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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: I-8 U 43/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 628
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847 Abs. 1 a.F.
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von € 15.000 nebst 4 % Zinsen seit dem 16.03.1998 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den ihr aus der Operation vom 16.02.1996 erwachsenden materiellen und weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen sind.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 60 % und der Beklagte zu 40 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin ließ sich im Jahre 1996 von dem Beklagten u.a. mit dem Ziel einer Bruststraffung und -verkleinerung mehrfach an der Brust operieren. Wegen des unbefriedigenden Ergebnisses verlangt sie Rückzahlung des auf die Brustoperation entfallenden Honorars von DM 10.000, ein Schmerzensgeld von mindestens DM 75.000 und die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle materiellen und weiteren immateriellen Schäden. Sie hat dem Beklagten Behandlungsfehler und mangelnde Aufklärung vorgeworfen. Der Eingriff habe zu schrecklichen Deformierungen im Bereich beider Brüste geführt. Bereits durchgeführte Korrektureingriffe hätten aufgrund der vom Beklagten herbeigeführten schlechten Ausgangssituation kein befriedigendes Ergebnis erbringen können; es seien weitere Korrektureingriffe erforderlich, ohne dass eine vollständige Beseitigung der Fehler des Beklagten möglich sei. Durch die Operation des Beklagten sei sie - die Klägerin - entstellt und habe sich in psychotherapeutische Behandlung begeben müssen.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin € 7.612,92 nebst Zinsen zu zahlen und seine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten für eine am 10.02.1997 in S. durchgeführte Korrekturoperation festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme entspreche das Vorgehen des Beklagten nicht den anerkannten Regeln der Bruststraffungsreduktion; er sei deshalb zur Rückzahlung des Honorars von € 5.112,92 und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von € 2.500,00 verpflichtet; außerdem müsse er die Kosten der ersten Korrekturoperation erstatten, während die weiteren Operationen ihm nicht anzulasten seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen in der landgerichtlichen Entscheidung vom 12.02.2004 verwiesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung. Die Klägerin erstrebt ein höheres Schmerzensgeld sowie eine weitergehende Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die Folgen der von ihm vorgenommenen Eingriffe. Sie macht geltend, das Landgericht sei den von ihr vorgetragenen psychischen Beeinträchtigungen durch die Folgen des Eingriffs nicht hinreichend nachgegangen. Auch sei unberücksichtigt geblieben, dass sämtliche Folgeoperationen nur durch das fehlerhafte Vorgehen des Beklagten erforderlich geworden seien.

Der Beklagte beantragt,

1. unter teilweiser Abänderung des am 12.02.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf unter Einschluss dieses Urteils nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die Klage unter (teilweiser) Abänderung des am 12.02.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (insgesamt) abzuweisen.

Er macht geltend, dem Urteil fehlten tragfähige Feststellungen, denn das Landgericht habe verkannt, dass der Sachverständige Dr. M. aufgrund fehlender Kenntnis und Beherrschung der Operationstechnik nach Regnault gar nicht in der Lage gewesen sei, zu beurteilen, ob die Behandlung fehlerhaft erfolgt sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen psychosomatisch-/ psychotherapeutischen Fachgutachtens des Leitenden Arztes der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Krankenhauses Bietigheim, Dr. S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens (Bl. 723 ff. GA) Bezug genommen.

II.

Die Berufungen der Parteien sind zulässig und haben jeweils teilweise Erfolg. Der Beklagte schuldet der Klägerin wegen der von ihm fehlerhaft durchgeführten Bruststraffung und -verkleinerung ein angemessenes Schmerzensgeld gemäß den §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB (a.F.); außerdem ist er verpflichtet, der Klägerin den ihr aus der Operation vom 16.02.1996 erwachsenden materiellen und weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückerstattung des für den Eingriff gezahlten Honorars besteht dagegen nicht.

