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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: I-9 U 9/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 140
BGB § 154 Abs. 2
BGB § 295
BGB § 615
BGB § 615 Satz 2
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. November 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (3 O 98/05) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die fristlose Kündigung seines Dienstverhältnisses mit der Beklagten.

Der Kläger war für die Beklagte von Mitte Juni 2004 bis zum 03.11.2004 tätig, wofür er monatlich bis einschließlich Oktober 2004 einen Betrag von 5.000,00 EUR erhielt. Sein Tätigkeitsbereich umfasste die Beratung und die Unterstützung der Beklagten bei der Platzierung der von ihr vertriebenem Hemden (...). Die Parteien beabsichtigten, einen Dienstvertrag schriftlich niederzulegen und es kam im Oktober 2004 zum Austausch von Vertragsentwürfen. Wegen Unstimmigkeiten bei der Bestimmung des Vertragsinhalts kam ein schriftlicher Vertrag jedoch nicht zustande.

Mit Schreiben vom 02.11.2004, dem Kläger zugegangen am 03.11.2004, kündigte die Beklagte dem Kläger fristlos und erteilte ihm Hausverbot. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 09.11.2004 und bot gleichzeitig seine Arbeitskraft an (Bl. 11 GA).

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger in der Berufungsinstanz von der Beklagten noch die Zahlung der monatlichen Vergütung von 5.000,00 EUR für die Zeit von November 2004 bis einschließlich Januar 2005 sowie die Feststellung, dass das Dienstvertragsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 02.11.2004 beendet worden ist und noch bis 31.12.2005 fortbesteht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrags von 15.000,00 EUR sowie hinsichtlich des Feststellungsantrags stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe bewiesen, dass zwischen den Parteien ein mündlicher Dienstvertrag, der bis zum 31.12.2005 befristet gewesen sei, zustande gekommen sei. Dieses Vertragsverhältnis sei nicht durch die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung beendet worden. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit unsubstantiiert gewesen. Allein das Abschicken der E-Mail vom 18.10.2004 sei nicht ausreichend gewesen, um einen wichtigen Grund für eine Kündigung zu begründen. Das Landgericht hat dem Kläger des weiteren ein monatliches Honorar in Höhe von 5.000,00 EUR für die Zeit vom November 2004 bis Januar 2005 zugesprochen. Demgegenüber konnte das Landgericht nicht feststellen, dass zwischen den Parteien auch die Zahlung einer Prämie sowie einer Auslagenpauschale für Reise- und Telefonkosten vereinbart worden war.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin Klageabweisung begehrt. Die Beklagte macht geltend, eine Befristung des Dienstverhältnisses sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Vielmehr sei nur beabsichtigt gewesen, diese in den schriftlichen Vertrag aufzunehmen. Zu diesem Vertragsabschluss sei es aber wegen Unstimmigkeiten in Bezug auf den konkreten Vertragsinhalt nicht gekommen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den erstinstanzlichen Zeugenaussagen. Aus diesen sei lediglich ersichtlich, dass der Abschluss eines Dienstvertrags mit einer Befristung beabsichtigt gewesen sei. Sie sei daher berechtigt gewesen, den unstreitig mündlich geschlossenen Dienstvertrag ordentlich mit Wirkung zum 30.11.2004 zu kündigen. Es hätten aber auch die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung vorgelegen, was sie erstinstanzlich in ausreichend substantiierter Weise vorgetragen habe. Der Kläger habe durch seine ständige Kritik am Geschäftsführer A... dessen Kompetenz in Frage gestellt, was die Zusammenarbeit mit ihm unmöglich gemacht habe.

Die Beklagte beantragt,

das am 28.11.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, Az.: 3 O 98/05, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Das Dienstverhältnis ist durch die Kündigung vom 02.11.2004 nicht beendet worden, und bestand bis zum 31.12.2005 fort.

a.

Unstreitig ist zwischen den Parteien ein mündlicher Dienstvertrag zustande gekommen. Auf diesen ist gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht anzuwenden.

b.

