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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: I-9 U 112/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 234
ZPO § 323
ZPO § 517
BGB § 242
BGB § 530 Abs. 1
BGB § 531 Abs. 2
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beklagten wird hinsichtlich der versäumten Frist zur Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 30.05.2006 (1 O 348/04) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels und des Rechtsmittels des Klägers das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 30.05.2006 (1 O 348/04) teilweise abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Juli 2005 auf die Versorgungsrente einen Teilbetrag von 709,83 € und ab August 2005 bis zur Rückübereignung der in dem Antrag zu Ziff. 3) bezeichneten Grundstücke eine jährliche Versorgungsrente von 32.518,00 € zu zahlen, und zwar in monatlichen Teilbeträgen von 2.709,83 €. Die weitergehende Klage wird abgewiesen."

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 96 %, die Beklagte zu 4 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 1993/28. März 1994 übertrug der Kläger der Beklagten, seiner Tochter, seinen in B... gelegenen Grundbesitz.

Zweck des Übertragungsvertrages war nach der Präambel des Vertrages die Vorwegnahme der künftigen Erbfolge, die wirtschaftliche Sicherung der Eltern im Alter und der Erhalt des im Wesentlichen von den Großeltern herrührenden Grundbesitzes im Familienbesitz. Deshalb erklärten die Vertragsparteien, dass die übernommenen Verpflichtungen nicht Gegenleistung sind, sondern sich vom Versorgungsbedürfnis der Eltern und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Verpflichteten bestimmen.

Die Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag, am Objekt abgesicherte Verbindlichkeiten gegenüber der S... B... zu übernehmen, wobei der Valutenstand der Darlehen bei ca. 505.000 DM und ca. 46.000 DM lag. Darüber hinaus übernahm die Beklagte die Verpflichtung, eine Versorgungsrente von jährlich 63.600 DM, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen zugunsten ihrer Eltern zu zahlen. Dabei wurde klargestellt, dass für die Ermittlung der Höhe der Versorgungsrente die derzeitigen Verhältnisse der Beteiligten maßgeblich sind; jeder Teil sollte berechtigt sein, eine Abänderung der Höhe in entsprechender Anwendung des § 323 ZPO zu verlangen, wenn eine wesentliche Änderung dieser Verhältnisse eintritt.

Darüber hinaus haben die Parteien in § 6 des Vertrages - Wertangaben - bestimmt, dass der Verkehrswert des einen Objektes 934.200 DM bei einem Jahresnettomietertrag von 93.420 DM und jährlichen Aufwendungen für Reparaturen, Verwaltung, Zinsen und Abschreibung in Höhe von 43.736 DM beträgt und der Wert des anderen Objektes 579.600 DM bei einem Jahresnettomietertrag von 57.960 DM und Aufwendungen von 25.374 DM.

Schließlich musste die Beklagte an ihren Bruder einen Vermögensausgleich von 130.000 DM zahlen, als sie die Immobilie übernommen hat. Hintergrund dieser Zahlung war, dass auch der Bruder der Beklagten von seinem Vater in gleicher Weise Grundbesitz erhalten hatte, der jedoch wertmäßig nicht an den Grundbesitz der Beklagten heranreichte.

Der Kläger legte trotz der Übertragung des Grundbesitzes Wert darauf, die Verwaltung der übertragenen Häuser zu behalten. Dementsprechend schloss er mit der Beklagten - wie im Übrigen auch mit dem Bruder der Beklagten - unter dem 23.12./26.12.1993 einen Verwaltungsvertrag. Für die Verwaltung sollte er eine Pauschale von 645 DM monatlich erhalten zuzüglich Ersatz weiterer sporadisch anfallender Auslagen. Der Vertrag war mit einer Frist von einem Jahr zum Kalenderjahresende kündbar, für die Beklagte jedoch nur bei nachgewiesener Pflichtverletzung des Klägers.

Mitte 2002 kam es zum Bruch zwischen dem Kläger und der Beklagten.