A. Berufung des Beklagten

1.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte die Klägerin bei der von ihm am 16.02.1996 vorgenommen Bruststraffung und -reduktion fehlerhaft behandelt hat. Hieran ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der diesbezüglichen entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, liegen nicht vor:

a)

Sowohl der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Dr. M. als auch der für die Gutachterkommission tätig gewordene Prof. Dr. O. haben Planungs- und Ausführungsfehler bei dem ersten Eingriff bejaht, die für die danach festzustellende Fehlstellung der Brustwarzen und Deformierungen im Bereich beider Brüste verantwortlich sind:

aa)

Die Asymmetrie der Brustwarzen ist nach Dr. M. zum einen auf eine ungleiche Positionierung der Brustwarzen bei der Operation zurückzuführen, zum anderen auf unterschiedliche Straffungsgrade im unteren Bereich der Brust. Dabei ist der Höhenunterschied der Brustwarzen von ca. 2 cm nach den Feststellungen des Sachverständigen eindeutig auf einen Fehler bei der Ausmessung der Brustwarzenhöhe zurückzuführen. Die Asymmetrie geht nämlich deutlich über das Maß dessen hinaus, was auch bei sorgfältiger Planung entstehen kann. Hinzu kommt, dass - was der Sachverständige (ebenso wie auch Prof. Dr. O.) anhand der von der Klägerin nach dem Eingriff gefertigten Fotografien festgestellt hat - auf der linken Seite lediglich eine quere Raffung mit senkrecht herunter laufender Narbe vorgenommen wurde, während auf der rechten Seite ein Y-förmiger Schnitt über der Unterbrustfalte angelegt wurde, der einen Hautüberschuss auch in der Länge verkürzt. Gründe für die unterschiedliche Schnittführung bestanden nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht; auch aus dem Operationsbericht hat der Sachverständige keine Gründe hierfür herleiten können. Durch die lediglich quere Raffung links wurde per se schon die linke Brustwarze etwas höher gestaucht; durch den Y-förmigen Schnitt rechts ist nach Dr. M. darüber hinaus ein unterschiedliches Sackungsverhalten der Brust sehr viel wahrscheinlicher geworden, als bei einer lediglich queren Straffung auch auf der rechten Seite; insgesamt ist durch die unterschiedliche Straffung in der Quere eine Asymmetrie von vorneherein möglich gemacht worden. Auch die unterschiedliche Schnittführung hat nach den Feststellungen des Sachverständigen zu der Asymmetrie beigetragen.

Die 1971/72 bei der Klägerin durchgeführte Voroperation (ausgedehnte Brustverkleinerung) ist nach den Feststellungen des Sachverständigen auf keinen Fall ursächlich für die nach dem Eingriff des Beklagten vorhandene Fehlstellung der Brustwarzen. Denn die Narben der damaligen Operation waren ausweislich der vom Beklagten präoperativ gefertigten Fotografien sehr fein verheilt. Verknotungen und derbe Verwachsungen in der Tiefe können nicht vorgelegen haben und sind auch vom Beklagten nicht dokumentiert; anderenfalls hätten sie vom Beklagten bei dem Eingriff entfernt werden können. In der Berufungsbegründung macht der Beklagte selbst geltend, die Voroperation habe keine schwierige Ausgangssituation für die von ihm vorgenommene Bruststraffungsoperation dargestellt. Wie Dr. M. dargelegt hat, ist auch nicht davon auszugehen, dass ein einseitiger Brustwarzenhochstand durch unterschiedliche Kontrakturen im Narbengewebe entstanden ist, denn bei Durchführung einer gleichsinnigen Operation auf beiden Seiten kann ein ähnliches Formänderungsverhalten der Brust erwartet werden.

bb)

