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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: I-6 U 84/05
Rechtsgebiete: BGB, WpHG, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 195
BGB §§ 249 ff.
BGB § 288
WpHG § 1
WpHG § 37 a
EGBGB Art. 229 § 1 Satz 3
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 726 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Parteien wird das am 6. April 2005 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.998,47 € nebst 4 % Zinsen seit dem 1. April 1997 zu zahlen, allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Beitritt zum Immobilienfonds Y mbH & Co. erste KG vom 18. März 1997 und aller Ansprüche gegen diese Gesellschaft sowie der Ansprüche des Klägers gegen die X mbH in Köln.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Abtretungserklärung des Klägers betreffend die Ansprüche gegen die Y mbH & Co. erste KG wegen des Objektes K (Nominalbeteiligungsbetrag 100.000,00 DM) in Annahmeverzug befindet.

Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen etwaigen durch den Beitritt zum Immobilienfonds Y mbH & Co. erste KG vom 18. März 1997 verursachten und über den ihm bereits zuerkannten Zahlungsanspruch hinausgehenden Schaden zu ersetzen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die jeweils andere Partei aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Geldbetrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A)

Zum Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Der Kläger verteidigt den der Klage stattgebenden Teil des landgerichtlichen Urteils und verfolgt sein Schadenersatzbegehren in dem Umfang, in dem es das Landgericht wegen erzielter Steuervorteile im Wege der Vorteilsausgleichung für unbegründet gehalten hat, zuletzt im Wege einer Feststellungsklage weiter. Der Kläger macht geltend: Die Beklagte könne sich schon deshalb nicht auf die Prospektangaben stützen, weil diese nicht ausreichend gewesen seien. Die Beratungsleistung der Beklagten sei unzureichend gewesen, weil sie keine eigene Gewichtung und Benennung der wesentlichen Risiken vorgenommen habe. Stattdessen habe sie ihm, dem Kläger, erklärt, dass die Einnahmen aus der Beteiligung an dem Immobilienfonds langfristig gesichert seien. Auch die Abschreibungsmöglichkeiten habe die Beklagte fehlerhaft dargestellt. Steuervorteile seien auf seinen Schaden nicht anzurechnen.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des am 6. April 2005 verkündeten Urteil des Landgerichts Düsseldorf - 13 O 389/04 - zusätzlich festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den durch den Beitritt zum Immobilienfonds Y mbH & Co. erste KG vom 18. März 1997 entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen,

sowie

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 6. April 2005 - 13 O 389/04 - die Klage insgesamt abzuweisen

sowie

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus:

Ihre sich aus der Honorarvereinbarung vom 21. November 1996 ergebenden Verpflichtungen habe sie ordnungsgemäß erfüllt. Bereits aus den Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2005 werde deutlich, dass eine ausreichende Informationserteilung erfolgt sei. Dass der Kläger keine weiteren Informationen gewünscht oder Rückfragen gehabt habe, könne ihr nicht angelastet werden. Nicht nur der vorgelegte Emissionsprospekt, sondern auch die Beitrittserklärung hätten dem Kläger die Bedeutung der Angelegenheit deutlich gemacht. Von einem wirtschaftlich handelnden und vernünftigen Anleger müsse erwartet werden, dass dieser die ihm überlassenen Informationsunterlagen sorgfältig lese und verarbeite, bevor er seine Anlageentscheidung treffe. Wenn er dies schuldhaft unterlasse, habe er sich so behandeln zu lassen, als ob er in Kenntnis der dargestellten Risiken sich trotzdem spekulativ habe beteiligen wollen. Auch seien die Risiken der Vermögensanlage angesprochen worden. Das Landgericht habe zudem den deutlichen Warnhinweis in ihrer Anlageempfehlung unberücksichtigt gelassen. Die herausgehobene Stellung der M AG habe der Kläger aufgrund der Prospektangaben zumindest erkennen können. Selbst professionelle Analysten hätten keine Bedenken bezüglich der Vertragspartnerkonzeption gehabt. Vielmehr sei dort gerade der Umstand, dass die M AG stark in das Projekt eingebunden gewesen sei, positiv bewertet worden. Angesichts üblicher Absicherungen könne ihr, der Beklagten, die spätere Entwicklung nicht zur Last gelegt werden. Dies gelte umso mehr, als die Kaution, die seitens der M AG zu stellen war, nur ca. 1,3 % ihres Stammkapitals betragen habe.

