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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: II-10 WF 32/04
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, BGB
Vorschriften:
RPflG § 11 Abs. 1 | |
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 567 Abs. 2 Satz 2 (a.F.) | |
BGB § 1360 a | |
BGB § 1360 a Abs. 4 |
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Grevenbroich - Rechtspflegerin - vom 26.04.2004 aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe:
I.
Die am 11.05.2004 bei Gericht eingegangene "Erinnerung" des Beklagten (Bl. 248 GA) gegen den ihm am 27.04.2004 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.04.2004 (Bl. 243 ff, 246 GA) ist als sofortige Beschwerde auszulegen und gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 (a.F.) ZPO zulässig. Sie hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Zu Recht beanstandet der Beklagte, dass das Amtsgericht bei der Kostenfestsetzung den unstreitig aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Grevenbroich vom 26.06.2002 im Wege der einstweiligen Anordnung angeordneten (Bl. 40 GA - EA) und unstreitig von dem Beklagten für das Hauptverfahren gezahlten Prozesskostenvorschuss in Höhe von EUR 1.738,72 nicht berücksichtigt hat. Entgegen seiner Auffassung ist der bezüglich des einstweiligen Anordnungsverfahrens gezahlte Vorschuss in Höhe von EUR 177,42 dagegen nicht zu berücksichtigen, was sich aber im Ergebnis nicht auswirkt. Der Vorschuss kann nur mit den Kosten eines Rechtsstreits verrechnet werden, für welchen er geleistet wurde (vgl. OLG Zweibrücken Rpfleger 1998, 261, 262). Die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens sind nicht Gegenstand des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses. Hierüber kann auch der Senat nicht befinden.
Die Berücksichtigung des für das Hauptverfahren geleisteten Vorschusses führt dazu, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist, den ermittelten Kostenerstattungsbetrag von EUR 468,83 an die Klägerin zu erstatten. Der unstreitig geleistete Vorschuss von EUR 1.738,72 ist auf diesen Erstattungsbetrag uneingeschränkt anzurechnen. Dieses Ergebnis geht nicht über den Antrag des Beklagten hinaus, an den das Gericht auch im Kostenfestsetzungsverfahren gebunden ist (vgl. Zöller-Herget, 24. Aufl., ZPO, § 104 Rn. 21 "Reformatio in peius"). Der Beklagte hat in seinen Schriftsätzen vom 29.04. und 26.07.2004 zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin mit dem Prozesskostenvorschuss seiner Ansicht nach bereits weitaus mehr erhalten hat als sie tatsächlich bezahlen muss, ihr deshalb kein Erstattungsbetrag mehr zustehe. Dass er sich auf Entscheidungen beruft, die eine nur eingeschränkte Anrechnung des geleisteten Prozesskostenvorschusses zulassen, was im vorliegenden Fall möglicherweise nur zu einer Reduzierung des Kostenerstattungsbetrages führen würde, fällt demgegenüber nicht maßgeblich ins Gewicht.
1.
Grundsätzlich können nach heute allgemeiner Meinung Prozesskostenvorschüsse, die ein Ehegatte für eine Klage auf Kindes- bzw. Ehegattenunterhalt gewährt hat, im Festsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden, weil die Frage der Rückforderung des Prozesskostenvorschusses sich allein nach materiellem Recht beurteilt (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1360 a, Rn. 19 ff), mithin im formell ausgerichteten Festsetzungsverfahren nicht zu prüfen ist (vgl. Senat, MDR 1996, 609, 610; Zöller-Herget, § 104 Rn. 21 "Prozesskostenvorschuss" mwN).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird jedoch dann zugelassen, wenn - wie hier - über die Zahlung des Prozesskostenvorschusses nach Grund und Höhe kein Streit besteht (vgl. Zöller-Herget, aaO mwN; Palandt-Brudermüller, § 1360 a Rn. 21). Dann handelt es sich materiell-rechtlich nicht um ein Verlangen auf Rückzahlung des geleisteten Vorschusses, sondern um die Auswirkungen eines geleisteten Vorschusses auf den Kostenerstattungsanspruch. Es gilt zu vermeiden, dass über die Kostenausgleichung zu Lasten des Vorschusszahlers im Ergebnis eine doppelte Zahlung eintritt (vgl. Senat MDR 1996, 609, 610).
