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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.04.2007
Aktenzeichen: II-2 UF 53/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VAHRG


Vorschriften:

ZPO § 323
ZPO § 524
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2
BGB § 1587 g
BGB § 1587 g Abs. 2 Satz 2
BGB § 1587 g Abs. 3
BGB § 1587 d Abs. 2
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

II. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird als unzulässig verworfen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 23 % und der Antragsgegner zu 77 %.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

V. Beschwerdewert: 1.000,00 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs.

Maßgebliche Ehezeit ist vom 01.07.1966 bis 30.06.1989.

Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil vom 03.04.1990 - 46 F 183/89 - die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich auf Basis einer ehezeitbezogenen gesetzlichen Rente der Antragstellerin und damaligen Antragsgegnerin von 164,20 DM monatlich und einer ehezeitbezogenen gesetzlichen Rente des Antragsgegners und damaligen Antragstellers von 1.428,10 DM monatlich sowie einer ehezeitbezogenen Betriebsrente des Antragsgegners bei der Firma ... von jährlich 32.844,03 DM (= dynamisiert monatlich 641,96 DM) in der Weise durchgeführt, dass es den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt und der Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 952,93 €, bezogen auf den 30.06.1989 übertragen hat. Ferner hat es im Wege des erweiterten Splittings zum teilweisen Ausgleich der Anwartschaften des Antragsgegners auf das betriebliche Altersruhegeld der Firma ... einen Betrag von 63,00 DM monatlich bezogen auf den 30.06.1989 vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen. Wegen des noch verbleibenden Betrages blieb der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten, welchen die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens nunmehr beansprucht.

Das Amtsgericht hat neue Auskünfte bei den Versorgungsträgern eingeholt. Danach hat die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ehezeitbezogene Anwartschaften von 73,90 € monatlich erworben und der Antragsgegner ehezeitbezogene Anwartschaften in Höhe von 727,88 € sowie des weiteren eine Betriebsrente von der Firma IBM, die sich zum Zeitpunkt des Bezugs der vorgezogenen Altersrente - dem 01.01.1994 - auf 1.687,26 € belief und seit dem 01.07.2007 1.919,47 € beträgt.

Auf Basis dieser Auskünfte hat das Amtsgericht den Antragsgegner durch Beschluss vom 06.12.2005 verurteilt, an die Antragstellerin ab dem 29.03.2005 eine monatliche Ausgleichsrente von 587,60 € zu entrichten und zur Erfüllung die Abtretung dieser Ansprüche gegenüber der Firma ... Deutschland GmbH zu erklären. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Ehezeitanteil der Betriebsrente betrage 16.117,11 €. Nach Dynamisierung ergäbe sich ein Monatsbetrag von 387,13 €. Der hälftige Ausgleichsbetrag liege damit bei 193,57 €. Da die Betriebsrente der .... GmbH bereits in Höhe eines Teilbetrages von 63,00 DM = 32,21 € durch erweitertes Splitting ausgeglichen sei, verbliebe noch ein dynamischer Restbetrag von 161,36 €, bezogen auf den 30.06.1989. Nach Entdynamisierung ergebe sich nunmehr ein Zahlbetrag von 587,60 € monatlich.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 24.02.2006 eingelegten und begründeten Beschwerde, die der Antragstellerin zur Stellungnahme bis zum 20.04.2006 zugestellt worden ist.

Der Antragsgegner meint, der mit monatlich 387,13 € ermittelte dynamische Rentenbetrag sei unzutreffend berechnet.

Zunächst sei der Ehezeitanteil der Rente falsch berechnet. Denn unabhängig von der Vorruhestandsregelung sei im Hinblick darauf, dass er zum 01.08.2003 in die reguläre Rente gegangen sei, von einer Gesamtzeit im Betrieb von 457 Monaten und nicht, wie vom Amtsgericht zugrunde gelegt, von 328,553 Monaten auszugehen. Ferner habe das Amtsgericht bei der Errechnung des dynamischen Rentenbetrages unzutreffenderweise den Faktor 37,37 angenommen, denn da bereits in der €-Währung gerechnet sei, sei der Faktor 26,13 als Basis anzunehmen.

