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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: II-2 UF 225/05
Rechtsgebiete: ZPO, StGB, KostO, FGG
Vorschriften:
ZPO § 543 Abs. 2 | |
ZPO §§ 578 ff. | |
ZPO § 580 | |
ZPO § 580 Nr. 1 | |
ZPO § 580 Nr. 2 | |
ZPO § 580 Nr. 3 | |
ZPO § 580 Nr. 4 | |
ZPO § 580 Nr. 5 | |
ZPO § 581 | |
ZPO § 621 Abs. 2 | |
ZPO § 621 Nr. 6 | |
ZPO § 621 e Abs. 1 | |
ZPO § 621 e Abs. 3 | |
ZPO § 629 c | |
StGB § 156 | |
StGB § 263 | |
KostO § 131 Abs. 1 Nr. 1 | |
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2 |
Tenor:
Die befristete Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung unter Ziffer II. des Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 20.09.2005 - Az. 256 F 360/04 - (Versorgungsausgleich) wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Die Parteien wurden durch Urteil des Amtsgerichts vom 20.09.2005 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt, wobei das Urteil am Tag der mündlichen Verhandlung noch in der Sitzung verkündet wurde. Die Parteien haben im unmittelbaren Anschluss daran auf Rechtsmittel, Anschlussrechtsmittel sowie die Rechte aus § 629 c ZPO verzichtet.
Mit Schriftsatz vom 04.11.2005, eingegangen bei Gericht am 09.11.2005, hat der Antragsteller gegen das Urteil Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist - durch Schriftsatz vom 23.01.2006 begründet. Mit seiner befristeten Beschwerde begehrt er die Aufhebung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich und trägt hierzu vor, die Antragsgegnerin habe über die von dem Amtsgericht bereits berücksichtigten Anwartschaften hinaus noch eine weitere Anwartschaft bei der K. Z. R-W erworben, welche sie im Fragebogen zum Versorgungsausgleich nicht angegeben habe. Obwohl er mit Schreiben an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 12.04.2005 um Auskunft gebeten habe, ob sie nicht doch bei der evangelischen Kirche eine Zusatzversorgung habe, habe sie hierauf nicht geantwortet und am 19.04.2005 habe das Amtsgericht sodann mitgeteilt, dass eine Anfrage an die "k." verfügt worden sei. Erst nach der mündlichen Verhandlung, in welcher das Gericht bekannt gegeben habe, dass weitere Anwartschaften der Antragsgegnerin nicht vorlägen, habe er nochmals Akteneinsicht genommen und festgestellt, dass das Amtsgericht bei der K. R. in K. angefragt habe. Erst auf erneute Rückfrage bei dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin sei dann mitgeteilt worden, dass diese über eine Anwartschaft bei der K. R.-W. in D. verfüge.
Der Antragsteller ist der Ansicht, der von ihm erklärte Rechtsmittelverzichtserklärung stehe der Zulässigkeit der befristeten Beschwerde nicht entgegen, da er diese sowohl gegenüber dem Amtsgericht als auch gegenüber der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13.02.2006 wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Denn die Antragsgegnerin habe trotz mehrfacher Nachfragen die bestehende Anwartschaft erst am 08.12.2005 und damit nach Erlass des nunmehr angefochtenen Urteils offenbart, obwohl sie an Eides statt die Richtigkeit ihrer Angaben versichert habe.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Berufung auf den erklärten Rechtsmittelverzicht die Verwerfung der befristeten Beschwerde als unzulässig.
Sie meint, die Erklärung des Rechtsmittelverzichts sei als Prozesshandlung nicht anfechtbar, daher könne auch ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht die Anfechtbarkeit eines Rechtsmittelverzichts nicht begründen. Etwas anderes gelte nur aus Gründen der Prozessökonomie bei nachgewiesenem Vorliegen eines Restitutionsgrundes. Hiervon könne jedoch nicht ausgegangen werden, da der Vorwurf der arglistigen Täuschung nicht zutreffe. Denn sie habe davon ausgehen dürfen, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter etwaige Fehler beim Ausfüllen des Fragebogens zum Versorgungsausgleich korrigiere, zumal sie von dem Begriff des Versorgungsausgleichs erstmals anlässlich des Ehescheidungsverfahrens gehört habe. Demgemäß sei allenfalls der Vorwurf der Fahrlässigkeit berechtigt, der jedoch lediglich ihren Verfahrensbevollmächtigten treffe. Dieser habe jedoch ebenso wenig eine Täuschungsabsicht gehabt, sondern sich darauf verlassen, dass das Familiengericht gewissenhaft und konkret ermittele.
Schließlich habe der Antragsteller mit Sicherheit von allen Rentenanwartschaften seiner damaligen Ehefrau gewusst, zumal im Vorfeld umfangreiche Korrespondenz zwischen den Verfahrensbevollmächtigten gewechselt worden sei. Zudem hätte er bei Zweifeln den Rechtsmittelverzicht nicht erklären dürfen. Demgemäß sei der Rechtsmittelverzicht nicht Folge einer arglistigen Täuschung.
II.
Die nach §§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Nr. 6 ZPO grundsätzlich statthafte befristete Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich ist wegen des von dem Antragsteller erklärten Rechtsmittelverzichts unzulässig und war dementsprechend zu verwerfen.
