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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: I-5 U 64/07
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 634 Abs. 1 S. 1 a. F.
BGB § 634 Abs. 1 S. 2 a. F.
BGB § 635 a. F.
BGB § 826
InsO § 133 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27.04.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Auf Antrag ihres Vorstandes vom 27.12.2001 wurde über das Vermögen der K... AG (im Folgenden: KAG) mit Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 01.03.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die Beklagte auf Schadenersatz für eine angebliche Fehlberatung im Zusammenhang mit Bemühungen um die Sanierung der KAG in Anspruch.

Im Jahre 1999 geriet die KAG in eine schwere Finanz- und Liquiditätskrise, weil die sie finanzierenden Banken wegen eines schwachen Geschäftsergebnisses 1998 begannen, nicht besicherte Kredite fällig zu stellen und Kreditlinien zu streichen. In Ansehung drohender Zahlungsunfähigkeit beschlossen die wichtigsten Gläubigerbanken der KAG am 09.07.1999 die Gründung eines Sicherheitenpools unter Führung der C...bank AG verbunden mit der Absichtserklärung, den bestehenden Kreditrahmen für die KAG gegen Erfüllung umfangreicher Auflagen zunächst bis zum 16.07.1999 zu halten und die Kreditlinien ggfls. auf das alte Niveau (DM 250,0 Mio. Barlinien) anzuheben. Nach entsprechender Verlängerung der Stillhaltezusage fand am 26.07.1999 eine zweite Bankenrunde statt, in deren Verlauf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K... Deutsche Treuhandgesellschaft (im Folgenden: K...) eine wegen drohender Zahlungsunfähigkeit im Ergebnis negative Bewertung der anlässlich der Bankenrunde am 09.07.1999 von der KAG vorgelegten Unterlagen zu möglichen Sanierungsstrategien abgab (Schriftliche Stellungnahme vom 26.07.1999, Anlage K 62, Anlagenordner). Zu diesem Zeitpunkt hatte die KAG den kreditierenden Banken im Vorgriff auf die noch ausstehende Gründung des Sicherheitenpools zur Absicherung der Altkredite und noch zu bewilligender neuer Kredite umfangreiche Sicherheiten (insbesondere: Grundschulden, Verpfändung von Gesellschaftsanteilen und Markenrechten) bereitgestellt, die nach einer Sitzung der designierten Poolbanken am 29.07.1999 und Inaussichtstellung eines Überbrückungskredits von DM 50 Mio. vom Vorstand der KAG am 05./06.08.1999 zu treuen Händen der C...bank AG freigegeben wurden (Vorstandsbeschlüsse Anlagen K 55 und K 80, Anlagenordner). In der Zeit zwischen dem 18.08.1999 (erste Unterschriften) und dem 09.09.1999 (letzte Unterschrift der W...-Bank) unterzeichneten die kreditgebenden Banken einen Sicherheiten-Poolvertrag I (Anlage K 88, Anlagenordner), in dem die Bereitstellung der Kreditmittel für die KAG und die hierfür zu stellenden Sicherheiten geregelt sind. Ein zwischen dem 22.11.1999 und dem 03.01.2000 unterzeichneter Sicherheiten-Poolvertrag II (Anlage K 89, Anlagenordner) regelt die Zuweisung der Sicherheiten auf die einzelnen Kreditverbindlichkeiten. Zu beiden Sicherheiten-Poolverträgen gibt es Nachträge.