Schadensersatzansprüche seien im Übrigen verjährt oder verwirkt. Im Emissionsprospekt sei eine Begrenzung der Verjährungsfrist auf drei Jahre enthalten. Jedenfalls sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch auf den Anteil zu reduzieren, den die Treuhänderin im Innenverhältnis zu ihr zu tragen hätte. Denn im Hinblick auf den Eintritt der Verjährung von Ansprüchen des Klägers gegenüber der Treuhänderin sei von einem gestörten Gesamtschuldverhältnis mit der Folge einer Haftungsreduzierung im Außenverhältnis auszugehen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

B)

Die Berufung der Beklagten hat nur hinsichtlich des Zinsausspruchs und insoweit auch nur hinsichtlich des 4 % übersteigenden Teils Erfolg. Dagegen ist die Berufung des Klägers in dem nach der teilweisen Berufungsrücknahme noch streitgegenständlichen Umfang begründet. Die Divergenz zwischen dem Wortlaut des Feststellungsantrages und dem Tenor ist rein redaktioneller Art.

I.

Die Berufung der Beklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg. Der Kläger hat wegen positiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 26.998,47 € nebst 4 % Zinsen seit dem 1. April 1997.

1.

Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau auf der einen Seite und der Beklagten auf der anderen Seite ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.

Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot auf Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. BGHZ 100, 117, 118 f.; NJW 1993, 2433). Vergleichbar ist der vorliegende Sachverhalt. Die Beklagte ist nicht (wie der Vertragspartner des Anlageinteressenten in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2004 - III ZR 355/02 - zugrunde liegenden Fall) als bloße Werberin für eine Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds aufgetreten, sondern als Vermögensberatungsgesellschaft. Dementsprechend ist auch in der "Honorarvereinbarung" vom 21. November 1996 das Beratungsbedürfnis des Klägers und seiner Ehefrau zum Ausdruck gekommen, insbesondere durch die dort für das Jahr 1997 mit "Komplettgutachten für den Finanzhaushalt" vereinbarte Leistungspflicht der Beklagten. Für den Vertrag ist charakterisierend, dass der Kläger und seine Ehefrau den Rat der Beklagten für Kapitalanlagen suchten. Insoweit mag der Wunsch der Steueroptimierung von erheblichem Gewicht gewesen sein. Der dementsprechend zu beachtende Steuereffekt stellt aber nur einen Aspekt der gesuchten Anlage dar, der neben weiteren wichtigen Aspekten wie dem Anlagerisiko zu beachten war. Denn auch dem auf Steuerersparnisse abzielenden Anleger geht es letztlich darum, sein Vermögen zu mehren und nicht zu mindern.

2.

Vertragspartner der Beklagten waren der Kläger und seine Ehefrau. Da hier nur der Kläger die umstrittene Kapitalanlage getätigt und den Schaden erlitten hat, ist er allein aktivlegitimiert.

3.

Der Kläger war aufklärungsbedürftig. Anhaltspunkte dafür, dass ihm die Chancen und Risiken seiner Beteiligung am Immobilienfonds bereits geläufig waren, sind dem Parteivorbringen nicht zu entnehmen.

Auf die Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers bleibt es ohne Einfluss, wenn ihm bei der Entscheidungsfindung ein Steuerberater beistand, was von der Beklagten nach dem entgegenstehenden Vorbringen des Klägers in seiner Replik vom 7. November 2004, S. 3 = Bl. 38 GA, nicht einmal mehr ernsthaft behauptet wird. Denn mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Aufgabenstellung des Steuerberaters entsprechend seiner beruflichen Stellung nur die steuerrechtliche Plausibilität der zu treffenden Anlageentscheidung abdeckte. Um diese geht es hier aber nicht entscheidend.

4.

Inhaltlich musste die von der Beklagten zu leistende Aufklärung dem Kläger eine vernünftige Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung bieten, d.h., die Beklagte hatte dem Kläger ein zutreffendes Bild von den Chancen und Risiken der Beteiligung an dem Immobilienfonds zu vermitteln.

