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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.01.2004
Aktenzeichen: I-4 U 78/03
Rechtsgebiete: VVG, SGB V, MBKK 94


Vorschriften:

VVG § 62
VVG § 178 b Abs. 1
VVG § 178 b Abs. 2
SGB V § 18
SGB V § 49
MBKK 94 § 1 Abs. 2
MBKK 94 § 1 Abs. 4
MBKK 94 § 4 Abs. 2
MBKK 94 § 4 Abs. 4
MBKK 94 § 5 Abs. 1 d)
Die Kosten einer Schmerztherapie durch eine Klimakur am Toten Meer in einem der dortigen Hotels, die über Ärzte verfügen, nebst Massagen und Bädern sind von einer privaten Krankenversicherung auf der Grundlage der MB KK 94 ungeachtet der Regelungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gedeckt, auch wenn die Klimaeinwirkung dem Versicherungsnehmer deutliche Linderung gebracht hat, die er durch ärztliche Behandlungen in Deutschland nicht erlangt hat.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I 4 U 78/03

Verkündet am 13.01.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25.11.2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S..., des Richter am Oberlandesgericht Dr. W... und der Richterin am Landgericht F...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. März 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus dem bei der Beklagten abgeschlossenen Krankenversicherungsvertrag Kostenersatz für 3 Aufenthalte am Toten Meer/Israel.

Die Klägerin unterhält seit dem 1.1.1988 bei der Beklagten eine private Krankenheitskostenvollversicherung der Tarife SB 300 (ambulante Heilbehandlung) und S IV/2 (stationäre Heilbehandlung). Dem Vertrag liegen die MB/KK 1994 zugrunde, sowie Allgemeine Versicherungsbedingungen der Beklagten betreffend die einzelnen Tarife (GABl. 119 ff).

Seit dem Jahre 1980 leidet die Klägerin an einem chronischen Schmerzsyndrom ihrer Hand. Sie unterzog sich aufwendigen und kostenintensiven ambulanten und stationären Schmerztherapien, die keine Linderung brachten. Seit dem Jahre 1995 ist die Klägerin auf regelmäßige Morphiumeinnahme angewiesen. Ferner leidet sie seit 1995 immer wieder unter Gürtelrosen und nach einer Operation auch unter Schmerzen im Oberschenkel.

In den Jahren 1998 bis 2000 reiste die Klägerin zur Schmerzbehandlung alljährlich nach Israel an das Tote Meer. Die Klägerin hielt sich jeweils in einem Hotel in einem Einzelzimmer auf. Krankenhäuser gibt es dort nicht. Die jeweiligen Hotels unterhalten medizinische Abteilungen und verfügen über Ärzte, die Eingangs- und Abschlussuntersuchungen sowie eine wöchentliche Visite vornehmen. Die Klägerin unterzog sich auf Anordnung dieser Ärzte verschiedenen Maßnahmen, wie Massagen oder Heilbädern.

Die Aufenthalte am toten Meer bewirkten eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der Klägerin. Die tägliche Morphiumdosis der Klägerin konnte jeweils deutlich herabgesetzt werden. Stationäre Schmerztherapien in Deutschland wurden nach den Reisen unnötig. Demzufolge reduzierten sich auch die Kosten ihrer Heilbehandlung in Deutschland.

