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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.01.2007
Aktenzeichen: I-7 U 262/05
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 817 S. 2
StGB §§ 299 ff.
StGB §§ 331 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 29. November 2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt die Rückzahlung eines im April 2002 dem Beklagten übergebenen Betrages von 50.000,- € . Die Parteien streiten darüber, ob es sich dabei um ein Darlehen oder um den vom Kläger verabredungsgemäß geschuldeten Anteil an der Finanzierung eines letztlich gescheiterten Vermittlungsgeschäfts - Transfer einer großen Summe Geldes aus dem Ausland nach Deutschland - gehandelt hat.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, es habe sich um ein Darlehen gehandelt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er rügt im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts und macht im Übrigen geltend, die Rückzahlungsforderung des Klägers scheitere jedenfalls an § 817 S. 2 BGB.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Landgerichts.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 06.07.2006 (Bl. 324 GA) durch die Vernehmung von Zeugen.

Auf das Protokoll der Sitzung vom 11.08.2006 (Bl. 348 ff. GA) wird Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die mit der Klage geltend gemachte Zahlungsforderung steht dem Kläger nicht zu.

Zwar spricht das Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere die Aussage des Zeugen V für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, der Zahlung der 50.000,- € an den Beklagten liege eine Darlehensabrede zugrunde.

Darauf kommt es hier im Ergebnis aber nicht an, weil der Kläger jedenfalls die Rückzahlung der Darlehenssumme nicht verlangen kann, da ihm zumindest bekannt war, wenn nicht gar auch von ihm gewollt, dass die Geldhingabe der Zahlung eines Schmiergeldes an einen Mitarbeiter der S U-Bank diente (§§ 138 Abs. 1, 817 S. 2 BGB).

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch deren Annahme gegen die guten Sitten verstoßen hat, und fällt dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last, ist nach § 817 S. 2 BGB die Rückforderung des Geleisteten wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Empfängers ausgeschlossen.

Der Beklagte hat durch die Annahme des Geldes vom Kläger gegen die guten Sitten verstoßen, denn er beabsichtigte, dieses als Schmiergeld zu verwenden.

Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr., vgl. schon RGZ 80, 221; BGHZ 69, 295 [297] = NJW 1977, 2356 = LM § 134 BGB Nr. 197a). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob das Rechtsgeschäft nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGHZ 107, 92 [97] = NJW 1989, 1276) m.w. Nachw.).

Die Zahlung eines Schmiergeldes verstößt gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Sie stellt wie die Bestechung eine krasse Erscheinungsform missbilligter Kommerzialisierung dar. Sofern Verträge über sie nicht bereits nach § 299 f., 331 ff. StGB iVm. § 134 BGB nichtig sind, folgt die Nichtigkeit deshalb aus einem Sittenverstoß gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Nicht erforderlich ist, dass der Schmiergeldempfänger zum Nachteil anderer handeln sollte (BGH, NJW 1962, 1099 - Schädigungswille irrelevant; s. auch RGZ 161, 229, 231 - Möglichkeit nachteiliger Einwirkung genügt für Sittenverstoß).

Dies gilt auch für Zahlungen eines Schmiergeldes an Privatpersonen im Ausland, wenn solches dort nicht üblich ist (Mü-Ko./Armbrüster , § 138 BGB Rdn. 18).

Dass die Zahlung von Schmiergeldern an Privatpersonen in der S üblich ist, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme gibt es für den Senat keinen vernünftigen Zweifel, dass der Betrag von 50.000,- € nicht Teil einer legitimen Vorauszahlung einer Provision an einen Dritten war, sondern der Zahlung eines Schmiergeldes an einen Mitarbeiter der S U-Bank.

Der Kläger hat bereits selbst in der Klageschrift vorgetragen, bei der Bearbeitung des Auftrags, die banktechnischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die bei zwei s Banken bestehenden Depots und/oder Konten aufgelöst und nach Deutschland transferiert würden, habe ein Mitglied der A-Gruppe ein "Handgeld" in Höhe von 100.000,- € verlangt, um die Angelegenheit zu "beschleunigen". In dem vertraulichen "Sachstandsbericht" der Parteien vom 22.07.2002 heißt es insoweit etwas genauer, Herr K habe für einen nicht näher benannten Mitarbeiter der U ein "Handgeld" in Höhe von 100 Tsd. € in bar verlangt, um diesen für den schnellen Empfang der Gelder bei der U und ihre "unkomplizierte" Weiterleitung an die D B "freundlich zu stimmen".

Weiter heißt es dann in diesem Sachbericht in Übereinstimmung mit der Aussage des Zeugen V vor dem Senat, sowohl dieser als auch Herr v d K hätten die Zahlung dieses Betrages abgelehnt. Warum sie das getan haben sollten, wenn es sich lediglich um eine Vorabzahlung auf eine Provision, nicht hingegen um eine Schmiergeldzahlung handelte, die nach Angaben des Zeugen V für ihn und Herrn v d K grundsätzlich nicht in Betracht kam, hat der Kläger nicht dargelegt. Ebenso hat er nicht dargelegt, aus welchem anderen Grund die Firma A, wenn nicht, weil es sich um Schmiergeld handelte, nicht bereit war, die Zahlung zu übernehmen, wenn sie doch nach seinem Vortrag in Form einer Provision ganz erheblich von dem Geschäft profitieren sollte.