Der Kläger begehrt eine Erhöhung der Rente, da aufgrund einer ordnungsgemäßen Verwaltung die Nettomieten seit 1994 um 21,4 % gestiegen seien und er auch den Verkehrswert der Häuser um ca. 14 % gesteigert habe. Darüber hinaus hat er während des Prozesses den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks erklärt, weil die Beklagte mit unwahren, verleumderischen und ihn tief kränkenden Behauptungen seine Verwaltertätigkeit torpediert habe. Die Beklagte begehrt im Weg der Widerklage die Herabsetzung der Versorgungsrente, da die Nettomieten die Versorgungsrenten nicht abdeckten. Im Übrigen hat sie auf Feststellung, dass der Hausverwaltervertrag sein Ende gefunden habe, und auf Herausgabe der Hausverwalterunterlagen geklagt.

Das Landgericht hat die Beklagte auf Zahlung einer jährlichen Versorgungsrente von 36.000 EUR nebst Ausgleich der Rückstände verurteilt und die Klage hinsichtlich des Schenkungswiderrufs abgewiesen. Auf die Widerklage hat es festgestellt, dass der Hausverwaltervertrag sein Ende gefunden hat und der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten sämtliche Unterlagen herauszugeben. Die weitergehende Widerklage hat es abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die vom Kläger gemäß § 323 ZPO erhobene Abänderungsklage sei zulässig und begründet. Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen E... stehe fest, dass sich die Wertverhältnisse und Einnahmen derart verändert hätten, dass eine Erhöhung der jährlichen Versorgungsrente auf 36.000 EUR ab Zustellung der Klage gerechtfertigt sei. Insoweit verblieben auch ausreichend Überschüsse, um Sanierungsmaßnahmen durchführen zu können. Der Einholung eines Bausachverständigengutachtens bedürfe es nicht, da bereits aus der Vermietungssituation geschlossen werden könne, dass der Bauzustand nicht schlecht sei.

Ein Rückübertragungsanspruch gemäß § 812 BGB stehe dem Kläger wegen des von ihm erklärten Widerrufs der Schenkung nicht zu. Soweit die Beklagte sich gegen die Erhöhung der Versorgungsrente gewehrt habe und dem Kläger vorgeworfen habe, dass er seine Verwaltungsaufgaben nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe, reiche dies für groben Undank nicht aus. Der Kläger müsse hinnehmen, dass mit harten Bandagen gearbeitet werde. Reine Diffamierungen ohne Bezug zum Verfahren oder bewusst falsche Tatsachenbehauptungen, die einen Widerruf rechtfertigen könnten, seien vorliegend nicht gegeben.

Die Widerklage sei insoweit begründet, als der Beklagten gemäß § 242 BGB ein Festhalten an dem Verwaltervertrag nicht mehr zumutbar sei. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten sei nachhaltig und auf unabsehbare Zeit zerstört. Aufgrund der wirksamen Kündigung des Vertrages sei der Kläger auch verpflichtet, sämtliche Unterlagen an die Beklagte herauszugeben.

Gegen das beiden Parteien am 02.06.2006 zugestellte Urteil des Landgerichtes richten sich die Berufungen der Parteien; die Berufungsschrift der Beklagten ist erst am Mittwoch, 05.07.2006 beim Oberlandesgericht eingegangen. Der Kläger begehrt weiterhin Herausgabe und Rückübereignung der geschenkten Hausgrundstücke, die Beklagte eine Herabsetzung der Versorgungsrente auf jährlich 21.600 EUR.