Die Beklagte hat das Vertragsverhältnis nicht wirksam gekündigt.

(1)

Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB hat die Beklagte nicht dargetan.

Es ist aus ihrem Vorbringen keine derart schwere Verfehlung ersichtlich, die eine sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses rechtfertigen würde.

Die E-Mail vom 18.10.2004 (Bl. 63 GA) ist nicht geeignet, die Interessen der Beklagten derart nachhaltig zu beeinträchtigen, dass es dieser nicht zumutbar gewesen wäre, den Kläger weiter zu beschäftigen. Aus dieser E-Mail ergibt sich das Bemühen der Belegschaft, eine Klärung der in ihren Augen schlechten Situation in der Niederlassung der Beklagten in Ratingen herbeizuführen. Auch wenn dies für alle ersichtlich eine Kritik am Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, Herrn A..., darstellte, rechtfertigt dies nicht eine fristlose Kündigung. Es lag im Interesse des Klägers und seiner Kollegen, eine Klärung der Situation herbeizuführen und mit den in der Türkei ansässigen Verantwortlichen der Beklagten ihre Sicht der Dinge darzustellen. So ist eine Kritik am Dienstberechtigten durchaus zulässig, sofern diese nicht beleidigend ist oder den Betriebsfrieden nachhaltig stört (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 125 RdN 77a; Staudinger, BGB, § 626 RdN 162). Einen beleidigenden Inhalt hat die E-Mail nicht. Es ist auch, obwohl die Beklagte erstinstanzlich auf die Unsubstantiiertheit ihres Vorbringens hingewiesen worden ist, nichts dafür ersichtlich, dass es zu konkreten Störungen im Betriebsablauf gekommen ist. Auch ansonsten spricht nichts dafür, dass der Inhalt der E-Mail unangemessen war. Insbesondere richtete sich die E-Mail nicht an die Öffentlichkeit oder an die Kunden der Beklagten, sondern an den Vorgesetzten des Zeugen A..., der für die Klärung der Missverständnisse bzw. Missstände verantwortlich gewesen wäre.

Auch die früheren Telefonate und Gespräche des Klägers mit den Verantwortlichen der Beklagten und mit Kollegen über die Leistungen des Zeugen A... stellen keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Es ist in Bezug auf diese Vorfälle, die vor dem 18.10.2004 lagen, bereits die für eine fristlose Kündigung geltende Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden. Im übrigen trägt die Beklagte aber auch in Bezug auf diese Gespräche keine Umstände vor, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten. Die Beklagte hat nur konkret vorgetragen, es sei kritisiert worden, dass keine Musterkarten vorliegen, die Firmenstrategie falsch sei, die Messeorganisation falsch sei, sowie die Personalpolitik und Bezahlung (Bl. 66 GA). Dies sind alles Punkte, die den Vertrieb des Produkts der Beklagten betreffen, bei dem der Kläger die Beklagte beraten sollte. Stellte er hierbei beim Vertrieb Missstände fest, war es seine Pflicht, diese gegenüber der Beklagten in geeigneter Weise zu äußern und so eine Abhilfe zu erreichen. Dass demgegenüber der Zeuge A... persönlich beleidigt oder herabgewürdigt worden wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Auch ist aus dem Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich, inwieweit es zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsleistung bei den übrigen Dienstverpflichteten bzw. zu Unruhen im Betrieb gekommen ist.

(2)

Auch die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung liegen nicht vor.

Zwar kann die fristlose Kündigung vom 02.11.2004 in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, § 140 BGB. Es ist aus dem Schreiben vom 02.11.2004 ersichtlich, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers unter keinen Umständen gewollt war. So wurde ihm Hausverbot erteilt und es wurden für die Beendigung des Dienstverhältnisses keine Gründe genannt. Es ist somit ersichtlich, dass für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eine ordentliche Kündigung gewollt war und ausgesprochen worden wäre, zumal das Dienstverhältnis nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt (vgl. Palandt/Putzo, BGB, § 626 RdN 34).