Aber auch die vom Zeugen V geschilderten Umstände der Geldübergabe in B sprechen eindeutig für eine Schmiergeldzahlung.

Danach ist der Beklagte allein mit einem Koffer, in dem sich die 100.000,- € befanden, in das Büro des Herrn K gegangen, um das Geld bar zu übergeben, während der Kläger und der Zeuge V sowie Herr v d K vor der Tür warteten. Dem Zeugen ist dann aufgefallen, dass anschließend sofort ein Mitarbeiter der U - nach dem oben zitierten Sachstandsbericht der Parteien sollte das Geld für einen Mitarbeiter der U bestimmt sein - anwesend war. Der Zeuge hat dann hinzugefügt, er und Herr v d K hätten nicht gewusst, was mit dem Geld geschehen sei, das hätten sie aber auch nicht wissen wollen.

Schließlich hat auch der Zeuge B bei seiner Vernehmung in erster Instanz stets von "Schmiergeld" gesprochen, obwohl ihm die Zahlung als Vorabprovision dargestellt worden sei und bei seiner Vernehmung durch den Senat dazu erklärt, er wisse aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, "wie so etwas üblicherweise abläuft".

Der Senat ist des weiteren davon überzeugt, dass dem Kläger der Zweck der Zahlung als Schmiergeld schon bei der Übergabe der 50.000,- € an den Beklagten zumindest bewusst war, wenn nicht gar auch von ihm gewollt.

Die Übergabe seitens des Klägers an den Beklagten ist am 11.04.2002 erfolgt. Laut Sachstandsbericht vom 22.07.2002 (dort unter Ziff. 7) hat Herr K sich aber schon fünf Tage vorher am 06.04.2002 an die Parteien gewandt und die Zahlung eines "Handgeldes" von 100.000,- € verlangt. Am 08.04.2004, also ebenfalls noch vor der Übergabe des Geldes an den Beklagten, haben die Parteien sich dieserhalb an Herrn v d K und den Zeugen V gewandt, die jedoch die Zahlung ablehnten. Laut Aussage des Zeugen V kam eine "Schmiergeldzahlung" für sie nicht in Betracht. Schließlich wusste der Kläger, dass die Übergabe der 100.000,- € an einen Mitarbeiter der U in bar erfolgen sollte.

Wenn der geschäftlich versierte Kläger gleichwohl vorträgt, er habe erst im Juli 2002 Verdacht geschöpft, dass es sich um eine Zahlung gehandelt haben könnte, "um die Dinge in der S voranzutreiben", so glaubt der Senat ihm das danach nicht.

Die Folge der Nichtigkeit eines Darlehensvertrages ist grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung der Hauptsumme aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.

Dieser Anspruch des Klägers ist hier aber nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, da er zumindest wusste, wofür der Darlehensbetrag verwendet werden sollte und ihm deshalb als Leistendem ebenfalls ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt.

Dem steht nicht entgegen, dass der Zahlung an den Beklagten eine Darlehensabrede zugrunde lag.

Zwar sind grundsätzlich als Leistung im Sinne des § 817 S. 2 nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur solche Zuwendungen anzusehen, die nach dem - nichtigen - Vertragsverhältnis endgültig in das Vermögen des Empfängers übergehen sollten (BGH, NJW-RR 1994, 291 (293) = LM H. 7/1994 § 35 GmbHG Nr. 31 = WM 1994, 63 (66); NJW-RR 1995, 130 = WM 1995, 20 (22), jew. m.w.Nachw.). Da beim Darlehen dem Darlehensnehmer das Darlehenskapital vereinbarungsgemäß nicht endgültig, sondern nur vorübergehend zur Nutzung gewährt werden soll, ist § 817 S. 2 BGB bei Sittenwidrigkeit des Vertrags deshalb grundsätzlich nur beschränkt anwendbar: Danach muss der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die Kapitalnutzung für die (rechtsunwirksam) vereinbarte Zeit zinsfrei belassen; er kann dann aber die Rückzahlung des Nettodarlehensbetrages verlangen (BGH, NJW 1993, 2108 = WM 1993, 1323 m.w.Nachw.). Im Gegensatz etwa zu den Fällen des Wucherdarlehens wird aber dann am Kondiktionsausschluss gem. § 817 S. 2 auch bezüglich des Kapitals festgehalten, wenn das Geld zu verbotenen Zwecken, wie etwa zu verbotenem Spiel, überlassen wurde (Spieldarlehen). Dies wird damit begründet, dass sich die Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit dann nicht erst aus den Bedingungen der Kapitalüberlassung ergebe, sondern dass zu dem verfolgten Zweck Kapital überhaupt nicht überlassen werden sollte (vgl. dazu auch BGH NJW 1995, 1152, 1153).

Hier wusste der Kläger, dass der Darlehensbetrag zur Zahlung eines Schmiergeldes, somit zu einem sittenwidrigen Zweck verwendet werden sollte. Wenn er sich aber solchermaßen selbst außerhalb der Rechtsordnung stellt, verdient er nicht ihren Schutz (s. dazu auch Palandt-Thomas, § 817 BGB Anm. 3a m. w. Nachw.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Beschwer des Klägers beträgt 50.000,- €.

Dies ist zugleich der Streitwert des Berufungsverfahrens.

Ende der Entscheidung

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