Dieser Pflicht genügte die Beklagte auch dann nicht, wenn sie dem Kläger vor der von ihm getroffenen Anlageentscheidung den Prospekt zur Residenz "K", Teil A und B, übergab. Denn der unerfahrene Anleger, der - wie hier - im persönlichen Gespräch einen Rat sucht, ist individuell zu informieren. Er erwartet mehr als Material zur eigenen Durchsicht. Er will dieses Material in Einzelheiten und erschöpfend erläutert bekommen, um das Anlagerisiko weitgehend einschätzen zu können (vgl. BGH, NJW 1983, 1730, 1731). Dabei verlässt er sich auf die Erfahrungen und Risikobewertungen seines Ratgebers, insbesondere darauf, von diesem einen für seine Anlageentscheidung aussagekräftigen Überblick zu erhalten. Sinn und Zweck eines derartigen Gesprächs ist es, dem Ratsuchenden eine individuelle, pointierte und gewichtete Information zu geben. Dies gilt umso mehr, wenn der bei Gelegenheit der Beratung überreichte Prospekt wegen seines Umfangs dem individuellen Informationsinteresse des Ratsuchenden nicht gerecht wird und eine "mundgerechte" Orientierungshilfe schon mangels übersichtlicher Gewichtung nicht bietet. Würde dem Anleger eine umfangreiche Informationsbroschüre genügen, wäre der Wunsch nach einem individuellen Beratungsgespräch überflüssig. Will der Ratsuchende im persönlichen Gespräch informiert werden, würde ein Abstellen auf einen ihm bei dieser Gelegenheit überreichten umfangreichen Prospekt auf die Verpflichtung des Ratsuchenden hinauslaufen, die Qualität des persönlichen Gesprächs anhand des Prospektes zu überprüfen. Sinn und Zweck des persönlichen Informationsgesprächs würden damit ad absurdum geführt.

Dass der Kläger im persönlichem Gespräch individuellen Rat suchte und erhielt, ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem beiderseitigen Parteivorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2005. Der Auffassung, dass in einem solchen Fall eine pointierte und gewichtete Risikobeschreibung mündlich vorzunehmen ist und nicht durch einen überreichten Prospekt ersetzt werden kann, stehen auch nicht die von der Beklagten insoweit angeführten zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 21. März 2005 (NJW 2005, 1784, 1787 f.; WM 2005, 833, 838) entgegen. Die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte waren anders gelagert. Weder ging es dort um einen Beratungsvertrag, noch um einen Anlageinteressenten, der ersichtlich mehr als Material zur eigenen Durchsicht erwartete.

Ihrer Pflicht zu einer individuellen, pointierten und gewichteten Aufklärung über die Chancen und Risiken der Beteiligung an dem Immobilienfonds hat die Beklagte nicht genügt. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagte - so wie im "Beratungskonzept" vom 12. Februar 1997 (Anlage K 3) - die Beteiligung an dem Immobilienfonds im Kern als einen "hervorragenden Baustein zur Optimierung der Altersversorgung" angepriesen hat. Diese Einschätzung hat sich als fehlerhaft erwiesen, wie selbst die Beklagte mit ihrer Erklärung in der Klageerwiderung, das Investment habe sich "als negativ herausgestellt", eingeräumt hat. Insbesondere fehlte es der Anlage, um ein hervorragender Baustein für eine Altersversorgung sein zu können, an einer gesicherten Renditeaussicht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Ein weiteres Manko bestand in der allenfalls geringen Fungibilität der Beteiligung.

Eine hinreichende Aufklärung über die ungesicherte Einnahmesituation ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Beklagten im Termin vom 11. Februar 2005, dem Kläger sei erklärt worden, es könne zu einem wirtschaftlichen Totalausfall kommen. Denn diese Erklärung kann nicht losgelöst von dem unstreitigen Anlageziel der Altersversorgung (bei frühzeitiger "Verrentung"), der diesbezüglichen Anlageempfehlung und der - unstreitig gebliebenen - Behauptung des Klägers, der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten habe ihm auf Nachfrage erklärt, es gebe "nichts Sichereres ... als diese Anlage", gesehen werden. Vor diesem Hintergrund brauchte der Kläger einem lediglich pauschalen Hinweis auf einen möglichen Totalausfall keine Relevanz beizumessen, sondern allenfalls theoretische Bedeutung. Die Zielrichtung der Erklärungen der Beklagten war eine deutlich auf Kaufempfehlung ausgerichtete. Damit hat sie dem Kläger gerade nicht vor Augen geführt, dass sich auf den als "hervorragenden Baustein zur Optimierung der Altersvorsorge" angepriesenen Beitritt eine Altersvorsorge nicht mit der von ihm gewünschten Standsicherheit aufbauen ließ.

Auch das "Beratungskonzept" der Beklagten enthält keine anlagespezifischen Warnhinweise.

5.

Darüber hinaus waren die Prospektangaben zur Pacht-/Mietgarantie fehlerhaft, damit auch die auf die Prospektangaben Bezug nehmenden und auf diesen aufbauenden Beratungsleistungen der Beklagten.

