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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.10.2003
Aktenzeichen: I-4 U 71/03
Rechtsgebiete: VVG, BGB, StGB, PflVG, AKB, KfzPflVV


Vorschriften:

VVG § 6 Abs. 1 S. 3
VVG § 6 Abs. 2
VVG § 6 Abs. 3
BGB § 426
StGB § 142
PflVG § 3 Nr. 9
AKB § 2 b (1 e)
AKB § 2 b (2)
AKB § 3 (1)
AKB § 7 I (2)
AKB § 7 V (2)
AKB § 10 Nr. 2 c
KfzPflVV § 5
KfzPflVV § 6
1.

Die summenmäßig auf 10.000 DM begrenzte Leistungsfreiheit des Kfz-Haftpflichtversicherers im Verhältnis zu dem Fahrer, der im Zustand der Trunkenheit einen Unfall verursacht hat und bei dem der Versicherer Rückgriff nehmen will, setzt keine Kündigung des Versicherungsvertrages nach § 6 Abs. 1 S. 3 VVG voraus.

2.

Beim Zusammentreffen von Obliegenheitsverletzungen vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls - durch eine unfallursächliche Trunkenheitsfahrt und durch Unfallflucht - sind die Leistungsfreiheitsbeträge gemäß § 2 b (1 e), (2) und § 7 I (2), V (2) AKB zusammenzurechnen.

3.

Zur Frage, ob Unfallflucht ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit i. S. v. § 6 Abs. 3 KfzPflVV ist mit der Folge einer über 5.000 DM hinausgehenden Leistungsfreiheit bis zu 10.000 DM (im konkreten Fall verneint).


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-4 U 71/03

Verkündet am 31. Oktober 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S..., des Richters am Oberlandesgericht Dr. R... und der Richterin am Landgericht B...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. Februar 2003 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels sowie der Anschlussberufung des Klägers wie folgt neu gefasst:

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Klägerin 5.446,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. November 2001 zu zahlen. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %, die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 80 % und der Beklagten zu 20 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Bei der Beklagten war zumindest bis zum 1. Januar 2001 ein Opel-PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ... haftpflichtversichert Versicherungsnehmerin und Halterin war die Mutter des Klägers.

Mit dem Kfz verursachte der Kläger am 21. Oktober 2000 gegen 15 Uhr in M.../R... einen Auffahrunfall. Anschließend entfernte er sich gegen den Willen der Geschädigten vom Unfallort. Eine um 16.40 Uhr entnommene Blutprobe ergab bei ihm eine BAK von 2,86 %o. Deshalb wurde er - nach Einstellung des Verfahrens wegen Verkehrsunfallflucht gemäß § 154 Abs. 2 StPO - vom AG M... (rechtskräftig) wegen fahrlässiger Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Beklagte hat für die Entschädigung der durch den Unfall entstandenen materiellen und immateriellen Schäden der weiteren Unfallbeteiligten 9.106,41 € (= 17.810,58 DM) aufgewandt und den Kläger in dieser Höhe in Regress genommen. Dabei hat sie sich darauf berufen, sie sei leistungsfrei, weil der Kläger gegen die Trunkenheitsklausel verstoßen und Unfallflucht in einem besonders schwerwiegenden Fall begangen habe. Die dafür in § 2 b (2) und § 7 V (2) AKB der Fassung vom 19.04.1996 vorgesehenen Leistungsfreiheitsbeträge in Höhe von jeweils 10.000 DM könne sie kumulativ in Anspruch nehmen. Auf diese Forderung hat der Kläger unstreitig schon außergerichtlich 2.223,37 € gezahlt.

Mit seiner Klage hat er die Feststellung begehrt, dass der Regressanspruch der Beklagten aufgrund des Unfallereignisses auf 2.556,46 € (= 5.000 DM) begrenzt ist. Nachdem die Beklagte Widerklage auf Zahlung von 9.106,41 € erhoben hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in Ansehung der Klage für erledigt erklärt. Sodann hat die Beklagte die Widerklage in Höhe von 2.223,37 € zurückgenommen.

Das Landgericht hat den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 2.889,55 € nebst Zinsen verurteilt, weil die Beklagte ihm als mitversicherter Person gegenüber nur nach § 2 b (1) e), 3 (1) AKB wegen der Trunkenheitsfahrt leistungsfrei sei. Ein weiterer Regressanspruch wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 7 I (2) AKB bestehe nicht, weil der Versicherer bei Verletzung mehrerer Obliegenheiten nur einmal Leistungsfreiheit in Anspruch nehmen könne, wenn die konkurrierenden Obliegenheiten die gleiche Stoßrichtung hätten und dasselbe Interesse des Versicherers schützten. Das sei bei einer Trunkenheitsfahrt und einer nachfolgenden Unfallflucht der Fall.