Schließlich sei nicht nachzuvollziehen, warum das Amtsgericht den ermittelten dynamischen Restbetrag nochmals in einen statischen Zahlbetrag umgerechnet habe.

Die Entscheidung des Amtsgerichts verstoße gegen den Halbteilungsgrundsatz, da die Antragstellerin durch die Entscheidung des Amtsgerichts eine höhere Rente als er selbst erhalte.

Überdies müsse berücksichtigt werden, dass lediglich ein Anteil der Betriebsrente von 40 % unverfallbar sei, da die Altersrente der U. GmbH freiwillig und ohne Rechtsanspruch gezahlt werde.

Der Antragsgegner beantragt,

1. der Antragstellerin ab dem 29.03.2005 eine monatliche Ausgleichsrente von 65,35 € zu entrichten, fällig jeweils monatlich im Voraus zum Monatsdritten,

2. zur Erfüllung der ab Rechtskraft des Beschlusses gemäß Ziffer 1) fällig werdenden Rentenansprüche die Abtretung eines Teils seines Anspruchs aus Betriebsrente gegenüber der Firma ... Deutschland GmbH, P...str., 7... S... in Höhe von monatlich 65,35 € gegenüber der Antragstellerin zu erklären.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und im Wege der am 22.02.2007 eingelegten Anschlussbeschwerde, den Versorgungsausgleich neu durchzuführen.

Sie meint, das Amtsgericht sei auf Basis der Auskunft ... vom 25.05.2005, wonach der Antragsgegner bereits seit dem 01.01.1994 eine vorgezogene Altersrente beziehe, zutreffend von einer Gesamtzeit im Betrieb von 328,5 Monaten ausgegangen.

In Anbetracht der Tatsache, dass die ....-Betriebsrente sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium statisch sei, sei die Rückrechnung der zuvor dynamisierten Rentenleistung nicht zu beanstanden.

II.

1.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist unzulässig.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die Anschlussbeschwerde statthaft. Zwar enthält § 621 e Abs. 1, 3 ZPO keinen ausdrücklichen Verweis auf die entsprechende Anwendung des § 524 ZPO. Es entspricht jedoch allgemeiner Meinung, dass auch im Beschwerdeverfahren nach § 621 e Abs. 1, 3 ZPO ein Anschlussrechtsmittel gegeben ist (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 621 e, Rdnr. 54 m.w.N.). Dies gilt nach Neufassung des § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO (Zöller/Philippi, a.a.O.). Die Anschlussbeschwerde ist jedoch unzulässig, da nicht fristgerecht eingelegt. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat die Anschließung bis zum Ablauf der Beschwerdeerwiderungsfrist zu erfolgen. Die bis zum 20.04.2006 gesetzte Erwiderungsfrist war jedoch bei Eingang der Anschlussbeschwerde am 22.02.2007 bereits verstrichen. Auch der Ausnahmetatbestand des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO, wonach die Frist des Satz 2 nicht gilt, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat, greift nicht ein. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob es sich bei der schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 323 ZPO handelt, wenn auch eine Anpassung selbst nach der speziellen Vorschrift der §§ 1587 g Abs. 3, 1587 d Abs. 2 BGB erfolgt. Denn die erweiterte Anschließungsmöglichkeit des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO dient allein dem Zweck, dem Rechtsmittelgegner die Möglichkeit zu geben, eine nach Erlass der angefochtenen Entscheidung sich ergebende Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen zur Vermeidung eines Abänderungsverfahrens in das laufende Verfahren einzuführen. Dies folgt unmittelbar aus dem Hinweis auf § 323 ZPO und dem Zweck der Einführung des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO durch das seit 01.09.2004 in Kraft getretene Justizmodernisierungsgesetz. (so nach dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drucksache 15/3482, Seite 18; so auch Born, NJW 2005, 3038, 3040). Da die Antragstellerin mit ihrer Anschlussbeschwerde jedoch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse nicht geltend macht, greift die erweiterte Anschließungsmöglichkeit nicht zu ihren Gunsten ein.