Der Kläger ist der Auffassung, das Landgericht habe die Voraussetzungen für die Annahme eines groben Undanks nicht zutreffend erfasst. Entscheidend sei die ethische Fehleinstellung. Dadurch, dass die Beklagte in Kenntnis der Bedeutung der Verwaltung für ihn mit Schriftsatz vom 18.11.2004 den Vertrag gekündigt habe mit der grob wahrheitswidrigen Begründung, er habe bei der Hausverwaltung allein seine Interessen wahrgenommen, Kreditaufnahmen hätten allein der Finanzierung seiner Versorgungsrente gedient, er habe die Objekte mehr oder weniger verfallen lassen, er habe wahrheitswidrig den Wohnungszustand mit "gut" bezeichnet und die Beklagte habe den Wohnungszustand bis Oktober 2004 nicht selbst kontrolliert, begründe den Vorwurf des groben Undanks. All diese Vorwürfe, die seine Unfähigkeit und Unredlichkeit suggerieren sollten, seien unzutreffend. Dies folge aus dem Gutachten des Sachverständigen E.... Darüber hinaus habe sie den Streit über die Hausverwaltung in die Öffentlichkeit getragen und ihn als einen dummen Jungen hingestellt. Die verletzende, undankbare Gesinnung der Beklagten werde noch dadurch verstärkt, dass sie im Schriftsatz vom 19.04.2006 behaupte, er habe ihr mehr oder weniger nur Schulden und Belastungen überlassen. Die Beklagte führe eine regelrechte Kampagne gegen ihn, wobei sie vor weiteren Unwahrheiten und dreisten Lügen nicht zurückschrecke. Falsch sei die Behauptung, Auslöser des Zerwürfnisses zwischen den Parteien sei gewesen, dass er der Beklagten nahegelegt habe, sich scheiden zu lassen. Während des gesamten Rechtsstreits stelle die Beklagte fortlaufend wissentlich ehrenrührige Behauptungen auf, die die Grenze der Wahrnehmung berechtigter Interessen weit überschreite, insbesondere, wenn es um den Vorwurf der Untreue gehe, wie der Kläger im Senatstermin klargestellt hat.

Der Kläger beantragt,

das am 30.05.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal - 1 O 348/04 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Grundstücke

a) in B..., H...-Straße ..., ... und ..., eingetragen im Grundbuch von B..., Band ..., Blatt ... (Flur ..., Flurstück ...),

b) in B..., S... ... und ..., eingetragen im Grundbuch von B..., Band ..., Blatt ... (Flur ..., Flurstück ...) an ihn aufzulassen und herauszugeben,

sowie

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

ihr wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und auf ihre Berufung die ersten vier Absätze des Urteilstenors des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 30.05.2006, 1 O 348/04, abzuändern und Ziff. I § 2 Nr. 3 des notariellen Vertrages vom 28.03.1994, UR.-Nr. .../1994 vor dem Notar B... dahin abzuändern, dass sie ab Zustellung der Widerklageschrift statt der bisher jährlich gezahlten Versorgungsrente von 32.518 EUR jährlich 21.600 EUR in monatlichen Teilbeträgen von 1.800 EUR zahlt,

Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages trägt die Beklagte vor und macht glaubhaft, dass die Berufungsschrift vom 30.06.2006 am 30.06.2006 gegen 16 Uhr zur Poststelle in L... gebracht worden sei. Eine Zustellung bis Montag, den 03.07.2006, sei zu erwarten gewesen.

Die Beklagte ist in der Sache der Auffassung, die Berufung des Klägers könne bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil keine Schenkung vorliege. Sie habe nicht nur Grundschulden übernehmen müssen, sondern auch die persönliche Verpflichtung aus sämtlichen Darlehensverträgen; diese hätten bei 550.000 DM gelegen. Darüber hinaus habe sie sich verpflichtet, an den Kläger und seine Ehefrau eine Versorgungsrente von jährlich 63.600 DM zu zahlen. Ferner habe sie eine Ausgleichszahlung an ihren Bruder in Höhe von 130.000 DM leisten müssen. Angesichts der übernommenen Verpflichtungen könne allenfalls eine gemischte Schenkung vorliegen.

Im Übrigen sei sie nicht undankbar gewesen. Sie habe lediglich ihr Recht wahrgenommen, sich gegen die Rentenerhöhung zu wehren und aufgrund der Gesamtumstände eine Herabsetzung der in beide Richtungen veränderbaren Rente zu verlangen. Aufgrund der fehlenden Verwaltungsunterlagen sei sie berechtigt gewesen, ihr seinerzeit noch sehr geringes Wissen über die Fehlleistungen des Klägers vorzutragen.

Darüber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass die Rente nicht erhöht werden dürfe, vielmehr herabgesetzt werden müsse.