Unstreitig waren die im Prospekt genannten Sicherheiten noch nicht gestellt. Insbesondere der Prospektteil A erweckte aber den Eindruck, die Sicherheiten seien bereits gestellt. Unmissverständlich heißt es dort zur Mietgarantie für das Büro- und Geschäftshaus: "Als Mietgarantie ... ist ... eine Bankbürgschaft in Höhe von DM 577.500,-- für fünf Jahre hinterlegt." Auch zur Bankbürgschaft, mit der die fünfjährige Pachtgarantie der M AG abgesichert werden sollte, wird erklärt, dass sie bereits gestellt war. Insoweit heißt es nicht, dass die Pachtgarantie mit einer Bankbürgschaft in Höhe von 512.500,00 DM unterlegt werde, sondern "unterlegt ist".

Weniger deutlich sind allerdings die Aussagen zur Pacht-, Mietgarantie im Prospektteil B. Es heißt dort "Die Pachtzahlung wird ... abgesichert und ... unterlegt." und "Als Zahlungssicherheit wird eine Bankbürgschaft ... hinterlegt." und nicht, sie sei abgesichert oder sei unterlegt oder sei hinterlegt. Ob nicht zuletzt mit Blick auf die einleitende Formulierung im Präsens "Der Pachtvertrag ist ... geschlossen." bezüglich der Pachtgarantie die Prospektangaben im Teil B dahin zu verstehen sind, dass sie bereits gewährt waren, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man den Prospektteil B anders zu verstehen hatte, bestand zumindest ein Widerspruch zwischen dem Prospektteil A und dem Prospektteil B. Jedenfalls diesem hatte die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Plausibilitätsprüfung Beachtung zu schenken und zugleich hatte sie, solange die Stellung der Sicherheiten nicht geklärt war, den Kläger über die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Zu einer diesbezüglichen konkreten Aufklärung hat die Beklagte nichts Hinreichendes vorgetragen.

6.

Bei unzureichender Aufklärung wird entsprechend dem Vorbringen des Klägers vermutet, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung an dem Immobilienfonds nicht beteiligt hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, grundsätzlich dafür beweispflichtig, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, dass der Geschädigte den Hinweis also nicht beachtet hätte (vgl. BGHZ 123, 151, 159 f.; BGH, WM 1997, 811, 813; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 282 Rdnr. 15; jeweils m.w.N.).

Der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens wird im vorliegenden Fall nicht durch gleichwertige, einen Entscheidungskonflikt begründende Handlungsalternativen die Grundlage entzogen (vgl. insoweit BGHZ 124, 151, 161; BGH, NJW 1994, 2541, 2542; WM 2004, 174, 177). Anhaltspunkte dafür, dass auch bei der gebotenen Aufklärung die Beteiligung an dem Immobilienfonds eine für den Kläger ernsthaft in Erwägung zu ziehende Handlungsalternative gewesen wäre, bietet der Sachverhalt nicht. Für den Kläger war zwar eine Steueroptimierung von großem Interesse. Diese war aber nur ein Mosaikstein auf dem Weg zu einer gesicherten Altersvorsorge. Eine solche konnte ihm der Immobilienfonds nach damaligem Entwicklungsstand nicht bieten.

Auch der Umstand, dass der Kläger erst aktiv wurde, als gegen die Abschreibungsmöglichkeit Bedenken aufkamen, steht der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht entgegen. Insbesondere kann dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er bei ausbleibendem wirtschaftlichem Erfolg des Fonds an diesem festhielt. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei einem Anleger, der Warnhinweisen nach bereits durchgeführten Spekulationsgeschäften nicht mehr unvoreingenommen gegenübersteht, und zwar unabhängig davon, ob Gewinne oder Verluste erzielt worden (vgl. BGH, WM 1993, 1454, 1458).

7.

Nach §§ 249 ff. BGB ist der Kläger nach alledem so zu stellen, wie er stehen würde, hätte er sich an dem Immobilienfonds nicht beteiligt.

a)

In diesem Fall wäre dem Kläger zunächst einmal die Zahlung in Höhe von insgesamt 105.000,00 DM = 53.585,65 € erspart geblieben.

b)

In Gestalt der durch seine Treugeberstellung erlangten Rechtsposition hat der Kläger einen Vorteil erlangt, der im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen ist. Dementsprechend hat das Landgericht die Beklagte nur eingeschränkt zur Zahlung verurteilt.

c)

Dass der Kläger im Wege der Vorteilsausgleichung anrechenbare Ausschüttungen erhalten hat, kann nicht festgestellt werden. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit die Beklagte. Sie bestreitet jedoch nur die Behauptung des Klägers, keine Ausschüttungen ausbezahlt erhalten zu haben.

d)

Die bislang unstreitig erzielten Steuervorteile hat das Landgericht in Abzug gebracht.

e)

Das Landgericht hat den dem Kläger entgangenen Gewinn auf durchschnittlich 4 % geschätzt. Dies ist aus den vom Landgericht genannten Gründen nicht zu beanstanden.

