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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: II-10 WF 18/08
Rechtsgebiete: BRAO, BGB


Vorschriften:

BRAO § 49b Abs. 4
BGB § 409
BGB § 410
1. Unter den Voraussetzungen des § 49b Abs. 4 BRAO kann auch eine Vergütungsforderung des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse wirksam abgetreten werden.

2. Bei der Geltendmachung des durch den beigeordneten Rechtsanwalt abgetretenen Vergütungsanspruchs gegenüber der Staatskasse sind die Voraussetzungen der §§ 409, 410 BGB zu beachten.


Tenor:

Auf die Beschwerde der Landeskasse vom 08.05.2008 (Bl. 54 GA) wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal - Familiengericht - vom 05.05.2008 (Bl. 50f GA) abgeändert und insgesamt wir folgt neu gefasst:

Die Erinnerung der Antragstellerin vom 25.04.2008 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 18.04.2008 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Rechtsanwalt Guido B. aus M./R. war im Verfahren 69 F 58/07 Amtsgericht Wuppertal dem dortigen Antragsgegner im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden (Beschluss vom 07.05.2007, Bl. 11 PKH-Heft). Ausweislich seiner schriftlichen "Bestätigung zur Vorlage bei Debitoren" vom 22.10.2007 werden aufgrund eines Factoringvertrages die Gebührenforderungen seiner Kanzlei gegen ihre Mandanten an die C. F. GmbH abgetreten und von der Antragstellerin abgewickelt (Bl. 19 PKH-Heft).

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 24.01.2008 die Zahlung der anwaltlichen Vergütung des Rechtsanwalts B. gemäß dessen Kostennote und Festsetzungsantrag vom 22.01.2008 nach § 55 RVG (Bl. 12ff PKH-Heft) begehrt. Diesen Antrag hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 18.04.2008 zurückgewiesen (Bl. 34 PKH-Heft). Auf die Erinnerung der Antragstellerin vom 25.04.2008 (Bl. 38 PKH-Heft) ist der Beschluss aufgehoben und eine Vergütung entsprechend dem Antrag in Höhe von EUR 586,08 festgesetzt worden (richterlicher Beschluss vom 05.05.2008, Bl. 50f PKH-Heft). Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse vom 08.05.2008 (Bl. 54ff PKH-Heft), mit der sie unter Abänderung des angefochtenen Beschusses die Ablehnung des Festsetzungsantrages begehrt.

II.

Die Beschwerde der Landeskasse vom 08.05.2008 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal - Familiengericht - vom 05.05.2008 ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Erinnerung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 18.04.2008, weil sich der Antrag der Antragstellerin vom 24.01.2008 auf Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts Guido B. aus M./R. gemäß dessen Kostennote vom 22.01.2008 als unbegründet erweist.

1.

Die Staatskasse kann sich gegenüber dem Festsetzungsbegehren allerdings nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Abtretung der Vergütungsforderung eines beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse generell unwirksam sei.

Durch die in der Kostennote vom 22./24.01.2008 (Bl. 12f PKH-Heft) aufgeführte Tätigkeit ist Rechtsanwalt B. ein unmittelbarer Anspruch gegen die Staatskasse erwachsen. Der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts begründet eine unmittelbare Schuldnerschaft der Staatskasse, nicht lediglich eine Haftung für die Schuld der bedürftigen Partei (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., § 45 Rn. 48). Diesen Anspruch konnte Rechtsanwalt B. - entgegen der Auffassung der Landekasse - wirksam an die Antragstellerin abtreten, in deren Auftrag die Vertreterin nunmehr die Forderung geltend macht.

Die grundsätzliche Zulässigkeit der Abtretung anwaltlicher Vergütungsforderungen ergibt sich aus § 49b Abs. 4 BRAO in der Fassung vom 12.12.2007, da hier mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Vergütungsforderung nach Erstellung der Kostennote vom 22.01.2008 abgetreten worden sein soll. Die Abtretung der Forderungen des Rechtsanwalts B. sollte ausweislich seiner "Bestätigung" vom 22.10.2007 (Bl. 19 PKH-Heft) jeweils durch die Übersendung der Honorarrechnung an die Vertreterin der Antragstellerin erfolgen.

§ 49b Abs. 4 BRAO stellt allein auf die "Vergütungsforderung" des Anwalts ab und regelt die Abtretbarkeit ohne Differenzierung danach, wer die Vergütung im Einzelfall schuldet, ob diese sich also gegen den Mandanten oder gegen die Staatskasse richtet. Dabei ist anzunehmen, dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit der unterschiedlichen Schuldnerschaft der Vergütungsforderung bekannt war. Dennoch hat er die Abtretung von Vergütungsforderungen an Rechtsanwälte oder Berufsausübungsgemeinschaften ohne Einschränkung für zulässig erklärt und die Abtretung an sonstige Dritte allein davon abhängig gemacht, dass eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass durch die Regelung des § 49b Abs. 4 BRAO auch die Vergütungsforderungen des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse erfasst werden (vgl. auch Gerold/Schmidt, § 45 Rn. 96).