Von den Reisekosten erstattete die Beklagte nur Teilbeträge, nämlich die ärztlichen Behandlungskosten. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Erstattung auch der Kosten für Flug, Unterbringung und Anwendungen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Behandlungsmaßnahmen am toten Meer stellten eine stationäre, medizinisch notwendige Heilbehandlung und keine Kurmaßnahme dar. Sie hat behauptet, eine erfolgversprechende Behandlung sei nur dort aufgrund der einzigartigen Klimaverhältnisse möglich. Sie hat ferner gemeint, es sei treuwidrig, Kosten für die erfolgreichen Reisen nicht zu erstatten, obwohl damit erhebliche Kosten für die ansonsten in Deutschland notwendige Schmerztherapie erspart wurden.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie die Reise-, Flug- und Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 32.483,24 DM sowie ein Krankenhaustagegeld in Höhe von 13.600,- DM jeweils nebst Zinsen, zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung begehrt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung liege nicht vor, da nicht die ärztlichen Behandlungen sondern das besondere Klima den Heileffekt bewirkten. Die Behandlung habe nicht in einem Krankenhaus i. S. von § 4 Abs. 4 MB/KK stattgefunden, weil die medizinischen Abteilungen der Hotels nicht über eine Krankenhäusern vergleichbare Ausstattung und Einrichtung verfügten. Es handele sich um nach § 5 Abs. 1 d MB/KK 94 ausgeschlossene Kurmaßnahmen. Ferner seien Kosten eines Auslandsaufenthalts nur für einen Monat gedeckt.

Das Landgericht hat die Klage betreffend den Kostenersatzanspruch in Höhe von 15.818,25 € im Wesentlichen zugesprochen und sie im Übrigen abgewiesen. Der Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung sei weit zu verstehen und schließe auch die Klimaheilbehandlung ein, deren Notwendigkeit durch ihren Erfolg indiziert werde. Die Hotels nähmen eine "Zwitterstellung" ein, da es dort keine Krankenhäuser gebe. Die Berufung auf die vertraglichen Ausschlussklauseln verstoße gegen Treu und Glauben, da der Klägerin nur am Toten Meer geholfen werden könne, dies kostengünstiger als durch Schmerztherapien in Deutschland. Dies gelte allerdings nur für die Krankheitskostenversicherung als Schadensversicherung, nicht für die Krankenhaustagegeldversicherung. Die Reisekosten seien erfasst, da die Einrichtungen am Toten Meer die nächstgelegenen seien, in denen eine erfolgversprechende Behandlung möglich sei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Sie vertritt die Auffassung, die "Klimaheilbehandlung" sei keine versicherte medizinisch notwendige Heilbehandlung i. S. von § 1 Abs. 2 MB/KK 94, weil eine ärztliche Tätigkeit fehle. Die Klägerin habe sich nicht in einem unter ärztlicher Leitung stehenden Krankenhaus i. S. von § 4 Abs. 5 MB/KK 94 aufgehalten. Die vom Landgericht angenommene "Zwitterstellung" zu einem Krankenhaus sei nicht nachvollziehbar. Der Aufenthalt stelle eine ausgeschlossene Kurbehandlung dar. Die Anwendung von § 242 BGB greife unzulässig in ihre Kalkulation ein.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben, soweit sie verurteilt wurde, an die Klägerin für die Jahre 1998, 1999 und 2000 einen Betrag von € 15.818,25 (DM 30.937,80) nebst 5 % Zinsen seit dem 12.9.2001 zu zahlen und auch insoweit die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, ihr Aufenthalt in dem heilenden Klima stelle als integraler Bestandteil eines ärztlichen Heilkonzepts eine ärztliche Heilbehandlung dar. Die Morphinreduzierung sei schon in Israel erfolgt und habe dort der ständigen ärztlichen Aufsicht wie in einem Krankenhauses bedurft, so die Klägerin im Verhandlungstermin vom 25.11.2003.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Ein Anspruch der Klägerin aus dem Krankenversicherungsvertrag in Verbindung mit § 178 b Abs. 2 VVG besteht nur im vertraglich vereinbarten Umfang. Voraussetzung für die Leistungspflicht ist nach § 1 Abs. 2 MB/KK 1994 eine medizinisch notwendige Heilbehandlung, die nach § 4 Abs. 4 MB/KK 1994 in einem unter ständiger ärztlicher Leitung stehenden Krankenhaus erfolgen muss. Die Erstattung ambulanter Heilbehandlungskosten begehrt die Klägerin hier nicht. Als solche wäre die Maßnahme am Toten Meer auch nicht erstattungsfähig. Eine ambulante Behandlung muß nach § 4 Abs. 2 MB/KK 94, § 1 Abs. 4 S. 1 MB/KK durch einen in Europa niedergelassenen und approbierten Arzt erfolgen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 26. Auflage, § 4 MB/KK, Rn. 8). Zur Niederlassung und Approbation der behandelnden Ärzte in Israel fehlt hier jeder Vortrag. Die geltend gemachten Reise- und Unterbringungskosten sind ohnehin nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen nur bei Krankenhausaufenthalten zu erstatten. Transporte sind nach B III 2 c) der allgemeinen Versicherungsbedingungen Tarif S IV 2 nur als Krankentransporte zum nächstgelegenen Krankenhaus versichert. Die Unterbringung muss nach B III 1.) der allgemeinen Versicherungsbedingungen Tarif S IV 2 in einem Krankenhaus erfolgen (GA 124 Rückseite).