Bereits im Anschluss an die erste Bankenrunde am 09.07.1999 hatte die Beklagte sich auf Veranlassung der C...bank und der T... & B... Bank am 15.07.1999 mit dem Vorstandsvorsitzenden und dem später entlassenen Finanzvorstand der KAG auf eine Zusammenarbeit zwecks Restrukturierung der KAG mit dem sich aus ihrem Schreiben vom 16.07.1999 (Anlage K 50, Anlagenordner) ergebenden Inhalt geeinigt. Vereinbarungsgemäß nahm die Beklagte am 19.07.1999 die Arbeit im Betrieb der KAG auf. Im Anschluss an eine Sitzung des Aufsichtsrats am 28.07.1999 wurde ihr von der KAG schließlich der Auftrag für die Erstellung eines Sanierungskonzeptes erteilt. (Protokoll Anlage K 57- dort S. 17, Anlagenordner). Ein solches Konzept stellte sie am 30.09.1999 den Banken vor (Anlage K 95, Anlagenordner) vor und leitete es dem Vorstand der KAG schriftlich zu. Darin wird der KAG von der Beklagten im Grundsatz sowohl Sanierungsfähigkeit als auch Sanierungswürdigkeit bescheinigt. Das Sanierungskonzept wiederum war Gegenstand einer auf Veranlassung des Bankenpools erstellten Planverprobung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P... (im Folgenden: P...) vom 01.11.1999 (Anlage zur Klageerwiderung, Anlagenhefter), die dem Sanierungskonzept der Beklagten im Wesentlichen Plausibilität und Finanzierbarkeit (S. 59ff., insbesondere S. 63) bescheinigte. Die in jenem Bericht aufgezeigten Unzulänglichkeiten des Sanierungsplans veranlassten die Beklagte zu einer Überarbeitung des Konzepts, die dem Bankenpool am 08.11.1999 präsentiert wurde (Anlagenordner Präsentationen). Insgesamt war die Beklagte mit bis zu 13 Mitarbeitern gleichzeitig in der Zeit vom 19.07.1999 bis zum 22.08.2000 tätig. In dieser Zeit erhielt sie von der KAG Honorarzahlungen in Höhe von insgesamt ca. 22 Mio. DM.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe mit der KAG die Erstellung eines Sanierungskonzeptes entsprechend den Anforderungen des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer in seinen Verlautbarungen des Fachausschusses Recht - FAR1/1991 (Anlage K 100, Anlagenordner) - vereinbart. Mit dem solcherart unter dem 30.09.1999 vorgelegten Sanierungskonzept habe die Beklagte der KAG Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit attestiert, obwohl sie gewusst habe oder zumindest habe wissen müssen, dass die Liquidität der KAG wegen der unzureichenden Kreditzusagen der am Sicherheitenpool beteiligten Banken nicht gesichert gewesen sei und deshalb keine realistischen Aussichten für ein Überleben der KAG bestanden hätten, die möglicherweise schon im Jahre 1999, jedenfalls aber im Jahr 2000 überschuldet gewesen sei. Wegen der Unzulänglichkeiten des Sanierungskonzeptes und der Unrichtigkeit des Testats hat sich der Kläger auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S... und Partner vom 23.07.2003 (Anlage K 100, Anlagenordner) berufen. Das falsche Testat habe die nur auf Druck der Banken bei der KAG implementierte Beklagte einzig zu dem Zweck erstellt, sich selbst zu bereichern und den beteiligten Banken zuvor nicht bestehende Sicherheiten auch für Altkredite zu verschaffen. Mit Hingabe dieser Sicherheiten sei die KAG in völlige Abhängigkeit von den am Sicherheitenpool beteiligten Banken geraten, ohne von diesen nachhaltig und in ausreichendem Maße mit Finanzmitteln ausgestattet worden zu sein. Hieran anknüpfend hat der Kläger behauptet, dass der Vorstand pflichtgemäß schon viel früher im Jahre 1999 Insolvenzantrag gestellt hätte, wenn die Beklagte ihn zutreffend über die fehlende Sanierungsfähigkeit der KAG informiert hätte. Dann wäre auch der der Beklagten erteilte Auftrag sofort beendet worden, so dass die in der Zeit von November 1999 bis Dezember 2000 gezahlten Vergütungen von insgesamt 16.466.327,89 DM (8.419.099,76 EUR) nicht geflossen wären. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger von der Beklagten aus dem Gesichtspunkt einer schuldhaften positiven Vertragsverletzung (pVV) sowie gemäß § 826 BGB die Erstattung der o. g. Summe nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe seit Rechtshängigkeit beansprucht und auf Feststellung angetragen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm alle weiteren aus dem falschen Testat entstandenen Schäden zu ersetzen. Hilfsweise hat er sich hinsichtlich seines Zahlungsbegehrens auf einen Rückgewähranspruch aus § 133 Abs. 1 InsO berufen.

