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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: II-10 WF 10/09
Rechtsgebiete: RVG, BGB, ZPO, BRAGO


Vorschriften:

RVG § 48 Abs. 3
RVG § 56 Abs. 2 Satz 1
RVG § 33 Abs. 3
BGB § 779
BGB § 1671
ZPO § 794 Abs. 1
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 23.03.2009 wird der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach - Familiengericht - vom 12.03.2009 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 20.02.2009 wird der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach - Rechtspflegerin - vom 13.02.2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf EUR 810,99 festgesetzt.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Das am 24.03.2009 bei Gericht eingegangene Rechtsmittel des Antragstellers (Bl. 22 PKH-Heft) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach - Familiengericht - vom 12.03.2009 (Bl. 18f PKH-Heft) ist als Beschwerde gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat das Familiengericht die Erinnerung des Antragstellers gegen die Absetzung der beantragten Einigungsgebühren im Festsetzungsbeschluss vom 13.02.2009 (Bl. 10 PKH-Heft) zurückgewiesen. Eine Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000 ist angefallen und antragsgemäß festzusetzen.

Die Einigungsgebühr entsteht "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird". Ein solcher "Vertrag" ist vorliegend in der Sitzung vom 18.08.2008 (Bl. 83ff GA) geschlossen worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin des Sorgerechtsverfahrens hatten ursprünglich begehrt, die elterliche Sorge jeweils auf sich allein zu übertragen und den Antrag der Gegenpartei zurückzuweisen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.08.2008 haben die Beteiligten nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Anhörung der Vertreterin des Jugendamtes und der Verfahrenspflegerin einen "Vergleich" geschlossen, wonach es u.a. beim gemeinsamen Sorgerecht verbleiben sollte (Bl. 85 GA). Sie haben sich damit auf die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts geeinigt und den bis dato andauernden Streit über die Übertragung des alleinigen Sorgerechts beendet. Durch die Protokollierung des "Vergleichs" steht fest, dass eine Einigung zustande gekommen ist. Von der Mitwirkung des Antragstellers als in der Sitzung anwesender Verfahrensbevollmächtigter der antragstellenden Partei ist auszugehen.

Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors und ihm folgend des angefochtenen Beschlusses steht der Annahme einer Einigungsgebühr nicht entgegen, dass das "elterliche Sorgerecht" nicht der Disposition der Parteien unterliegt. Zwar hat die frühere Rechtssprechung zur elterlichen Sorge teilweise die Entstehung einer Vergleichsgebühr abgelehnt, weil das Gericht bei seiner Entscheidung nicht an eine Einigung der Beteiligten gebunden war. Diese Rechtssprechung ist aber durch die Neufassung des § 1671 BGB überholt, der in Absatz 2 Nr. 1 ausdrücklich bestimmt, dass dem Antrag grundsätzlich stattzugeben ist, wenn der andere Elternteil zustimmt (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 1000 Rn. 66). Zudem folgt die Möglichkeit eines "Vergleichs" auch aus § 48 Abs. 3 RVG, der ausdrücklich einen Vertrag im Sinne der RVG VV-Nr. 1000 über die Sorge für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind aufführt. Diese Umstände rechtfertigen nach nunmehr herrschender Auffassung, der sich auch der Senat anschießt, die Annahme, dass auch in isolierten Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr anfallen kann (so auch OLG Celle OLGR 2009, 162; OLG Braunschweig OLGR 2009, 52; OLG Dresden OLGR 2008, 381; OLG Stuttgart OLGR 2008, 120; OLG Zweibrücken OLGR 2006, 936).

Der vom Bezirksrevisor zitierten Beschluss des OLG Düsseldorf vom 05.06.2007, 3 WF 33/07, führt zu keinem anderen Ergebnis. Darin wird eine Einigungsgebühr abgelehnt mit der Begründung, dass der Anfall einer Einigungsgebühr nach BGH JurBüro 2006, 360 (Beschluss v. 28.03.2006, VIII ZB 29/05) die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 ZPO voraussetze, der aber in Sorgerechtssachen mangels Dispositionsbefugnis der Parteien nicht möglich sei. Die Rechtssprechung des BGH zum Protokollierungserfordernis ist jedoch überholt. Die Einigungsgebühr soll im Gegensatz zur Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO jegliche vertragliche Beilegung eines Streits honorieren und dadurch einen Anreiz schaffen, diesen Weg der Erledigung eines Rechtsstreits zu beschreiten. Unter der Geltung des RVG kommt es deswegen nicht mehr auf einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung der Parteien an. Für die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr reicht die Glaubhaftmachung der Einigung aus. Die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht erforderlich. An seiner gegenteiligen Auffassung (JurBüro 2006, 360), auf die sich auch der Beschluss des OLG Düsseldorf II-3WF 33/07 stützt, hält der 8. Zivilsenat - wie er auf eine Anfrage des 2. Zivilsenats mitgeteilt hat - nicht mehr fest (vgl. BGH Beschluss v. 13.04.2007, II ZB 10/06, JurBüro 2007, 411).

II.

Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

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