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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: I-5 U 144/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 101 Abs. 1
ZPO § 708 Ziffer 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.08.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Streithelfers im Berufungsrechtszug.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin hatte am 28.05.2001 Teile des ihr gehörenden Gebäudes H... H...in B... an die F... S... H... GmbH zum Betriebe eines Fitness-Studios vermietet. Hierzu mussten Räume dieses Gebäudes umgebaut werden. Die Klägerin und Mieterin vereinbarten u.a., dass bei dem Umbau der Brandschutz angemessen zu berücksichtigen sei. Insoweit werde der Beklagte als Architekt der Mieterin eine Abstimmung mit dem vom Vermieter beauftragten Brandschutzsachverständigen, dem Streithelfer, herbeiführen. Die Kosten für die Architektenleistungen des Beklagten übernahm die Mieterin, desgleichen alle Kosten für die Beantragung der Änderung der Nutzung des Gebäudes (zuvor Autohaus). Die Kosten für den Brandschutzsachverständigen, die Baugenehmigungsgebühr, Statiker, Prüfstatiker sowie Planer der technischen Gewerke nebst Bauleitung sollten zu Lasten der Klägerin gehen. Der Beklagte sollte den Nutzungsänderungsantrag unverzüglich mit allen erforderlichen Plänen ausarbeiten.

In der Folgezeit erstellte der Streithelfer verschiedene "Brandschutzkonzepte", nämlich ein erstes Konzept vom 28.06.2001, ein Brandschutzkonzept vom 09.08.2001, einen Nachtrag Nr. 1 vom 11.09.2001 und einen Nachtrag Nr. 2 vom 22.10.2001.

Unter dem 06.08.2001 fertigte der Beklagte den Entwurf eines Bauantrags nebst Baubeschreibung, den die Klägerin am 08.08.2001 unterzeichnete.

In der Rubrik "bei Nutzungsänderungen" des Bauantrages hieß es:

"Bisherige Nutzung Autohaus F... R..." - "beabsichtigte Nutzung Fitness-Club für maximal 600 Personen."

In der Rubrik "Brandverhalten der Bauteile usw." war das Kästchen "Gutachten ist beigefügt" angekreuzt.

Unter Bezugnahme auf einen Antrag vom 06.07.2001 erteilte die Stadt B... der Klägerin eine Baugenehmigung u.a. mit Auflagen zum Brandschutz auf Seite 5.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dadurch, dass diesen Auflagen - bis auf den Blitzschutz - im Rahmen der Bauausführung nachgekommen worden sei, sei ihr ein Schaden in Höhe von 61.700 EUR entstanden. Der Beklagte hätte in seinem Entwurf zum Bauantrag vom 06.08.2001 die Zahl der Nutzer auf 149 begrenzen müssen. Dann wäre die Baugenehmigung mit wesentlich geringeren Auflagen erteilt worden; das Bauvorhaben hätten infolgedessen um 61.700 EUR billiger verwirklicht werden können.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es könne offen bleiben, ob zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Architektenvertrag geschlossen worden sei. Denn es fehle jedenfalls an einer Pflichtverletzung des Beklagten. Dieser habe sich an die Werte gehalten, die ihm der Streithelfer vorgegeben habe.

Mit der Berufung begehrt die Klägerin weiterhin Schadensersatz in Höhe von 61.700 EUR.

Sie vertritt die Auffassung, mit ihr und dem Beklagten sei ein Vertragsverhältnis zustande gekommen, weil dieser sogar die Bauleitung für sie, die Klägerin, übernommen habe, wie der Beklagte als Zeuge in einem anderen Verfahren bestätigt habe.

Der Beklagte habe ihr gegenüber in mehrfacher Weise seine Pflichten verletzt:

Zum einen hätte er in dem Bauantrag vom 06.08.2001 statt "Fitness-Club für maximal 600 Personen" angeben müssen: "Fitness-Club für maximal 199 Personen".

Zum anderen habe er dem Streithelfer Vorgaben, was die Nutzung der vermieteten Räume anbelange, erteilt. Er habe dessen Brandschutzkonzept aber nicht daraufhin überprüft, ob der Streithelfer von gegebenen tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen sei. Schließlich habe der Beklagte sie, die Klägerin, nicht darauf hingewiesen, dass die Versammlungsstättenverordnung anzuwenden sei. Der Beklagte habe ihr, der Klägerin, deshalb im Rahmen des öffentlich-rechtlich Zulässigen nicht die ökonomisch günstigste Lösung vorgeschlagen.

Hinsichtlich der Höhe ihres Schadens bezieht sich die Klägerin auf ihren Vortrag erster Instanz.

Die Klägerin beantragt,

abändernd den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 61.700 EUR nebst Zinsen von 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte und sein Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, er habe sich an die Angaben des Streithelfers, die der Klägerin auch bekannt gewesen seien, gehalten. Seine Vorgaben im Brandschutzkonzept seien auch richtig gewesen.