2.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach § 621 e Abs. 1, 3 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die vom Antragsgegner zu leistende Ausgleichsrente liegt bei zutreffender Berechnung nicht niedriger, sondern höher als vom Amtsgericht mit 587,60 € angesetzt.

Nachdem nunmehr beide Parteien Altersversorgungen beziehen hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner Anspruch auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente, soweit die betriebliche Altersversorgung nicht bereits durch die Verbundentscheidung vom 03.04.1990 durch erweitertes Rentensplitting ausgeglichen wurde.

Zur Berechnung der Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB ist von der Betriebsrente des Antragsgegners mit deren Nominalwert auszugehen. Eine Umrechnung in eine dynamische Rente hat nicht zu erfolgen, da eine Saldierung mit einer anderen, dynamischen Rente nicht erforderlich ist (vgl. Hahne in Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Auflage, § 1587 g BGB, Rdnr. 13; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Auflage, § 1587 g, Rdnr. 9 m.w.N.). Auszugehen ist damit von einer monatlichen Betriebsrente in Höhe von 1.919,47 €, die dem Antragsgegner seit Juli 2003 unverändert gezahlt wird.

Auszugleichen ist jedoch nur der Ehezeitanteil der Betriebsrente, der sich nach dem Zeit-Zeit-Verhältnis bestimmt (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB), wobei jedoch nachträgliche Veränderungen gemäß § 1587 g Abs. 2 Satz 2 BGB zu berücksichtigen sind. Die Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners, während der die Betriebsrente erworben wurde, dauerte vom 15.08.1966 bis 31.12.1993. Das sind 10.001 Tage. Davon entfielen auf die Ehezeit vom 01.07.1966 bis 30.06.1989 insgesamt 8.356 Tage. Das sind (8.356/10.001 =) 83,5516 %. Der auszugleichende Ehezeitanteil der Betriebsrente beträgt damit (1.919,47 € x 83,5516 % =) 1.603,75 €.

Dass ein Teil der Betriebsrente als freiwillige Leistung .... Deutschland Unterstützungskasse gewährt wird, steht der Einbeziehung nicht entgegen, da bei einer etwaigen Änderung, also auch eines - teilweisen - Wegfalls dieser freiwilligen Leistung, eine Anpassung der Ausgleichsrente erfolgen kann (vgl. Hahne in Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Auflage, § 1587 g BGB, Rdnr. 1; Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1787 g, Rdnr. 2).

Die Antragstellerin ist durch den Versorgungsausgleich somit in Höhe der Hälfte des Ehezeitanteils an der Betriebsrente zu beteiligen. Das sind (1.603,75 € : 2 =) 801,88 €. Da jedoch bereits durch die Verbundentscheidung vom 03.04.1990 wegen der betrieblichen Altersversorgung im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bezogen auf den 30.06.1989 eine Rentenanwartschaft von 63,00 DM übertragen wurde, ist dies bei der Bemessung der Ausgleichsrente zu berücksichtigen. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2005, 1464 ff.; FamRZ 2006, 323; vgl. auch Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1587 g, Rdnr. 7) erfolgt hier eine Anrechnung in der Weise, dass der Wert der seinerzeit übertragenen Anwartschaft mit Hilfe der Veränderung des allgemeinen Rentenwerts (ARW) auf den heutigen Wert hochgerechnet und sodann vom Ausgleichsanspruch in Abzug gebracht wird. der ARW betrug 1989 37,27 DM (= 19,06 €) und beträgt nunmehr 26,13 €. Die 1989 übertragene Rentenanwartschaft von 63,00 DM hat danach in 2005 einen Wert von (63,00 DM : 37,27 DM X 26,13 € =) 44,17 €.

Es ergibt sich damit eine schuldrechtliche Ausgleichsrente von (801,88 € - 44,17 € =) 757,71 €.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, da hinsichtlich der Frage, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 323 ZPO erfordert, die Voraussetzungen nach §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Ende der Entscheidung

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