1.)

Die Klägerin wurde nicht in einem Krankenhaus sondern in einem Hotel mit medizinischen Einrichtungen behandelt. Ein solches stellt kein Krankenhaus dar. Es fehlt bereits an der nach § 4 Abs. 4 MB/KK erforderlichen ständigen ärztlichen Leitung der Einrichtung. Nach dem Vorbringen der Klägerin "verfügen" die Hotels über Ärzte. Diese leiten also das Hotel nicht, sondern dürften als Angestellte oder freie Mitarbeiter für dieses tätig sein. Selbst als Sanatoriumsaufenthalte, so das Versicherungsverhältnis deren Erstattung erlaubt, sind daher Aufenthalte am Toten Meer nicht zu werten, da es an der ärztlichen Leitung mangelt (vgl. OVG Münster, Urteil v. 27.9.1991, 6 A 1118/90 zit. nach Juris).

Im übrigen sind die dort erbrachten Leistungen, die die Klägerin unter Vorlage des Reiseprospekts dargelegt hat, Sanatoriums- und nicht krankenhaustypisch. Es handelt sich um Einrichtungen zur Behandlung chronischer Krankheiten, wie Schuppenflechte, Neurodermitis o.a. Der Aufenthalt ist von längerer Dauer, nach den Informationen im Prospekt in der Regel mindestens 4 Wochen. Der Tagesablauf wird durch Ruhezeiten an frischer Luft, Baden im Meer und Schwefelbäder bestimmt. Der erwartete Heilerfolg beruht im wesentlichen auf dem Aufenthalt in klimatisch günstigen Verhältnissen, unterstützt von sonstigen medizinischen Anwendungen, wie Massagen u.a.. Die Hotels bieten damit klassische Leistungen eines Sanatoriums. Ein Sanatorium liegt nach dem Gesamtbild der Einrichtung vor, wenn sie der Behandlung und Betreuung genesender und/oder chronisch Kranker dient und die Heilung durch geregelten Tagesablauf, Fernhaltung ungünstiger Einflüsse, spezielle Heilanwendungen und günstiges Klima erzielt werden soll, wobei die Patienten in der Regel nicht bettlägerig sind. (Senat, VersR 1993, 41).

Unter diesen Umständen kann aus der mangelnden Existenz von Krankenhäusern nicht auf eine "Zwitterstellung" zwischen Krankenhaus und Sanatorium geschlossen werden. Allenfalls liegt ein "Zwitter" zwischen Hotel und Sanatorium vor. Der Aufenthalt im Hotel ersetzt auch nicht den ansonsten gebotenen Aufenthalt in einem Krankenhaus. Angesichts der sanatoriumstypischen Behandlung wäre bei vergleichbarer Sachlage in Deutschland, d.h. bei der Heilungssuche durch Einwirkung der klimatischen Verhältnisse und Anwendungen, auch in Deutschland kein Krankenhaus sondern ein Sanatorium aufzusuchen. Gäbe es ein vergleichbares Klima in Deutschland, so wären die durch Klimaeinwirkung und Anwendung erzielbaren Erfolge sogar bei ambulanter Behandlung an einem entsprechenden Ort, jedenfalls aber bei stationärem Aufenthalt in einem Sanatorium ohne weiteres erzielbar. Der besonderen Ausstattung eines Krankenhauses bedürfte es nicht.

