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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: I-4 U 111/05
Rechtsgebiete: VGB 62
Vorschriften:
VGB 62 § 7 Nr. 1 b |
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. April 2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.508,51 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Nach einem Rohrbruch im Badezimmer seines Hauses nimmt der Kläger die Beklagte, bei der er eine Wohngebäudeversicherung auf der Grundlage der VGB 62 unterhält, auf Ersatz des Fliesenschadens in Anspruch.
Da Fliesen gleicher Art wie die beschädigten nicht zu beschaffen waren, vertritt er den Standpunkt, die Beklagte habe für die Kosten einer kompletten Neuverfliesung aufzukommen. Eine auf den Austausch beschädigter Fliesen beschränkte Reparatur sei ihm nicht zumutbar, weil er eine Versicherung zum Neuwert abgeschlossen habe.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die zur Reparatur benötigten Fliesen hätten zerstörungsfrei im Bereich der Dusche aufgenommen und in den Boden eingefügt werden können. In dem Fall hätte nur noch die Wand der Dusche neu verfliest werden müssen. Die dabei auftretenden Farbunterschiede seien gegen Zahlung eines Wertausgleichs - hier in Höhe von 300 € - hinzunehmen.
Dieser Argumentation hat sich das Landgericht angeschlossen und dem Kläger auf der Grundlage der Berechnung der Beklagten eine Entschädigung in Höhe von nur 4.090 € zugesprochen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Anspruch auf Ersatz der Kosten der Neuverfliesung, die sich insgesamt auf 7.508,51 € belaufen haben, weiter.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
Nach § 7 Nr. 1 b VGB 62 hat die Beklagte bei Beschädigung versicherter Sachen für die Kosten der Reparatur, höchstens jedoch für den Versicherungswert der betroffenen Teile, aufzukommen. Bei der Reparatur einer teilweise beschädigten Sache bemisst sich der Umfang der zu entschädigenden Reparaturkosten nach den Geboten der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Entscheidend ist, was ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer investiert hätte. Deshalb kann der Versicherungsnehmer nach der Rechtsprechung nicht die Kosten für die komplette Neuverfliesung eines einheitlich gefliesten Badezimmers verlangen, wenn dies außer Verhältnis zu der optischen Beeinträchtigung steht, die verbleibt, wenn z.B. nur der beschädigte Fußboden neu verfliest wird (Senat VersR 1994, 670; OLG Köln r+s 2005, 422 m. ablehn. Anm. d. Schriftleitung; AG Amberg NVersZ 2001, 91; Kollhosser in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 VGB 62 Rn. 1). Von diesen rechtlichen Erwägungen hat sich auch der Einzelrichter leiten lassen. Nicht gefolgt werden kann ihm jedoch, soweit er angenommen hat, bei der vom Kläger veranlassten kompletten Neuverfliesung des Bades handele es sich um eine Luxussanierung, für die die Beklagte nicht mehr aufzukommen habe.
