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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: I-4 U 170/05
Rechtsgebiete: ARB 94


Vorschriften:

ARB 94 § 23
ARB 94 § 23 Abs. 1
ARB 94 § 25 Abs. 1
ARB 94 § 25 Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Es ist beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 ZPO). Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10. April 2006.

Gründe:

Die Berufung verspricht keine Aussicht auf Erfolg.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 84, 268, 272 = VersR 1982, 841, 842; 123, 83, 85 = VersR 1993, 957, 958 und ständig). Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht mehr verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf mithin nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass sein Versicherungsschutz Lücken hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (BGHZ VersR 2005, 682, 683 und ständig).

Davon ausgehend wird der verständige Versicherungsnehmer wohl bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt erkennen, dass der Risikoausschluss in § 25 Abs. 1 S. 3 ARB 94 im Kontext mit der - in Abs. 5 in Bezug genommenen - Bestimmung des § 23 ARB 94 gesehen werden muss. Daraus erschließt sich ihm sodann, dass es - wie in § 25 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 ARB 94 vorgesehen - für den Deckungsschutz darauf ankommt, ob die Interessenwahrnehmung dem privaten Bereich oder der Ausübung einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit zuzuordnen ist. Bei diesem Vorverständnis wird er zu der Einschätzung gelangen, dass die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung die engste Verbindung zur privaten Risikovorsorge und nicht zu seiner beruflichen Sphäre aufweist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung zumeist, so auch hier, als Zusatzversicherung zu einer Lebensversicherung abgeschossen wird. Eine Lebensversicherung dient aber im Allgemeinen der Alterssicherung und/oder der Versorgung naher Angehöriger. Deshalb ist sie dem privaten Bereich zuzuordnen (Obarowski in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrecht-Handbuch, § 37 Rn. 136). Für die Zusatzversicherung zur Lebensversicherung kann dann kaum etwas anderes gelten. Denn auch durch sie soll der gewohnte persönliche Lebensstandard gesichert werden. Jede andere Betrachtung wäre unbillig, weil es dann darauf ankäme, ob der Versicherungsnehmer bei Abschluss der Zusatzversicherung bereits selbständig oder noch bzw. schon wieder abhängig beschäftigt war, in welchem dieser Bereiche er gerade bei Eintritt des Versicherungsfalles tätig war und ob bei Eintritt der Berufsunfähigkeit durch Unfall sich dieser in seiner Freizeit oder bei der Arbeit ereignet hat. Das würde aber zu nicht vorhersehbaren Ergebnissen führen, mit denen ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht zu rechnen braucht. Hinzu kommt, dass in der Berufsunfähigkeitsversicherung keineswegs das Risiko des Verlusts des bei Vertragsschluss oder aktuell ausgeübten Berufes oder gar des bisherigen Arbeitsplatzes im engeren Sinne versichert ist. Berufsunfähigkeit liegt nach den üblichen Bedingungen nur vor, wenn der Versicherte weder seinen bisherigen Beruf noch eine andere Tätigkeit in dem vereinbarten Umfang ausüben kann, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Deshalb kann auch ein Selbständiger auf eine abhängige Beschäftigung verwiesen werden (Voit/ Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 2 BUZ Rn. 44) oder umgekehrt. Im Kern ist folglich nur die Fähigkeit versichert, den bisherigen Lebensstandard durch eine Tätigkeit zu wahren, die vom Niveau und Kenntnisstand her der bislang ausgeübten in etwa gleichkommt. Da das nicht notwendig eine selbständige Tätigkeit sein muss, ist dann aber auch die Interessenwahrnehmung aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der sich näher mit den Bedingungen der Rechtsschutz- und der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auseinandersetzt, nicht dem Bereich selbständiger oder unselbständiger beruflicher Tätigkeit zuzuordnen (ebenso OLG Stuttgart, VersR 1997, 569; OLG Karlsruhe VersR 1993, 827).

Da auch das OLG Köln (VersR 1992, 1220) - wenn auch mit anderer Begründung - zum selben Ergebnis gelangt, besteht in dieser Frage inzwischen eine gefestigte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. Dass einige Landgerichte (LG Stuttgart VersR 1990, 418 und LG Düsseldorf r+s 1992, 343) abweichend entschieden haben, verleiht der Sache keine Bedeutung, die Anlass geben könnte, die Revision zuzulassen oder erst nach mündlicher Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden.

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