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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: I-4 U 97/05
Rechtsgebiete: ARB 75, ARB 94, VVG, VAG


Vorschriften:

ARB 75 § 4 Abs. 1 k
ARB 94 § 3 Abs. 1 d
ARB 94 § 3 Abs. 1 dd
VVG § 5 Abs. 2 S. 4
VVG § 5 a
VVG § 5 a Abs. 2 S. 4
VAG § 10 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. März 2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung, die auch Vertragsrechtsschutz einschließt. Die Parteien streiten darüber, ob dem Versicherungsvertrag die ARB 75 - so der Kläger - oder nach einer Vertragsumstellung im Frühjahr 1995 die ARB 94 - so die Beklagte - zugrunde liegen.

Der Kläger begehrt Deckungsschutz für eine Klage gegen die Landesbank B. und die T. F. Vermittl. AG, denen er mangelhafte Beratung im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilien-Fonds, dem W. Immobilien-Fonds Nr. .... S. M., S., vorwirft. Durch seine Beteiligung wurde er Mitglied einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die einen Bauträger mit der Bebauung der Fonds-Immobilie beauftragte. Zu der Kapitalanlage wurde er durch die Aussicht auf schon nach wenigen Jahren fließende Gewinne und den Erwerb einer wertstabilen Immobilie veranlasst (GA 5). Ausweislich des von ihm vorgelegten Prospekts wurde ihm das Projekt wie folgt vorgestellt (GA 149 f.):

"Sämtliche Erwerber bilden eine Eigentümergemeinschaft als Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes. ...

...

Punkte, die für den Erwerb sprechen

1.) Sie erwerben eine Beteiligung mit geringer Belastung. Ihr Eigentum wird im Grundbuch eingetragen.

...

5.) Mit geringstem monatlichen Aufwand (in der Anfangsphase sogar Überschüsse) erwerben Sie eine wertstabile Immobilie.

...

8.) Sie können Ihren Immobilienanteil veräußern. Auf die allgemein eingeschränkte Mobilität von Anteilen wird hingewiesen."

Was es mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds auf sich hat, erklärte die Vermittlerin dem Kläger wie folgt (GA 15).

"Was ist ein geschlossener Immobilienfonds?

Sie beteiligen sich gemeinsam mit anderen Anlegern an hochwertigen Immobilien. Die Höhe ihrer Beteiligung legen Sie selbst fest - mit einem Betrag, den auch Sie sich leisten können. Sie sind Miteigentümer einer renditestarken und wertstabilen Immobilie und erreichen dadurch die drei Vorteile von Immobilieneigentum:

sofortige Steuerersparnis attraktiver Wertzuwachs sichere Mieteinnahmen."

Der Kläger hat geltend gemacht, der hier einschlägige, das Baurisiko betreffende § 4 Abs. 1 k ARB 75 schließe die Eintrittspflicht der Beklagten nicht aus, da es an einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Baurisiko im eigentlichen Sinne fehle.

Er hat beantragt,

es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm aufgrund des Rechtsschutz-Versicherungsvertrages mit der Beklagten unter der Schaden-Nr. ... Versicherungsschutz bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Immobilienfondsbeteiligung an dem W.-Fonds Nr. ... gegen die Landeskreditbank B., S., K. und die Vermittlerin, die Firma T. F. Vermittl. AG, G. Straße, R. zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Im Streitfall sei § 3 Abs. 1 d dd ARB 94 maßgeblich. Danach sei ihre Haftung wegen eines im Streitfall gegebenen ursächlichen Zusammenhangs zwischen Finanzierung und Bauvorhaben ausgeschlossen.

Das Landgericht hat sich der Argumentation der Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen. Zur Vereinbarung der ARB 94 im Rahmen der Vertragsumstellung hat der Einzelrichter ausgeführt, der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass ihm die ARB 94 nicht, wie von ihm schriftlich bestätigt, ausgehändigt worden seien. Davon abgesehen stehe ihm auch ein Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG nicht mehr zu, weil es nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erloschen sei.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht geltend: Ungeachtet des Ablaufs der Jahresfrist gemäß § 5 Abs. 2 S. 4 VVG stehe ihm noch ein Widerspruchsrecht zu, da er über dieses Recht von der Beklagten nicht belehrt worden sei. Davon abgesehen sei er auch zum Widerruf nach dem HWiG befugt. Schließlich greife auch der Risikoausschluss in § 3 Abs. 1 d dd ARB 94 nicht ein, da sich in seinem Fall kein originäres Baurisiko verwirklicht habe.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte, die das angefochtene Urteil für richtig hält, bittet um

Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass die Eintrittspflicht der Beklagten durch § 3 Abs. 1 d dd ARB 94 ausgeschlossen ist. Die Geltung dieser Bedingung ist im Rahmen der Vertragsumstellung im Frühjahr 1995 vereinbart worden. In dem Antrag des Klägers vom 7. März 1995 heißt es insoweit unter dem Stichwort "Vertragsvereinbarung, Hinweise und Erläuterungen 1.)" ausdrücklich (GA 176):

"Allgemeine Bedingungen: Es gelten die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 94)..."