Das Sachverständigengutachten sei unbrauchbar, da lediglich eine Bewertung vom Schreibtisch aus gemacht worden sei und der Sachverständige E... lediglich die Ertragslage für ein Jahr geprüft habe. Das Gutachten des Sachverständigen E... berücksichtige nicht, dass die Pauschale für Kleinreparaturen von 300 EUR monatlich zu gering angesetzt sei und Großreparaturen durch langfristige Fremdmittel finanziert werden sollten. Der Renovierungsstau sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Der notarielle Vertrag sei so auszulegen, dass die Immobilienerträge sie in die Lage versetzen sollten, die Rente zu zahlen, da sie über anderweitige Einkünfte nicht verfüge. Aus den eigenen Angaben des Klägers (Anl. B3 zum Schriftsatz vom 18.11.2004) ergebe sich, dass eine Unterdeckung vorliege.

Nunmehr, nach Übergabe der vorhandenen Hausverwaltungsunterlagen, habe sich ihre vom Sachverständigen ebenfalls nicht berücksichtigte Befürchtung bestätigt, dass die vorhandene Liquidität in mehrfacher Hinsichtlich nicht sachgerecht verwendet worden sei. In Höhe von 5.142,58 EUR habe der Kläger Entnahmen getätigt, die seinem Privathaus in S... zugute gekommen seien. Eine weitere Privatentnahme in Höhe von 20.451,68 EUR sei für die Finanzierung des Hauses in S... verwandt worden. Auch der Kauf einer Australienkassette in Höhe von 35,28 EUR habe ausschließlich den eigenen Interessen des Klägers gedient. Ein Besuch vom 06. bis 08.08.2003 in Höhe von 400 EUR sei ebenso doppelt abgerechnet worden wie eine Rechnung der Firma H... in Höhe von 3.880 EUR. Für die Beseitigung eines Lüftungsschadens sei ein preislich überhöhtes und sachlich nicht gebotenes Gutachten für 1.702,76 EUR in Auftrag gegeben worden und Mieteinnahmen für einen Parkplatz in Höhe von 2.940 EUR seien zu Unrecht an ihren Bruder gezahlt worden. Weitere Verfügungen zu Lasten des Vermieterkontos in Höhe von 26.321,20 EUR bedürften noch der Klärung.

Da der Kläger sich geweigert habe, ihr die Hausverwaltungsunterlagen herauszugeben, habe sie 50 EUR aufwenden müssen, um die Kontoumsatzliste 1995 bis 2002 bei der Bank anzufordern. Wegen einer vom Kläger verursachten unklaren Grenzsituation habe sie Vermessungskosten in Höhe von 1.580,17 EUR aufwenden müssen.

Insoweit ergebe sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 36.182,47 EUR, der sich noch erheblich erhöhen dürfte. Auch sei die Verwalterpauschale nach Erhebung der Widerklage bis zum 15.05.2005 weiter gezahlt worden, so dass der Kläger verpflichtet sei, 6 x 330 EUR = 1.980 EUR zurückzuzahlen. Insoweit erklärt die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz die Aufrechnung.

Im Übrigen hat die Beklagte im Senatstermin klargestellt, dass es ihr nicht darum gehe, dem Kläger eine Straftat vorzuwerfen. Sie stehe vor der misslichen Situation, dass sie über nahezu keinerlei Unterlagen verfüge und die Kontoauszüge einen Interpretationsspielraum zuließen, soweit sie der Kläger nicht entkräfte.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufungen der Parteien sind zulässig.

Allerdings hat die Beklagte die Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO nicht gewahrt. Das Urteil ist der Beklagten zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 02.06.2006 zugestellt worden (Bl. 354 GA). Eingegangen ist die Berufung erst am 05.07.2006 (Bl. 375 GA). Fristablauf war am Montag, dem 03.07.2006.

Der Beklagten ist jedoch gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie hat innerhalb der 2-Wochenfrist des § 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und glaubhaft gemacht, dass die Post am 30.06.2006 gegen 16 Uhr zur Poststelle gebracht worden sei. Da regelmäßig die Post am nächsten Tag den Empfänger erreiche, sei eine Zustellung bis Montag, den 03.07.2006 als sicher zu erwarten gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf eine Partei darauf vertrauen, dass werktags im Bundesgebiet aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag im Bundesgebiet ausgeliefert werden (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1217 f.), so dass der Beklagten an dem verspäteten Eingang der Berufung kein Verschulden trifft.

