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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.06.2006
Aktenzeichen: I-4 U 191/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1. September 2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - Einzelrichter - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte, die als "P... Grundbesitzverwaltung" firmiert, auf Zahlung rückständiger Versicherungsprämien für 2002 und 2003 in Anspruch.

Mit Wirkung ab 1.Januar 2001 schloss die Beklagte bei der Klägerin eine Gebäudeversicherung für den Gebäudekomplex P...straße ... in K... ab, der im Eigentum des Zeugen Z... stand. Zu dem Zweck erteilte sie dem Versicherungsmakler Günther W... im Dezember 2000 Abschlussvollmacht (GA 36). Dieser wandte sich an einen Konzeptmakler, die D... GmbH. Diese fertigte unter dem 12. Januar 2001 aufgrund eines Rahmenvertrages einen Versicherungsschein über eine kombinierte Sach-, Glas- und Haftpflichtversicherung für das von der Beklagten verwaltete Objekt aus (GA 11). Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 1. März 2001 (GA 14), weil der Gebäudekomplex nicht aufgrund des Rahmenvertrages in Deckung genommen werden könne. Sie kündigte deshalb die Weitergabe des Vorgangs an ihre Industrieabteilung an. Diese veranlasste die Erstbesichtigung des Risikos durch einen Schadenverhütungsingenieur (GA 105 ff.). Nach Eingang seines Berichts stellte sie unter dem 9. Mai 2001 einen (neuen) Versicherungsschein aus (GA 15). In beiden Versicherungsscheinen wird als Vertragspartnerin die Beklagte genannt. Nachdem im Sommer 2002 die Zwangsverwaltung über den Grundbesitz angeordnet worden war, teilte der Versicherungsmakler W... der Klägerin mit, weitere Zahlungen würden von der Beklagten nicht mehr geleistet werden, da das Vertragsverhältnis mit dem Eigentümer beendet sei (GA 94).

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe den Versicherungsvertrag mit ihr im eigenen Namen geschlossen.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 49.970,12 € nebst 6 % Zinsen seit dem 30. Mai 2003 sowie 5 € Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte, die sich nicht für passivlegitimiert hält, hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme (Vernehmung der Zeugen Z..., GA 144, W..., GA 146 und L..., GA 149, sowie Anhörung der Beklagten, GA 151) bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben, da die Beklagte Versicherungsnehmerin geworden sei. Dagegen wendet sich diese mit der Berufung. Sie beanstandet: Das Landgericht habe verkannt, dass ein Immobilienverwalter regelmäßig nicht im eigenen Namen tätig werde. Das sei auch so bei ihr der Fall gewesen. Ein Anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom Landgericht angesprochenen Rahmenvertrag. Dass sie im Versicherungsschein als Versicherungsnehmerin aufgeführt werde, könne ihr nicht entgegengehalten werden, da ihr dieser nicht zugegangen sei. Ferner müsse zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass ihr Ehemann dem Vertreter der Beklagten bei dem Ortstermin als Mitarbeiter der Verwalterfirma vorgestellt worden sei. Schließlich müsse sie sich nicht das Verhalten der D... GmbH zurechnen lassen, da diese nicht von ihr eingeschaltet worden sei.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin bittet um

Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils sowie ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Einzelrichter zutreffend angenommen, dass die Beklagte der Klägerin die der Höhe nach unstreitigen Versicherungsprämien schuldet, weil sie die kombinierte Sach-, Glas- und Haftpflichtversicherung im eigenen Namen und nicht als Vertreterin des Grundstückseigentümers abgeschlossen hat.

Nach § 164 Abs. 1 S. 2 BGB wirkt eine von einem Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung selbst dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, dass sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Zu berücksichtigen sind bei der gebotenen Auslegung die dem Geschäft zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, die typischen Verhaltensweisen und die berufliche Stellung der Beteiligten (vgl. Habermeier in: Bamberger/Roth, BGB, Aktualisierung April 2004, § 164 Rn. 24; Schramm in: MK, BGB, 4. Aufl. 2001, § 164 Rn. 22).