Bei seiner Vernehmung durch das Landgericht hat der örtliche Geschäftsstellenleiter der Beklagten, der Zeuge D..., bekundet, er habe dem Kläger vorgeschlagen, Bodenfliesen durch eine Fachfirma vorsichtig ablösen und im Wandbereich der Dusche neu einsetzen zu lassen. Anschließend solle der Boden vollständig neu gefliest werden (GA 74). Wenn der Kläger dann noch einen Ausgleich für den durch die unterschiedliche Verfliesung von Wänden und Boden bedingte Wertminderung erhalten hätte, wäre das möglicherweise eine angemessene Lösung gewesen, die auch der Fallgestaltung in dem angesprochenen Urteil des Senats entsprochen hätte. Davon ist die Beklagte bei der von ihr unter dem 23. Oktober 2003 vorgenommenen Abrechnung (GA 12) jedoch abgewichen. Stattdessen sollten nach einem von ihr vorgestellten speziellen Verfahren (GA 40) Wandfliesen im Bereich der Dusche zerstörungsfrei aufgenommen und im Bodenbereich neu verarbeitet werden. Das hätte jedoch dazu geführt, dass sich Farbabweichungen zwischen den Wandfliesen ergeben hätten. Ob das - bei einem angepassten Wertausgleich - noch zumutbar ist, ist zweifelhaft, da unterschiedliche Farben bei Boden und Wand häufig gewollt sind, eine uneinheitliche Verfliesung der Wände jedoch kaum. Unabdingbar scheint bei diesem Sanierungskonzept aber jedenfalls, dass der Boden, der Sockel der Duschtasse und der Wandbereich neben der Heizung, soweit dieser durch die Duschabtrennung nicht verdeckt wird, einheitlich gefliest werden. Dann wären aber nicht nur, wie von der Beklagten angenommen, 10, sondern (geschätzt) 25 Wandfliesen im Duschbereich aufzunehmen gewesen. Anhand der von der Beklagten vorgelegten Lichtbilder ist nämlich feststellbar, dass für die Behebung des Schadens im Bereich des Bodens zwölf, zur Verkleidung der Duschtasse fünf und zur Abdeckung des Wandbereichs zwei Fliesen benötigt werden (vgl. das Lichtbild GA 38). Somit hätten insgesamt 19 Fliesen an anderer Stelle aufgenommen werden müssen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass diese nicht problemlos von der Wand abgenommen werden können. Insofern ergibt sich aus der Dokumentation der Klägerin, dass eine zerstörungsfreie Entfernung von Fliesen und Bodenplatten nur "in vielen Fällen" möglich ist (GA 40). Mithin muss eingerechnet werden, dass einzelne Fliesen bei der Ablösung Beschädigungen erleiden, die eine Wiederverwendung unmöglich machen. Deshalb geht der Senat bei der Schadensschätzung von Ablösungsversuchen bei zumindest 25 Fliesen aus. Das führt auf der Basis der Berechnung der Beklagten zu einer Erhöhung der Netto-Kosten für die Aufnahme von Fliesen um 609 € (Aufnahme von zehn Fliesen: 406 €; Aufnahme von 25 Fliesen: 1.015 €). Entsprechend erhöhen sich die Kosten für das Aufstemmen, das Vorbereiten und das Erneuern der Bodenverfliesung, die die Beklagte auf der Grundlage von zehn auszutauschenden Fliesen mit (374 € + 661 € =) 1.035 € veranschlagt hat. Da sich aber andererseits durch die zerstörungsfreie Ablösung die Kosten für das Aufstemmen der Fliesen und die Neuverfliesung im Duschbereich vermindern, erscheint ein Zuschlag für das Aufstemmen, das Vorbereiten und die Erneuerung der Bodenfliesen von insgesamt (netto) 600 € angemessen. Unter Berücksichtigung des von der Beklagten im übrigen für die Fliesenarbeiten kalkulierten Werklohns (ohne Wertminderung und ohne Rechnung St...) von (netto) 3.790 € ergibt sich dann ein Gesamtbetrag von (netto) 4.999 €. Hinzuzurechnen ist die Mehrwertsteuer (798,84 €), die die Beklagte bei ihrer Abrechnung außer Acht gelassen hat. Damit ergibt sich - ohne Wertminderung - eine Gesamtsumme von 5.798,84 €. Diese liegt aber nur noch rund 1.700 € unter der Vergütung, die die von dem Kläger beauftragte Fachfirma für die vollständige Neuverfliesung des Bades berechnet hat (GA 14 ff.: 7.508,51 €). Bei diesem überschaubaren Differenzbetrag würde aber auch ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer bei verständiger Würdigung eine komplette Neuverfliesung in Auftrag geben. Zu demselben Resultat gelangt man im übrigen auch, wenn man dem Kläger aufgrund der unterschiedlichen Farbgebung im Wandbereich eine angemessene Wertminderung zubilligt. Denn diese müsste den von der Beklagten zugestandenen Betrag (300 €) unter den gegebenen Umständen erheblich übersteigen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Berufungsstreitwert: 3.481,51 €.
Ende der Entscheidung
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