BGHZ 44, 91/95) hindert hier jedoch den Anspruch nicht. Zu einer Veränderung der finanziellen Verhältnisse - insbesondere zu einer Bedürftigkeit der Eltern im Fälligkeitszeitpunkt - ist nämlich nichts vorgetragen. Der Vortrag des Beklagten beschränkt sich darauf, die Zeugin D... sei derzeit wegen Schwerbehinderung nicht berufstätig. Zu einer etwaigen finanziellen Notlage seinerseits oder der Zeugin aus diesem Grund fehlt jedoch jeder Vortrag.

Ebensowenig vermag die Zerrüttung des persönlichen Verhältnisses des Beklagten zur Klägerin den Auszahlungsanspruch zu hindern. Es handelt sich um neues Vorbringen. Mit diesem ist der Beklagte ausgeschlossen, da er nichts dazu vorträgt, aus welchem Grunde dieses Vorbringen nicht schon in der ersten Instanz erfolgte (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Die Zerrüttung des persönlichen Verhältnisses zur Klägerin soll darauf beruhen, dass diese im Rahmen der Trennung ihrer Eltern schon vor der Scheidung 1997 jeglichen Kontakt zum Beklagten abgelehnt und ihn im Jahre 2000 durch SMS beleidigt habe. Der Vortrag hierzu wäre ohne weiteres bereits vor der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 30. April 2003 möglich gewesen.

Abgesehen davon ist das Vorbringen auch unerheblich. Selbst wenn man unterstellt, dass die Eltern der Klägerin bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages stillschweigend den Vorbehalt gemacht haben, dass die persönlichen Verhältnisse nicht schwerwiegend gestört seien, konnte der Beklagte über eine etwaige Änderung der Bezugsberechtigung aus diesem Grunde nicht allein entscheiden. Die Ausstattung wurde der Klägerin in einer gemeinsamen Entscheidung ihrer Eltern zugewandt. Die Prämie wurde aus dem Kindergeld bezahlt, das dem Beklagten und seiner früheren Ehefrau gemeinsam zustand. Die grundsätzlich der Klägerin zustehende Ablaufleistung hätte der Beklagte daher auch bei Zerrüttung seines persönlichen Verhältnisses zur Klägerin nur mit Zustimmung seiner geschiedenen Ehefrau in Anspruch nehmen dürfen. Da diese Zustimmung nicht vorliegt, bleibt die Klägerin aus dem Ausstattungsversprechen berechtigt.

Ein Widerruf des Ausstattungsversprechens wegen groben Undanks kommt nicht in Betracht, da die Vorschrift des § 530 BGB auf das Ausstattungsversprechen nicht anwendbar ist (Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Auflage, § 1624 BGB, Rn. 3).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Streitwert der Berufungsinstanz: 18.749,50 DM.

Ende der Entscheidung

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