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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: I-4 U 144/07
Rechtsgebiete: VHB 92, VVG


Vorschriften:

VHB 92 § 19
VHB 92 § 21 Nr. 2 b
VHB 92 § 21 Nr. 3
VVG § 1
VVG § 6 Abs. 3 a.F.
VVG § 49 a.F.
VVG § 61 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 31. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt wegen eines Einbruchsdiebstahls Leistungen aus einer bei der Beklagten für den Hausrat ihrer Wohnung W.-straße ... in D. unterhaltenen Hausratversicherung mit einer Versicherungssumme von 107.380,-- €, welcher die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: VHB 92) zugrunde liegen, wegen deren Inhalt auf das in Ablichtung zu den Akten gereichte Exemplar Bezug genommen wird (Bl. 163 ff. GA).

Die Klägerin verließ am Morgen des 09.06.2005 ihre im Erdgeschoss gelegene Wohnung, um sich zu ihrem ca. 300 m entfernten Büro zu begeben. Dabei blieb das zum rückwärtigen Garten gelegene Schlafzimmerfenster in Kippstellung, welches die Klägerin zuvor geöffnet hatte. Das Fenster befindet sich ca. 50 cm vom Erdboden entfernt. Der Garten ist durch einen kniehohen Zaun eingefriedet. Durch das Schlafzimmerfenster gelangte eine aus mehreren Personen bestehende Tätergruppe in die Wohnung und entwendete dort in im einzelnen streitigen Umfang Gegenstände. Zwei der Täter wurden um ca. 11.00 Uhr beobachtet, wie sie sich mehrfach mit einer gefüllten Sporttasche durch den Garten zu einem wartenden Geländewagen begaben. Gegen 16.00 Uhr hielt sich die Tochter der Klägerin kurzzeitig in der Wohnung auf, stellte aber keinen Einbruch fest. Die Klägerin kehrte gegen 19.45 Uhr in die Wohnung zurück, entdeckte den Einbruch und meldete ihn telefonisch bei der Polizei. Bei dieser ging am 27.06.2005 eine von der Klägerin gefertigte Stehlgutliste ein (Bl. 56 GA; Bl. 55 ff. Beiakten).

Die Klägerin meldete den Einbruch auch bei der Beklagten telefonisch. Am 17.06.2005 unterzeichnete sie eine Schadenanzeige. In dieser ist bei der Frage, ob Aufbruchspuren vorhanden seien, die Alternative ja maschinell angekreuzt und handschriftlich daneben vermerkt: "Fenster an den Scharnieren ausgehebelt". Zudem ist maschinell angekreuzt, dass Fenster und Türen verschlossen gewesen seien. Wegen des weitergehenden Inhalts der Schadenanzeige wird auf das in Ablichtung zu den Akten gereichte Exemplar Bezug genommen (Bl. 82 GA). Dem Schadensregulierer der Beklagten H. erklärte die Klägerin am 06.07.2005, sie habe die Wohnung gemeinsam mit ihrer Tochter gegen 8.00 Uhr verlassen, das Schlafzimmerfenster sei gewaltsam geöffnet worden, nennenswerte Einbruchsspuren seien aber nicht vorhanden und das Fenster sei durch die Fa. S. & W. repariert worden. Dem von der Beklagten eingeschalteten Gutachter S. erklärte sie, die Wohnung gemeinsam mit ihrer Tochter um ca. 7.50 Uhr verlassen zu haben, alle Fenster und Türe seien ordnungsgemäß verschlossen gewesen; das Schlafzimmerfenster sei aufgehebelt worden. Mit Schreiben vom 28.02.2006 (Bl. 40 f. GA) lehnte die Beklagte Versicherungsleistungen mit der Begründung ab, die Klägerin habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.