Die Beklagte war jedoch aufgrund der vereinbarten Befristung des Dienstvertrags bis zum 31.12.2005 am Ausspruch einer ordentlichen Kündigung gehindert.

Es steht nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fest, dass zwischen den Parteien ein mündlicher Dienstvertrag abgeschlossen worden ist - dies bestreitet die Beklagte nicht -, der auch eine Befristung des Dienstverhältnisses bis zum 31.12.2005 enthielt.

Dass entgegen dem Vorbringen der Beklagten eine Befristung des Dienstverhältnisses bereits mündlich vereinbart worden war, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen A..., die sich der Kläger bereits erstinstanzlich zu eigen gemacht hat. Der Zeuge A... hat ausgesagt, dass eine Einigung der Parteien über die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte zustande gekommen sei mit dem selben Inhalt, der auch im Vertragsentwurf der Beklagten vom 14.10.2004 schriftlich niedergelegt worden sei. Weitere Vertragsverhandlungen habe es nicht gegeben. Hierbei hat der Zeuge auch ausgesagt, dass zum Vertragsinhalt auch eine Befristung bis zum 31.12.2005 gehört habe. Der Kläger habe seine Tätigkeit aufgenommen und sei auch vergütet worden, was auch der Zeuge G... bestätigt hat. Hierbei hat sich die Beklagte nach der Aussage des Zeugen A... auch finanziell am Erwerb eines PKW durch den Kläger beteiligt.

Angesichts dessen kann nicht zweifelhaft sein, dass der zwischen den Parteien mündlich abgeschlossene Dienstvertrag auch eine Einigung über eine Befristung zum 31.12.2005 enthielt. Es spricht demgegenüber nichts dafür, dass ein zum 31.12.2005 befristeter Dienstvertrag, wie die Beklagte meint, erst mit der schriftlichen Fixierung des Vertrags zustande kommen sollte, zumal nach der Aussage des Zeugen A... nach der Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger keine weiteren Vertragsverhandlungen geführt worden waren.

Nach den Umständen des Falles sollte vielmehr der schriftliche Vertrag lediglich Beweisfunktion haben, womit die Vermutung des § 154 Abs. 2 BGB widerlegt wird. Nach dieser Vorschrift kommt ein Vertrag bei Vereinbarung der Schriftform im Zweifel erst mit der Errichtung der privatschriftlichen Urkunde zustande. Dem stehen vorliegend jedoch die oben genannten Umstände entgegen. So hat der Kläger im Einvernehmen mit der Beklagten seine Tätigkeit bereits aufgenommen und diese wurde ihm vergütet. Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den Parteien mündlich ein Dienstvertrag mit einem anderen Inhalt zustande gekommen war, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus der Aussage des Zeugen A..., dass zwischen den Parteien Einigkeit in Bezug auf einen Vertrag mit dem Inhalt des schriftlichen Vertrags vom 14.10.2004 bestand. Dass eine längerfristige Zusammenarbeit bereits festgelegt war, ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass die Beklagte nach der Aussage des Zeugen A... dem Kläger einen PKW mit finanziert hat.

2.

Da das Vertragsverhältnis nicht wirksam beendet worden ist, steht dem Kläger gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Honorars in Höhe von monatlich 5.000,00 EUR für die Monate November 2004 bis Januar 2005 zu, d.h. in Höhe von insgesamt 15.000,00 EUR.

Der Kläger kann, auch wenn er in dieser Zeit nicht für die Beklagte tätig war, das Honorar verlangen, § 615 BGB. Er hat mit Schreiben vom 09.11.2004 seine Dienste angeboten, was angesichts des Umstandes, dass ihm Hausverbot erteilt worden war, ausreichend ist, § 295 BGB.

Die Voraussetzungen des § 615 Satz 2 BGB hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte demgegenüber nicht dargetan.

3.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 59.000,00 EUR

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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