2.
Für den hier zu beurteilenden Fall der anteiligen Kostentragungspflicht der Parteien (Kostenquotelung) werden allerdings unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob und wie ein unstreitig geleisteter Vorschuss im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist.
a.
Der Senat hat bislang den geleisteten Prozesskostenvorschuss in den Fällen der anteiligen Kostentragungspflicht überhaupt nicht berücksichtigt (vgl. Senat MDR 1996, 609, 610). Dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass ein aufrechenbarer Erstattungsanspruch in diesen Fällen erst mit der Festsetzung entstehe und nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses eine Aufrechnung im Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahren wegen der nachteiligen Kostenfolge für die erstattungsberechtigte Partei ausgeschlossen sei.
Nach eingehender Überprüfung hält der Senat nicht mehr an dieser Rechtsprechung fest. Er schließt sich der überwiegenden Rechtsprechung an, wonach auch im Falle der Kostenquotelung ein gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB unstreitig gezahlter Prozesskostenvorschuss im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist. Dahinstehen mag, ob es sich dabei um einem Fall der vorweggenommenen Erfüllungsleistung handelt (vgl. OLG Nürnberg MDR 1999, 506; OLG Celle OLGR 1997, 243, 244), die vor Entstehung des Anspruchs geleistet und bei Entstehen des Anspruchs sogleich zur Erfüllung führt (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 362 Rn. 10), oder um einen Fall der Anrechnung, die nicht - wie die Aufrechnung - einen bereits entstandenen Erstattungsanspruch voraussetzt, sondern die Verrechnung des Vorschusses als unselbständigen Rechnungsposten innerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens ermöglicht (vgl. Palandt-Heinrichs, § 387 Rn. 2).
b.
Zur Art und Weise der Verrechnung des Prozesskostenvorschusses werden folgende Ansichten vertreten: Nach einer Auffassung soll der Vorschuss uneingeschränkt auf einen Kostenerstattungsanspruch des Vorschussempfängers anrechenbar sein (vgl. OLG Zweibrücken Rpfleger 1998, 261f; OLG Köln JurBüro 1998, 309; OLG München FamRZ 1994, 1605 f; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 1462f; JurBüro 1987, 1411f; Zöller-Herget, § 104 Rn. 21 "Prozesskostenvorschuss"). Nach einer anderen Auffassung soll der Prozesskostenvorschuss vorrangig auf die eigenen Prozesskosten des Empfängers verrechnet werden können: eine Anrechnung komme nur insoweit in Betracht, als der Vorschuss und der Erstattungsanspruch die tatsächlich entstandenen Prozesskosten des Vorschussempfängers übersteigen (vgl. OLG Nürnberg FuR 2002, 287f; KG NJW-RR 2002, 140f; OLG Bamberg FamRZ 1999, 724f; OLG Nürnberg MDR 1999, 506; OLG Hamm FamRZ 1999, 728; OLG Celle OLGR 1997, 243f; OLG Frankfurt/Main JurBüro 1992, 246f; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 376f; KG FamRZ 1987, 1064f; Palandt-Brudermüller, § 1360 a Rn. 21). Nach einer weiteren Ansicht soll der Prozesskostenvorschuss entsprechend der Quote in der Kostenentscheidung oder dem Vergleich zu verrechnen sein (vgl. OLG Celle (21. FS) FamRZ 1985, 731).
aa.
Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an, wonach im Kostenfestsetzungsverfahren die volle Anrechnung des unstreitig gezahlten Vorschusses bis zur Höhe des sich bei einem Kostenausgleich ergebenden Betrages zu erfolgen hat. Es kann und soll verhindert werden, dass der Vorschussleistende im Wege der Kostenerstattung zu einer weiteren Zahlung verpflichtet wird, obwohl der geleistete Vorschuss den ermittelten Kostenerstattungsanspruch des Vorschussempfängers bereits vollständig abdeckt. Dies führte faktisch zu einer Verschiebung der Kostengrundentscheidung zu Lasten des Vorschussleistenden, für die es nach Auffassung des Senats keine rechtfertigenden Gründe gibt.
Der Prozesskostenvorschuss nach § 1360 a BGB wird zur Abdeckung eines unterhaltsrechtlichen Sonderbedarfs gewährt, damit der Berechtigte den Prozess überhaupt führen kann. Die Anordnung des Vorschusses basiert auf einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung (vgl. Palandt-Brudermüller, § 1360 a Rn. 15). Der ex-ante zu berechnende Vorschuss erstreckt sich auf die notwendigen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, für die der Vorschussempfänger sowohl gegenüber dem Gericht (§ 65 GKG a.F.) als auch gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten (§ 17 BRAGO a.F.) vorschusspflichtig ist (vgl. BGH NJW 1985, 2263, 2264 mwN; Palandt-Brudermüller, § 1360 a Rn. 16 f). Durch die Leistung des Vorschusses soll der Vorschussempfänger in die Lage versetzt werden, seinerseits die zur Prozessführung nötigen Vorschüsse zu erbringen.
Aus dem Wesen eines Vorschusses folgt, dass über diesen abzurechnen ist. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens kann eine Abrechnung des unstreitig geleisteten Prozesskostenvorschusses unter Beachtung der formellen Ausgestaltung des Verfahrens, des Unterhaltscharakters und der Zweckbestimmung des Vorschusses erfolgen. Daraus ergeben sich nach Auffassung des Senats folgende Einschränkungen:
Die Anrechnung des geleisteten Prozesskostenvorschusses auf den Erstattungsanspruch darf nicht zu einem Erstattungsanspruch des Vorschussgebers führen. Dies liefe dem materiell-rechtlichen Charakter des Anspruchs auf Rückzahlung des Prozesskostenvorschusses zuwider und stellte sich als isolierte Rückfestsetzung dar, die im Kostenfestsetzungsverfahren unzulässig wäre (vgl. OLG Celle OLGR 1997, 243, 244; OLG München FamRZ 1994, 1604, 1607). Die hier vertretene uneingeschränkte Anrechnung auf den Kostenerstattungsanspruch des Gegners verhält sich jedoch nicht über eine Rückforderung des Vorschusses; sie belässt diesen vollständig beim Vorschussempfänger und führt nur zur Überprüfung, ob diesem darüber hinaus weitere Kosten zu erstatten sind.
Eine Verrechnung auf Kosten des Prozessgegners, die im Falle teilweisen Unterliegens vom Vorschussempfänger zu tragen sind, ist nicht vorzunehmen. Dies widerspräche der Zweckbestimmung des Vorschusses. Etwaige nach Beendigung des Verfahrens/der Instanz vom Vorschussempfänger (anteilig) zu tragende Kosten des Prozessgegners sind nicht Gegenstand des Vorschusses. Sie sind - wie dargelegt - im Vorschussbetrag nicht berücksichtigt, folglich auch nicht durch diesen abgedeckt. Der Vorschuss soll den Berechtigten nur zur Prozessführung in die Lage versetzen; er soll ihm nicht das Kostenrisiko einer letztlich (teilweise) erfolglosen Rechtsverfolgung abnehmen (vgl. auch OLG Köln, JurBüro 1998, 309).
bb.
