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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: I-4 U 164/04
Rechtsgebiete: ZPO, ARB 75, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91a
ZPO § 531 II Nr. 2
ZPO § 887
ARB 75 § 1 I
ARB 75 § 1 I 2
ARB 75 § 15
ARB 75 § 15 I d)
ARB 75 § 15 I cc)
ARB 75 § 15 II
ARB 75 § 17 I
ARB 75 § 17 I 2
ARB 75 § 17 II
ARB 75 § 17 II 1
ARB 75 § 17 II 2
BGB § 284 I
BGB § 284 II Nr. 3
BGB § 288 I
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 29.07.2004 - 7 O 164/03 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 535,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2003 zu zahlen und die Klägerin freizustellen in Bezug auf die Gebührenforderung der Rechtsanwälte pp., gem. der Kostenrechnung der Anwälte vom 10.06.2003 in Höhe von 5.881,38 EUR.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreit hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aufgrund einer zwischen den Parteien seit dem Jahr 1987 bestehenden Rechtsschutzversicherung Deckung in Bezug auf eine von ihr am 04.02.2003 beim Landgericht Paderborn anhängig gemachte und dort unter dem Aktenzeichen 4 O 57/03 geführte Zahlungsklage gegen Notar pp. (im folgenden: "Notar" genannt). Mit einem von dem Notar beurkundeten Kaufvertrag vom 23.05.2000 erwarb die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann ein Hausgrundstück bei Paderborn. Auf eine Mitteilung des Notars vom 01.09.2000, dass sämtliche Unterlagen zur Kaufpreisfälligkeit vorlägen, zahlten die Klägerin und ihr Ehemann den vereinbarten Kaufpreis von 235.000,- DM an die Verkäuferin. Die Mitteilung des Notars stellte sich jedoch als falsch heraus, da in Abt.III Nr.6 des Grundbuches vereinbarungswidrig noch eine Briefgrundschuld der Verkäuferin über 250.000,- DM eingetragen war, welche diese außerhalb des Grundbuches an die N... abgetreten hatte. Auf die Klage der Klägerin und ihres Ehemannes stellte das Landgericht Paderborn mit Urteil vom 11.07.2002 - 4 O 74/02 - daraufhin fest, dass der verklagte Notar verpflichtet sei, der Klägerin und ihrem Ehemann jedweden Schaden zu ersetzen, der ihnen im Zusammenhang mit dem vom Notar beurkundeten notariellen Kaufvertrag vom 24.05.2000 entstanden war oder noch entstand. Am 30.07.2002 erstritten die Klägerin und ihr Ehemann beim Landgericht Bielefeld unter dem Aktenzeichen 5 O 146/02 gegen die Verkäuferin des Grundstücks ein Versäumnisurteil, durch das diese verurteilt wurde, das Grundstück lastenfrei zu übertragen. Gestützt auf dieses Urteil erwirkten die Klägerin und ihr Ehemann am 07.01.2003 einen Beschluss nach § 887 ZPO gegen die Verkäuferin, durch den sie ermächtigt wurden, die Lastenfreiheit des Grundstücks auf Kosten der Verkäuferin zu bewirken, und die Verkäuferin verurteilt wurde, insgesamt 140.605,27 EUR nebst Zinsen an die Klägerin und ihren Ehemann zu zahlen. Da ihnen eine Vollstreckung gegen die Verkäuferin aussichtslos erschien, forderten die Klägerin und ihr Ehemann den Notar unter Bezugnahme auf das Urteil des LG Paderborn vom 11.07.2002 - 4 O 74/02 - mit anwaltlichem Schreiben vom 14.01.2003 unter Fristsetzung bis zum 29.01.2003 zur Zahlung von 140.605,27 EUR auf. Auf Zahlung eben dieser Summe war auch die nach fruchtlosem Fristablauf erhobene, streitgegenständliche Klage gerichtet. Die Beklagte bat die Klägerin mit Schreiben vom 04.02.2003 um Kostenschutzzusage für die am gleichen Tag anhängig gemachte Zahlungsklage gegen den Notar. In der Folgezeit stellte die Klägerin der Beklagten auf deren Verlangen diverse Unterlagen betreffend die Verfahren 4 O 57/03 LG Paderborn und 5 O 146/02 