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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.07.2005
Aktenzeichen: II-10 WF 11/05
Rechtsgebiete: RVG, ZPO, BRAGO


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4
RVG § 33 Abs. 5
RVG § 33 Abs. 6
RVG § 33 Abs. 7
RVG § 33 Abs. 8
RVG § 55
RVG § 56 Abs. 2 Satz 1
RVG § 60 Abs. 1 Satz 1, 3. Alt.
ZPO § 128 Abs. 2
ZPO § 276 Abs. 6 a.F.
ZPO § 278 Abs. 6 a.F.
ZPO § 278 Abs. 6 Satz 1, 1. Alt. n.F.
ZPO § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. n.F.
ZPO § 307 Abs. 2
ZPO § 495 a
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 11
BRAGO § 23
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
BRAGO § 35
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

II-10 WF 11/05

In der Rechtsanwaltsvergütungssache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 21.07.2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 31.03.2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach - Familiengericht - vom 24.03.2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 04.03.2005 wird die Kostenfestsetzung des Amtsgerichts Mönchengladbach - Rechtspfleger - vom 24.02.2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die dem Rechtsanwalt ... aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird festgesetzt auf EUR 676,86.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die am 04.04.2005 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Antragstellers (Bl. 28 f PKH-Heft) gegen den ihm am 31.03.2005 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 24.03.2005 (Bl. 23, 32 PKH-Heft) ist zulässig gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 bis 8 RVG. Sie richtet sich gegen die Zurückweisung der Erinnerung des Antragstellers vom 04.03.2005 (Bl. 17 f PKH-Heft), mit der ersieh gegen die Ablehnung der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung nach §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 3. Alt., 55 RVG (Bl, 13 ff PKH-Heft) gewandt hat.

Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Zu Recht rügt der Antragsteller, dass das Amtsgericht seinem Antrag vom 16.02.2005 (Bl. 11 f PKH-Heft) auf Festsetzung einer Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 (EUR 183,20 zuzüglich MWSt, gesamt EUR 224,11) nicht entsprochen hat. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles fällt eine solche Terminsgebühr auch im hier fraglichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO a.F., seit 01.09.2004; § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO n.F. an.

1.

Im Regelfall fällt für das Verfahren nach § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO n.F. keine Terminsgebühr an.

Nach RVG-VV, Vorbemerkung 3 Abs. 3 entsteht die Terminsgebühr unter anderem "für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts". Die genannten Voraussetzungen werden regelmäßig erfüllt sein, wenn die Parteien nach § 278 Abs. 6 Satz 1, 1. Alt. ZPO n.F. dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten. Etwas anderes gilt dagegen, wenn sich die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Parteien darauf beschränkt, gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO n.F. einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht anzunehmen. Dann fehlt es an einer in RVG-VV, Vorbemerkung 3 Abs. 3 für die Entstehung einer Terminsgebühr genannten Mitwirkungshandlung.

Auch nach RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Ziff. 1 entsteht für das Verfahren nach § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO keine Terminsgebühr. Nach diesem Gebührentatbestand entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 307 Abs. 2 (richtig: Satz 2) oder § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird; gleiches gilt, wenn in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Die Frage, ob im Verfahren nach § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO die Voraussetzungen der genannten Gebührenvorschrift erfüllt werden, ist streitig.

a.

Unterschiedlich wird bereits die Frage beurteilt, auf welches Verfahren für die Frage nach der Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung abzustellen ist: Teilweise wird auf das unmittelbar zum Vergleich führende Verfahren des § 278 Abs. 6 ZPO abgestellt, das selbst keine mündliche Verhandlung erfordert; folgerichtig wird der Anfall einer Terminsgebühr verneint (vgl. BGH Beschluss vom 30.04.2004 - VI ZB 81/03 - MDR 2004, 965; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., RVG-VV Nr. 3104, Rn. 16, 30). Teilweise wird auf das zugrundeliegende Streitverfahren abgestellt, wobei - außerhalb des hier nicht relevanten Geltungsbereichs des § 495 a ZPO - wiederum unterschiedliche Meinungen vertreten werden in Bezug auf die Frage, ob sich der Verweis "in einem solchen Verfahren" lediglich auf "Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist" bezieht (vgl. Keller in Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., VV Nr. 3104, Rn. 51; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 16. Aufl., VV Nr. 3104 Rn. 60) oder auch auf die zugehörige Einschränkung "im Einverständnis mit den Parteien .. ohne mündliche Verhandlung .." (vgl. OLG Nürnberg MDR 2005, 599 f; wohl auch Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 278 Rn. 27).

b.

Der Senat lässt die Frage offen, ob es für die Frage nach dem Erfordernis einer mündlichen Verhandlung auf das unmittelbar zum Vergleich führende Verfahren oder das zugrundeliegende Streitverfahren ankommt. Stellt man auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO ab, so fehlt es schon an einem Verfahren, das eine mündliche Verhandlung erfordert. Stellt man auf das zugrundeliegende Verfahren - hier das Unterhaltsverfahren - ab, fehlt es an dem erforderlichen Einverständnis der Parteien mit einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung.

aa.

