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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.12.2005
Aktenzeichen: II-3 UF 174/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1612b Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Kleve vom 31. Mai 2005 hinsichtlich des angefochtenen Zeitraums ab Mai 2005 wie folgt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

I. Der Beklagte hat an die Klägerin für die am 9.9.1994 geborene Tochter S. für Mai und Juni 2005 Kindesunterhalt nur in Höhe von monatlich 100 % des Regelbetrags der Regelbetragsverordnung, das sind monatlich 241 €, zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz aus dem jeweils fälligen Unterhaltsbetrag ab dem 4. Werktag eines jeden Fälligkeitsmonats.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nur mit Blick auf die zeitweise Arbeitslosigkeit des Beklagten hinsichtlich der beiden Monate Mai und Juni 2005 in geringem Umfang begründet.

Für den Zeitraum ab Juli 2005 verbleibt es bei den erstinstanzlich ausgeurteilten Unterhaltszahlungsverpflichtungen des Beklagten.

I.

Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels des Beklagten beruht allein darauf, dass das Amtsgericht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Tochter der Parteien nicht die für den Beklagten ermittelten tatsächlichen bzw. ihm zurechenbaren Erwerbseinkünfte zugrundegelegt und danach den Barbedarf der Tochter der Parteien ermittelt hat, sondern - ausgehend von einer Verpflichtung des Barunterhaltspflichtigen infolge gesteigerter Erwerbsverpflichtung zur Deckung des Existenzminimums des minderjährigen Kindes - durch die Einstufung des Beklagten in die Einkommensgruppe 6 nach der Düsseldorfer Tabelle - diese entspricht einem Bedarfsansatz von 135 % des Regelbetrags der Regelbetragsverordnung - den Bedarfskontrollbetrag außer Acht gelassen hat, der für eine ausgewogene Aufteilung der Bedarfsbeträge zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten sorgen soll. Mit Blick auf die gesetzliche Regelung zur Anrechnung bzw. Verteilung des gesetzlichen Kindergelds in § 1612 b Abs. 5 BGB wirkt sich die unrichtige einkommensmäßige Einstufung des Beklagten durch das Amtsgericht hinsichtlich der tatsächlichen Zahlungsverpflichtungen des Beklagten allerdings nur für Mai und Juni 2005 in monatlicher Höhe von je 8 € aus.

Anders als der Beklagte dieses sieht, ist er nämlich im übrigen als leistungsfähig einzuordnen.

1.

Für die Monate Mai und Juni 2005, in welchen der Beklagte zeitweise arbeitslos war, ist unter Beachtung des Bedarfskontrollbetrags seine Eingruppierung nur in Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle gerechtfertigt und deshalb ein Unterhaltsanspruch der Tochter S. nur in Höhe von 100 % des ungekürzten Regelbetrags der Regelbetragsverordnung, also in Höhe von monatlich 241 € - statt der erstinstanzlich zuerkannten 249 € -, begründet.

Dem Beklagten sind für diese zwei Monate nämlich durchschnittliche monatliche Einnahmebeträge von 1.106 € zurechenbar.

Dabei finden die tatsächlichen Erwerbseinkünfte für die ersten drei Tage des Monats Mai 2005 bei der Firma A. GmbH, bei der er monatlich 1.226,22 € netto verdient hat, die vereinnahmten Arbeitslosengeldbezüge für den anschließenden Zeitraum bis zum 14.06.2005 in Höhe von 1.186,93 € sowie die - wie noch ausgeführt wird - dem Beklagten ab 15.06.2005 zurechenbar erzielbaren Erwerbseinkünfte in Höhe von monatlich 1.282,57 € netto, aber auch berufsbedingte Werbungskosten von 5 % der Erwerbseinkünfte Berücksichtigung.

Zudem sind dem in diesem Zeitraum nicht erwerbstätigen Beklagten mit Blick auf seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber der minderjährigen Tochter monatliche Nebeneinkünfte in Höhe von 150 € - nämlich 200 € für den Monat 5/05 und 100 € für die Zeit vom 1.6. bis 14.6.05 - als zumutbar anzurechnen. Nach Erkenntnis und Auffassung des Senats sind auch unter Berücksichtigung der derzeitigen angespannten Arbeitsmarktlage zusätzliche Einkünfte in dieser Höhe durchaus bei entsprechenden Bemühungen zu erzielen.

Insgesamt ermittelt sich der obig angegebene berücksichtigungsfähige durchschnittliche Monatsbetrag (1/2 x (122,62 € - 6,13 € (=5%) + 1.186,93 € + 1/2x 1.282,57 € - 32,06 € (=5%) +200 € + 100 €)).

2.

Für den Zeitraum ab Juli 2005 kann sich der Beklagte zu Lasten der minderjährigen Tochter nicht auf das aus seiner neuen Tätigkeit als Koch bei wöchentlich 48 Arbeitsstunden erzielte Bruttoeinkommen von monatlich 1.467 € zurückziehen. Der Beklagte war gehalten, sich um eine angemessene Stelle mit angemessenem Entgelt zu bemühen. Dem ist er erkennbar nicht nachgekommen.