Auch die nach dem ersten Eingriff bestehende erhebliche Asymmetrie des Narbenverlaufs und der Formung im unteren Brustbereich mit Doppelfaltenbildung im inneren unteren Brustbereich rechts und stärkerer narbiger Einziehung der Unterbrustfalte zentral im linken Brustbereich ist auf ein fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten zurückzuführen. Dabei konnte das Landgericht es dahin stehen lassen, ob - was die Ausführungen des Sachverständigen (der insoweit zwar nur von einer für diese Ausgangssituation problematischen Reduktions- bzw. Straffungstechnik spricht, es allerdings auch als unverständlich bezeichnet, warum der Beklagte bei den gegebenen Verhältnissen nicht eine standardmäßige Bruststraffung angewendet hat) nahe legen - die Anwendung der Operationstechnik nach Regnault im Fall der Klägerin als Fehler angesehen werden muss, weil angesichts der bereits vorhandenen T-Narbe und dem deutlich überschüssigen Hautmantel sowohl in der Länge, als auch von der Quere her, von vorneherein zu erwarten war, dass diese Technik kein befriedigendes symmetrisches Straffungsergebnis erzielen kann. Einer ergänzenden Anhörung des Sachverständigen hierzu bedurfte es nicht, denn dem Beklagten ist jedenfalls vorzuwerfen, aus der linken Brust zu viel Brustgewebe entfernt zu haben, so dass hier nicht mehr ausreichend Drüsengewebe im unteren Brustumfang vorhanden war, um eine Ausformung und ein Durchsacken der Brust bewirken zu können, weshalb sich hieraus links eine stärkere Abflachung ergeben hat. Der Behauptung des Beklagten, er habe auf jeder Seite exakt 100 g weggeschnitten, war nicht nachzugehen, weil es insbesondere dann, wenn - wie der Beklagte behauptet - keine symmetrische Ausgangslage vorlag, u.U. auch erforderlich war, auf beiden Seiten unterschiedliche Mengen von Gewebe zu entfernen. Entscheidend ist, wie der Sachverständige betont hat, dass nur durch Herstellung einer exakten Symmetrie bereits intraoperativ die beste Chance besteht, dass sich auch auf Dauer symmetrische Verhältnisse einstellen. Der Beklagte hat auch nicht plausibel darzustellen vermocht, wie sich anderenfalls im Laufe der Zeit eine Symmetrie einstellen soll. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass der Beklagte die Korrektureingriffe Ende März und Anfang Juni 1996 auf keinen Fall hätte durchführen dürfen, wenn er der Meinung gewesen wäre, dass sich ein befriedigendes Resultat noch einstellt.

Dass sich die Asymmetrie und Deformierung postoperativ schicksalhaft durch eine Atrophie des Drüsengewebes oder durch Narbenkontraktionen und Gewebsverkürzungen entwickelt haben, ist nach dem Gutachten von Dr. M. nicht anzunehmen. Die unmittelbar postoperativ gefertigten Fotografien der Klägerin belegen, dass von Anfang an eine Asymmetrie und eine stärkere Abflachung links vorhanden waren. Die Tatsache, dass bei der Nachoperation durch Dr. K. im Februar 1997 an der linken Brust infraareolär bis zur Submammärfalte praktisch kein Drüsengewebe mehr gefunden wurde, lässt sich nur damit erklären, dass der Beklagte dieses fast vollständig entfernt hat. Hinsichtlich der unterschiedlichen Narbenverläufe hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass diese erkennen ließen, dass zwischen der rechten und der linken Brust planerische Unterschiede bestanden, ohne dass hierfür Grund ersichtlich war, denn die präoperative Situation war nicht bzw. eher im gegensätzlichen Sinn unterschiedlich gewesen. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, sind durch die unterschiedlichen Schnittführungen - mehr nach rechtsseitwärts abweichende Narbe an der rechten Brustaußenseite, mehr nach unten ausweichende Narbe auf der linken Seite mit zusätzlicher Ausbildung einer Hautfalte unterhalb der neuen Unterbrustfalte - und dem damit verbundenen unterschiedlichen Entfernen von überschüssiger Haut Asymmetrien entstanden, die mit einer konventionellen T-förmigen Straffung hätten vermieden werden können.

b)