Die Beklagte hat auf Klageabweisung angetragen und in erster Linie geltend gemacht, die Klage sei unzulässig. Der Kläger habe die Klagerforderung im vorausgegangenen Mahnverfahren auf § 133 Abs. 1 InsO gestützt, hiervon allerdings im Streitverfahren mit der Umstellung auf vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche Abstand genommen. Der jetzt nur noch hilfsweise zur Begründung der Klage herangezogene Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO sei verjährt; im Übrigen liege eine nicht sachdienliche Klageänderung vor, der die Beklagte ausdrücklich ihre Zustimmung versagt hat. In der Sache hat sie gemeint, sie sei nicht mit der Erstellung eines Sanierungskonzeptes in dem von dem Kläger verstandenen Sinne, sondern mit Beratungsleistungen zwecks Wiederherstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Stabilität der KAG beauftragt gewesen. Diese Leistungen habe sie nach bestem Wissen und Gewissen fachgerecht und mit zutreffendem Ergebnis erbracht. Aufgrund ihres, der Beklagten, Restrukturierungskonzeptes sei die KAG vom Bankenpool mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet worden, um dauerhaft und mit Aussicht auf profitables Wirtschaften überleben zu können. Dass die KAG fast 16 Monate nach der Beendigung ihrer Beratertätigkeit schließlich doch Insolvenzantrag habe stellen müssen, sei allein auf nachträgliche, von den Vorgaben ihres Restrukturierungskonzeptes abweichende Fehlentscheidungen des Vorstandes der KAG zurückzuführen.

Das Landgericht hat die für zulässig erachtete Klage nach Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger der ihm obliegende Nachweis für eine seinerzeit tatsächlich nicht gegebene Sanierungsfähigkeit der KAG nicht gelungen sei. Auch sonst könne nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Beklagte vorwerfbar fehlerhaft gearbeitet habe. Erst recht seien keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, das die Beklagte im kollusiven Zusammenwirken mit den beteiligten Banken die KAG vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens an seinem ursprünglichen Klageanliegen festhält. Die Beklagte will die Berufung zurückgewiesen wissen.

II.

(Maßgeblich für die Entscheidung sind die Bestimmungen des Schuldrechts in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung - Art. 229, § 5 EGBGB.)

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die mit der Klage geltend gemachte Forderung für nicht gerechtfertigt erachtet. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Einwendungen führen zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Insoweit ist zwischen den vom Kläger zur Begründung der Klage herangezogenen Anspruchsgrundlagen zu unterscheiden:

1.

Ansprüche auf Schadenersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung aus § 826 BGB sind nicht gegeben. Bereits das Landgericht hat mit Recht nicht festzustellen vermocht, dass die Beklagte ihre Beratertätigkeit mit dem Vorsatz auf- und wahrgenommen hat, die KAG zu schädigen. Seinen dahingehenden, im Berufungsverfahren im Übrigen nicht mehr aufgegriffenen Vorwurf, hat der Kläger in der Sache auf die Behauptung gestützt, die Beklagte sei mit dem Ziel tätig geworden, den Banken ungeachtet der erkennbaren Insolvenzreife der KAG Gelegenheit zu geben, sich für ihre zuvor nicht besicherten Kredite Sicherheiten zu verschaffen. Diese Annahme findet indes keine Stütze in den feststellbaren Umständen des Streitfalles. Die KAG hat nach dem eigenen Vorbringen des Klägers die von den Banken erstmals in der Bankenrunde am 09.07.1999 verlangten Sicherheiten bereits im Juli 1999 bereitgestellt und am 05./06.08.1999 zu einem Zeitpunkt freigegeben, als die Beklagte erst ca. drei Wochen tätig gewesen war und überhaupt noch keine, die Kreditvergabe beeinflussende Prognose zur Sanierungsfähigkeit der KAG abgegeben hatte. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die von der KAG auf Verlangen der Banken gestellten Sicherheiten ausweislich der Sicherheiten-Poolverträge I und II strukturell zunächst zur Absicherung neu gewährter Kredite und Kreditlinien eingesetzt und erst nachrangig Altkrediten zugeordnet wurden, so besteht bei objektiver Betrachtungsweise kein konkreter Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Beklagte durch ihre Tätigkeit aktiv und wissentlich eine Schädigung der KAG betrieben hat, die sich insbesondere auch nicht alleine daraus ableiten lässt, dass die Beklagte sich ihre Tätigkeit mir Honoraren in beachtlicher Höhe hat vergüten lassen.