Darüber hinaus sei der Klägerin kein Schaden entstanden, weil ihr Grundstück einen Wertzuwachs erfahren habe.

Der Streithelfer trägt vor, sein Entwurf des Brandschutzkonzeptes sei am 26.10.2001 mit der Bauaufsicht abgestimmt worden. Auch fielen, wie sich schon aus der Verordnung ergäbe, aber auch das Ministerium für Städtebau und Wohnen NRW bestätigt habe, die vermieteten Räume unter die Versammlungsstättenverordnung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die gegen den Beklagten gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht zunächst eine Haftung des Beklagten wegen eines möglicherweise fehlerhaften Brandschutzgutachtens des Streithelfers verneint, da dieser nicht Erfüllungsgehilfe des Beklagten war.

Darüber hinaus kann dem Beklagten auch keine Pflichtverletzung dahin vorgeworfen werden, dass er eine möglicherweise im Brandschutzgutachten zu hoch angesetzte Benutzerzahl nicht bemerkt hat. Allerdings kann eine Haftung des Architekten in Betracht kommen, wenn er Fehler eines Sonderfachmannes nicht erkennt, obwohl er dies bei entsprechender Sorgfalt hätte können und daraus dem Bauherrn Schäden entstehen. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

1. Was der Beklagte im Bauantrag vorformuliert hat, ist lediglich die Erklärung, der Nutzer der vermieteten Räume beabsichtige, maximal 600 Personen in die Räume zu lassen. Dass diese Absicht nicht bestand, behauptet die Klägerin nicht in bezug auf die Mieterin. Auf deren Absicht kommt es aber allein an, weil ihr vertraglich das Nutzungsrecht eingeräumt ist.

Das Schreiben der Mieterin vom 19.06.2002 zeigt denn auch, dass sie den gleichzeitigen Aufenthalt von mehr als 199 Personen im Fitness-Center jedenfalls wünscht. Ob die Klägerin verpflichtet ist, diesem Wunsch zu entsprechen, ist Frage des Mietvertrages vom 28.05.2001.

2. Dem Beklagten stand es als Planverfasser aber auch nicht zu, die Gutachten des Streithelfers in rechtlicher Hinsicht zu überprüfen. Das war allein Sache des Bauordnungsamtes. Er hatte lediglich den Streithelfer zutreffend über das geplante Bauvorhaben zu informieren und ihn in tatsächlicher Hinsicht auf dem Laufenden zu halten.

Laut Ziffer 3.6 des Brandschutzkonzeptes Nr. 2 vom 09.08.2001 hat der Streithelfer die Versammlungsstättenverordnung für anwendbar gehalten und ist in deren Anwendung - anstelle der Bauaufsichtsbehörde - zu der Auffassung gelangt, dass höchstens 600 Personen die geplanten Räume benutzen dürften, weil sich die größte einzelne Breite der acht Ausgangstüren auf 4 m belaufe, so dass im Brandfalle voraussichtlich nicht mehr als 600 Personen rechtzeitig flüchten könnten.

Dass der Beklagte insoweit dem Streithelfer falsche Vorgaben geliefert hat, trägt die Klägerin aber nicht vor.

3. Allerdings hat der Streithelfer auch darauf hingewiesen, dass ein Fitness-Center erfahrungsgemäß nicht von 600 Personen genutzt werden würde. Darauf kam es indessen bauordnungsrechtlich nicht an.

Zu Recht hat das Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen als oberste Bauaufsichtsbehörde in seinem Schreiben an die Klägerin vom 27. Mai 2003 erklärt, die Angabe eines Bauherrn, weniger Besucher als möglich in sein Gebäude zu lassen, könne von der Bauaufsichtsbehörde und dem Ersteller eines Brandschutzkonzeptes nicht geduldet werden. Denn sonst könnte der in öffentlichem Interesse liegende Brandschutz von jedem Bauherrn unterlaufen werden.

Kann aber nicht einmal dem Streithelfer das Brandschutzkonzept vorgehalten werden, dann kann es erst recht nicht dem Beklagten angelastet werden, dass er der Klägerin nicht vorgeschlagen hat, in dem Bauantrag die Erklärung aufzunehmen, das Gebäude würde von maximal 149 (199) Personen genutzt, obwohl eine solche Erklärung bauordnungsrechtlich unbeachtlich wäre.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass später auf diese Erklärung hin, die Baugenehmigung mit geänderter Brandschutzeinrichtung erteilt worden ist. Ob dies zu Recht erfolgt ist, kann hier dahinstehen, denn jedenfalls war es dem Beklagten nicht vorwerfbar, die Rechtslage so beurteilt zu haben, wie im Schreiben des Ministeriums dargestellt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 708 Ziffer 10 ZPO ohne Weiteres vorläufig vollstreckbar.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Wert: 61.700 EUR

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