LG Bielefeld zur Verfügung. In der Zwischenzeit hatte durch außergerichtliche Gespräche der Verkäuferin mit der N... eine Löschung der Grundschuld herbeigeführt werden können, weshalb die Parteien des Verfahrens 4 O 57/03 LG Paderborn dieses in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten. Im nachfolgenden Beschluss vom 13.05.2003 legte das LG Paderborn der Klägerin und ihrem Ehemann gem. § 91a ZPO 6/7 die Kosten des Rechtsstreits auf und begründete dies damit, dass kein Anlass für eine Klageerhebung über 140.605,27 EUR bestanden habe. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten aufgrund näher bezeichneter Umstände bereits vor Klageerhebung gewusst, dass zur Ablösung der streitgegenständlichen Grundschuld lediglich eine "Lästigkeitsgebühr" von ca. 40.000,- DM erforderlich gewesen sei. Auf die daraufhin seitens der Klägerin von der Beklagten erbetene Deckungszusage für eine Beschwerde gegen diesen Kostenbeschluss teilte die Beklagte mit Schreiben vom 23.05.2003 mit, dass das Hauptsacheverfahren nicht unter Deckungsschutz stehe und auch für die beabsichtigte Beschwerde keine Deckungszusage erteilt werden könne, da die Klägerin vor Klageerhebung gewusst habe, dass zur Ablösung der Grundschuld die beantragte Summe nicht notwendig sei. Bei ihrer Weigerung blieb die Beklagte auch, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 20.08.2003 einen anwaltlichen Stichentscheid i.S.v. § 17 II ARB 75 vorgelegt hatte, in dem die Rechtsverfolgung i.H.v. 140.605,27 EUR im Verfahren 4 O 57/03 LG Paderborn als nicht mutwillig bezeichnet wird. Die vom Notar aufgrund des Beschlusses vom 13.05.2003 geltend gemachten Kosten i.H.v. 535,53 EUR hat die Klägerin am 25.07.2003 durch Aufrechnung mit anderweitigen Schadensersatzansprüchen beglichen. Die Kostennote ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10.06.2003 über 5.881,38 EUR, die sich auch über die verauslagten Gerichtskosten verhält, ist noch offen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihr für die Zahlungsklage gegen den Notar Rechtsschutz zu gewähren. Die Klage sei nicht mutwillig gewesen, da ihr nicht zuzumuten gewesen sei, von der Verkäuferin und dem Notar weiter "hingehalten" zu werden. Über den aktuellen Verhandlungsstand zwischen der Verkäuferin und der N... habe sie sich nicht unterrichten können. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin von der Beklagten unbestritten vorgetragen, sie sei weder vom Notar noch von der Verkäuferin über die zuständige Direktion der N..., den zuständigen Sachbearbeiter oder die Schadensnummer, unter der der Vorgang dort bearbeitet worden sei, informiert gewesen. Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Rechtsschutz für das Verfahren 4 O 57/03 pp. (Landgericht Paderborn) zu gewähren und zwar im Umfang der Klage vom 04.02.2003, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an sie 535,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2003 zu zahlen und sie freizustellen in Bezug auf die Gebührenforderung der Rechtsanwälte pp., gem. der Kostenrechnung der Anwälte vom 10.06.2003 in Höhe von 5.881,38 EUR. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Zahlungsklage gegen den Notar sei mutwillig erhoben worden. Außerdem habe die Klägerin unnötige Kosten ausgelöst, weil sie einen über 40.000,- DM hinausgehenden Betrag eingeklagt habe, und dadurch eine Obliegenheitsverletzung i.S.v. § 15 ARB 75 begangen. Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 29.07.2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klageeinreichung vom 04.02.2003 vor dem LG Paderborn sei mutwillig gewesen. Auch habe die Klägerin ihre Obliegenheiten nach § 15 I d) cc), II ARB 75 verletzt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung habe lediglich Anlass bestanden, einen Vorschuss von ca. 40.000,- DM bzw. 20.000,- EUR einzuklagen, weil dieser Betrag zur Ablösung der Grundschuld durchaus ausreichen konnte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Grundschuld aufgrund ihrer drittstelligen Eintragung nicht den im Grundbuch eingetragenen Nominalwert besessen habe. Dass es ausreichend gewesen sei, zunächst lediglich 20.000,- EUR einzuklagen, sei der Klägerin und ihrem Ehemann aufgrund eines ihnen zugeleiteten Schreibens der Rechtsanwälte der Verkäuferin an den Notar vom 05.12.2002 und aufgrund des an sie gerichteten Schreibens des Notars vom 29.01.2003 bewusst gewesen. Ein Verzicht auf die vollständige Ausübung ihrer Rechte sei ihnen auch zumutbar gewesen. Denn der Notar habe seine grundsätzliche Einstandspflicht ausdrücklich bestätigt. Daher habe er auf einen weiteren Betrag in Anspruch genommen werden können, wenn der Betrag von 20.000,- EUR nicht ausreichte. Im übrigen sei die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageeinreichung durch das rechtskräftige Urteil des LG Paderborn zur Eintrittspflicht des Notars ausreichend gesichert gewesen. An den Stichentscheid vom 20.08.2003 sei die Beklagte nicht gebunden, da er erheblich von der wirklichen Sach- und Rechtslage abweiche. Er lasse insbesondere unberücksichtigt, dass der Klägerin und ihrem Ehemann bewusst gewesen sei, dass es keines Betrages von 171.822,97 EUR zur Ablösung der Grundschuld bedurft habe, und dass der Notar ohne Einschränkung anerkannt habe, für die entstandenen Schäden zu haften. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht im wesentlichen geltend, das Landgericht habe den Bestätigungen des Notars seine Einstandspflicht betreffend einen Bedeutungswert zugemessen, der ihnen nicht zukomme. Das Schreiben der Rechtsanwälte der Verkäuferin an den Notar vom 05.12.2002 habe sie erst nach Klageeinreichung erhalten. Auch das Schreiben des Notars vom 29.01.2003 lasse nicht den Rückschluss zu, sie habe gewusst, dass ein Betrag von 40.000,- DM zur Ablösung der Grundschuld ausreiche. Insofern zitiere das Landgericht aus dem genannten Schreiben unvollständig und unrichtig. Auch habe das Landgericht ein Schreiben des Notars an den Rechtsanwalt der Verkäuferin vom 27.01.2003 mit dem Schreiben des Notars an sie vom 29.01.2003 verwechselt. Unberücksichtigt gelassen habe das Landgericht den von ihr vorgelegten Beschluss das Landgerichts Bielefeld vom 04.08.2003 - 5 O 146/02 - und ihr unbestrittenes Vorbringen, dass sie sich mangels Informationen überhaupt nicht bei der N... über den Stand der Verhandlungen habe in Kenntnis setzen können. Das Landgericht habe sich auch nicht mit § 17 I 2 ARB 75 auseinandergesetzt, obwohl es zu dem Ergebnis habe kommen müssen, dass die Beklagte das Recht verloren habe, sich auf Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung zu berufen. Darüber hinaus sei Mutwilligkeit i.S.v. § 17 I ARB 75 auch nicht gegeben. Schließlich habe der Stichentscheid mangels "gröblicher Verkennung der Sach- und Rechtslage" Bindungswirkung. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihren in I.Instanz zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für richtig und behauptet, die Klägerin habe das Schreiben vom 05.12.2002 vor Klageerhebung erhalten. II. Die zulässige Berufung hat in der Sache im wesentlichen Erfolg. Die Beklagte ist der Klägerin gem. § 1 I ARB 75 zur Gewährung von Deckungsschutz für die Kosten des Verfahrens 4 O 57/03 LG Paderborn aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages verpflichtet. Die Rechtsverfolgung war weder mutwillig noch hat sie übermäßige Kosten verursacht. Ob der Stichentscheid vom 20.08.2003 Bindungswirkung entfaltet, woran nur im Hinblick auf den Zeitpunkt seiner Abfassung gezweifelt werden kann, kann deshalb im Ergebnis dahinstehen. Nicht gefolgt werden kann der Argumentation des Landgerichts, der Stichentscheid vom 20.08.2003 sei wirkungslos, da er unberücksichtigt lasse, dass der Notar seine Einstandspflicht uneingeschränkt anerkannt und es zur Ablösung der drittrangigen Grundschuld bekanntermaßen nicht des Betrages von 171.822,97 EUR bedurft habe. Dass der Notar seine - bereits rechtskräftig festgestellte - Einstandspflicht nachfolgend bestätigt hatte, hatte die Beklagte als Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht, so dass hierauf im Stichentscheid auch nicht einzugehen war. Die Anforderungen an den Inhalt des Stichentscheids richten sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei insbesondere wesentlich ist, worauf der Versicherer die Ablehnung seiner Eintrittspflicht stützt. Sind dessen Ablehnungsgründe auf bestimmte Punkte beschränkt, so muss es genügen, wenn auch der Stichentscheid eine Stellungnahme nur bezüglich dieser Punkte enthält (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 1386 (1387)). Die Ablehnung vom 23.05.2003 war allein darauf gestützt, dass die Geltendmachung eines geringeren Betrages als der mit Schriftsatz vom 04.02.2003 eingeklagten Summe gegenüber dem Notar zunächst genügt hätte. Die Klageerhebung an sich hatte die Beklagten nicht beanstandet. Dieses Verhalten stand auch in Übereinstimmung mit den Ausführungen in dem von der Beklagten ausdrücklich für zutreffend erachteten Beschluss des LG Paderborn vom 13.05.2003 zum Aktenzeichen 4 O 57/03. Dort heißt es zur Begründung, weshalb dem Notar 1/7 der Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden, dass die Klägerin und ihr Ehemann grundsätzlich berechtigt gewesen seien, von dem Notar entsprechend dem Urteil des LG Paderborn vom 11.07.2002 als Form des zu leistenden Schadensersatzes einen Kostenvorschuss zur Vollstreckung des von ihnen erstrittenen Versäumnisurteils des LG Bielefeld vom 30.07.2002 zu verlangen, und der Klageerhebung nach Ablauf der dem Notar gesetzten Frist auch nicht ein möglicherweise nahes Ende der Verhandlungen der Verkäuferin mit der N... entgegen gestanden habe. Zu der Frage, ob bekannt war, dass zur Herbeiführung der Löschung der Grundschuld ein Betrag von 20.000,- EUR ausreichend sein konnte, verhält sich der Stichentscheid, so dass von einer "Nichtberücksichtigung" keine Rede sein kann. Die Bindungwirkung der entsprechenden Ausführungen im Stichentscheid scheitert auch nicht daran, dass die Ausführungen nicht ausreichend begründet sind, § 17 II 1 ARB 75, oder offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweichen, § 17 II 2 ARB 75. Wie umfänglich die Stellungnahme des Rechtsanwalts im Stichentscheid auszufallen hat, ist abhängig vom Umfang und der Komplexität des Streitstoffes sowie dem Stand der vorangegangenen Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer und seiner dadurch begründeten Vorkenntnis (BGH NJW-RR 1990, 922). Die Ausführungen im Stichentscheid vom 20.08.2003 sind daher im Zusammenhang zu sehen mit den vorausgegangenen klägerischen Schreiben vom 21.05.2003 (Bl. 36 f GA), 10.06.2003 (Bl. 39 f GA) und 13.08.2003 (Bl.57 GA) nebst dem letzterem beigefügten Beschluss des LG Bielefeld vom 04.08.2003 - 5 O 146/02 - (Bl.55 