Davon ausgehend erfolgt die Vergabe von Bauleistungen durch einen Hausverwalter, soweit sich aus den Umständen nichts anderes ergibt, in der Regel für dessen Auftraggeber, gewöhnlich den Eigentümer. Dass der Verwalter nicht für sich, sondern für seinen Auftraggeber tätig wird, ist für Hausverwaltungen typisch und entspricht im Allgemeinen auch den Interessen aller Beteiligten. Wie für jeden Unternehmer erkennbar ist, hat der Hausverwalter kein Interesse an der Vergabe von Bauleistungen im eigenen Namen. Sie kommen nicht der Hausverwaltung zugute, sondern dem Eigentümer. Diesem wiederum wird gewöhnlich daran gelegen sein, z.B. Ansprüche wegen Werkmängeln, die ihn unmittelbar betreffen, nicht erst nach einer Abtretung geltend machen zu können. Auch dem Auftragnehmer der Werkleistungen ist normalerweise besser damit gedient, nicht den Verwalter, sondern den Eigentümer als Vertragspartner und dessen Immobilie als Sicherheit zu haben (BGH NZM 2004, 559).

Diese Grundsätze sind auf den Abschluss von Gebäudeversicherungen durch einen Grundbesitzverwalter übertragbar. Auch er wird regelmäßig kein Interesse daran haben, die Haftung für die Versicherungsprämien zu übernehmen. Ebenso wird der Eigentümer Wert darauf legen, die Versicherungsleistungen unmittelbar in Anspruch nehmen zu können. Schließlich wird auch der Versicherer daran interessiert sein, sich mit seinen Entgeltforderungen an den Eigentümer halten zu können, da jener im Normalfall der Finanzstärkere ist.

Demgemäss ist in der Regel anzunehmen, dass ein Grundstücksverwalter beim Abschluss einer Gebäudeversicherung auch dann als Vertreter des Eigentümers handelt, wenn er dies nicht ausdrücklich erklärt. Im Streitfall liegen jedoch besondere Umstände vor, die eine abweichende Beurteilung gebieten. Sowohl der von der Klägerin ausgestellte Versicherungsschein (GA 15) als auch die vorliegenden Nachträge (GA 21 u. 27) weisen nämlich die Beklagte als ihre Vertragspartnerin aus. Gleichwohl hat die Beklagte bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung nicht dagegen remonstriert. Dass - wie sie behauptet - ihr der Versicherungsschein nicht zugegangen ist, kann sie nicht entlasten. Denn jedenfalls hat ihn ihr Bevollmächtigter, der Versicherungsmakler W..., erhalten. Das ergibt sich daraus, dass er dem Zwangsverwalter Kopien zur Verfügung gestellt hat (GA 100). Dass er gegen die Bezeichnung der Beklagten als Versicherungsnehmerin Widerspruch erhoben hat, hat die Beklagte aber auch nicht dargetan. Im Gegenteil: Im Schreiben vom 22. August 2002 hat er die Beklagte ausdrücklich noch als Versicherungsnehmerin der Klägerin bezeichnet (GA 94). Überdies hat die Klägerin die Beitragsrechnungen auf die Beklagte ausgestellt (GA 20, 26) und bei Eintritt eines Versicherungsfalls die Entschädigungsleistung an sie bzw. an den von ihr beauftragten Versicherungsmakler erbracht. Letzteres wird durch die Abrechnungsschreiben vom 26. April, 22. Mai und 4. Juni 2002 dokumentiert (GA 117-120). Dass sie dagegen protestiert hätte, hat die Beklagte auch nicht behauptet. Zudem hat sie den Versicherungsmakler W... bevollmächtigt, in ihrem Namen ("in unserem Namen") Versicherungsverträge abzuschließen (GA 36). Diese Vollmacht ist der Klägerin - ausweislich der Fax-Kennung - spätestens im September 2001, also jedenfalls noch vor Erteilung der Nachträge Nr. 2 und 3, vorgelegt worden. Schließlich wird die Beklagte auch in dem von der D... GmbH vermittelten Rahmenvertrag als Versicherungsnehmerin der Klägerin bezeichnet (GA 223). Dass sie in der Berufungsbegründung bestritten hat, die D... GmbH eingeschaltet zu haben (GA 209), steht dem ebenfalls nicht entgegen. Denn den Rahmenvertrag hat sie selbst unterzeichnet; in ihm wird bestätigt, dass die D... GmbH Bevollmächtigte der Beklagten ist. Diese besonderen Umstände tragen die Feststellung, dass sie die kombinierte Sach-, Glas- und Haftpflichtversicherung im eigenen Namen bei der Klägerin abgeschlossen hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Berufungsstreitwert: 49.970,12 €.

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