Insoweit vermag sich der Senat nicht der Ansicht anzuschließen, wonach eine Terminsgebühr immer dann entstehen soll, wenn in einem eine mündliche Verhandlung erfordernden Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, in den Fällen des § 278 Abs. 6 ZPO also stets (vgl. Müller-Rabe, aaO, Rn. 58). Der Argumentation, auf diese Weise solle eine Schlechterstellung des Anwalts durch die Schriftform des Vergleichsschlusses vermieden werden (vgl. Keller, aaO; Müller-Rabe, aaO, Rn. 57), kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtslage unter Geltung der BRAGO entstand im Falle der gerichtlichen Feststellung des Zustandekommens eines Vergleichs durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO keine Verhandlungsgebühr nach §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 2, 35 BRAGO (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 22.06.2004 - 10 WF 24/04 mwN), sondern lediglich eine Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO. Auch den Anfall einer Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO hat der BGH verneint und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Ausdehnung des Gebührentatbestandes auf einen Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO dem Interesse der Parteien widerspreche, die Kosten eines Rechtsstreites so gering wie möglich zu halten. Der mit einer Erörterung im Gerichtssaal verbundene Zeitaufwand sei nicht vergleichbar mit einem Telefongespräch, welches ohne räumliche und zeitliche Bindung und dem mit dem Weg zum Gericht verbundenen Zeitaufwand geführt werden könne (vgl. BGH aaO). Diese Argumente sind auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechtsanwaltsvergütungsrechts entsprechend übertragbar. So hat der BGH in seinem zitierten, zur alten Rechtslage nach der BRAGO (und der alten Fassung des § 278 Abs. 6, dem die nunmehr hinzugefügte 1. Alt. fehlte) gefassten Beschluss darauf hingewiesen, dass nach dem seinerzeit bereits verabschiedeten Gesetz zur Neuordnung des Rechtsanwaltsvergütungsrechts neben der Einigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 1000 die Verfahrensgebühr nach RVG-VV Nr. 3101, nicht jedoch die Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 entstehe (vgl. BGH aaO).

bb.

Entsprechend wäre - sofern kein Verfahren nach § 495 a ZPO vorliegt - als zusätzliche Voraussetzung zu verlangen, dass im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung verfahren wird, was jedoch im Verfahren nach § 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO nicht gegeben ist. Mit "Einverständnis der Parteien" im Sinne des Gebührentatbestandes ist die in § 128 Abs. 2 ZPO genannte Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemeint (vgl. auch OLG Nürnberg MDR 2005, 599 f; Hartmann, RVG-VV Nr. 3104 Rn. 30). Eine solche Zustimmung kann nicht in der schriftsätzlichen Vergleichsannahmeerklärung der Parteien gegenüber dem Gericht gesehen werden (a.A. Enders in JurBüro 2003, 1, 2). Dies würde die Erklärung der Parteien über ihren wirklichen Inhalt hinaus ausdehnen. Die Parteien erklären lediglich, einen Vergleichsvorschlag des Gerichts anzunehmen, wodurch der Vergleich zustandekommt. Für eine weitergehende Erklärung besteht kein Anlass. Das weitere Verfahren verlangt keine mündliche Verhandlung mehr. Der Feststellungsbeschluss des Gerichts dient lediglich der Protokollierung (vgl. auch OLG München MDR 2003, 533; OLG Stuttgart JurBüro 2004, 80; OLG Koblenz JurBüro 2003, 467) und bewirkt, dass der Vergleich - wie ein in der mündlichen Verhandlung geschlossener Vergleich - zum Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 278 Rn. 25).

2.

Etwas anderes gilt jedoch im vorliegenden Fall. Die Parteien haben zwar - wie sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 27.10.2004 (Bl. 75 f GA) ergibt - ausdrücklich den Weg über § 276 Abs. 6 ZPO a.F./§ 278 Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. ZPO n.F. gewählt und den unter dem 15.11.2004 vom Gericht "vorgeschlagenen" Vergleich durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht angenommen (Bl. 77, 84 f GA). Zu berücksichtigen ist aber, dass der vom Gericht "vorgeschlagene" Vergleich letztlich vollständig von den Parteien ohne Mitwirkung des Gerichts ausgehandelt und schriftlich formuliert worden war. Diesen Vergleichsvorschlag der Parteien hat das Gericht - wie von den Parteien gewünscht - wortgleich in seinen Vorschlag übernommen. Verfahrensrechtlich wäre es auch möglich gewesen, nach dem zum 01.09.2004 in Kraft getretenen § 278 Abs. 6 Satz 1, 1. Alt. ZPO n.F. zu verfahren, wofür nach den obigen Ausführungen (zu Beginn von Ziff. 1) eine Terminsgebühr nach RVG-VV, Vorbemerkung 3 Abs. 3 angefallen wäre. Diese Umstände rechtfertigen im vorliegenden Fall auch für das Verfahren nach § 278 Abs. 6 Satz 1,2. Alt. ZPO eine Terminsgebühr nach RVG-VV, Vorbemerkung 3 Abs. 3.

II.

Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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