Der Einwand der Klägerin, die Morphiumreduzierung sei bereits in Israel erfolgt, und könne nicht ohne stationären Aufenthalt unter ständiger ärztlicher Aufsicht erfolgen, ändert an dieser Würdigung nichts. Die Behandlung bestand hier nicht in der Morphiumreduzierung, sondern in der Klimaeinwirkung. Erstere war nicht Gegenstand der Behandlung, sondern deren Folge. Im übrigen fehlte die ständige ärztliche Aufsicht hier gerade, denn die Ärzte nahmen nur eine Eingangs- und eine Abschlussuntersuchung sowie eine wöchentliche Visite vor. Sie waren auch nicht etwa rund um die Uhr, auch nachts, anwesend, um die Klägerin zu beobachten. Krankenhaustypische diagnostische und therapeutische Möglichkeiten, wie Geräte zur Überwachung des Patientenzustandes, fehlten ebenfalls, wie die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 25.09.2001 unwidersprochen vorgetragen hat.

2.)

Die Behandlung der Klägerin, die nicht in einem Krankenhaus i. S. von § 4 Abs. 4 MB/KK 94 erfolgte, fällt daher nicht unter den Versicherungsschutz. Im übrigen wäre die Leistungspflicht auch nach § 5 Abs. 1 lit. d MB/KK 94 ausgeschlossen, da Kur- und Sanatoriumsbehandlungen hiernach nur versichert sind, wenn der Tarif dies vorsieht. Den Tarif KS für Kurbehandlungen in Sanatorien (GA 126) hat die Klägerin hier aber nicht abgeschlossen. Die vorgenommene Behandlung ist - wie ausgeführt - der Art nach eine klassische Kur- und Sanatoriumsbehandlung. Ferner greift die Ausschlussklausel des § 1 Abs. 4 S. S 1 MB/KK 94 jedenfalls für den jeweils zweiten Aufenthaltsmonat, da sich hiernach der Versicherungsschutz ohne besondere Vereinbarung nur auf den ersten Monat eines Auslandsaufenthalts erstreckt. Die Voraussetzungen einer Erweiterung nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen Tarif S IV 2 Lit. A 1 liegen nicht vor, denn die Rückreise nach einem Monat scheiterte nicht an der Transportunfähigkeit.

3.)

Eine Erstattungsfähigkeit nach Treu und Glauben ist nicht gerechtfertigt, auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass ihr nur dort geholfen werden kann und die Aufenthalte dort für die Beklagte kostengünstiger sind, als die ansonsten notwendige Behandlung in Deutschland.

a) Die Leistung, die die Klägerin hier begehrt, unterfällt schon nicht dem versicherten Risiko, so dass eine Einbeziehung eine Erweiterung der vertraglichen Hauptleistungspflicht der Beklagten darstellen würde. Derartige Ausweitungen bezogen auf die Hauptleistung erlaubt § 242 BGB nicht. Selbst nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, die hier schon mangels Änderung eines bei Vertragsschluss von beiden Parteien vorausgesetzten Umstandes nicht eingreifen können, kommt allenfalls die Anpassung der vertraglichen Hauptleistungspflicht in Betracht (Palandt/Heinrichs, 61. Auflage, § 242 BGB, Rn. 13). Hier begehrt die Klägerin jedoch keine Anpassung der Hauptleistungspflicht, sondern eine zusätzliche Leistungspflicht. Die ursprüngliche Hauptleistungspflicht bliebe daneben bestehen, denn für die sonstigen ärztlichen und Krankenhausbehandlungen in Deutschland bedarf die Klägerin nach wie vor des Versicherungsschutzes, den sie schon aufgrund ihrer chronischen Erkrankung auch in Anspruch nehmen muss.