Gleiches gilt im Ergebnis für den im Verfahren erster Instanz hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO, der eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht auf Seiten der KAG (!) voraussetzt. Diese müsste also im Wissen um ihre Insolvenzreife gläubigerbenachteiligende Zahlungen an die Beklagte geleistet haben. Das ist zum einen nicht mit dem primären Vorbringen des Klägers in Einklang zu bringen, gerade die Beklagte habe den Vorstand der KAG durch ein falsches Testat dazu veranlasst, keinen Insolvenzantrag zu stellen, und widerspricht zum anderen der Behauptung, die Beklagte sei der KAG von den Banken aufgezwungen worden. Jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass die an die Beklagte geflossenen Honorare mit der Absicht gezahlt wurden, diese Geldbeträge u. a. gerade den Gläubigern zu entziehen, die den Einsatz der Beklagten betrieben hatten, zumal die KAG noch 16 Monate nach der Beendigung der Beratertätigkeiten der Beklagten in dem offenkundigen Bestreben weitergewirtschaftet hat, die Insolvenz doch noch abzuwenden.

Weitere Ausführungen zu diesen, von den Parteien im Berufungsverfahren nur noch am Rande aufgegriffenen und im Übrigen bereits vom Landgericht zutreffend beschiedenen Anspruchsgrundlagen hält der Senat nicht für veranlasst.

2.

Streitentscheidend ist vielmehr die Beantwortung der vom Kläger mit der Berufung weiter verfolgten Frage, ob die Beklagte Schadensersatz wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen Vertragspflichten leisten muss. Der Kläger will einen dahin gehenden Anspruch aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung (pVV) herleiten. Das begegnet schon deshalb Bedenken, weil der Vorwurf, die Beklagte habe der KAG fehlerhaft und deshalb vertragswidrig Sanierungsfähigkeit attestiert, zumindest auf erste Sicht die Schlechterfüllung vertraglicher (Haupt-) Leistungspflichten betrifft und deshalb primär nach Maßgabe der den Regeln der positiven Vertragsverletzung vorgehenden Vorschriften des Gewährleistungsrechts zu beurteilen ist. Die solcherart aufgeworfene Frage nach der Rechtsnatur der vertraglichen Beziehungen haben bisher weder die Parteien noch das Landgericht gestellt. Sie bedarf für die Entscheidung des Rechtsstreits letztlich nur deshalb keiner Beantwortung, weil sich im Ergebnis weder ein vorwerfbarer Verstoß gegen vertragliche Leistungspflichten, noch ein solcher gegen vertragliche Nebenpflichten feststellen lässt, aus dem sich ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der an die Beklagte gezahlten Vergütung ergeben könnte. Gleichwohl hält der Senat in diesem Zusammenhang folgende Ausführungen für veranlasst.

a)

Dem in anderen Punkten ausführlichen Prozessvortrag des Klägers ist nicht konkret zu entnehmen, wann genau, von wem und mit welchem Inhalt der Beklagten welche Aufträge erteilt worden sein sollen. Auch aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich lediglich, dass am 15.07.1999 ein Vertragsgespräch zwischen den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten und dem Vorstandsvorsitzenden sowie dem Finanzvorstand der KAG stattgefunden haben muss. Was genau Gegenstand und Ergebnis dieses Gesprächs war, teilt der Kläger nicht mit. Solches ergibt sich lediglich mittelbar aus dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 16.07.1999 (Anlage K 50), in dem der Gegenstand ihrer am 19.07.1999 beginnenden Tätigkeit und die hierfür maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Parameter umrissen sind. Geht man in Ermangelung gegenteiligen Vorbringens davon aus, dass es sich bei jenem Schreiben gewissermaßen um eine Auftragsbestätigung handelt, so wird deutlich, dass der Beratungsauftrag jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht die Erstellung eines Sanierungskonzepts umfasste, welches sich an den vom Kläger für maßgeblich erachteten Vorgaben des Fachausschusses Recht des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer (FAR 1/1991) messen lassen müsste. Vielmehr ging es zum damaligen Zeitpunkt lediglich um die Bewertung der bis dato von der KAG erarbeiteten Restrukturierungsmaßnahmen sowie um die Erarbeitung und Umsetzung erster Sofortmaßnahmen. Der Senat neigt in Anlehnung an die einschlägige Rechtsprechung zur Rechtsnatur der beratenden Tätigkeit eines Steuerberaters (bspw: BGH NJW 2002, 1571, 1572; NJW 1994, 1069, 1070) zu der Auffassung, dass es sich bei den bis dahin begründeten vertraglichen Beziehungen der KAG und der Beklagten um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter ohne konkrete Erfolgsverpflichtung handelte (vgl.: OLG Düsseldorf, 15. ZS, NJW-RR 2002, 1074; Frege, Grundlagen und Grenzen der Sanierungsberatung, NZI 2006, 545, 547). Dass die Beklagte die sich hieraus ergebenden Vertragspflichten schlecht erfüllt haben könnte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Es fehlt insbesondere jeder vertragsrechtliche Anknüpfungspunkt für den angeblich schadensbegründenden Vorwurf, die Beklagte habe eine tatsächlich nicht gegebene Sanierungsfähigkeit der KAG testiert.