Die Klägerin hat behauptet, die Täter hätten das Schlafzimmerfenster ausgehebelt. Das Fenster sei nach dem Einbruch beschädigt gewesen und habe Einbruchsspuren aufgewiesen. Es seien 3 Schließbleche nicht mehr funktionsfähig und der innen liegende Beschlag verzogen gewesen. Demgemäß sei das Fenster den vor Ort mit der Spurensicherung betrauten Beamten auch entgegen gefallen. Das Öffnen des Fensters sei von außen auch in Kippstellung ohne Gewaltanwendung und ohne Einbruchsspuren nicht möglich. Ein Aushebeln sei auch in diesem Fall erforderlich gewesen. Sie - die Klägerin - achte zudem ansonsten immer darauf, dass vor dem Verlassen der Wohnung alle Fenster verschlossen würden. Am Morgen des 09.06.2005 habe man aber bei dem Frühstück festgestellt, dass ihre Tochter am Vortag ihre Schultasche im Büro der Klägerin vergessen gehabt habe. Da die Schule der Tochter - was insoweit unstreitig ist - um 08.10 Uhr beginne, habe man sich in Eile befunden, um die Tasche zuvor noch im Büro abzuholen. Ihre Tochter habe dann zunächst die Wohnung verlassen. Um ca. 08.00 Uhr sei sie - die Klägerin - dann auch aus der Wohnung gegangen. Dabei habe sie jedoch, weil sie sich in Eile befunden habe, das noch in Kippstellung befindliche Schlafzimmerfenster vergessen. Die Täter hätten dann die auf Seite 4 ff. der Klageschrift aufgeführten Gegenstände aus der Wohnung entwendet. Die entwendeten und später nicht mehr aufgefundenen Sachen hätten in ihrem Eigentum gestanden und einen Neuwert von 32.100,-- € gehabt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 32.100,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, wegen der unrichtigen und widersprüchlichen Angaben der Klägerin gegenüber ihrem Schadensregulierer, dem von ihr eingeschalteten Gutachter und in der Schadenanzeige vom 17.06.2005 sowie wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles sei sie von ihrer Leistungspflicht befreit. Das Belassen des Schlafzimmerfensters in Kippstellung sei ursächlich für den Einbruchsdiebstahl geworden. Die Täter hätten das Fenster durch Hineinfassen und Betätigen des Fenstergriffes geöffnet. An dem Fenster seien keine Einbruchsspuren vorhanden gewesen. Schließlich seien in § 19 VHB 92 Entschädigungsgrenzen für Wertsachen von 20% der Versicherungssumme und für Bargeld von 1.022,58 € vereinbart gewesen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 31.05.2007 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei sowohl wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles als auch wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung durch die Klägerin leistungsfrei. Die Klägerin habe grob fahrlässig gehandelt, als sie die Wohnung verließ und dabei das Schlafzimmerfenster in Kippstellung beließ, weil sich das Fenster im Erdgeschoss befunden und die beabsichtigte Abwesenheit von 08.00 Uhr bis zum Eintreffen ihrer Tochter um 16.00 Uhr andauerte. Der von der Klägerin geltend gemachte Zeitdruck rechtfertige keine andere Beurteilung. Ein Schließen des Fensters hätte nur wenige Sekunden in Anspruch genommen. Das Büro sei nur 300 m entfernt, also zeitnah zu erreichen gewesen. Zudem habe sich die Klägerin auf die Sachlage einrichten können, weil das Fehlen der Schultasche schon während des Frühstücks aufgefallen sei. Schließlich ergebe sich die Leistungsfreiheit der Beklagten aber auch aus § 21 Nr. 2b) VHB 92 in Verbindung mit § 21 Nr. 3 VHB 92, § 6 Abs. 3 VVG, weil die Klägerin dadurch vorsätzlich gegen ihre Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Auskunftserteilung verstoßen habe, dass sie angab, alle Fenster seien ordnungsgemäß verschlossen gewesen.