f GA), in dem ausgeführt wird, dass und weshalb die Klägerin im Verfahren gegen die Verkäuferin entsprechend dem Buchwert der Grundschuld Aufwendungen in Höhe des Nomimalbetrages von 250.000,- DM für erforderlich halten durfte. Insgesamt lag der Beklagten damit eine schlüssig begründete Stellungnahme vor, weshalb es einer Zahlungsklage in Höhe des vollen Nominalbetrages der Grundschuld gegen den Notar bedurfte. Weshalb dieser Nominalbetrag, der einer Summe von 127.822,97 EUR entspricht, noch überschritten wurde, ergibt sich aus der Bezugnahme auf den Beschluss des LG Bielefeld vom 07.01.2003 (5 O 146/02). Eine offenbare erhebliche Abweichung dieser Stellungnahme von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage (§ 17 II 2 ARB 75) kann nicht festgestellt werden. "Erheblich" ist eine Abweichung im Sinne dieser Norm, wenn die Sach- und Rechtslage gröblich verkannt wird (Harbauer, ARB, 7.Aufl., § 17 Rdnr.15 m.w.N.). Die Unrichtigkeit ist "offenbar", wenn sie sich dem Sachkundigen, ggf. auch erst nach eingehender Prüfung, mit aller Deutlichkeit aufdrängt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 29.05.1990, NJW-RR 1991, 31 m.w.N.). Eine solche erhebliche Unrichtigkeit, was die Beurteilung des Begriffs "Mutwilligkeit" i.S.v. § 1 I 2 ARB 75 anbelangt, offenbart der Stichentscheid vom 20.08.2003 nicht. Mutwillig i.S.v. § 1 I 2 ARB 75 handelt nämlich nur derjenige, der von dem abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte (nicht rechtsschutzversicherte) Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde. Die Grenze zu einer nicht mehr von der Gefahrengemeinschaft der Versicherten zu tragenden Maßnahme ist dort zu ziehen, wo sich das Verhalten des Versicherungsnehmers mit dem einer vernünftigen, unversicherten Person, bei der finanzielle Überlegungen keine Rolle spielen, nicht mehr in Einklang bringen lässt. Ob dies der Fall ist, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, wobei sich Zweifel zugunsten des Versicherungsnehmers auswirken müssen (Harbauer, a.a.O., § 1 Rdnr.40 m.w.N.). Die vorliegenden Umstände sprechen nicht gegen die Klägerin. Im einzelnen: Das vom Landgericht in Bezug genommene Schreiben des Notars vom 29.01.2003 war nicht geeignet, einen vernünftigen Versicherungsnehmer zu veranlassen, von einer Klageerhebung (zunächst) abzusehen. Es vermittelt weder Gewissheit, dass es tatsächlich alsbald zu einer gütlichen Einigung kommen werde, noch beinhaltet es konkrete Angaben dazu, was zur Ablösung der Grundschuld realistischer Weise tatsächlich erforderlich war. In dem Schreiben heißt es vage, dass die Gespräche zwischen der Verkäuferin und der N... "wohl" einen bestimmten Stand erreicht hätten. Zu diesem Stand - Ablösung der Grundschuld gegen Zahlung eines Betrages von "ca." 40.000,- DM - wird auf ein anliegendes Schreiben vom 27.01.2003 verwiesen, welches aber von keiner an den Vergleichsgesprächen beteiligten Partei, sondern dem Notar selber stammt und an den Rechtsanwalt der Verkäuferin gerichtet ist. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass der N... "nunmehr" der Vorschlag unterbreitet werden soll, sich mit der Zahlung eines Betrages von "maximal" 40.000,- DM einverstanden zu erklären, wobei an die Zahlung selber noch Bedingungen geknüpft werden sollen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vorschlag für die N... akzeptabel sein konnte, beinhaltet weder das Schreiben vom 27.01.2003 noch das Schreiben vom 29.01.2003. In letzterem heißt es auch in diesem Zusammenhang nur vage, dass der Rechtsanwalt der Verkäuferin "davon ausgehe", dass die Angelegenheit "in Kürze" zum Abschluss gebracht werden könne. Belegt wird diese Vermutung nicht. Diesbezügliche Zweifel können der Klägerin angesichts der Tatsache, dass die Verhandlungen bereits länger andauerten und von Seiten der Verkäuferin nicht mit Zügigkeit betrieben worden waren, nicht verdacht werden. Wie die Beklagte in der Berufungserwiderung zutreffend ausführt, sind nach Klageerhebung eingetretene Umstände ohne Bedeutung. Wann daher die außergerichtlichen Gespräche zu einer Einigung geführt haben und wann der Ausgleichsbetrag an die N... geflossen ist (die Verfügungsbefugnis des Notars über die Grundschuldurkunde stand unter dieser Bedingung, vgl. Bl. 126 der Beiakte 5 O 146/02 LG Paderborn), ist daher unherheblich. Soweit im angefochtenen Urteil auf ein Schreiben des Rechtsanwalts der Verkäuferin an den Notar vom 05.12.2002 und eine diesbezügliche Kenntnis der Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung abgestellt wird, kann dies nur unter Übernahme der Ausführungen im Beschluss des LG Paderborn vom 13.05.2003 - 4 O 57/03 - geschehen sein. Weder ist ein solches Schreiben zur hiesigen Akte gereicht worden noch befindet es sich in einer der vom Landgericht zu Informationszwecken beigezogenen Akten 4 O 74/02 LG Paderborn und 5 O 146/02 LG Bielefeld. Auch war schriftsätzlich von keiner der Parteien ein solches Schreiben in erster Instanz thematisiert worden. Es hätte daher eines Hinweises durch das Landgericht bedurft, dass die Kenntnis des Schreibens vom 05.12.2002 seiner Auffassung nach einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt darstellte. Da ein solcher Hinweis nicht erteilt worden ist, ist der zweitinstanzlich neue Vortrag der Klägerin, sie habe eine Abschrift des Schreibens vom 05.12.2002 erstmals als Anlage zum Schriftsatz des Notars vom 31.03.2003 im Verfahren 4 O 57/03 LG Paderborn erhalten, gem. § 531 II Nr.2 ZPO zuzulassen. Soweit die Beklagte diesen Vortrag in der Berufungserwiderung bestreitet und unter Bezugnahme auf den Schriftsatz des Notars vom 31.03.2003 behauptet, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin habe das Schreiben vom 05.12.2002 bereits vor Klageerhebung vorgelegen, fehlt es an einem Beweisantritt. Das geht zu Lasten der Beklagten. Beweisbelastet ist nämlich derjenige, der sich auf die offenbare Unrichtigkeit des Stichentscheids beruft (vgl. Harbauer, a.a.O., § 17 Rdnr.17 m.w.N.). Auch die Drittrangigkeit der Grundschuld gab keinen Aufschluss darüber, welcher Betrag zur Herbeiführung der Löschung konkret notwendig war. Dass die N... bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks im Hinblick auf die vorrangig eingetragenen Belastungen als Gläubigerin möglicherweise ausgefallen wäre, bedeutet nicht, dass die Grundschuld für sie ohne Interesse war. In der Hoffnung, dass die Gegenseite es nicht zur Zwangsversteigerung kommen lassen konnte oder wollte, konnte sie "pokern" und versuchen, eine möglichst hohe Gegenleistung für ihre Einwilligung in die Löschung der Grundschuld herauszuhandeln. Ob einer nicht rechtsschutzversicherten Partei hätte zugemutet werden können, sich vor Erhebung einer Zahlungsklage gegen den Notar selber bei der N... nach dem Stand der Gespräche und danach zu erkundigen, welchen Betrag die N... als Gegenleistung für die Einwilligung in die Löschung der Grundschuld verlangte, kann dahinstehen. Denn die Klägerin hat - von der Beklagten unbestritten - vorgetragen, dass ihr die notwendigen Informationen für eine solche Kontaktaufnahme nicht zur Verfügung gestellt worden waren. Dass die Verkäuferin eine direkte Kontaktaufnahme verhindern