Die mit der Berufung geltend gemachten Einwände gegen die Begutachtung durch Dr. M. greifen nicht durch. Unzutreffend ist die Behauptung, das Landgericht habe nicht über das (erneute) Ablehnungsgesuch des Beklagten gegen den Sachverständigen vom 25.09.2002 entschieden. Dieses ist vielmehr durch Beschluss der Kammer vom 08.10.2002 (dem Beklagten zugestellt am 23.10.2002, Bl. 486 GA) als unzulässig zurückgewiesen worden. Das Landgericht war auch im Hinblick auf die Erklärung des Gutachters, er wende die Operationsmethode nach Regnault nur selten an, nicht gehalten, einen anderen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen. Es besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der Sachverständige mangels Kompetenz nicht in der Lage gewesen sei, den Sachverhalt sachgerecht zu beurteilen. Seine ausreichende Sachkunde ergibt sich vielmehr u.a. daraus, dass er nach eigenen Angaben zahlreiche Korrekturoperationen auch nach Voroperationen, die in der Operationstechnik nach Regnault vorgenommen wurden, durchgeführt hat und sich zusätzlich aufgrund von Literatur mit der Technik vertraut gemacht hat. Der Beklagte legt auch nicht konkret dar, in welcher Hinsicht die Beurteilung durch den Sachverständigen auf einem unzutreffenden Verständnis oder mangelnden Kenntnis der Operationstechnik nach Regnault beruhen soll.

2.

Aufgrund der festgestellten Behandlungsfehler schuldet der Beklagte der Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes mindestens in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang und den Ersatz der Kosten der Korrekturoperation vom 10.02.1997 (siehe dazu sogleich unter B.). Das landgerichtliche Urteil kann dagegen keinen Bestand haben, soweit darin der Beklagte zur Rückzahlung des an ihn gezahlten Honorars für die Brustoperation in Höhe von DM 10.000 (= € 5.112,92) verurteilt worden ist.

Der ärztliche Vergütungsanspruch resultiert aus einem Dienstvertrag und kann vom Patienten nicht kraft Gesetzes wegen mangelhafter Dienstleistung gekürzt werden, weil das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistung kennt (so zuletzt BGH, NJW 2004, 2817 für den Anwaltsdienstvertrag). Für die (unmittelbare) Anwendung des § 628 BGB ist kein Raum, da der Vertrag zwischen dem Beklagten und der Klägerin nicht vorzeitig beendet wurde. In Betracht kommt deshalb nur ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung (pFV), wobei sich die Frage stellt, ob der Dienstberechtigte eine ausgleichspflichtige Einbuße in seinem Vermögen dadurch erfährt, dass er für eine minderwertige Dienstleistung eine (volle) Vergütung zu zahlen hat (vgl. dazu Kramer, MDR 1998, 324, 326). Der Senat hat in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass ein (Zahn-)Arzt, der schuldhaft eine völlig unbrauchbare Leistung erbringt, den Anspruch auf die Vergütung verliert und das bereits gezahlte Honorar erstatten muss (vgl. Senat, VersR 2001, 1380 - dort allerdings verneint -, sowie Urt. v. 10.10.2002 - 8 U 16/02 -, Urt. v. 05.06.2003 - 8 U 100/02 - [ebenfalls verneint] u. Urt. v. 11.09.2003 - 8 U 107/02 -; s. a. OLG Frankfurt, VersR 1996, 1150; OLG Oldenburg, NJW-RR 1996, 1267; OLG Stuttgart, OLGReport Stuttgart 2002, 172). Darüber hinaus entfällt der Honoraranspruch nach der Rechtsprechung des Senats, wenn der Eingriff mangels hinreichender Aufklärung nicht von einer wirksamen Einwilligung gedeckt und daher rechtswidrig ist (vgl. Senat, NJW-RR 2003, 1331, 1333; Urt. v. 20.06.2002 - 8 U 138/01 -; Urt. v. 14.02.2002 - 8 U 113/01 u. Urt. v. 10.06.1999 - 8 U 54/98 -; ebenso: KG, KGReport Berlin 2001, 142, 144; OLG München, NJW-RR 1994, 20; a.A.: KG, KGReport Berlin 1996, 195 [kein Bezug der Aufklärungspflichtverletzung zum finanziellen Aufwand] sowie OLG Köln, Urt. v. 27.11.2002 - 5 U 101/02 - u. NJW-RR 1999, 674, 675) oder wenn der Arzt einen nicht indizierten Eingriff vorgenommen hat (Senat, Urt. v. 05.06.2003 - 8 U 100/02 - u. Urt. v. 15.05.2003 - 8 U 113/02 -; ebenso HansOLG Hamburg, OLGReport Hamburg 1999, 419).

