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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.11.2005
Aktenzeichen: I-5 W 28/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG, BRAGO


Vorschriften:

BGB § 247
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 705
GKG § 63
GKG § 63 Abs. 3 Satz 1
GKG § 63 Abs. 3 Satz 2
GKG § 68
BRAGO § 37 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 2a. Zivilkammer - Rechtspfleger - des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Sept. 2005 wird zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der genannte Kostenfestsetzungsbeschluss unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise wie folgt geändert:

Der von dem Beklagten an die Kläger zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 7.237,61 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB vom 27. Aug. 2004 an.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte zu 96 % und die Kläger zu 4 %.

Gründe:

Die Parteien beanstanden mit ihren wechselseitigen Beschwerden die Festsetzung der Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens.

Der Beklagte war Bauleiter für das 12-Familienwohnhaus der Kläger in der H... Straße in D....

Wegen Feuchtigkeitsschäden in zwei Wohnungen leiteten die Kläger Anfang 1997 gegen den Beklagten und den Fensterbauer vor dem Landgericht Düsseldorf - 15 OH 4/97 - ein selbständiges Beweisverfahren ein. Dabei veranschlagten sie die Sanierungskosten mit ca. 20.000 DM.

Der Sachverständige schätzte die Kosten für eine ordnungsgemäße Innensanierung auf ca. 47.000 DM ( = 24.030,72 €). Daraufhin setze das Landgericht Düsseldorf im selbständigen Beweisverfahren mit Beschluss vom 07. Juli 1999 den Streitwert auf diesen Betrag fest.

Die Kläger sanierten die Feuchtigkeitsschäden und wandten dafür 21.367,66 DM (= 10.925,11 €) auf.

Ihren Schaden klagten sie gegen den Beklagten ein und erstritten ein am 17. März 2005 verkündetes Urteil des Senates - I-5 U 126/04 - über 10.690,84 €. Die Kosten des Rechtsstreites wurden dem Beklagten auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 26. Aug. 2004 meldeten die Kläger ihre Kosten aus dem selbständigen Beweisverfahren zur Festsetzung an und zwar - ausgehend von dem Streitwert von 47.000 DM - in Höhe von 3.848,30 DM = 1.967,60 € an RA-Gebühren mit der Bitte, die Gerichts- und Sachverständigenkosten hinzuzusetzen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht RA-Gebühren nur in Höhe von 633,36 € berücksichtigt, weil die Gebühren fiktiv nach dem Streitwert der Hauptsacheklage zu berechnen seien.

Gegen diesen Beschluss richten sich die sofortigen Beschwerden beider Parteien.

Die Kläger meinen, für die Berechnung der RA-Gebühren sei von dem im selbständigen Beweisverfahren festgesetzten Streitwert auszugehen.

Der Beklagte macht geltend, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens dürften überhaupt nicht berücksichtigt werden, weil sie im Kostenausspruch des Senatsurteils nicht ausdrücklich erwähnt worden seien. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass sich das selbständige Beweisverfahren gegen zwei Antragsgegner gerichtet habe und nur er verklagt worden sei. Schließlich meint er, nicht nur die RA-Gebühren sondern auch das Honorar des Sachverständigen sei wegen des geringeren Streitwertes in der Hauptsachklage nur anteilig zu berücksichtigen.

Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, § 104 Abs. 3 ZPO, in der Sache führt allerdings nur die sofortige Beschwerde der Kläger zu einer - teilweisen - Änderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses.

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens werden von der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren, also von dem am 17. März 2005 verkündeten Senatsurteil - I-5 U 126/04 - umfasst.

Voraussetzung dafür ist, dass Parteien und Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens identisch sind. Dies ist stets dann der Fall, wenn im Hauptsacherechtsstreit vom Antragsteller des Beweisverfahrens ein dortiger Antragsgegner nunmehr als Beklagter hinsichtlich eines Mangels in Anspruch genommen wird, wegen dessen sich auch das Beweisverfahren bereits gegen diesen Antragsgegner gerichtet hatte (vgl. BGH BauR 2004, 1809 = NJW-RR 2004, 1651).

So liegen die Dinge hier.

Die Kläger haben den Beklagten als einen von zwei Antragsgegnern des selbständigen Beweisverfahrens wegen der dort geltend gemachten Feuchtigkeitsschäden auf Schadenersatz in Anspruch genommen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auch nicht deshalb nur anteilig zu berücksichtigen, weil die Kläger dort zwei Antragsgegner in Anspruch genommen haben.