8.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt.

Mangels spezialgesetzlicher Regelung galt nach § 195 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung zunächst die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren. Als unmittelbare Vertragspartnerin des Klägers kann sich die Beklagte nicht auf die kurze Verjährungsfrist berufen, die für die auf typisiertem Vertrauen beruhenden Ansprüche aus Prospekthaftung gilt (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, WM 2002, 813, 814). Auch § 37 a WpHG ist nicht anwendbar. Diese Vorschrift ist erst durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz vom 24. März 1998 eingeführt worden und schon deshalb nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird die hier in Rede stehende Kapitalanlage nicht einmal von § 1 WpHG erfasst. Selbst durch die Einführung des § 37 a WpHG verursachte Wertungswidersprüche zwischen den dieser Vorschrift unterfallenden Wertpapiergeschäften und Geschäften der vorliegenden Art waren als in der seinerzeit sehr reformbedürftigen Systematik des Gesetzes bedingt hinzunehmen (vgl. insoweit auch BGH, WM 1999, 1170, 1171 f.).

Nach § 195 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung beträgt nunmehr die regelmäßige Verjährungsfrist zwar nur noch drei Jahre. Diese kürzere Verjährungsfrist wird jedoch nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 BGBGB erst vom 1. Januar 2002 an berechnet. Innerhalb dieser dreijährigen Verjährungsfrist wurde die Klage rechtzeitig erhoben. Seither ist die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.).

9.

Für eine Verwirkung fehlt es zumindest an dem sogenannten Umstandsmoment. Umstände, die außer dem Zeitablauf bei der Beklagten den Eindruck hätten erwecken können, dass der Kläger die hier streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nicht mehr geltend machen wird, liegen nicht vor.

10.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht aus dem Gesichtspunkt des gestörten Gesamtschuldverhältnisses auf den Anteil zu beschränken, zu dem die Beklagte im Innenverhältnis zur Treunehmerin haftet. Die von der Rechtsprechung zum gestörten Gesamtschuldverhältnis entwickelten Grundsätze sind bei Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Gläubigers gegenüber einem Gesamtschuldner schon nicht anwendbar.

11.

Über 4 % hinausgehende Zinsen kann der Kläger nicht aus Verzugsgesichtspunkten beanspruchen. § 288 BGB des bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung ist nach Art. 229 § 1 Satz 3 EGBGB auf den streitgegenständlichen Schadenersatzanspruch nicht anzuwenden, da dieser bereits vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden ist.

12.

Die Feststellung des Annahmeverzuges mit der Annahmeerklärung zur Abtretungserklärung ist für den Kläger wegen § 726 Abs. 2 ZPO von Interesse. Zum Annahmeverzug selbst wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist in dem nunmehr noch verfolgten Umfang begründet. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

Angesichts des Streits der Parteien und drohender Verjährung hat der Kläger ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte ihm zu weiterem Schadensersatz verpflichtet ist, sollte ihm weiterer Schaden entstehen.

Dafür, dass dem Kläger über den von der Leistungsklage erfassten Schaden hinausgehende Vermögensnachteile entstehen, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, es ist aber nicht sicher. Entscheidend hierfür ist, ob eine in Zukunft erfolgende Erfüllung des titulierten Zahlungsanspruchs einen Steuertatbestand erfüllt. Dies erscheint weder ausgeschlossen noch sicher, weil sich insoweit in der Praxis der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung der Finanzgerichte noch keine allgemeine Auffassung entwickelt hat (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, WM 2006, 174 ff.). Hinzukommt, dass offen ist, wann und in welchem Umfang die Beklagte den titulierten Zahlungsanspruch erfüllt, welche Entwicklung das Steuerrecht bis dahin genommen hat und ggf. mit welchem Steuersatz die erst in der Zukunft liegende Zahlung belegt werden wird.

Die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung weiteren Schadens folgt aus dem oben im Abschnitt B I. Gesagten.

C)

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 53.585,65 €. Hiervon entfallen auf die Berufung des Klägers 26.587,18 €. Einer gesonderten Streitwertfestsetzung für die Zeit nach der teilweisen Berufungsrücknahme bedarf es nicht, da eine solche Festsetzung hier keinen Einfluss auf die Kosten hätte.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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