Dass der vom Beklagten vorgenommene Eingriff nicht indiziert war, hat das Landgericht nicht fehlerfrei festgestellt. Seine Auffassung, der Beklagte habe bei dem Weichteildefizit der Brüste der Klägerin von vorneherein von einer weiteren Brustreduktion absehen müssen, findet in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M. keine tatsächliche Grundlage. Dieser hat vielmehr in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 25.04.2002 ausgeführt, vor der ersten Operation seien ein so weiter Hautmantel, so viel Brustdrüsenmasse und so große Brustwarzen vorhanden gewesen, dass für jegliche Art der Umformung der Brust genug Haut und Brustwarzenhaut zur Verfügung gestanden habe, um eine symmetrische Brustform herzustellen. Dass die Klägerin eine Verkleinerung - und nicht etwa eine Vergrößerung - der Brust erreichen wollte, ergibt sich aus dem von ihr unterschriebenen Perimed-Bogen, wo es heißt: "fast kein Busen mehr". Die vom Beklagten vorgenommene Brustverkleinerung war mit jeweils ca. 100 g zwar relativ großzügig bemessen; angesichts des dringenden Wunsches der Patientin nach einer möglichst kleinen Brustform hat der Sachverständige darin jedoch keinen Fehler gesehen, da man bei symmetrischer Formung und symmetrischem Narbenbild durchaus zu einem zufrieden stellenden Ergebnis hätte kommen können. Dass das Vorgehen nach der Methode von Regnault (L-Schnitt statt T-Schnitt) nicht indiziert gewesen wäre, ergibt sich ebenfalls nicht aus dem Gutachten von Dr. M.; dieser hat vielmehr ausgeführt, die Operationstechnik nach Regnault sei bei richtiger Anwendung "sicher geeignet", eine hängende Brust zu straffen.

Dazu, ob die Klägerin - wie sie behauptet - nicht hinreichend aufgeklärt worden ist und bei zutreffender Aufklärung in den Eingriff nicht eingewilligt hätte, hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch den Senat hierzu bedurfte es für die Frage der Honorarrückzahlung allerdings nicht, denn im Falle einer Aufklärungspflichtverletzung kommt - ebenso wie unter dem Gesichtspunkt der völligen Unbrauchbarkeit der Leistung - ein Anspruch auf Honorarrückzahlung jedenfalls nicht neben einem etwaigen Anspruch auf Ersatz der Kosten für erforderliche Korrekturoperationen in Betracht kommt. Durch den Schadensersatzanspruch soll der Geschädigte so gestellt werden, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Der Ersatzanspruch darf aber nicht dazu führen, dass der Patient bei einer fehlerhaften oder mangels Aufklärung rechtswidrigen Behandlung im Ergebnis zu einer kostenlosen Behandlung kommt, wie dies der Fall wäre, wenn er das an den Arzt entrichtete Honorar zurückverlangen und im Wege des Schadensersatzes zugleich die für die Behandlung bei einem anderen Arzt angefallenen Kosten in vollem Umfang geltend machen könnte. Gerade bei einer aus kosmetischen Gründen vorgenommenen Operation wird eine Wiederherstellung des vor dem Eingriff bestehenden - vom Patienten als korrekturbedürftig empfundenen - Zustandes durch eine Korrekturoperation kaum möglich und vom Patienten auch nicht gewünscht sein; der Korrektureingriff wird in der Regel dazu dienen, den mit dem ursprünglichen Eingriff erstrebten Zustand - soweit möglich - nunmehr herzustellen. So ist es auch hier, denn die Klägerin hat nach Durchführung von Korrekturoperationen eine Straffung und Verkleinerung der Brust erreicht, wie dies im Grundsatz mit dem Eingriff des Beklagten erreicht werden sollte. In den Kosten der notwendigen Korrekturoperationen liegt daher ihr Schaden. Müsste der Beklagte das Honorar erstatten und die Kosten für die Folgeoperationen ersetzen, hätte die Klägerin ihr Ziel (weitgehend) letztlich auf Kosten des Beklagten erreicht.