Die Beteiligung weiterer Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren führt grundsätzlich nicht zu einer nur anteiligen Erstattung der dort entstandenen Kosten. Die obsiegende Partei hat vielmehr Anspruch auf Erstattung der gesamten Gerichtskosten, so auch des Beweisverfahrens, wenn der in Anspruch genommene Gegner in der Hauptsache wegen des gesamten Gegenstandes des Beweisverfahrens unterliegt. Denn auch wenn am Beweisverfahren ein weiterer Antragsgegner beteiligt war, bleibt es doch im Hauptsacheverfahren im allein maßgeblichen Verhältnis des Antragstellers zum hier verklagten Antragsgegner bei der erforderlichen Parteiidentität; die dieses Prozessrechtsverhältnis betreffenden Gerichtskosten einschließlich derjenigen des Beweisverfahrens wären nicht geringer, wenn der weitere Antragsgegner hinweggedacht würde. (vgl. BGH, a.a.O.).

Der Beklagte kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, das Landgericht hätte nicht nur die RA-Gebühren bezogen auf den niedrigeren Streitwert des Hauptsacheverfahrens festsetzen dürfen, sondern auch das Honorar des Sachverständigen nur anteilig berücksichtigen dürfen.

Insoweit dringen vielmehr die Kläger mit ihrer Beschwerde durch, dass nämlich schon die RA-Gebühren nicht nach dem niedrigeren Streitwert hätten festgesetzt werden dürfen.

Richtig ist zwar, dass die Kosten des Beweisverfahrens nur Kosten des Hauptsacheverfahrens sind, wenn und soweit der Streitgegenstand identisch ist (Zöller/Herget, ZPO; 25. Aufl., § 91, Rdnr. 13 "Selbständiges Beweisverfahren" m.N.). Rechtsirrig ist jedoch die Annahme des Landgerichtes hier fehle es an einer solchen Identität des Streitgegenstandes, so dass die auf den nicht deckungsgleichen Gegenstand entfallenden Teilkosten des Beweisverfahrnes von der Kostengrundentscheidung der Hauptsache nicht erfasst seien (unter Hinweis auf OLG Koblenz OLGR Koblenz 2000, 345 = MDR 2000, 669).

Die Identität des Streitgegenstandes und damit auch die Einbeziehung der gesamten im Beweisverfahren angefallenen Kosten in das - alleinige - Hauptsacheverfahren ist nämlich auch dann zu bejahen, wenn das Beweisverfahren nur deshalb einen höheren Streitwert als der Hauptsacheprozess aufweist, weil der in beiden Verfahren verfolgte ("identische") Anspruch unterschiedlich bewertet wurde (vgl. OLG Schleswig OLGR 2001, 237; OLG München MDR 1995, 1073 m.N.; Zöller/Herget, a.a.O.). Wenn das Beweisverfahren nur deshalb einen höheren Streitwert als der Hauptsacheprozess aufweist, weil der in beiden Verfahren verfolgte identische Anspruch unterschiedlich bewertet wurde, kann nicht auf das Verhältnis der Streitwerte abgestellt werden (OLG Schleswig, a.a.O.). Denn entscheidend ist, ob und inwieweit das Beweisverfahren dem Hauptsacheverfahren inhaltlich zugeordnet werden kann. Die (wirtschaftliche) Bewertung der beiden Verfahren gibt hierfür nur ein - wenn auch manchmal ausreichendes - Indiz. Wenn aber der Gegenstand der Beweisaufnahme im Beweisverfahren und der Gegenstand des Hauptsacheverfahrens derselbe ist, dann ist kein Grund dafür ersichtlich, dass alleine wegen einer unterschiedlichen Bewertung desselben Gegenstandes die Kosten der Beweiserhebung nicht von der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren umfasst sein sollen (OLG München, a.a.O.).

So liegen die Dinge hier.

Das Beweisverfahren betraf die gleichen Feuchtigkeitsschäden und deren Beseitigung wie der im Hauptsacheverfahren gegen den Beklagten geltend gemachten Schadenersatzanspruch. Die Festsetzung unterschiedlicher Streitwerte beruht alleine darauf, dass den Klägern gelungen ist, die Schäden mit einem Aufwand zu beseitigen, der deutlich unterhalb der vom Sachverständige im Beweisverfahren geschätzten Mangelbeseitigungskosten lag und sich also die Schätzung des Sachverständigen als unzutreffend herausgestellt hat.