Dagegen wenden sich die Beklagte mit der Berufung und der Kläger mit der Anschlussberufung. Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass sie bei einem Verstoß gegen eine vor dem Versicherungsfall zu beachtende Obliegenheit und einem späteren Verstoß gegen eine nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheit zur Kumulierung der Leistungsfreiheitsbeträge von je 10.000 DM berechtigt sei. Der Kläger moniert, das Landgericht habe die Beklagte zu Unrecht wegen seiner Trunkenheitsfahrt als leistungsfrei angesehen, da er Repräsentant der Versicherungsnehmerin sei und die Beklagte ihre Kündigungsobliegenheit missachtet habe.

II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg, die Anschlussberufung ist nicht begründet.

1. Anschlussberufung

Mit Recht hat das Landgericht den Kläger zur Zahlung von 2.889,55 € verurteilt, weil er mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kfz gefahren ist, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen.

a) Der Kläger zieht nicht in Zweifel, dass er eine Trunkenheitsfahrt begangen hat, die die Beklagte grundsätzlich gemäß § 3 Nr. 9 PflVG, § 426 BGB i.V.m. § 2 b (1) e) AKB zu einem summenmäßig begrenzten Regress berechtigt. Dass im Streitfall dafür eine Obergrenze von 10.000 DM vereinbart ist, hat er nach Vorlage der Versicherungsbedingungen durch die Beklagte nicht mehr in Abrede gestellt. Ebenso hat er deren Aufwendungen zur Schadensbeseitigung nach deren Spezifizierung nicht mehr bestritten. Soweit er Schuldunfähigkeit geltend macht, ist das für den Verstoß gegen die Obliegenheit aus § 2 b (1) e) AKB irrelevant, da er seine Unzurechnungsfähigkeit mit dem Grad seiner Alkoholisierung und mit dem Unfallschock begründet. Letzterer hat sich aber - wenn überhaupt - erst nachträglich aufgrund des Unfallereignisses eingestellt. Im Übrigen wird dazu auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.) Bezug genommen.

b) Der Leistungsfreiheit der Beklagten steht auch nicht entgegen, dass sie von der Kündigung des Haftpflichtversicherungsvertrages abgesehen hat (§ 6 Abs. 1 S. 3 VVG). Eine Kündigungspflicht bestand hier - wie das Landgericht mit Recht angenommen hat - nicht, weil der Streit der Parteien nur den Regress gegenüber dem Fahrer und nicht gegenüber dem Versicherungsnehmer betrifft (vgl. OLG Köln v. 29.10.02 -9 U 93/00 - r+s 2002, - 492 unter I. 1. c). Davon abgesehen berührt das Fehlverhalten des Fahrers den Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers in der Kfz-Haftpflichtversicherung auch dann nicht, wenn der Fahrer - wie vom Kläger geltend gemacht - Repräsentant des Versicherungsnehmers ist (BGH v. 10.7.96 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229 unter 2.b dd, ee; BGH v. 20.5.69 - IV ZR 616/68 - VersR 1969, 695 unter III; OLG Köln, v. 29.10.02, a.a.O.). Das beruht darauf, dass das bloße Fahren des versicherten Fahrzeugs durch eine dritte Person - selbst wenn die Voraussetzungen eines Repräsentantenverhältnisses bestehen - nicht als Repräsentation gewertet werden kann, weil der mitversicherte Fahrer im Rahmen des versicherten Risikos handelt. Die Kfz-Haftpflichtversicherung soll den Versicherungsnehmer gerade auch vor den Gefahren schützen, die aus dem Gebrauch des Wagens resultieren, wenn es einem Dritten zur Nutzung überlassen wird. Aus diesem Grund ist das schuldhafte Verhalten des Fahrzeugführers mit in den Versicherungsschutz einbezogen (§ 10 Nr. 2 c) AKB).

Sein - alleiniges - Fehlverhalten vermag daher eine Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu rechtfertigen, so dass die Beklagte dazu auch nicht verpflichtet war.