Allerdings hat sich die Beklagte in der Folgezeit tatsächlich konkret zu dem Thema Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit der KAG geäußert. So zunächst in einem auf den 22.09.1999 datierten, tatsächlich wohl am 22.10.1999 verfassten, jedenfalls am 25.10.1999 eingegangen Schreiben an den Leiter der Kreditabteilung der C...bank (Anlage K 96, Anlagenordner), in dem die KAG im letzten Absatz ausdrücklich als sanierungsfähig bezeichnet wird. Gestützt wird der Vorwurf pflichtwidrig fehlerhafter Beratung indes in erster Linie auf den Inhalt der von der Beklagten unter dem 30.09.1999 erarbeiteten und der KAG in Schriftform zugeleiteten Bankenpräsentation (Anlage K 95, Anlagenordner), die allerdings auf der Grundlage des dort unterbreiteten und auch so bezeichneten Sanierungskonzepts von einer Sanierungsfähigkeit der KAG ausgeht. Tatsächlicher Hintergrund für die Erarbeitung dieses Sanierungskonzepts war offenbar der Beschluss des Aufsichtsrats der KAG in der Sitzung vom 28.07.1999, der Vorstand möge die Beklagte mit der Erststellung eines im Folgenden näher umrissenen Sanierungskonzepts beauftragen (Anlage K 58, dort S. 17, Anlagenordner). Das ist offenbar geschehen. Wann und von wem dieser Auftrag mit welchem konkreten Inhalt erteilt wurde, ist indes nicht mitgeteilt. Allerdings legen die soeben erörterten Zusammenhänge nahe, dass die Beklagte im Rahmen des bereits bestehenden Vertragsverhältnisses mit der Erarbeitung eines Sanierungskonzepts beauftragt wurde, wodurch sich ihre vertraglich geschuldete Leistung um die erfolgsbezogene und deshalb insoweit dem Werkvertragsrecht unterliegende Verpflichtung erweiterte, konkrete Sanierungsvorgaben zu erarbeiten, die wiederum dazu dienen sollten, die Bereitschaft der Banken zu fördern, die in Aussicht gestellten Kredite zu bewilligen und die KAG weiter mit der dringend benötigten Liquidität zu versorgen. Weil der Kläger seinen Schadensersatzanspruch im Kern darauf stützt, dass die in das vorerwähnte Sanierungskonzept vom 30.09.1999 eingeflossenen Annahmen weitgehend fehlerhaft gewesen seien und zu dem in der Sache unrichtigen Testat tatsächlich nicht gegebener Sanierungsfähigkeit geführt hätten, richtet sich die Haftung der Beklagten dann aber nach § 635 BGB a. F. Zu den sich hieraus ergebenden tatbestandlichen Voraussetzungen an einen mangelbedingten Schadensersatzanspruch hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen.