wollte, ergibt sich auch aus dem Schreiben ihres Rechtsanwalts an den klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 29.05.2001. Darin heißt es auf S.2, dass man nur gegen die Zusicherung, dass die Klägerin die Verhandlungen der Verkäuferin mit der N... nicht stören werde, überhaupt die N... als Gläubigerin benannt habe. Schließlich ist auch das Interesse der Klägerin, ihre Eintragung als Eigentümerin zu beschleunigen, zu berücksichtigen. Dieses stand der Erhebung einer Teilklage, deren Bezifferung nur auf Vermutungen hätte beruhen können, entgegen. Alles in allem kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht rechtsschutzversicherte Partei auf die Erhebung einer Zahlungsklage gegen den Notar über eine Summe entsprechend dem Beschluss des LG Bielefeld vom 07.01.2003 - 5 O 146/02 - verzichtet hätte; geschweige denn kann eine gröbliche Verkennung der Sach- und Rechtslage im Stichentscheid vom 20.08.2002 konstatiert werden. Gegen eine solche spricht im übrigen, dass im Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 13.05.2003 - 4 O 57/03 - die Berechtigung der Erhebung einer Zahlungsklage gegen den Notar an sich bejaht und im Beschluss des LG Bielefeld vom 04.08.2003 - 5 O 146/02 - ausgeführt wird, ohne Darlegung, wie hoch die Schuld der Verkäuferin gegenüber der N... noch valutierte, und ohne Informationsmöglichkeit bei der N... seien nach dem Kenntnisstand der Klägerin und ihres Ehemannes Aufwendungen in Höhe des Nominalwertes der Grundschuld erforderlich gewesen. Beides bestätigt die zur streitgegenständlichen Klageerhebung führende Ansicht der Klägerin und spricht dagegen, dass sich jedem Sachkundigen die Abwegigkeit ihrer Auffassung aufdrängen musste. Der Bindungswirkung des Stichentscheids vom 20.08.2003 könnte möglicherweise entgegen stehen, dass zu diesem Zeitpunkt das zugrunde liegende Verfahren 4 O 57/03 LG Paderborn bereits rechtskräftig abgeschlossen war. Der Beschluss vom 13.05.2003 war nach den Ausführungen der Klägerin im anwaltlichen Schreiben an die Beklagte vom 21.05.2003 bis zum 10.06.2003 anfechtbar. Die Einlegung einer Beschwerde innerhalb dieser Frist ist nicht dargelegt. Dass dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit des Stichentscheids nicht mehr zur Verfügung steht, wenn ein ihm ungünstiges Urteil vorliegt und dieses auch nicht mehr auf ein Rechtsmittel abgeändert werden kann, wird zum Teil in Rechtsprechung und Literatur vertreten (vgl. OLG Frankfurt VersR 1984, 857; Harbauer, a.a.O., § 17 Rdnr.11). Ob diese Auffassung zutreffend ist (offen gelassen in: BGH NJW-RR 1990, 922 (923)), bedarf vorliegend keiner abschließenden Beurteilung. Falls es aus diesem Grund an der Bindungswirkung des Stichentscheids gem. § 17 II 2 ARB 75 fehlt, hat die Rechtsverteidigung der Beklagten aus den nachfolgenden Gründen keinen Erfolg. Entfaltet der Stichentscheid vom 20.08.2003 wegen des rechtskräftigen Abschlusses des zugrunde liegenden Verfahrens keine Bindungswirkung, hat die Beklagte im Hinblick darauf, dass sie die Klägerin im Schreiben vom 23.05.2003 nicht auf die Möglichkeit nach § 17 II ARB 75 hingewiesen hat, ihr Recht verloren, sich auf die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung i.H.v. 140.605,27 EUR zu berufen. Zwar findet der im Jahr 1990 eingeführte § 158 n VVG keine Anwendung auf den vorliegenden, bereits 1987 abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Die Beklagte war jedoch im Hinblick auf die geschäftsplanmäßige Erklärung der Rechtsschutzversicherer verpflichtet, die Klägerin auf die Möglichkeit des § 17 II ARB 75 hinzuweisen. Lehnt der Versicherer