Gegen das ihr am 08.06.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 05.07.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, mit am 27.08.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie macht im Wesentlichen geltend, das in Kippstellung befindliche Schlafzimmerfenster habe nicht zu einer erhöhten Einbruchsgefahr geführt. Zum einen hätten die Täter nämlich, um das Fenster zu erreichen, den großzügig angelegten und von den benachbarten Wohneinheiten gut einsehbaren Garten durchqueren müssen, was mit einem erheblichen Entdeckungsrisiko verbunden gewesen sei. Zum anderen habe das Fenster auch in Kippstellung nur durch Aushebeln geöffnet werden können, weil es über eine besondere Schutzvorrichtung verfügt habe, wodurch ein Umstellen des Griffes nur möglich sei, wenn das Fenster gegen den Rahmen gelehnt werde. Unabhängig hiervon könne ihr aber schon der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht gemacht werden. Sie sei schon nicht davon ausgegangen, dass die Wohnung bis 16.00 Uhr unbeaufsichtigt sein würde, weil sie erwartete, dass ihre Tochter unmittelbar nach Schulschluss wieder zu der Wohnung zurückkehren werde. Zudem habe der Einbruch bereits kurze Zeit nachdem sie die Wohnung verlassen habe, begonnen. Schließlich habe sie allein aus Zeitnot vergessen, alle Fenster vor Verlassen der Wohnung zu kontrollieren. Ihr könne auch nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe vorsätzlich unrichtige Angaben gegenüber der Beklagten gemacht. Die in der Schadenanzeige enthaltenen Kreuzchen seien bereits durch den Sachbearbeiter der Beklagten vorgedruckt gewesen. In ihrem Beisein seien lediglich die handschriftlichen Ergänzungen vorgenommen worden und sie habe die Schadensanzeige dann unterzeichnet.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 31.05.2007 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 32.100,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Klägerin habe nicht nur in dem Schadenformular sondern auch gegenüber ihren Mitarbeitern A. und H. sowie dem Gutachter S. alle Fenster als geschlossen angegeben. Die von ihr behauptete Eile hindere nicht einen kurzen Blick in das Schlafzimmer, um zu kontrollieren, ob alle Fenster geschlossen sind.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen des Einbruchsdiebstahls vom 09.06.2005 aus §§ 1, 49 VVG a.F. in Verbindung mit dem zwischen den Parteien bestehenden Hausratversicherungsvertrag.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte schon wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles leistungsfrei ist (§ 61 VVG a.F.). Die Leistungsfreiheit der Beklagten ergibt sich jedenfalls aus § 21 Nr. 3 VHB 92 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 VVG a.F.. Die Klägerin hat vorsätzlich gegen ihre sich aus § 21 Nr. 2 b) VHB 92 ergebende Obliegenheit verstoßen, der Beklagten jede zumutbare Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten, sowie jede hierzu dienliche Auskunft zu erteilen.

a.

Die sich aus § 21 Nr. 2 b) VHB 92 ergebende Verpflichtung, sachdienliche Fragen der Beklagten wahrheitsgemäß zu beantworten, hat die Klägerin objektiv verletzt, indem sie die Schadenanzeige vom 17.06.2005 unterzeichnete, obwohl hierin alle Fenster als verschlossen bezeichnet waren. Dies entsprach nicht den Tatsachen, da das Schlafzimmerfenster sich in Kippstellung befand, als die Klägerin die Wohnung verließ. Dass die Alternative "verschlossen" bereits in dem Vordruck maschinell angekreuzt war, führt nicht dazu, dass es sich insoweit nicht um eine Erklärung der Klägerin handeln würde. Denn die Klägerin hat sich durch die Unterzeichnung des Formulars dessen Inhalte zu eigen gemacht.

Die in dem Formular für die Schadenanzeige enthaltene Frage, ob die Fenster (und Türen) geöffnet, gekippt, geschlossen oder verschlossen waren, stellt auch eine sachdienliche Frage dar. Sachdienlich sind alle Fragen, welche sich auf für den Anspruchsgrund und die Anspruchshöhe rechtserheblichen Tatsachen beziehen. Dabei dürfen sich die Fragen auch auf solche Tatsachen erstrecken, für welche der Versicherer die Beweislast trägt, weil sie gegebenenfalls den Entschädigungsanspruch ausschließen würden, insbesondere auf Tatsachen, welche zur Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 61 VVG a.F. führen können (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3.Auflage, X II Rn. 153). Das Verlassen der Wohnung bei einem in Kippstellung belassenen Fenster kann je nach den Umständen des Einzelfalles den Vorwurf grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles rechtfertigen und damit nach § 61 VVG a.F. zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen (vgl. dazu OLG Hamm RuS 1999, Seite 210; OLG Oldenburg VersR 1995, Seite 291), so dass die Frage danach, in welcher Stellung sich die Fenster der Wohnung befunden haben, sachdienlich war, weil ihrer Antwort wesentliche Bedeutung für die Leistungspflicht des Versicherers zukommen konnte.

b.