Ein Abtretungsverbot für die Vergütungsforderung eines beigeordneten Anwalts gegen die Staatskasse ist nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich hierbei nicht - wie die Landeskasse meint - um einen höchstpersönlichen Anspruch, der gemäß § 399 BGB nicht abgetreten werden könnte. Die Leistung (Zahlung der Vergütung) kann ohne Veränderung ihres Inhalts sehr wohl an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger (beigeordneter Anwalt) erfolgen und die Abtretung war auch nicht durch Vereinbarung mit dem Schuldner (Landeskasse) ausgeschlossen.

Aus § 49b Abs. 4 BRAO folgt nicht - wie die Landeskasse meint - , dass im Falle der Abtretung der Vergütungsforderung des beigeordneten Anwalts die Zustimmung der Landeskasse einzuholen wäre. Das gesetzlich geregelte Zustimmungserfordernis dient nicht dazu, den jeweiligen Schuldner der Vergütungsforderung vor einem neuen Gläubiger zu schützen, sondern vielmehr dazu, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht abzusichern, die dem Anwalt gegenüber seinem Mandanten obliegt. In der Gesetzesbegründung heißt es unter anderem: Der Schutzzweck der Regelung, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht abzusichern, erfordere nur die ausdrückliche und schriftliche Einwilligung des Mandanten, um dem Rechtsanwalt die Forderungsabtretung oder die Übertragung ihrer Einziehung zu gestatten. Weil der Mandant den Rechtsanwalt von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbinden könne, sei es konsequent, dem Mandanten die Entscheidung zu überlassen, ob der Anwalt die Vergütungsforderung auch an Nichtanwälte abtreten dürfe (BT-Drucks. 18/3855 S. 82). Demnach kann es darauf, ob die Staatskasse mit der Abtretung einverstanden war, nicht ankommen. Vielmehr genügt es, dass hier der Mandant unter dem 18.10.2007 seine ausdrückliche schriftliche Einwilligung erklärt hat (Bl. 80 PKH-Heft).

Der Antragstellerin fehlt auch nicht etwa das nötige Antragsrecht nach § 55 RVG. Abgesehen davon, dass hier die Antragstellerin den an das Gericht formulierten Festsetzungsantrag des beigeordneten Rechtsanwalts übermittelt und lediglich unter Hinweis auf die erfolgte Abtretung Zahlung an sich gefordert hat, kann im Falle wirksamer Abtretung der Abtretungsgläubiger die Festsetzung der Vergütung geltend machen; ihm stehen auch die Rechtsbehelfe nach § 56 RVG zu (vgl. Gerold/Schmidt, § 45 Rn. 98; Senat, MDR 1997, 1071).

2.

Die Antragstellerin hat jedoch nicht dargelegt, dass die hier fragliche Vergütungsforderung des Rechtsanwalts B. an sie abgetreten worden ist.

Die Antragstellerin hat im Schreiben vom 24.01.2008 (Bl. 12f PKH-Heft) mitgeteilt, dass die Vergütungsforderung von Rechtsanwalt B.l an sie abgetreten worden sei und nunmehr von ihrer Vertreterin geltend gemacht werde. Hinsichtlich der Abtretung hat sie sich auf die "Bestätigung zur Vorlage bei Debitoren" des Rechtsanwalts B. vom 22.10.2007 (Bl. 19 PKH-Heft) berufen. Aus dieser Bestätigung folgt jedoch nur, dass zwischen der Kanzlei einerseits und der Antragstellerin und der C. F. GmbH andererseits ein Factoringvertrag besteht, auf dessen Basis die Gebührenforderungen der Kanzlei gegen ihre Mandanten mit deren ausdrücklichen, schriftlichen Einverständnis an die Antragstellerin abgetreten und von der Vertreterin der Antragstellerin abgewickelt werden. Dass auch Forderungen der Kanzlei gegen die Staatskasse, zu denen die hier fragliche Forderung gehört, abgetreten werden sollten, ist daraus nicht ersichtlich. Eine Abtretung außerhalb des in der Bestätigung vom 22.10.2007 erwähnten Factoringvertrages hat die Antragstellerin nicht dargelegt.

Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich auch bei der Geltendmachung des durch den beigeordneten Rechtsanwalt abgetretenen Vergütungsanspruchs gegenüber der Staatskasse die Voraussetzungen der §§ 409, 410 BGB zu beachten sind. Die Landeskasse muss - wie jeder andere Schuldner - sicherstellen, dass sie mit schuldbefreiender Wirkung an den neuen Gläubiger leisten kann (vgl. Gerold/Schmidt, § 45 Rn. 98).

III.

Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt im Hinblick auf §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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