Deckungsschutz wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ab, ohne auf die Möglichkeit des Stichentscheids hinzuweisen, verliert er sein Recht, den Deckungsschutz später wegen fehlender Erfolgsaussicht zu versagen (OLG Frankfurt, VersR 1984, 857 (860). Nichts anderes kann bei Versagung des Deckungsschutzes wegen Mutwilligkeit gelten. Die Belehrungspflicht gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer anwaltlich vertreten ist (str., wie hier OLG Hamm VersR 1999, 1362 (1363) und Harbauer, a.a.O., § 17 Rdnr.10 m.w.N. für die Belehrung nach § 158 n VVG; Harbauer, ARB, 3.Aufl., § 17 Rdnr.10 für die Belehrung entsprechend der geschäftsplanmäßigen Erklärung). Ein Hinweis im Schreiben der Beklagten vom 23.05.2003 hätte einen unverzüglichen und angesichts der bis 10.06.2003 laufenden Beschwerdefrist noch rechtzeitigen Stichentscheid herbeiführen können. Selbst wenn man der Ansicht folgt, dass es eines Hinweises auf die Möglichkeit nach § 17 II ARB 75 nicht bedarf, wenn der Versicherungsnehmer oder sein Rechtsanwalt die Möglichkeit des Stichentscheids positiv kennt (so OLG Karlsruhe VersR 1999, 613; Prölss/Martin, VVG, 27.Aufl., § 158n VVG Rdnr.4) und unterstellt, dass eine solche positive Kenntnis auf Seiten der Klägervertreter schon vor dem 10.06.2003 gegeben war, da sie bereits am 22.07.2003 einen Stichentscheid angekündigt haben, führt das nicht zu einem der Beklagten günstigen Ergebnis. Dann ist es Aufgabe des Gerichts, die Frage der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung i.H.v. 140.605,27 EUR zu beurteilen. Dies hat aus den obigen Gründen zur Folge, dass Mutwilligkeit zu verneinen ist. Da die Beklagte ihre Ablehnung vom 23.05.2003 nicht auf eine Mutwilligkeit der Klageerhebung an sich gestützt hat, ist sie mit diesem Einwand im Deckungsprozess ohnehin ausgeschlossen. Die Beklagte ist auch nicht gem. § 15 II ARB 75 leistungsfrei geworden. Eine unnötige Erhöhung der Kosten durch Klageerhebung i.H.v. 140.605,27 EUR i.S.v. § 15 I d) cc) hat es aus den oben genannten Gründen nicht gegeben. Auf eine Obliegenheitsverletzung i.S.v. § 15 I d) cc) wegen fehlende Abstimmung vor Klageerhebung beruft sich die Beklagte nicht. Gem. § 2 Abs.1 a), c) und g) sowie Abs.2 ARB 75 hat die Beklagte die Klägerin von der Inanspruchnahme i.H. der Gerichtskosten und ihrer eigenen Anwaltskosten freizustellen sowie ihr die Kosten zu erstatten, die der Klägerin im Hinblick auf die Inanspruchnahme durch den Gegner, hier den Notar, entstanden sind. Unstreitig hat die Klägerin Kosten des Gegners i.H.v. 535,53 EUR beglichen und wird im übrigen i.H.v. 5.881,38 EUR in Anspruch genommen. Dass die genannten Beträge der Höhe nach unberechtigt sind, macht die Beklagte nicht geltend. Der Zinsanspruch folgt aus § 284 I, II Nr.3 BGB i.V.m. § 288 I BGB. Die Beklagte hat die Leistung mit Schreiben vom 23.05.2005 ernsthaft und endgültig verweigert. Sie ist daher mit Fälligkeit des Erstattungsanspruchs, die mit Leistung der Klägerin am 25.07.2003 eingetreten ist, in Verzug geraten. Für die von der Klägerin vorrangig geltend gemachte Feststellungsklage war bei der vorliegenden Sachlage kein Raum, so dass die Beklagte auf den Hilfsantrag zu verurteilen war. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag nicht durchgedrungen konnte, ist damit bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Teilunterliegen i.S.v. § 92 I ZPO verbunden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 543 Abs. 2 ZPO, sind nicht gegeben. Berufungsstreitwert: 6.416,91 EUR

Ende der Entscheidung

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