B. Berufung der Klägerin

1.

Die Klägerin rügt mit Recht, dass das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld mit € 2.500 zu niedrig bemessen ist. Der Eingriff des Beklagten hat zu einer erheblichen Verschlechterung des Zustands der Brüste geführt, was sich ohne Weiteres durch einen Vergleich der vor und nach dem Eingriff gefertigten Fotografien ergibt. Die Brüste waren anschließend deformiert und jedenfalls in erheblich stärkerem Maße asymmetrisch, als vor dem Eingriff. Prof. Dr. O. spricht im Zusammenhang mit dem dokumentierten Zustand nach dem zweiten Eingriff des Beklagten in seinem Gutachten von einem schrecklichen Bild mit Verziehung des Mamillen-Areolen-Komplexes und völlig unverständlichen Narbenverläufen im Bereich der inframammaeren Umschlagsfalte, was bei Betrachtung der von Dr. G. am 17.04.1996 angefertigten Fotografien ohne weiteres nachvollziehbar ist.

Infolge der Fehlbehandlung waren zahlreiche Folgeeingriffe erforderlich, wobei jedenfalls die erste vom Beklagten selbst vorgenommene Korrekturoperation ebenfalls fehlerhaft durchgeführt wurde. Zwar konnte diese Operation in Bezug auf die Asymmetrie bereits zu dem frühen Zeitpunkt (29.03.1996) durchgeführt werden; wie der Sachverständige Dr. M. ausgeführt hat, wären dabei aber eine Anhebung der rechten Brustwarze nach deutlicher Nachstraffung der rechten Unterbrusthaut sowie eine Ausgleichung der tütenförmigen Hautvorwölbung unterhalb der linken Unterbrustfalte erforderlich gewesen. Dass der Beklagte die Asymmetrie im linken Unterbrustfaltenbereich bei diesem Eingriff überhaupt nicht korrigiert hat, hat der Sachverständige als unverständlich bezeichnet.

Dass die nachfolgend in Stuttgart durchgeführte Korrekturoperation nicht in vollem Umfang erfolgreich war, lässt die Kausalität zwischen der Fehlbehandlung durch den Beklagten und den weiteren Korrektureingriffen entgegen der Auffassung des Sachverständigen und des Landgerichts nicht entfallen. Denn für den Misserfolg dieser und der nachfolgenden Operationen ist nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M. die durch die Eingriffe des Beklagten geschaffene schwierige Ausgangssituation jedenfalls mitursächlich geworden. Eine Mitursächlichkeit reicht grundsätzlich, um die volle Haftung auszulösen, wenn sich der Anteil der Mitverantwortung nicht quantifizieren lässt. Der Frage, ob die Nachoperationen möglicherweise aufgrund dabei gemachter Fehler nicht zu einer - an sich möglichen - Korrektur des vom Beklagten geschaffenen Zustands geführt haben, ist nicht weiter nachzugehen. Zum einen hat der Beklagte solche Fehler nicht konkret behauptet; zum anderen wären etwaige Fehler bei der Nachbehandlung grundsätzlich nicht geeignet, die Kausalität zwischen den Eingriffen des Beklagten und dem Schaden zu unterbrechen. Dass durch die Prothesenimplantation in München eigenständige nachteilige Folgen für die Klägerin entstanden sind, ist nicht ersichtlich.