Nach dem Entgelttarifvertrag zwischen dem Gastgewerbe NRW - Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein-Westfalen e.V. - und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk NRW, bewegen sich die monatlichen Entgelte für Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung oder einschlägiger Berufserfahrung je nach Fähigkeit zum selbständigen Disponieren zwischen 1.405 € und 2.233 €. Mit Blick darauf ist als Ausgangspunkt ein erzielbares monatliches Grundeinkommen in derjenigen Höhe anzusetzen, wie es der Beklagte während der ersten Monate des Jahres 2005 mit monatlich 1.825 € erzielt hat. Eine solche Grundvergütung entspricht im übrigen auch den Bezügen eines Kochs/einer Köchin im Tarifbereich der Systemgastronomie innerhalb des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes bei einer tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit seit 1/05 von 39,5 Stunden. Unter Berücksichtigung weiterhin von tariflich geregelten jährlichen Sonderzuwendungen in Form von Urlaubsgeld und 13. Monatseinkommen ist jahresdurchschnittlich von einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 1.977 € auszugehen, dem ein monatlicher Nettobetrag von 1.282,57 € entspricht.

Soweit der Beklagte demgegenüber die Ansicht vertritt, es sei unbillig, ihm anzulasten, dass er keine besser besoldete Arbeit gefunden habe und dass die Auffassung des Senats dazu führe, dass ein Unterhaltspflichtiger eine nicht hinreichend bezahlte Arbeit abzulehnen und weiterhin arbeitslos zu bleiben habe, ist diese vordergründige Betrachtung nicht stichhaltig und nicht zu billigen. Grundsätzlich hat ein Barunterhaltspflichtiger seine Arbeitskraft bestmöglichst einzusetzen. Er kann sich nicht auf die nächste angebotene Arbeitsstelle bewerben, wenn er damit deutlich hinter seinen Fähigkeiten verbleibt. Lediglich wenn er trotz nachgewiesener intensiver Bemühungen eine seinem beruflichen Können entsprechende Arbeitsstelle nicht zu erhalten vermag, kann und muß er sich auch zunächst mit einem geringer dotierten, seinen beruflichen Fähigkeiten nicht entsprechenden Arbeitsplatz zufrieden geben und diesen annehmen.

Vorliegend ist dem Beklagten anzulasten, dass er die von ihm zu erwartenden und auch zu fordernden Bemühungen um einen Arbeitsplatz mit akzeptablen, seiner Ausbildung und seinen erworbenen beruflichen Fähigkeiten entsprechender Bezahlung nicht unternommen, jedenfalls nicht dargelegt und belegt hat. Aufgrund dessen ist ihm ein erzielbares durchschnittliches Einkommen zuzurechnen.

Mit dem um 5 % Werbungskosten gekürzten Betrag von monatlich rd. 1.218 € ist der Beklagte in der Lage, auch ab 7/05 für die Tochter monatlichen Unterhalt in Höhe von 107 % des Regelbetrags der Regelbetragsverordnung zu leisten, d.h. monatlich 265 € abzüglich Kindergeldanteil in Höhe von 8 €, mithin 257 €. Dem Beklagten verbleibt zum eigenen Verbrauch ein Betrag von monatlich 953 €, der oberhalb des Kontrollbetrags von 950 € angesiedelt ist.

Der Altersstufenwechsel der Tochter ab 9/06 mit erhöhtem Unterhaltsbedarf kann derzeit mit Blick auf eine ungeklärte allgemeine und konkrete Einkommensentwicklung noch keine Berücksichtigung finden.

3.

Das Rechtsmittel des Beklagten ist somit nur für den Zeitraum von 5/05 bis 6/05 und nur in einer Gesamthöhe von 16 € (2 x (249 € - 241 €)) erfolgreich, wie ihm bereits durch die Prozesskostenhilfeentscheidung sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung verdeutlicht worden ist und wie durch das nachfolgende Rechenwerk nochmals belegt wird.

 05/05 - 06./05ab 07/05
monatliches Netto-Erwerbseinkommen des Beklagten381,95 € 1.282,57 €
./. 5% Werbungskosten- 19,10 € - 64,13 €
Arbeitslosenunterstützung593,47 €  
zumutbares Nebeneinkommen des Beklagten150,00 €  
anrechenbares monatliches Einkommen des Beklagten1.106,32 € 1.218,44 €
 Gr.1 DT = 100% Gr.2 DT = 107%
Tabellenunterhalt für S.,* 9.9.94241,00 € 265,00 €
./. Kindergeldanteil gem. § 1612b Abs. 5 BGB- € - 8,00 €
begründeter Unterhaltsanspruch für Sarah241,00 € 257,00 €
erstinstanzlich zuerkannt249,00 € 257,00 €
Differenz / Berufungserfolg des Beklagten8,00 € - €
   
dem Beklagten verbleibender Betrag865,32 € 953,44 €
Bedarfskontrollbetrag840,00 € 950,00 €

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Auch soweit der Kläger mit seiner Berufung teilweise Erfolg hat, ist hinsichtlich der Kosten von einer Quotelung nach § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO abzusehen.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

III.

Wert des Berufungsverfahrens: 2.776,00 €

Ende der Entscheidung

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