Allerdings gibt die Festsetzung unterschiedlicher Gegenstandswerte für identische Streitgegenstände in der Regel Anlass zur Prüfung der Frage, ob die Wertfestsetzung für das selbständige Beweisverfahren zu ändern ist.

Grundsätzlich bestimmt bei einen nachfolgenden Hauptsacheverfahren dessen Streitwert auch den des vorherigen Beweisverfahrens, soweit es auf dessen Ergebnis gestützt wird (OLG München BauR 2002, 523 = OLGR 2002, 32; Leupertz BrBP 2004, 17, 22).

Das selbständige Beweisverfahren ist bei nachfolgendem Hauptprozess nur als dessen Nebenverfahren anzusehen. Deshalb werden - bei identischen Parteien und gleichem Streitgegenstand - die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren umfasst. Es wäre schließlich widersprüchlich, denselben Streitgegenstand in zwei verschiedenen Verfahrensabschnitten unterschiedlich zu bewerten. Eine rechnerisch korrekte Kostenquotierung im Urteil wäre dann nicht möglich, weil von zwei unterschiedlichen Unterliegenstatbeständen ausgegangen werden müsste. (Schneider MDR 2000, 1230, 1232).

Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens wäre daher im vorliegenden Fall auf den Streitwert des Hauptsacheverfahrens zu ändern gewesen. Eine solche Korrektur hätten die Parteien im Wege der - fristgebundenen - Beschwerde gem. § 68 GKG herbeiführen können. Nach Ablauf der Beschwerdefrist kam nur noch eine Streitwertänderung von Amts wegen gem. § 63 GKG in Betracht. Hierzu wäre der Senat als Rechtsmittelgericht grundsätzlich berechtigt, weil das Verfahren wegen der Entscheidung über die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Einer solchen Streitwertänderung von Amts wegen durch den Senat steht hier aber entgegen, dass die Änderungsfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG (sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung des Verfahrens) bereits abgelaufen ist. Beendet im Sinne dieser Vorschrift ist das selbständige Beweisverfahren bei nachfolgendem Hauptsacheverfahren mit dessen rechtskräftigem Abschluss (KG MDR 2002, 1453; OLG Naumburg MDR 1999, 1093; OLG Celle MDR 1993, 1019; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 492, 4; Schneider MDR 2000, 1230, 1232). Rechtskräftig abgeschlossen ist das Hauptsacheverfahren mit Ablauf der für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels bestimmten Frist, § 705 ZPO. Im vorliegenden Fall ist also mit Ablauf eines Monats gerechnet vom Zeitpunkt der Zustellung des Senatsurteils (§§ 544, 548 ZPO) Rechtskraft eingetreten. Da das Senatsurteil den Parteien am 23. März 2005 zugestellt worden ist, ist es am 23. April 2005 rechtskräftig geworden und die Sechsmonatsfrist am 23. Okt. 2005 abgelaufen. Danach kam eine Streitwertänderung von Amts wegen nicht mehr in Betracht, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG.

Da die sofortigen Beschwerden erst am 12. Okt. 2005 beim Senat eingegangen waren, wäre eine Entscheidung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsganges auch nicht möglich gewesen.

Mithin sind die Kosten des Beweisverfahrens ausgehend von dem dort mit Beschluss des Landgerichtes vom 07. Juli 1999 festgesetzten hohen Streitwert zugunsten der Kläger festzusetzen.

Dabei kann allerdings deren Kostenfestsetzungsantrag vom 26. Aug. 2004 nicht unverändert zugrunde gelegt werden, denn die Kläger haben nicht berücksichtigt, dass gem. § 37 Nr. 3 BRAGO (anders erst seit der Geltung des RVG, dort § 19) das Beweisverfahren zum Rechtszug gehört, mithin Prozessgebühr und Erhöhungsgebühr anzurechnen sind.

Festzusetzen sind daher:

 10/10 Beweisgebühr von 47.000 DM1.425,00 DM
Auslagenpauschale40,00 DM
16% Mehrwertsteuer234,40 DM
Zwischensumme1.699,40 DM
Gerichtskosten327,50 DM
Sachverständigenentschädigung12.456,13 DM
insgesamt14.155,53 DM
das sind7.237,61 €.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes erfordert, § 574 Abs. 2 ZPO.

Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren: 7.542,18 €

(Beschwerde des Beklagten:|7.169,53 € Beschwerde der Kläger < 7.542,53 € - 7.169,53 € >:|372,65 €)

Ende der Entscheidung

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