Eine derartige Erweiterung der Hauptleistungspflicht gebieten die Grundsätze von Treu und Glauben nicht. Sie ist vielmehr dem auf der grundsätzlichen Vertragsfreiheit beruhenden System des Zivilrechts fremd, wonach die Hauptleistungspflichten der Angemessenheitsprüfung entzogen sind (vgl. § 8 AGBG a.F., § 307 BGB). Dies gilt auch im Versicherungsrecht (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 26. Auflage, Vorbem. I., Rn. 45 m.w.N.). Der Versicherung ist es unbenommen, nur für die im Versicherungsvertrag genannte Risiken bedingungsgemäß einzutreten, da hierauf ihre Kalkulation beruht. Die Erweiterung des Versicherungsschutzes auf eine zusätzliche Leistungspflicht griffe massiv in ihre abstrakte, auf versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhende Kalkulation ein. In der Krankenversicherung beruht die Tarifkalkulation darauf, nur bestimmte Arzt- und Klinikleistungen erstatten zu müssen, wozu Hotel-, Auslands- und Kuraufenthalte gerade nicht gehören. Bei der Einbeziehung derartiger Leistungen hätten von vorneherein höhere Prämien kalkuliert werden müssen. Im Nachhinein kann der Versicherung eine entsprechende Ausweitung nicht aufgezwungen werden. Dem Versicherungsnehmer ist auf der anderen Seite ohne weiteres erkennbar, welche Leistungen versichert sind. Begehrt er erweiterten Schutz, ist dies für bestimmte Leistungen durchaus möglich, so bietet die Beklagte hier für Kurkosten den Spezialtarif KS an. Ein Versicherungsnehmer, der solche Erweiterungen nicht in Anspruch nimmt, kann nunmehr nicht nach Treu und Glauben Leistungen, für die keine Prämien entrichtet wurden, verlangen. Für hier begehrten Kosten der Unterbringung in Hotels oder der Flüge gilt dies erst recht. Die Ausweitung des Versicherungsschutzes auf diese würde zu einer schrankenlosen Erweiterung führen, die jegliche Kalkulation unmöglich machen würden. Das Vertragswerk der Versicherung würde damit Makulatur, der vertragliche Leistungsinhalt völlig unbestimmt. Die Definition der Versicherungsleistung dahingehend, dass Maßnahmen, die als einzige helfen und ansonsten notwendige Behandlungskosten reduzieren, zu ersetzen seien, würde zur Erstattungspflicht auch völlig medizinfremder Leistungen führen und das versicherte Risiko unkalkulierbar machen.

Allein der Behandlungserfolg rechtfertigt einen derart massiven Eingriff nicht. Bestimmte Maßnahmen sind häufig nicht etwa deshalb vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, weil sie für erfolglos gehalten werden, sondern um leistungsgerechte Beitragszahlungen zu ermöglichen. Beispielsweise schließt der Versicherungstarif Sanatoriumsaufenthalte nicht deshalb vom Versicherungsschutz aus, weil sie als erfolglos angesehen werden (vgl. Senat VersR 1993, 41/42), sondern weil der Leistungskatalog unter Berücksichtigung der Prämien so gefasst werden soll, dass die Versicherung kostendeckend möglich ist. Für Kurmaßnahmen bestimmen die MB/KK 94 die Prämien-/Leistungsbalance so, dass diese ausgeschlossen sind, was geringere Beitragsleistungen bedingt. Die Beklagte bietet sogar einen Spezialtarif KS zu selbstverständlich höheren Prämien an. In diese Bestimmung des Prämien-/ Leistungsverhältnisses, die dem Versicherungsnehmer klar erkennbar ist, darf nicht eingegriffen werden. Entsprechend ist die Versicherung für ausgeschlossene Leistungen wie Sanatoriumsaufenthalte auch dann nicht einstandspflichtig, wenn sie zur Heilung geführt haben (Senat VersR 1993, 41/42).