Insbesondere kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf die erklärte Anfechtung der Rechtsmittelverzichtserklärung wegen arglistiger Täuschung berufen. Denn Rechtsmittelverzichtserklärungen sind als Prozesshandlungen unwiderruflich und auch nicht wegen Willensmängeln anfechtbar (BGH NJW 2002, 2108 f.; 1990, 1118 f; Musielak, ZPO, 4. Auflage, § 629 a Rdnr. 33 m.w.N.), es sei denn, es läge ein Restitutionsgrund vor, welcher zum Widerruf dieser - grundsätzlich unwiderruflichen - Erklärung ausnahmsweise berechtigen würde (BGH NJW 1990, 1118, 1119, Musielak, a.a.O., § 578 Rdnr. 5). Dies gilt insbesondere auch in Verfahren nach dem FGG, in denen die Vorschriften der §§ 578 ff. ZPO entsprechend Anwendung finden (BayOblG NJOZ 2004, 303 ff. m.w.N.).
Ein solcher Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO besteht indessen im vorliegenden Fall nicht.
Soweit es um den Vorwurf des Antragstellers der arglistigen Täuschung seitens der Antragsgegnerin geht, kann dieser nur insoweit relevant sein, als die Antragsgegnerin hierdurch eine Straftat begangen hätte, sei es durch Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung gemäß § 156 StGB infolge der unrichtigen Angaben im Fragebogen zum Versorgungsausgleich als Wiederaufnahmegrund gemäß § 580 Nr. 4 ZPO (vgl. insoweit Musielak, a.a.O., § 580 Rdnr. 6), sei es durch Betrug in Form des Prozessbetruges gemäß § 263 StGB, für den ebenfalls allein der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 4 ZPO in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die Berufung des Antragstellers auf den Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 4 ZPO gemäß § 581 ZPO nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil in den Fällen des § 580 Nummern 1 - 5 ZPO die Restitutionsklage nur dann stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist (bejahend zur Anwendbarkeit des § 581 ZPO im Falle der Zulässigkeit des Widerrufs einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung im FGG-Verfahren BayOblG NJOZ 2004, 303 ff.).
Denn unabhängig davon kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Antragsgegnerin dieser Straftaten schuldig gemacht hätte.
Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung scheitert bereits daran, dass die Ausfüllung des Fragebogens zum Versorgungsausgleich keine eidesstattliche Versicherung darstellt; die Angaben dort werden vielmehr allein mit der Versicherung abgegeben, dass diese nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht wurden.
Ebenso wenig kann im Hinblick auf den Vortrag der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin vorsätzlich die Rentenanwartschaft bei der K. R.-W. in D. verschwiegen hat und sich auf diese Weise eines Betruges schuldig gemacht hat. Soweit der Antragsteller sich in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben vom 12.04.2005 beruft, war dies entgegen seiner Darstellung nicht an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, sondern vielmehr ausweislich Bl. 18 VA-Heft an das Gericht gerichtet, welches dementsprechend auch Ermittlungen angestellt hat, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt nicht unterstellt werden kann, die Antragsgegnerin habe vorsätzlich eine Anwartschaft verschwiegen.
Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 580 Nr. 7 b) berufen, welcher einen Restitutionsgrund dann gewährt, wenn eine Partei eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Denn eine amtliche Auskunft über die Grundlage einer Versorgungsanwartschaft oder über die Höhe einer Rente ist nicht als Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 b) ZPO anzusehen, sondern ersetzt allein die Zeugenvernehmung des in Frage kommenden Sachbearbeiters über die tatsächlichen Grundlagen einer Versorgungsanwartschaft und enthält weiterhin eine rechtsgutachterliche Äußerung darüber, wie nach den maßgebenden rentenrechtlichen Vorschriften die ehezeitlich erworbene Versorgungsanwartschaft eines Ehegatten zu berechnen ist ( BGH NJW 1984, 438, 440 m.w.N.; Musielak, a.a.O., § 580 Rdnr. 20 m.w.N.). Daher ist die Frage einer Wiederaufnahme nicht nach § 580 Nr. 7 b) ZPO zu beurteilen, sondern eine Wiederaufnahme kommt nur dann in Betracht, wenn der Zeuge/Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (BGH NJW 1984, 438, 440 m.w.N.).
Liegen damit die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vor, hat der Antragsteller infolge der Rechtskraft der von ihm angefochtenen Entscheidung deren Unrichtigkeit hinzunehmen. Jede andere rechtliche Wertung widerspräche dem verfassungsrechtlich verankerten Rechtsstaatsprinzip, welches nicht nur einen geregelten Verlauf des Rechtsfindungsverfahrens gewährleistet, sondern auch den rechtsbeständigen Abschluss eines Verfahrens. Hiermit wäre es unvereinbar, einen abgeschlossenen Fall aus solchen Gründen zur erneuten Entscheidung zu stellen, die nach anerkannter Rechtsüberzeugung zur Begründung eines Wiederaufnahmeverfahrens nicht geeignet sind (BGH NJW 1984, 438, 440).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Die Voraussetzungen gemäß §§ 621 Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Nach den zitierten Entscheidungen sind die Umstände, die die Anfechtbarkeit einer Rechtsmittelverzichtserklärung bzw. die Wiederaufnahme eines Verfahrens begründen können, grundsätzlich und hinreichend geklärt. Bei der vorliegenden Entscheidung handelt es sich um eine an diesen Grundsätzen orientierte Einzelfallentscheidung, die weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.
Beschwerdewert gemäß § 49 Nr. 3 GKG: 2.000 €.
Ende der Entscheidung
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