Es stellt sich bereits die Frage, ob und wenn ja, wann die o. g. Werkleistung der Beklagten abgenommen wurde, des Weiteren, ob der Vorstand und der Aufsichtsrat, jedenfalls Teile hiervon, nicht Kenntnis von der fehlenden Sanierungsfähigkeit und damit der nunmehr beanstandeten Fehlerhaftigkeit des angeblichen Testats der Beklagten hatten. Immerhin wurde ausweislich der zur Akte gereichten Sitzungsprotokolle schon vor der diesbezüglichen Einschaltung der Beklagten heftig und kontrovers über die Frage einer möglichen Sanierung diskutiert. Vor diesem Hintergrund spricht nicht wenig dafür, dass den auf Seiten der KAG handelnden Personen bewusst war, die Sanierung ungeachtet der Ausgestaltung eines eventuellen Sanierungskonzepts nur bei Bewilligung ausreichend bemessener Kredite durch die beteiligten Banken bewerkstelligen zu können. Dass solche verbindlichen Kreditzusagen im fraglichen Zeitpunkt nicht, jedenfalls nicht im ausreichenden Umfang vorlagen, war ebenfalls bekannt. Gerade das wirft der Kläger der Beklagten vor, nämlich dass sie der KAG Sanierungsfähigkeit bescheinigt habe, ohne belastbare Feststellung zur mittelfristigen Liquiditätssicherung getroffen zu haben. Nur: Diese Erkenntnis musste sich für die Verantwortlichen der KAG schon im Zeitpunkt der Entgegennahme der Präsentation aufdrängen. Dann aber erhebt sich abseits der von keinem Beteiligten angesprochenen Problematik eines möglichen Mitverschuldens der KAG jedenfalls die in § 634 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. verankerte Frage, ob die KAG der Beklagten nicht eine Frist mit Ablehnungsandrohung mit dem Ziel hätte setzen müssen, definitive Aussagen zur Liquiditätssicherung zu treffen - § 634 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.

b)

Die Parteien haben zu all dem keine Stellung bezogen, weil sie offenbar von einem Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter ausgehen und der Kläger seinen Schadensersatzanspruch dementsprechend aus dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung auf eine Verletzung von vertraglichen Beratungs- und Aufklärungspflichten stützt. Auch mit diesem Ansatz ist seiner Klage indes kein Erfolg beschieden.

Selbst wenn man zu seinen Gunsten und entgegen dem Ergebnis der Planverprobung der PwC vom 01.11.1999 (Anlage zur Klageerwiderung, Anlagenhefter) auf der Grundlage der Feststellungen im Privatgutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S... und Partner vom 23.07.2003 (Anlage K 100, Anlagenordner) davon ausgeht, dass die Beklagte vertragswidrig ein den Anforderungen der FAR 1/1991 nicht genügendes, im Übrigen inhaltlich in mehreren Punkten fehlerhaftes Sanierungskonzept (s. hierzu S. 87f. KS, Bl. 97f. GA) vorgelegt hat, so folgt daraus noch nicht, dass sie dem Kläger auf Schadensersatz haftet. Vielmehr müsste die Beklagte dem Kläger die ab November 1999 vereinnahmte Vergütung nur dann erstatten, wenn die Annahme des Klägers richtig wäre, dass die KAG bei zutreffender Beratung Insolvenzantrag gestellt und die Zusammenarbeit mit der Beklagten sofort beendet hätte. Nur dann bestünde ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der angeblichen Falschberatung und einem in der gezahlten Vergütung repräsentierten Schaden. Das Vorbringen des Klägers hierzu erschöpft sich schlicht in dem Rückgriff auf die Vermutung für beratungskonformes Verhalten (BGH, Urt. v. 23.10.2003 - IX ZR 249/02, BuW 2004, 32ff.). So einfach liegen die Dinge nicht.

Der Kläger unterstellt, dass die Beklagte bei fehlerfreier Erledigung der ihr übertragenen Aufgaben zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass die KAG auf der Grundlage des von ihr erarbeiteten Sanierungskonzepts tatsächlich nicht sanierungsfähig war. Diese Feststellung lässt sich, wie das Landgericht völlig richtig herausgearbeitet hat, nicht treffen.

Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. R... in seinem schriftlichen Gutachten vom 20.09.2006 (Bl. 336ff. GA). Dort kommt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass die Behauptung des Klägers zutreffe, das von der Beklagten zur Sanierungsfähigkeit der KAG erstellte Testat sei falsch. Daraus folgt bei genauerer Betrachtung der sachverständigen Feststellungen allerdings nicht, dass die KAG tatsächlich nicht sanierungsfähig war. Vielmehr wirft der Sachverständige der Beklagten und mit ihr der mit der (positiven) Planverprobung befassten PwC vor, die Aussage der Sanierungsfähigkeit ohne eine ausreichend tragfähige Tatsachengrundlage, insbesondere hinsichtlich der Liquiditätszuflüsse, getroffen zu haben (S. 36ff. des Gutachtens, Bl. 376ff. GA). Die Beanstandung betrifft also die Nichteinhaltung der sich aus FAR 1/1991 ergebenden Vorgaben für die fachgerechte Erstellung eines Sanierungskonzeptes und deshalb im Ergebnis lediglich die Verlässlichkeit des Testats. Dass dieses Testat über eine unzureichende Berücksichtigung der sich aus FAR 1/1991 ergebenden Anforderungen an ein fachgerecht erstelltes Sanierungskonzept hinaus auch in der Sache falsch war und bei Beachtung der vorerwähnten Bewertungsvorgaben anders hätte ausfallen müssen, folgt aus alledem nicht. Vielmehr stellt der Sachverständige in diesem Zusammenhang ausdrücklich fest, dass die seinerzeit gegebene Ausgangslage nicht reproduzierbar sei und es sich deshalb ex post nicht mehr klären lasse, ob die KAG mit den von der Beklagten vorgegebenen Parametern hätte saniert werden können (S. 36 des Gutachtens, Bl. 276 GA). Der Kläger hat keine Tatsachen aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Sachverständigen in diesem Punkt rechtfertigten könnten. Weil sich solche Zweifel auch nicht aus den sonstigen feststellbaren Umständen des Streitfalles ergeben, legt der Senat die soeben erläuterten Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen seiner Entscheidung zugrunde. Das führt im Ergebnis dazu, dass der Klage kein Erfolg beschieden sein kann.

Mit den vorstehenden Erwägungen ist der auf die Geltendmachung von Schadensersatz abzielenden Argumentation des Klägers die Grundlage entzogen. Er muss darlegen und beweisen, dass die Beklagte die KAG dahin hätte beraten müssen, dass keine Sanierungsmöglichkeit bestand. Nur dann greift die Vermutung, dass die KAG sich beratungskonform in der oben beschriebenen Weise verhalten, mithin ihre Sanierungsbemühungen eingestellt und die Beklagte unter Fortfall ihres Honoraranspruchs von ihren vertraglichen Pflichten entbunden hätte. Diesen Beweis hat der Kläger aus den bereits vom Landgericht zutreffend erwogenen und mit der Berufung nicht tauglich angegriffenen Gründen nicht geführt. Der Senat tritt den dahin gehenden Ausführungen des Landgerichts bei und macht sie sich zu eigen.

Nur ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die KAG auch nach dem Ende der Beratungstätigkeit der Beklagten noch ca. 16 Monate gewirtschaftet hat. Deshalb liegt der von der Beklagten ausdrücklich gezogene Schluss nahe, dass das Sanierungskonzept der Beklagten zunächst gegriffen hat. Der KAG sind gerade auf der Grundlage des Sanierungskonzepts in erheblichem Umfang Kredite gewährt worden, wodurch die Liquiditätsengpässe immerhin für das Jahr 2000 überwunden wurden. Es lässt sich also jedenfalls nicht sagen, dass die Sanierungsfähigkeitsprognose der Beklagten offenkundig falsch war. Ob und wenn ja, inwieweit die Behauptung der Beklagten zutrifft, die Insolvenz sei letztlich durch von ihr nicht mehr beeinflussbare Fehlentscheidungen und Abweichungen der KAG vom Sanierungsplan herbeigeführt worden, bedarf nach alledem keiner näheren Beurteilung mehr.

Auf einen sich möglicherweise aus dem unzulänglichen Inhalt des Sanierungskonzepts zurückzuführenden Minderwert der vertraglichen Leistungen der Beklagten beruft sich der Kläger nicht, so dass sich der Senat mit etwaigen mangelbedingten, ohnehin nur auf der Grundlage werkvertraglicher Leistungspflichten bestehenden Erstattungsansprüchen nicht befassen muss.

Dass der Kläger nach alledem keinen Anspruch auf die weitergehend beantragte Feststellung hat, die Beklagte müsse ihm all Schäden ersetzen, die dadurch entstanden seien, dass die Beklagte den Vorstand der KAG nicht auf die fehlende Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft hingewiesen habe, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichtes auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist - § 543 Abs. 2 ZPO.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 8.919.099,76 EUR

Ende der Entscheidung

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