2. Berufung

Die Beklagte kann vom Kläger Erstattung ihrer Aufwendungen - über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 2.889,55 € hinaus - auch in Höhe weiterer 2.556,46 €, mithin insgesamt 5.446,01 €, verlangen.

a) Beim Zusammentreffen von Obliegenheitsverletzungen vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls sind die Leistungsfreiheitsbeträge gemäß § 2 b (2) und § 71 (2), V (2) AKB - entgegen der Auffassung des Landgerichts - zusammenzurechnen. Das entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung (OLG Hamm, Beschl. v. 2.8.99 -20 W 12/99 - VersR 2000, 843; OLG Bamberg, v. 14.12.00 - 1 U 79/00 - r+s 2002, 2 unter 4.; OLG Köln v. 29.10.2002, a.a.O., unter I.3.; OLG Schleswig v. 30.10.02 - 9 U 150/01 - VersR 2003, 637; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 5 KfzPflVV Rn. 11; derselbe, VersR 1996, 401, 405 f.; Langheid in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 5 KfzPflVV Rn. 11; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 2 b) AKB Rn. 139 und § 5 KfzPflVV Rn. 19; Stamm, VersR 1999, 261, 266; a. A. OLG Nürnberg v. 27.7.00 - 8 U 1411/00 - VersR 2001, 231; Wessels, NVersZ 2000, 262), der auch der Senat beitritt. Die jeweils vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllenden Obliegenheiten bestehen eigenständig nebeneinander. Die Trunkenheitsklausel dient - wie die übrigen in § 5 KfzPflVV geregelten Obliegenheiten - der Verminderung der Gefahr bzw. der Verhütung einer Gefahrerhöhung. Demgegenüber sollen die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllenden Obliegenheiten dem Versicherer die Aufklärung des Schadensfalls und dessen sachgemäße Regulierung ermöglichen. Verstößt eine versicherte Person - wie hier - nacheinander gegen beide Arten von Obliegenheiten, führt daher deren Ahndung nicht zu einer Doppelbestrafung. Ein Verbot der Addition von Leistungsfreiheitsbeträgen lässt sich in dieser Konstellation auch aus § 5 und § 6 KfzPflVV, die von den Versicherungsbedingungen eeinzuhaltende Mindeststandard festlegen, nicht herleiten. Eine entsprechende Vorgabe wäre jedoch zu erwarten gewesen, wenn der Verordnungsgeber die Leistungsfreiheit aus sozialen Erwägungen auf den Höchstbetrag für einen Verstoß gegen eine vor dem Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllende Obliegenheit begrenzen wollte. Dass die Versicherungsbedingungen davon zugunsten des Versicherungsnehmers und der Mitversicherten abweichen, lässt sich - auch vom Horizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus - § 2 b (2) und § 7 V (2) AKB, die beziehungslos nebeneinander stehen, nicht entnehmen. Schließlich ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb einem Versicherungsnehmer, der bereits eine Obliegenheit vor Eintritt des Versicherungsfalls verletzt hat, selbst nach einer deutlichen Zäsur, zu der der Versicherungsfall führt, ohne weitere Konsequenzen noch ein weiterer Obliegenheitsverstoß möglich sein soll.

b) Der Kläger hat durch sein Verhalten auch gegen die Aufklärungsobliegenheit aus § 7 I (2) AKB verstoßen. Selbst bei eindeutiger Haftungslage wird die Aufklärungspflicht durch eine Unfallflucht i. S. von § 142 StGB verletzt (BGH v. 1.12.99 - IV ZR 71/99 - VersR 2000, 222). Dass sich der Kläger der Fahndung der Polizei letztendlich nicht mit Erfolg entziehen konnte, ändert daran nichts. Soweit er sich dennoch auf § 6 Abs. 2 VVG beruft, verkennt er, dass diese Vorschrift nur Obliegenheiten betrifft, die vor dem Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllen sind. Bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen eine Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 3 VVG tritt Leistungsfreiheit aber schon dann ein, wenn die Verletzung der Aufklärungspflicht generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernstlich zu gefährden. Davon ist bei einer Unfallflucht jedoch in der Regel auszugehen.

c) Durch die von ihm begangene Unfallflucht hat der Kläger seine Aufklärungspflichten vorsätzlich und schuldhaft verletzt. Dass er nicht mehr wusste, was er tat und/oder dass er sich im Zustand der Schuldunfähigkeit befand, kann nach Lage der Dinge - trotz einer BAK von 2,86 %o - ausgeschlossen werden. Wäre er nicht mehr imstande gewesen, zielgerichtet zu handeln, wäre es ihm mit Sicherheit nicht gelungen, die Fahrt mit seinem Kfz für die Dauer von etwa weiteren fünf Minuten fortzusetzen. Obwohl stark alkoholisiert, war er darüber hinaus nach dem Eindruck des Arztes, der ihm gut eine Stunde nach dem Unfall eine Blutprobe entnommen hat, bewusstseinsklar und im Verhalten beherrscht (BA 9). Seine Denkabläufe waren geordnet und eine Störung der Orientierung nicht erkennbar. Das spricht aber ganz eindeutig gegen eine ins Gewicht fallende Störung der Wahrnehmungsfähigkeit und gegen die Zurechnungsunfähigkeit des Klägers. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass er aufgrund des Unfalls einen Schock davongetragen haben will. Abgesehen davon, dass sich diese Behauptung nicht ohne weiteres mit seiner Einlassung in Einklang bringen lässt, er habe aufgrund seiner Trunkenheit keinerlei Erinnerung mehr an das, was sich nach dem Unfall zugetragen hat, fehlen verlässliche Anzeichen für einen Schock. Der Arzt, der die Blutprobe abgenommen hat, hat keine Indizien festgestellt, die auf einen Schock hindeuten. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Wahrnehmungs- und Schuldunfähigkeit fehlen daher die notwendigen Anknüpfungstatsachen. Das geht zu Lasten des Klägers, der die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG widerlegen muss und auch für seine Schuldunfähigkeit beweispflichtig ist (vgl. BGH v. 20.6.90 - IV ZR 298/89 - VersR 1990, 888).