Nach der vom Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Fehlbehandlung durch den Beklagten auch zu psychischen Folgen geführt hat, die bei der Schmerzensgeldbemessung zu berücksichtigen sind. Wie der Sachverständige Dr. S. in seinem Gutachten vom 04.04.2006 ausführlich dargelegt hat, lag zwar schon vor der streitgegenständlichen Behandlung eine Persönlichkeitsveränderung der Klägerin infolge traumatischer Erfahrungen in der Kindheit sowie ihrer Inhaftierung in der ehemaligen DDR vor. Diese psychischen Probleme der Klägerin wurden aber durch den Behandlungsfehler aufrecht erhalten und verstärkt. Durch die Operationen und insbesondere deren Ergebnis wurden die vorbestehenden traumatischen Erfahrungen nach den Feststellungen des Sachverständigen reaktualisiert und führen nachvollziehbar zu den von der Klägerin beklagten Symptomen wie Schlafstörungen, sozialer Rückzug, Dysmorphophobie und Minderwertigkeitsgefühl, wodurch die Lebensgestaltung der Klägerin deutlich beeinträchtigt wird. Ob hier eine Besserung durch eine Therapie möglich ist, lässt sich nach Aussage des Sachverständigen nur spekulativ beantworten.

Die vom Beklagten zu verantwortenden gravierenden Folgen der Eingriffe rechtfertigen die Zuerkennung eines deutlich höheren Schmerzensgeldes, als dieses vom Landgericht zuerkannt wurde. Unter Berücksichtigung vergleichbarer Entscheidungen des Senats und anderer Oberlandesgerichte erscheint hier ein Betrag von € 15.000 angemessen, aber auch ausreichend, um den immateriellen Schaden der Klägerin auszugleichen.

Zinsen auf den geschuldeten Schmerzensgeldbetrag kann die Klägerin nur in gesetzlicher Höhe von 4 % p.a. verlangen (§ 291 BGB a.F.). Einen weitergehenden Zinsschaden hat die Klägerin, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht dargelegt.

2.

Die Feststellungsklage ist zulässig und auch über den vom zuerkannten Teil hinaus begründet. Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Kosten für die Korrekturoperation in Stuttgart im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits angefallen waren, denn wie sich aus dem Erstgutachten von Dr. M. ergibt, bestand noch im Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin (Februar 1999) ein korrekturbedürftiger Zustand, so dass noch nicht von einem abgeschlossenen Schaden auszugehen ist, der nur mit der Leistungsklage geltend gemacht werden konnte. Der Antrag ist auch begründet, denn aus der Korrekturbedürftigkeit des im Februar 1999 noch vorhandenen Zustandes folgt, dass die Entstehung weiterer materieller Schäden nicht ausgeschlossen ist. Wie bereits dargelegt, ist die Kausalität zwischen der Behandlung des Beklagten und dem Schaden nicht durch die Korrekturoperation in S. ausgeschlossen, da das Ausbleiben des Erfolges nach den Feststellungen des Sachverständigen jedenfalls auch darauf zurückzuführen ist, dass durch die Eingriffe des Beklagten eine schwierige Ausgangssituation geschaffen wurde. Dass die Operation in M. ausschließlich anderen Zwecken als der Beseitigung des durch die Eingriffe des Beklagten geschaffenen Zustands (Implantation von Prothesen) galt, ist nicht festgestellt und vom Beklagten nicht einmal behauptet. Da weitere Eingriffe erforderlich sind, kann derzeit auch nicht ausgeschlossen werden, dass weitere, bislang nicht vorhersehbare immaterielle Beeinträchtigungen der Klägerin entstehen. Entsprechend dem Antrag der Klägerin war die Feststellung auf die Folgen des Eingriffs vom 16.02.1996 zu beschränken, wobei jedoch die vom Beklagten vorgenommenen Korrektureingriffe ebenso wenig wie die späteren Korrekturoperationen zu einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs geführt haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § Abs. ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, ZPO.

Ende der Entscheidung

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