Soweit die Beklagte im Wege der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz den Antrag angekündigt hat, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Vereinbarung einzustellen, soweit der jährlich beizutreibende Betrag 21.600 EUR und der monatlich beizutreibende Teilbetrag 1.800 EUR übersteigt, hat sie die Widerklage im Senatstermin zurückgenommen.

In der Sache ist die Berufung des Klägers nicht begründet. Die Berufung der Beklagten hat nur insoweit Erfolg als das Landgericht die jährlich zu zahlende Rente entsprechend dem Klägerantrag erhöht hat.

Zur Berufung des Klägers:

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann nicht aufgrund seines Widerrufs gemäß § 531 Abs. 2 BGB die übertragenen Grundstücke gemäß § 812 Abs. 1 BGB von der Beklagten mit Erfolg herausverlangen.

Ein derartiger Anspruch scheitert nicht bereits daran, dass im Hinblick auf die von der Beklagten übernommenen Verpflichtungen der entgeltliche Charakter des Geschäfts überwog. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung geht im Falle des groben Undanks der in § 531 Abs. 2 BGB eingeräumte Anspruch nur dann auf Rückübertragung des überlassenen Gegenstandes, wenn es sich bei dem widerrufenen Geschäft um eine - zumindest gemischte - Schenkung handelt, bei der, soweit eine Gegenleistung in Betracht kommt, der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiegt, was dann anzunehmen ist, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als die Hälfte des effektiven Werts des Geschenkes betrug (vgl. BGH NJW 2000, 598).

Ausweislich des Sachverständigengutachtens betrug der Wert der übertragenen Hausgrundstücke 1.576.870 DM. Dem stehen Verpflichtungen der Beklagten in Höhe von ca. 1.481.000 DM gegenüber, nämlich die Übernahme der Darlehensverpflichtungen in Höhe von ca. 505.000 DM und 46.000 DM (§ 2 Ziff. 1 des notariellen Übergabevertrages), die Verpflichtung zur Zahlung einer Versorgungsrente von jährlich 63.600 DM. Beim Kapitalisierungsfaktor in bezug auf die Mutter von 12,553 errechnet sich ein Betrag von ca. 800.000 DM. Darüber hinaus ist in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass die Beklagte einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 130.000 DM an ihren Bruder zahlen musste.

Würde es sich bei den von der Beklagten übernommenen Verpflichtungen um echte Gegenleistungen handeln, würde der unentgeltliche Teil der Schenkung eindeutig nicht überwiegen.

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Verpflichtungen der Beklagten nicht als Gegenleistung einzuordnen sind, es sich vielmehr um eine Auflagenschenkung handelt.

Dafür spricht bereits, dass im Vertrag selbst von "Schenkung" an mehreren Stellen die Rede ist. So wird in § 2 Ziff. 2 und in § 3 des Vertrages das Wort "Schenkungsobjekte" gebraucht. Auch wenn die hier vereinbarten schuldrechtlichen Verpflichtungen der Beklagten (Darlehen und Rente) an sich typische Gegenleistungen sind (vgl. zur Rente: OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 878 f.; zu den Darlehen: OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1999, 349 ff.), so kann es sich auf der anderen Seite gleichwohl bei der Verpflichtung zur Rentenzahlung um eine aus dem zugewendeten Vermögen zu leistende Auflage handeln (vgl. BGHZ 107, 156 ff.) und die Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten eine Schenkungsauflage darstellen (vgl. BGHZ 30, 120 ff.). Den Parteien bleibt es letztlich frei zu bestimmen, ob vereinbarte Verpflichtungen echte Gegenleistungen darstellen sollen oder den Gegenstand einer Auflage bilden.