Diese Obliegenheitsverletzung hat die Klägerin auch vorsätzlich begangen. Der Versicherungsnehmer hat ein geringeres Verschulden als Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zu beweisen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27.Auflage, § 6 VVG Rn. 124 m.w.N.). Dies folgt aus § 6 Abs. 3 VVG a.F., wonach die für den Fall der Verletzung einer nach dem Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllenden Obliegenheit statuierte Leistungsfreiheit des Versicherers dann nicht eintritt, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Den Beweis fehlenden Vorsatzes hat die Klägerin nicht zu führen vermocht. Dabei reicht bedingter Vorsatz des Versicherungsnehmers aus (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27.Auflage, § 6 VVG Rn. 116 m.w.N.). Dass ihr die Kippstellung des Schlafzimmerfensters bei Unterzeichnung der Schadenanzeige nicht bewusst gewesen wäre, macht die Klägerin nicht geltend. Allein der Umstand, dass das Kreuz neben der Alternative "verschlossen" bereits in dem Vordruck vorgefertigt war, vermag einen geringeren Verschuldensvorwurf als Vorsatz nicht zu rechtfertigen. Die Klägerin hat die Frage und die bereits vorgefertigte Antwort wahrgenommen. Etwas anderes behauptet sie nicht. Zudem war ihr bewusst, dass sich die in dem Formular enthaltenen Fragen an sie richteten und die vorgefertigte Antwort auf die Frage danach, ob sich die Fenster der Wohnung in verschlossenem oder eventuell gekipptem Zustand befunden hätten, falsch war. Schließlich war das Schlafzimmerfenster auch Gegenstand ihrer Angaben im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Formulars. Denn bei der Frage nach Aufbruchsspuren, welche in dem Formular der Angabe, Türen und Fenster seien verschlossen gewesen unmittelbar vorangeht, findet sich der handschriftliche Zusatz "Fenster an den Scharnieren ausgehebelt". Die handschriftlichen Zusätze sind aber in ihrem Beisein und unmittelbar vor Unterzeichnung des Formulars vorgenommen worden. Indem die Klägerin das Formular zur Schadenanzeige unterzeichnete, hat sie die Angabe, Fenster und Türen seien verschlossen gewesen damit in Kenntnis ihres Inhalts und ihrer Wahrheitswidrigkeit zu ihrer eigenen und damit vorsätzlich falsche Angaben gemacht.

c.

Der Leistungsfreiheit der Beklagten steht auch nicht die Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofes entgegen. Hiernach entfällt die Leistungsfreiheit des Versicherers bei einer folgenlos gebliebenen Obliegenheitsverletzung dann, wenn die Verletzung generell nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, dem Versicherungsnehmer kein schweres Verschulden zur Last fällt oder der Versicherungsnehmer nicht zutreffend über die Leistungsfreiheit des Versicherers bei derartigen Obliegenheitsverletzungen belehrt wurde (vgl. BGH VersR 1984, Seite 228).

aa.

Daran, dass die Klägerin zutreffend über die Leistungsfreiheit der Beklagten auch bei folgenlosen Obliegenheitsverletzungen informiert wurde, bestehen im Hinblick auf den diesbezüglichen ausdrücklichen Hinweis in dem Formular zur Schadenanzeige keine Zweifel. Er genügt den in der Rechtsprechung an eine solche Belehrung gestellten Anforderungen (vgl. BGH VersR 1998, Seite 447). Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben auch dann die Leistungsfreiheit des Versicherers bewirken, wenn diesem hierdurch kein Nachteil entsteht.

bb.

Die Obliegenheitsverletzung der Klägerin war auch generell geeignet, die Interessen der Beklagten als Versicherer ernsthaft zu gefährden. Dies beruht schon darauf, dass ein in Kippstellung belassenes Fenster sich je nach den Umständen des Einzelfalles als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls darstellen und aus diesem Grund zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gegeben sind, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob die Obliegenheitsverletzung im konkreten Fall die Interessen des Versicherers zu beeinträchtigen geeignet war. Vielmehr reicht die generelle Eignung der Obliegenheitsverletzung für eine solche Interessenbeeinträchtigung aus (so auch OLG Köln VersR 1995, Seite 1435).

cc.

Schließlich fällt der Klägerin auch ein besonders schweres Verschulden im Sinne der Relevanzrechtsprechung zur Last. Ein solches fehlt nur dann, wenn es sich um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer unterlaufen kann und für das daher ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (vgl. BGH VersR 1984, Seite 228). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Dagegen spricht schon, dass die Klägerin vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. Ein verständiger Versicherer braucht indes kein Verständnis dafür aufzubringen, dass der Versicherungsnehmer konkret nachgefragte Umstände bewusst falsch angibt, welche bei wahrheitsgemäßer Beantwortung den Vorwurf grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles rechtfertigen können.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Berufungsstreitwert: 32.100,-- €

Ende der Entscheidung

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