d) Wegen der Unfallflucht kann die Beklagte allerdings lediglich in Höhe von 2.556,46 € (= 5.000 DM) Regress nehmen. Leistungsfreiheit bis 10.000 DM besteht gemäß § 7 V (2) AKB nur bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit, der besonders schwerwiegend ist. Das kann im Streitfall nicht angenommen werden. Ein besonders schwerwiegender Fall liegt nicht vor, wenn das Gesamtverhalten des Täters nicht über die bei einer Unfallflucht üblichen Pflichtverstöße hinausgeht (BGH v. 21.4.82 - IV a ZR 267/80 - VersR 1982, 742 unter 3.; zu den maßgebenden Kriterien vgl. Knappmann, a.a.O., § 7 AKB Rn. 68 f.). Die Voraussetzungen dafür können hier nicht festgestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Fahrzeugschaden von gut 11.000 DM noch im alltäglichen Rahmen hält. Zu gravierenden Personenschäden hat der Unfall ebenfalls nicht geführt. Sowohl die Zeugin Sch... als auch der Zeuge H... haben bei dem Unfall nur HWS-Beschleunigungsverletzungen davongetragen, die die Klägerin gerade einmal durch Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von 800 DM bzw. 500 DM entschädigt hat. Eine andere Beurteilung ist auch nicht gerechtfertigt, weil der Kläger den Zeugen H... auf der Flucht mit seinem PKW mitgeschleift hat. Denn ursächlich dafür war nicht ein besonderes rücksichtsloses Verhalten des Klägers, sondern das leichtfertige Vorgehen des Zeugen, der den Kläger aufhalten wollte und sich bei einem Griff durch das offene Fahrerfenster im Fahrzeuginneren verfangen hat (BA 22 R). Ebenso wenig kann als gesichert betrachtet werden, dass der Zeuge auf einer Fahrtstrecke von 50 m mitgerissen wurde. Zwar hat er sich in diesem Sinne bei seiner schriftlichen Befragung gegenüber der Polizei geäußert. Seine Angaben stehen jedoch in Widerspruch zu den Bekundungen der Zeugin Sch..., die bei ihrer Befragung lediglich erklärt hat, der Zeuge sei einige Meter mitgeschleift worden (BA 20 R). Deshalb ist in der polizeilichen Unfallanzeige auch nur davon die Rede, dass der Zeuge ca. 5 bis 6 m mitgezogen wurde (BA 2). Zudem hat die Flucht des Klägers zu keinen weiteren gravierenden gesundheitlichen Folgen für den Zeugen geführt. Ausweislich der von der Beklagten eingeholten Atteste hat er außer der HWS-Verletzung, zu der bereits der Auffahrunfall geführt hatte, nur noch eine LWS-Prellung erlitten. Deshalb ist das Strafverfahren wegen der Unfallflucht auch gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil dieser Vorwurf neben dem der Straßenverkehrsgefährdung und der vorausgegangenen fahrlässigen Körperverletzung nicht mehr beträchtlich ins Gewicht fiel.

d) Danach ergibt sich für die Beklagte folgender Erstattungsanspruch:

Leistungsfreiheitsbeträge insgesamt (10.000 DM + 5.000 DM=) 15.000,00 DM abzüglich vom Kläger gezahlter 4.348,54 DM 10.651,46 DM = 5.446,01 € abzüglich erstinstanzlich titulierter 2.889,55 € 2.556,46 €.

Weitere Abzüge sind nicht veranlasst, da die der Beklagten entstandenen Aufwendungen in Höhe von 17.810,58 DM die Leistungsfreiheitsbeträge übersteigen.

3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a) Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert:

Berufung: 3.993,49 € Anschlussberufung: 2.889,55 € insgesamt: 6.883,04 €.

Ende der Entscheidung

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