Insoweit weist bereits die Präambel des Vertrages darauf hin, dass die übernommenen Verpflichtungen nicht Gegenleistungen sein sollen, wobei die dafür gegebene Begründung - maßgebend sei das Versorgungsbedürfnis und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit - letztlich nichtssagend ist. Auch Gegenleistungen können sich in ihrem Umfang nach den wirtschaftlichen Verhältnissen richten.

Entscheidend für eine Auflagenschenkung spricht jedoch, dass, was die Parteien im Senatstermin bestätigt haben, die Vorstellung bestand, dass sämtliche Verpflichtungen der Beklagten aus den Erträgen des Schenkungsobjektes bestritten werden sollten. Die Parteien gingen wie selbstverständlich davon aus, dass die Rente durch die Erträge gedeckt werde. So gibt es in dem notariellen Vertrag keine Vollstreckungsunterwerfung der Beklagten, die dem Kläger einen Zugriff auf anderes Vermögen ermöglichen würde. Die Beklagte haftet zwar persönlich, aber nach der Vorstellung bei Vertragsschluss nur im Rahmen der Erträge, für deren Abführung der Kläger aufgrund seines Verwaltungsvertrages sorgen konnte. Selbst bei einer erheblichen Minderung der Erträge, die an sich zu einer persönlichen Inanspruchnahme der Beklagten hätte führen können, wäre es im Zweifel dazu nicht gekommen, weil sich dann der Kläger eine Reduzierung seiner Rente hätte gefallen lassen müssen.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Darlehensverpflichtungen. Auch hier wurde eine Vollstreckungsunterwerfung gerade nicht vereinbart. Dass die Verpflichtungen der Beklagten aus den Nettomieterträgen erwirtschaftet werden sollten, ergibt sich ferner aus § 6 des notariellen Vertrages, wo der jährliche Jahresnettomietertrag den Aufwendungen für Reparaturen, Verwaltung, Zinsen und Abschreibungen gegenüber gestellt wird. Aufgrund des derart ermittelten rechnerischen Überschusses von 82.270 DM wurde die Rente des Klägers errechnet. Wenn aber die Verpflichtungen aus dem zugewendeten Vermögen erbracht werden sollten, stellt dies eine Auflagenschenkung dar (vgl. BGHZ 107, 156 ff.).

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass das Verhalten der Beklagten keine schwere Verfehlung im Sinne des § 530 Abs. 1 BGB darstellt und die Beklagte gerade noch in Verfolgung ihrer eigenen Rechte gehandelt hat. Allerdings reicht das gesamte Prozessverhalten der Beklagten nahe an die Grenze des groben Undanks heran. Die mit Schriftsatz des Klägers vom 19.01.2007 zusammengestellten Zitate aus dem Vorbringen der Beklagten belegen dies eindrucksvoll. Auf der anderen Seite darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Wert der Schenkung, was den verwertbaren Vermögenszusatz angeht, wie bereits ausgeführt, gegen Null geht. Bis zum Tode ihrer Eltern hat die Beklagte von dem Geschenk nicht allzu viel. Der Kläger hat dafür gesorgt, dass ihm die Erträge des seinerseits ererbten Vermögens zufallen; er hat kein Opfer aus selbst erarbeiteten Vermögen erbracht; selbst die Verwaltung ließ er sich bezahlen. Er hat letztlich nur den Willen der Vorerblasser frühzeitig in die Tat umgesetzt. Vor diesem Hintergrund durfte der Kläger allein wegen der Schenkung nicht ein allzu hohes Maß an Dankbarkeit erwarten.

Um auf der subjektiven Seite eine tadelnswerte, auf Undankbarkeit hindeutende Gesinnung der Beklagten feststellen zu können, bedurfte es daher einer in objektiver Hinsicht besonders schweren Verfehlung. Diese kann in dem Prozessverhalten der Beklagten allein nicht gesehen werden.

Die Beklagte sah sich einem Rentenerhöhungsverlangen des Klägers ausgesetzt, das mit der Erhöhung der Nettomieten bzw. Steigerung des Verkehrswertes begründet worden ist. Da die Beklagte aufgrund der Verwalterstellung des Klägers, die er nahezu wie eine Eigentümerstellung ausgestaltet und praktiziert hatte, keinen genauen Überblick über die Vermögenssituation gewinnen konnte, musste sich der Kläger darauf einstellen, dass sich die Beklagte auch mit harten Bandagen wehrt.

Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte nach über 10 Jahren ihre Eigentümerbefugnisse nunmehr selbst ausüben und nicht mehr von dem Vater als Hausverwalter abhängig sein wollte. Da der Kläger selbst durch die nahezu unkündbare Stellung dafür gesorgt hatte, dass ihm für eine Kündigung des Vertrages eine Pflichtverletzung nachgewiesen werden musste, war auch auf diesem Gebiet eine harte Auseinandersetzung vorprogrammiert.

All dies würde es allerdings nicht rechtfertigen, wenn die Beklagte dem Kläger vorsätzlich ein strafbares Verhalten vorwirft. Derartiges will die Beklagte, wie sie im Senatstermin erklärt hat, jedoch nicht. Es geht ihr vielmehr darum, dass sie bei der Durchsicht der Kontounterlagen und Belege, soweit sie überhaupt noch vorhanden waren, bestimmte Entnahmen des Klägers nicht dem Schenkungsobjekt zuordnen konnte. So ist sie der Auffassung, dass Entnahmen aus dem Jahre 1996, 1997, 1998 und 2001 für das Haus des Klägers in S... getätigt worden sind.

Soweit der Kläger sich im Wesentlichen darauf beruft, dass die Entnahmen mit Einverständnis der Beklagten erfolgt seien und die Beklagte vertragliche Abreden in einem Prozess, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, bestreitet, rechtfertigt dies nicht den Widerruf, so lange die Beklagte nicht ernsthaft strafrechtliche Konsequenzen androht oder umsetzt.

Zur Berufung der Beklagten:

Die Berufung der Beklagten hat insoweit Erfolg als das Landgericht zu Unrecht die gemäß § 323 ZPO erhobene Abänderungsklage auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen E... für begründet erachtet und die jährliche Versorgungsrente auf 36.000 EUR erhöht hat.

Zwar greifen die Einwände der Beklagten gegen das Gutachten nicht durch, soweit der Sachverständige festgestellt hat, dass die erhöhte Rente bezahlbar ist. Der Sachverständige hat die Unterlagen von 10 Jahren ausgewertet. Lediglich die Nebenkostenabrechnungen sind für ein Jahr kontrolliert worden, ohne dass Beanstandungen festgestellt worden sind. Der Gutachter kommt zu einer jährlichen Überdeckung in Höhe von 5.882,58 EUR, ohne dass die Beklagte konkret darlegt, in welchen Punkten das Gutachten falsch sein soll.

Der Beklagten ist allerdings Recht zu geben, dass es bei der Abänderungsklage auch um eine Prognose für die Zukunft geht. Insoweit hat der Sachverständige allerdings überzeugend ausgeführt, dass eine wesentliche Änderung nicht zu erwarten sei. Es war Sache der Beklagten, zu diesen Punkten näher vorzutragen. Wesentliche Positionen, die den freien Ertrag reduzieren könnten, sind auf der Einnahmenseite die Verminderung der Mieteinnahmen und auf der Ausgabenseite die gesamte Finanzierungssituation bzw. die Sanierungsbedürftigkeit der Objekte. Zu all diesen Punkten hat die Beklagte so gut wie gar nichts vorgetragen. Offensichtlich hat es in den Jahren 2005 und 2006 keine großen Mietverluste gegeben. Erstinstanzlich hat die Beklagte zum technischen Zustand der Immobilien ausführlich vorgetragen (Bl. 29 ff. GA). Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, eine mittelfristige Finanzplanung vorzulegen und darzulegen, dass die vom Sachverständigen angesetzten Werte zu niedrig sind. Auch dies hat sie unterlassen. Soweit die Beklagte pauschal von Finanzierungsschwierigkeiten spricht, fehlt es auch insoweit an jeglichem substantiierten Vortrag.