Abzulehnen ist aus den dargelegten Gründen die Auffassung, die den Prozesskostenvorschuss vorrangig auf die eigene Kostenlast des Vorschussempfängers verrechnen will, indem sie den Vorschuss nur insoweit anrechnet, als dieser zusammen mit dem Kostenerstattungsanspruch die dem Vorschussempfänger "entstandenen Kosten" übersteigt. Dies gilt, soweit unter entstandenen Kosten die den Vorschussempfänger treffenden Kosten unter Einschluss des gegen ihn gerichteten gegnerischen Kostenerstattungsanspruchs verstanden werden (vgl. KG NJW-RR 2002, 140, 141; FamRZ 1987, 1064, 1065; unklar OLG Nürnberg FuR 2002, 287f); die Kosten des Prozessgegners wurden - wie bereits dargelegt - bei der Vorschussanordnung nicht berücksichtigt. Dies gilt aber auch dann, soweit allein auf die dem Vorschussempfänger entstandenen Kosten abgestellt wird (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1999, 724f). In jedem Fall würde der Vorschussempfänger im wirtschaftlichen Ergebnis mehr erhalten, als ihm als Vorschuss und gemäß der Kostengrundentscheidung zustünde; trotz teilweisen Unterliegens wäre er unter Umständen von allen Kosten befreit (vgl. OLG Stuttgart JurBüro 1987, 1411). Die Verpflichtung zur Zahlung des Prozesskostenvorschusses nach § 1360 a BGB geht aber keinesfalls so weit, dass der leistungsfähige Ehegatte sämtliche seinem Partner auferlegte Kosten zu tragen hätte, so dass letzterer von allen Kosten befreit wird (vgl. OLG München, FamRZ 1994, 1605, 1607).
Dies kann nicht mit dem Hinweis gerechtfertigt werden, durch die vorrangige Verrechnung auf die eigene Kostenschuld solle lediglich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass über die Rückzahlung geleisteter Prozesskostenvorschüsse vorrangig das materielle Unerhaltsrecht zu entscheiden habe (vgl. OLG Nürnberg MDR 1999, 506). Wie bereits dargelegt, geht es bei der vom Senat vertretenen Auffassung nicht um eine Rückforderung, sondern um eine Verrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch, der vom Vorschusszahler zusätzlich zum Vorschuss zu erfüllen wäre.
Etwas anderes folgt auch nicht aus einem Vergleich der Situation des Vorschussempfängers im Prozess mit einem Dritten (vgl. OLG Karlsruhe Rpfleger 1986, 376, 371; OLG Frankfurt/Main JurBüro 1992, 246, 247). Bei letztgenanntem darf der Vorschussempfänger den Vorschuss zur Deckung der eigenen Kostenlast verwenden. Hierfür besteht allerdings ein sachlicher Grund. Der Dritte hat - anders als der Vorschusszahler - keine Zahlungen auf die Prozesskosten erbracht, so dass seine Interessen bei einer möglichen Verrechnung nicht zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Zweibrücken Rpfleger 1998, 261, 262). Auch der Vergleich mit der Situation bei vollem Unterliegen des Vorschussempfängers im Prozess gegen den Vorschusszahler gebietet keine andere Beurteilung (a.A. OLG Karlsruhe aaO; OLG Ffm aaO). Zwar kann er auch in diesem Fall den Vorschuss zur Deckung seiner Kosten in voller Höhe verwenden; er kann jedoch nicht nachträglich den Ausgleich von Prozesskosten geltend machen, die durch den verlangten Vorschuss nicht gedeckt sind (vgl. OLG Zweibrücken aaO;).
Der Ansicht, die eine Anrechnung entsprechend der Kostenquote vornehmen will, kann gleichfalls nicht gefolgt werden. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, wird der Vorschuss ungeachtet einer späteren Kostenquotelung geleistet.
3.
Für den vorliegenden Fall ist demnach festzustellen, dass im Rahmen der Kostenfestsetzung keine Kosten der Klägerin gegen den Beklagten festzusetzen sind. Für das Hauptverfahren ergibt sich ein Erstattungsbetrag zugunsten der Klägerin in Höhe von EUR 468,83, so dass nach Verrechnung des geleisteten Prozesskostenvorschusses von EUR 1.738,72 ein ausgleichspflichtiger Erstattungsanspruch nicht mehr besteht.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert: EUR 468,83
Ende der Entscheidung
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