Der Geltung dieser neu vereinbarten Bedingungen kann der Kläger sich nicht durch Ausübung des ihm nach § 5 a VVG zustehenden Widerspruchsrechts entziehen. Es entsteht nur dann, wenn dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung nicht die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VAG übergeben wird. Dass er diese Unterlagen nicht erhalten hat, hat er jedoch nicht hinreichend substantiiert dargetan. Mit der von ihm unterzeichneten Empfangsquittung (GA 177) konfrontiert, hat er nur erklärt, bekanntlich unterschrieben Verbraucher oft unbesehen eine Bestätigung, ohne diese tatsächlich durchgelesen zu haben. Dass das auch in seinem Fall so war, hat er jedoch nicht geltend gemacht. Deshalb geht der Senat mit dem Landgericht davon aus, dass die Aushändigung der Bedingungen und der Verbraucherinformation nicht wirksam bestritten ist. Dem ist der Kläger auch mit der Berufung nicht entgegengetreten. Ob ein etwaiges Widerspruchsrecht zudem wegen Zeitablaufs (§ 5 a Abs. 2 S. 4 VVG) erloschen wäre, kann demzufolge dahinstehen.

2. Die Voraussetzungen des Risikoausschlusses sind auch erfüllt. Nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 1 d dd ARB 94, der Einschränkungen weder vorsieht noch sonst dafür einen Anhalt bietet, fallen alle Streitigkeiten mit dem finanzierenden Kreditinstitut, die in einem ursächlichen (nicht: nicht unmittelbaren) Zusammenhang mit dem Bau oder der Errichtung eines Gebäudes stehen, unter diese Ausschlussklausel (BGH v. 29.9.2004 - IV ZR 170/03 - unter II.2.c aa), veröffentlicht in VersR 2004, 1596). Für eine einschränkende Auslegung der Klausel dahin, dass der Rechtsstreit sich als Verwirklichung des typischen Baurisikos darstellen müsse, ist somit kein Raum (BGH a.a.O., unter II.2.c bb). Denn daraus ergibt sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer mit der notwendigen Deutlichkeit, dass bei missglückten Immobilien-Kapitalanlagen für Auseinandersetzungen, die sich auf den Vorwurf fehlerhafter Finanzierungsberatung durch das Kreditinstitut gründen, Rechtsschutz nicht gewährt wird. Das schließt auch dann Versicherungsschutz aus, wenn die Aufklärung des Finanzierungsinstituts über mögliche Risiken bei den zu realisierenden Renditen fehlerhaft gewesen sein soll (BGH, a.a.O., unter II.2.c cc). Genau darum geht es aber im Streitfall, denn der Kläger macht der Landeskreditbank B. zum Vorwurf, er sei vor seiner Beteiligung nicht zutreffend über die angeblich schon nach wenigen Jahren fließenden Gewinne, die Höhe der zu erwartenden Steuerersparnis und die Werthaltigkeit der Immobilie belehrt worden. Gleiches gilt auch für die Inanspruchnahme des Vermittlers, da der Kläger ihm die Verletzung derselben Beratungspflichten zum Vorwurf macht.

3. Zu einer anderen Beurteilung bietet auch der Umstand keine Veranlassung, dass der Kläger die Immobilie nicht selbst angekauft und deren Bebauung veranlasst, sondern sich an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt hat. Im Allgemeinen stellt zwar der Erwerb einer solchen Beteiligung eine reine Kapitalanlage dar (BGH v. 21.1.2002 - II ZR 2/00, veröffentlicht in: NJW 2002, 1642, 1643; Wendt, r+s 2006, 45, 47). Im Streitfall hat der Kläger sich jedoch gerade deshalb an dem Fonds beteiligt, weil ihm dieser wegen des damit verbundenen (im Grundbuch einzutragenden) Erwerbs von (Gesamthands-)Eigentum und der Veräußerlichkeit seines Immobilienanteils angepriesen worden ist. Denn auf die diesbezüglichen Werbeaussagen, die im Tatbestand im Einzelnen aufgeführt sind, hat er sich ausdrücklich berufen. In einem solchen Fall steht eine Fondsbeteiligung aber - bei entsprechender rechtlicher Konzeption - dem Direkterwerb von Allein- oder Miteigentum an einer zu bebauenden Immobilie gleich.

4. Der Frage, ob der Baurisikoausschluss in § 3 Abs. 1 d dd ARB 94 auch eingreifen kann, wenn das Immobilieneigentum durch eine Fondsbeteiligung vermittelt wird, misst der Senat grundsätzliche Bedeutung bei. Deshalb lässt er die Revision zu (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Berufungsstreitwert: 17.600 € (= 22.000 € x 0,8).

Ende der Entscheidung

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