Die Feststellungen des Sachverständigen, dass von einer durchschnittlichen jährlichen Überdeckung in Höhe von 5.882,58 EUR auszugehen sei, rechtfertigt entgegen des zunächst gegebenen Hinweises jedoch noch keine Abänderung im Sinne des § 323 ZPO.

Entscheidend für den Erfolg einer Abänderungsklage ist nach dem Vertrag vielmehr, ob sich die für die Ermittlung der Höhe der Versorgungsrente zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhandenen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

Wenn nach dem Vertrag die Verhältnisse der Beteiligten für die Höhe der Versorgungsrente maßgeblich sein sollten, dann kommt eine Erhöhung der Rente nur in Betracht, wenn sich die Versorgungssituation des Klägers gegenüber 1995 erheblich verändert hat und eine Absenkung, wenn sich die Einkommenssituation auf Beklagtenseite deutlich verändert hat.

Anknüpfungspunkt auf Klägerseite für eine wesentliche Veränderung könnte zwar die Entwicklung der Preissituation seit 1995 sein. Dagegen spricht jedoch, dass die Parteien eine derartige Indexierung, wie sie dem Senat aus einer Vielzahl von Verträgen über eine Versorgungsrente bekannt ist, gerade nicht gewählt haben. Dies hängt offensichtlich damit zusammen, dass die Parteien davon ausgegangen sind, dass die Ertragslage das wesentliche Kriterium für die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darstellen sollte und damit der Maßstab für die Frage nach einer wesentliche Änderung.

Insofern kommt es auf eine etwaige Wertsteigerung der Objekte nicht an, da diese Wertsteigerung lediglich ein reiner Buchwert ist, der nach der Vorstellung der Parteien nicht realisiert werden sollte. Die Parteien gingen davon aus, dass ein Verkauf der Häuser nicht angedacht war (vgl. hierzu die Präambel in der Urkunde vom 27.12.1993). Eine wesentliche Veränderung der Ertragslage ist hingegen nicht eingetreten. Entgegen der Auffassung des Klägers kann insoweit auch nicht allein darauf abgestellt werden, dass die Mieten gestiegen sind. Es müsste eine wesentliche Änderung des Überschusses festgestellt werden.

Eine derartige wesentliche Änderung ist ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen E... nicht ersichtlich. Aus der Übersicht der korrigierten Einnahmen -Überschussrechnungen 1994 bis 2004 bezüglich des Objektes H...-Straße 9 a und b ist der Überschuss in den Jahren 1994 bis 2004 nahezu gleich geblieben. Entsprechendes gilt ausweislich des Gutachtens auch hinsichtlich der S... 10/12. Lediglich für das Jahr 2004 wird eine wesentliche Steigerung von 9.971,59 EUR auf 15.758,39 EUR festgestellt. Dieser Wert ist aber absolut singulär und hängt damit zusammen, dass atypisch geringe Aufwendungen für die Erhaltung getätigt worden sind. Dieses Einzelergebnis aus dem Jahre 2004 ist deshalb nicht geeignet, eine Änderung nach oben zu rechtfertigen, was im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.01.2007 übersehen wird.

Aus dem Gesagten folgt zugleich, dass auch eine Abänderung der Rente nach unten nicht gerechtfertigt ist, so dass die Berufung der Beklagten insoweit keinen Erfolg hat.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen ist weder - wie in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen des Klägers beantragt - die Anhörung des Sachverständigen E... erforderlich noch erneut in die mündliche Verhandlungen einzutreten. Die Parteien haben in der Sitzung das vom Senat angesprochene Vertragsverständnis letztlich bestätigt. Das Gutachten des Sachverständigen E... ist in diesem Punkt eindeutig.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.

Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz die Widerklageerweiterung zurückgenommen hat, führt dies nicht zu einer besonderen Kostenbelastung der Beklagten. Aufgrund wirtschaftlicher Identität mit der Abänderungsklage waren insoweit keine Mehrkosten entstanden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz: 979.431,06 EUR

Berufung des Klägers: 925.478,57 EUR (562.603,13 EUR + 362.875,44 EUR)

Berufung der Beklagten: 53.952,49 EUR (15.739,49 EUR + 38.213 EUR)

Ende der Entscheidung

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