Auch bei Leiden, bei denen die Schulmedizin versagt, sind andere Behandlungsmethoden als die schulmedizinischen nur einzubeziehen, wenn sie durch einen Arzt durchgeführt werden und in aussichtsloser Lage einen gewissen Erfolg versprechen (BGH v. 2.1.1981, VersR 1982, 285, 286). Solche ärztliche Leistungen liegen hier jedoch gerade nicht vor. Die Nichtbeachtung des vertraglichen Ausschlusses für den Aufenthalte in sogenannten gemischten Anstalten (§ 4 Abs. 4 MB/KK) ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn angesichts der schweren Erkrankung ansonsten ein stationärer Krankenhausaufenthalt notwendig gewesen wäre und deshalb kein unzulässiger Eingriff in die Kalkulation der Versicherung vorliegt (BGH a.a.O.). So liegt es hier aber gerade nicht, weil die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Reisen nicht krankenhausbehandlungsbedürftig erkrankt war.

Die Regelungen für die gesetzliche Krankenversicherung ändern hieran nichts, da sie völlig anders gestaltet sind. Kuren sind nach § 40 SGB V nicht von vorneherein von der Leistungspflicht ausgenommen, sondern deren Bewilligung steht im Ermessen des Sozialversicherungsträgers. Auch Behandlungen im Ausland lässt § 18 SGB V bei alleiniger Behandlungsmöglichkeit dort zu. Derartige Gestaltungsmöglichkeiten enthält das hier streitgegenständliche Vertragsgefüge für eine private Krankenversicherung nicht. Es definiert vielmehr das versicherte Risiko anders und für diesen Fall enger.

b) Unter dem Gesichtspunkt des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) greift der Grundsatz von Treu und Glauben ebenfalls nicht ein. Die Beklagte hat hier weder eine Leistungszusage gemacht, noch einen Heil- und Kostenplan geprüft (vgl. dazu Senat, VersR 1997, 1128/1129). Sie hat vielmehr nur durch ihren Sachbearbeiter die telefonische Anzeige des Aufenthaltes hingenommen. Hieraus konnte die Klägerin nicht schließen, dass die Leistung erstattet werde, so dass sich die Beklagte mit ihrer Verweigerung nicht widersprüchlich verhält. Nämliches gilt für die von der Klägerin in Bezug genommene vorangegangene Erstattung der Kosten in der vergleichbaren Einrichtung "Fachklinik H..., Bad F...". Sollte es sich bei dieser Einrichtung um ein Sanatorium handeln, begründet die einmalige Erstattung ohne Verpflichtung hierzu keinen Vertrauenstatbestand. Der Umstand, dass vergleichbare Behandlungen übernommen wurden, schafft keinen Vertrauenstatbestand dergestalt, dass die Versicherung fortan in stets gleicher Weise verfahren müsste (vgl. OLG Frankfurt, VersR 2002, 601). Ein verständiger Versicherungsnehmer kann nicht davon ausgehen, dass in sämtlichen vergleichbaren Einrichtungen Erstattungen vorgenommen werden, schon gar nicht bei Einrichtungen im Ausland ohne ärztliche Leitung.

4.)

Schließlich beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf § 62 VVG betreffend Rettungsmaßnahmen bei Eintritt des Versicherungsfalls. Bei Reiseantritt war der Versicherungsfall jedoch nicht eingetreten, da zu einer akuten ambulanten oder stationären Behandlungsbedürftigkeit jeder Vortrag fehlt. Eine Akuterkrankung zu diesem Zeitpunkt liegt vielmehr fern, weil dann die Reisen nicht möglich gewesen wären. Dass die Reisen zur Einsparung von Behandlungskosten geführt haben sollen, macht sie noch nicht zu Rettungsmaßnahmen. Sie trugen damit nur zur Vermeidung künftiger Krankenhausaufenthalte und anderer Behandlungen bei. Es handelte sich um dem Schadensfall vorbeugende Maßnahmen, die von § 62 VVG nicht erfasst sind (vgl. Voit in Prölss/Martin, 26. Auflage, § 62 VVG, Rn. 9).

5.)

Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 10.12.2003 bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert der Berufung: 15.818,25 €

Ende der Entscheidung

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